Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320183/8/Wim/TK

Linz, 17.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­haupt­mannschaft Gmunden vom 29.2.2012, N96-20-2009, wegen einer Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3.7.2012 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, und die verhängte Geldstrafe auf 2.000 Euro, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt.

 

II.   Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag vermindert sich auf 200 Euro. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs. 1, 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 56 Abs. 3 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 und 2 Z 4 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) eine Geldstrafe in der Höhe von 3.500 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden sowie ein 10 %-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben in der Zeit von 9. September 2009 bis 6. Oktober 2009 innerhalb der 500-m-Seeuferschutzzone des x ohne bescheidmäßige Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) auf einer Teilfläche des Grundstückes Nr. X, KG. X, Gemeinde X, welches im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Gmunden als Grünland ausgewiesen ist, Beton im Ausmaß von insgesamt ca. 227 aufgebracht (rund um das Wohnhaus).

 

Sie haben dadurch einen Eingriff, der im Schutzbereich von Seen verboten ist – nämlich einen Eingriff in das Landschaftsbild und auch durch die Versiegelung des gewachsenen Bodens im Grünland einen Eingriff in den Naturhaushalt – ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinn des § 9 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 ausgeführt."

 

2. Dagegen wurde vom Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass anlässlich eines Erdrutsches von 2007/08 das Haus in X, X nachweislich um 80 cm verschoben worden sei. Dabei seien auch die Gartenanlagen, die Terrasse und die betonierten mit Rauris-Platten belegten Steinflächen des Hauses bzw. Gartens fast völlig zerstört worden. Bei der Wiederherstellung im Rahmen der Sanierung im Jahr 2009 sei der Altbestand der Umrandung des Hauses im Ausmaß von 158 wieder aufgebaut und um lediglich ca. 88 erweitert worden. Die Bauausführung sei gemäß den Empfehlungen eines Sachverständigen für Statik mit dem Ziel einer optimalen Sicherung des Hauses erfolgt. Nachdem zwischenzeitig von der Bezirksverwaltungsbehörde ein Baustopp verfügt worden sei, der nachträglich wieder aufgehoben wurde, sei auch das gewünschte Ansuchen um eine Naturschutzbewilligung für den Ist-Zustand der Bebauung nachgereicht worden.

 

Dass für die zusätzlich befestigte Fläche von 88 auch ein naturschutz­behördlicher Antrag notwendig gewesen sei, sei dem Berufungswerber nicht bewusst gewesen, zumal ein solcher für die Baubehörde nicht notwendig gewesen sei.

 

Zum Vorwurf der Versiegelung des gewachsenen Bodens sei zu sagen, dass dieser vorallem aus einem Gemenge von Gschlief und Schotter bestehe. Trotzdem habe sich der Berufungswerber bemüht hinter dem Haus anstelle des Stöckelpflasters eine Grünfläche zu schaffen und eine Bepflanzung mit heimischen Pflanzen durchzuführen.

 

Der Vorwurf einer optischen Veränderung, die angeblich einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild darstelle, könne durch Lokalaugenschein entkräftet werden, da die beanstandenden Flächen weder vom See, vom Seeufer noch von der unten vorbeiführenden Straße einzusehen sei. Auch Nachbarn seien davon in keinster Weise betroffen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung verstehe der Berufungswerber die rigorose Vorgehensweise der Bezirkshauptmannschaft nicht. Er erwarte sich eine gewisse Berücksichtigung der jahrelangen Belastung durch die Erdrutschkatastrophe. Im Hinblick auf die Ausnahmesituation einer Jahrhundert-Erdrutschkatastrophe und der angeführten Umstände ersuchte er um eine entsprechende Entscheidung, die auch für ihn und seine Familie gerecht und verständlich sei.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.7.2012 in welcher der Berufungs­werber zur Sache befragt wurde.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von dem im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses festgestellten Sachverhalt aus. Dazu wird auch auf die Ausführungen der Erstbehörde Seite 3f verwiesen. Grundsätzlich sind von den 227m2 betonierter Fläche 88m2 neu errichtet worden, der Rest war schon Bestand, aber nicht naturschutzbehördlich festgestellt. Im Zeitpunkt der vorgeworfenen Übertretung war das Grundstück kaum bepflanzt. Auch heute ist zumindest eine gewissen Einsehbarkeit von einem oberhalb des Grundstückes vorbeiführenden Wanderweg gegeben.

