Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240900/2/WEI/Th

Linz, 28.08.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M A, U, N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 7. Mai 2012, Zl. SanRB 96-12-1-2012, wegen Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung nach dem § 11 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis wurde der Berufungswerber (in der Folge Bw) wie folgt schuldig gesprochen:

 

"Sie haben Frau G D vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem Sie deren Aufenthalt am 28.02.2012, um 22.10 Uhr, zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in Ihrem Lokal 'Bar R' in R, K, geduldet haben, ohne dass diese einen Ausweis gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen bei sich führte und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aushändigen konnte. Die Erhebungen ergaben, dass der Ausweis noch beim Sanitätsdienst der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. lag.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

"§§ 5 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF. BGBl. Nr. 591/1993 iVm § 11 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001 iVm § 7 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF."

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen. Als Beitrag zu Kosten des Strafverfahrens wurden 7 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus:

 

"Aus der Anzeige des Polizeiinspektion Ried i.I. vom 03.03.2012 geht hervor, dass bei einer Bordellkontrolle durch die Polizei am 28.02.2012 um 22:10 Uhr in Ihrem Lokal 'Bar R' in R, K, Frau G D in Prostitutionsaufmachung angetroffen wurde. Frau D hat sich zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in ihrem Lokal aufgehalten, ohne einen Ausweis gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen (künftig als Gesundheitsbuch bezeichnet) vorlegen zu können, mit dem nachgewiesen ist, dass sich diese einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen hat.

 

Mit der Strafverfügung vom 16.03.2012, SanRB96-12-1-2012, haben wir Ihnen zur Last gelegt, dass Sie Frau G D vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert haben, indem sich diese am 28.02.2012, um 22.10 Uhr, zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in ihrem Lokal 'Bar R' in R, K, aufgehalten hat, ohne sich vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen zu haben.

 

Sie haben dazu mit Schreiben vom 30.03.2012 bzw. 27.04.2012 im Wesentlichen mitgeteilt, dass nur der Amtsarzt und die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und des öffentlichen Sicherheitsdienstes bevollmächtigt seien, zu kontrollieren, ob die Untersuchungen durchgeführt wurden. Es könne somit keine Anstiftung und Beihilfe Ihrerseits vorliegen, denn der Lokalbetreiber sei laut Gesetzeslage nicht verpflichtet und bevollmächtigt Prostituierte die selbständig und nicht weisungsgebunden arbeiten, zu überprüfen, ob ein Gesundheitsbuch und eine aktuelle Untersuchung von einem Amtsarzt vorliege.

 

Aus den ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich, dass beim Sanitätsdienst der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zum Zeitpunkt der Kontrolle die Befunde von Frau G D über das Freisein von Geschlechtskrankheiten und das Nichtvorliegen eier HIV-Infektion bereits vorlagen. Das Gesundheitsbuch befand sich jedoch noch beim Sanitätsdienst."

 

1.3. Die Behörde hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:

 

"Gemäß § 11 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz kann der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres Vorschriften über gesundheitliche Vorkehrungen und zur Überwachung jener Personen erlassen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen.

 

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

 

Gemäß § 2 der angeführten Verordnung hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im § 1 genannte Person bei der erstmaligen Untersuchung frei von Geschlechtskrankheiten befunden worden ist, der betreffenden Person einen nmit einem Lichtbild versehenen Ausweis auszustellen.

 

§ 5 dieser Verordnung bestimmt: Die im § 1 genannten Personen haben bei der Ausübung ihrer Tätigkeit den Ausweis bei sich zu führen und den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung vorlegen.

 

Gemäß § 7 dieser Verordnung sind Personen, die den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandeln, nach § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes zu bestrafen.

 

Gemäß § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Fest steht, dass Sie Inhaber des Lokals 'Bar R' in R., K, sind und dass es sich dabei um ein Bordell handelt in dem die Prostitution ausgeübt wird. Es ist unbestritten, dass sich Frau G D am 28.02.2012 um 22.10 Uhr in Prostitutionsaufmachung in Ihrem Lokal aufgehalten hat, ohne ein Gesundheitsbuch vorlegen zu können. Weiters ist unbestritten, dass Ihnen bekannt ist, dass die Prostitutionsausübung nur nach Vorliegen des Gesundheitsbuches erlaubt ist.