Der Berufungswerber hat schon mehrmals um naturschutzbehördliche Fest­stellungen im Zusammenhang mit seinen Seegrundstücken angesucht.

 

3.3. Der Sachverhalt ergibt sich aus der Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie den darin befindlichen Ausführungen des Amtssachverständigen und den ebenfalls im Akt befindlichen Plänen von bestehenden naturschutzbehördlichen Feststellungen und den Luftbildaufnahmen. Daraus zeigt sich, dass die nunmehr vorgeworfenen 227 betonierter Flächen bisher noch nicht einer naturschutzbehördlichen Feststellung/Genehmigung unterzogen worden sind. Auch vom Berufungswerber wurde dieser Umstand im Grunde nicht in Abrede gestellt, sondern wurden nur Gründe angeführt, warum dies bisher nicht geschehen sei. Dass bis auf 88m2 eine bestehende Umrandung des Hauses vorhanden war, hat sich aus den vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbildern eindeutig ergeben.

 

3.4. Durch die im Akt vorhandenen und vorgelegten Lichtbilder konnte sich der Unabhängige Verwaltungssenat ein ausreichendes Bild der Örtlichkeit verschaffen und erübrigte sich daher ein zusätzlicher Lokalaugenschein.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 56 Abs. 3 Z 1 Oö. NSchG 2001 begeht eine Verwaltungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich von Seen verboten sind (§ 9) ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 1 ausführt.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 ist jeder Eingriff

1.     in das Landschaftsbild und

2.     im Grünland (§3 Z 6) in den Naturhaushalt an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die allen anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

 

Als Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne der naturschutzgesetzlichen Be­stimmungen ist eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die infolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert, zu verstehen (gemäß § 3 Abs. 2 Oö. NSchG 2001).

Als Eingriff in den Naturhaushalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 2 gilt nach § 9 Abs. 2 Z 4 Oö. NSchG 2001 die Versiegelung des gewachsenen Bodens.

 

4.2. Wie die Erstbehörde zutreffend festgestellt hat, stellt das Betonieren einer Fläche im Grünland im Ausmaß von 227 rund um ein Wohnhaus sowohl einen Eingriff in das Landschaftsbild als auch einen Eingriff in den Naturhaushalt im Grünland dar. Dass dieser Eingriff in Form von betonierter Flächen ein dauerhafter ist, ist offenkundig. Durch das Setzen der Maßnahmen ohne bisherige naturschutzbehördliche Feststellung hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der gegenständlichen Übertretung erfüllt. Auch dass ein Betonieren eine grundsätzliche Versiegelung darstellt, hat der Amtsach­ver­ständige bestätigt. Daran ändert auch eine grundsätzlich eingeschränkte Versickerungsfähigkeit des Bodens nichts, da durch das Betonieren jeglicher Bewuchs ausgeschlossen wird.

 

Wenn der Berufungswerber ausführt, dass sein Grundstück praktisch kaum von anderer Stelle einsehbar ist, so muss dem entgegen gehalten werden, dass im Zeitpunkt der Übertretung dies durch den noch nicht so vorhandenen Bewuchs nicht der Fall war und somit zum Zeitpunkt der Übertretung die Strafbarkeit eindeutig gegeben war. Überdies kann der derzeitige Bewuchs nicht die grundsätzliche Feststellungspflichtigkeit der Maßnahmen ersetzen, sondern nur für eine allfällige positive Entscheidung förderlich sein. Weiters ist zumindest eine gewissen Einsehbarkeit von einem oberhalb des Grundstückes vorbeiführenden Wanderweg gegeben.

 

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist zunächst auszuführen, das es sich bei der angeführten Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs. 1 VStG handelt, bei dem Fahrlässigkeit dann ohne Weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Berufungswerber hat schon mehrmals um naturschutzbehördliche Feststellungen im Zusammenhang mit seinen Seegrundstücken angesucht, sodass ihm die Notwendigkeit einer naturschutzbehördlichen Feststellung durchaus bekannt hätte sein müssen.

 

Wenn der Berufungswerber ausführt, dass er die zusätzlich betonierten 88 für nicht so bedeutend eingestuft hat, so kann er damit keinen für ihn entlastenden Rechtsirrtum geltend machen. Ebenso gilt dies auch für den bisher nicht naturschutzbehördlich behandelten Bestand der Umrandung des Gebäudes sowie die Ausführung aufgrund einer Empfehlung eines Statikers. So wäre es grundsätzlich Verpflichtung des Berufungswerbers gewesen, sich über bestehende naturschutzbehördliche Feststellungen zu erkundigen und dann auch für die entsprechenden Feststellungen (für von ihm ausgeführte Maßnahmen im Vorhinein; für den nicht erfassten Bestand im Nachhinein) zu sorgen. Dies gilt auch durchaus in Anbetracht der doch schweren Belastungen durch den Erdrutsch im Gschliefgraben, wenngleich diese von der Verschuldensseite her mildernd zu werten sind, da es nachvollziehbar ist, dass es nach derartigen Naturkatastrophen vorkommen kann, dass auf eine derartige Feststellung vergessen werden kann.

 

Das Verschulden des Berufungswerbers erreicht jedoch keinesfalls das Stadium eines bloßen Versehens, wie es jedermann in einer ähnlichen Situation passieren könnte, und damit nicht den Grad der bloßen Geringfügigkeit.

 

4.3. Zur Strafbemessung ist die Erstbehörde grundsätzlich zutreffenderweise im Sinne des § 19 VStG von den persönlichen Verhältnissen ausgegangen und hat auch strafmildernd berücksichtigt, dass der Berufungswerber von der Rutschung im Gschliefgraben massiv betroffen war, daraus folgend Sanierungsarbeiten im Wohnhaus notwendig waren, die ihn auch finanziell belastet haben; dass er den zur Last gelegten Sachverhalt (nämlich das Betonieren der Fläche als solches hinsichtlich der Konsenswidrigkeit zumindest einer Fläche von 88 ) zugibt; seine Unbescholtenheit sowie die Tatsache, dass die von ihm gesetzten Maßnahmen naturschutzrechtlich bewilligt werden können.

 

Weiters wirkt sich nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates mildernd aus der Umstand, dass bis auf die zusätzlichen 88 schon eine befestigte Fläche, wenn auch nicht naturschutzbehördlich festgestellt rund um das Haus schon seit längerer Zeit vorhanden war. Es war daher der faktische zusätzliche Eingriff in das Landschaftsbild nicht so gravierend, sodass hier die Folgen der Tat als geringer eingestuft werden können. Die Umstände der Naturkatastrophe vermindern auch das Verschulden des Berufungswerbers hinsichtlich des Nichtansuchens im Sinne der obigen Ausführungen.

Auch ist der spezialpräventive Aspekt, nämlich den Berufungswerber von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht in der Schärfe gegeben, da schon aufgrund der Gegebenheiten des Grundstückes der Berufungswerber nicht mehr in eine vergleichbare Lage kommen wird, massiv derartige Flächen zu verbetonieren.

Ebenso wirkt sich auch die lange Verfahrensdauer mildernd auf die Strafe aus.

 

Zu berücksichtigen war bei der Strafbemessung allerdings auch der Umstand, dass trotz des nunmehr lange verstrichenen Zeitraumes der Berufungswerber bis heute nicht die notwendigen Planergänzungen in der von der Behörde geforderten Qualität vorgelegt hat, damit eine naturschutzbehördliche Fest­stellung getroffen werden konnte.

 

Die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen von der Strafe (geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Tat) sind nach den obigen Ausführungen und dem Umfang und der Dauer der Verstöße nicht gegeben.

 

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Verfahrenskostenvorschreibung ergibt sich aus den zitierten Rechts­grund­lagen.


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 21.02.2013, Zl.: B 1206/12-12 

 

 

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