 

Sie werben in Ihrer Hompage www.xxx.at Prostituierte für eine Tätigkeit in der Bar R an. Sie erreichen durch die Prostitutionsausübung in Ihrem Lokal jedenfalls eine Steigerung der Attraktivität Ihres Lokals. Wie bei der Bordellkontrolle durch die Polizei in Ihrem Lokal festgestellt wurde, werden die Gesundheitsbücher der Prostituierten an der Theke verwahrt. Außerdem ist bekannt, dass Sie regelmäßig an der Theke arbeiten, so auch am Tag der Kontrolle. Auch begleiten Sie nach wie vor die Prostituierten zur Bezirkshauptmannschaft um die Gesundheitsbücher zu beantragen.

 

Schon daraus ist ersichtlich, dass Sie genau darüber Bescheid wissen, ob bei den Prostituierten, die in Ihrem Lokal arbeiten, ein Gesundheitsbuch mit den erforderlichen Untersuchungen vorliegt. Im gegenständlichen Fall haben Sie aber Frau G D ihre Tätigkeit ohne Vorliegen der amtsärztlichen Untersuchungen ausüben lassen und ihr damit die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert.

 

Zu Ihren Einspruchsangaben ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach der die Tätigkeit als Animierdame und Prostituierte in einem Bordell in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird, wie in einem Arbeitsverhältnis, sofern nicht jene atypischen Umstände vorliegen, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen. Im Zuge eines anhängigen Strafverfahrens wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wurde auch festgestellt, dass die bei Ihnen beschäftigten Prostituierten als Dienstnehmerinnen zu werten sind.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, zu deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

In dem von Ihnen geführten Bordell in R, K, wurden in letzter Zeit vermehrt bei Kontrollen Übertretungen des Geschlechtskrankheitengesetzes festgestellt.

 

Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Tat schädigte in erheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse, sodass der objektive Unrechtsgehalt dieser Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen war.

 

Als erschwerender Umstand wird Ihre einschlägige Vorstrafe gewertet.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Dezember 2011 haben wir Sie ersucht, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben, widrigenfalls ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000,00 Euro, ein durchschnittliches Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen werden. Sie haben dazu keine Äußerung abgegeben. Es wird daher diese realistische Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse auch in diesem Verfahren der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Unter Bedachtnahme auf diese Strafbemessungsgründe und den bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe angemessen und geboten um Sie und auch andere von weiteren strafbaren Handlungen der gleichen Art abzuhalten. Anzuführen ist, dass im gegenständlichen Fall die Höchststrafe verhängt wurde. Jedoch ist die gegenständliche Übertretung auch mit einer zweimonatigen Primärarreststrafe bedroht. Es wurde jedoch mit der Geldstrafe das Auslangen gefunden.

 

Die Kostenvorschreibung ist in den angeführten Gesetzes- und Verordnungsstellen begründet."

 

2. Mit Schreiben vom 27. April 2012, welches am selben Tag zur Post gegeben wurde, brachte der Bw rechtzeitig Berufung ein und führt dazu wie folgt aus:

 

"Begründet wurde das Straferkenntnis, dass der Berufungswerber vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem er den Aufenthalt am 28.02.2012 um 22.10 Uhr zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in seinem Lokal 'Bar R' in R geduldet hat ohne, dass sich diese vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen hat.

 

Weiters wird dem Berufungswerber vorgeworfen dadurch, die im Straferkenntnis angeführten Rechtsvorschriften verletzt zu haben.

 

Das Straferkenntnis ist bereits aus dem Grunde heraus unschlüssig, dass vorerst dem Berufungswerber eine Beihilfe zur Verletzung von Rechtsvorschriften vorgeworfen wird und im Anschluss daran nur noch die Verletzung der Rechtsvorschriften durch den Berufungswerber angeführt wird, wobei der Tatbestand Beihilfe völlig außer Acht gelassen wird. Dem Straferkenntnis sind daher relevante Umstände, welche zur Strafhöhe führen könnten, nicht zu entnehmen.

 

Zudem ist es nicht nachvollziehbar weshalb aus der bloßen Anwesenheit des Berufungswerbers bzw. der Frau G D in der Bar des Berufungswerbers bereits ein Vorsatz zur Begehung einer Verwaltungsstraftat abgeleitet werden kann, ohne dies fundiert zu begründen.

 

Tatsächlich liegt kein Verstoß gegen Rechtsvorschriften durch den Berufungswerber vor. Lediglich die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der Amtsarzt sind befugt Kontrollen über gesundheitliche Untersuchungen vorzunehmen. Die gesetzlich determinierte Integrität einer Person ist jedenfalls so weitreichend, dass Dritte keinerlei Zugriff haben auf allfällige Informationen über ärztliche Befunde bzw. Untersuchungen.

 

Dementsprechende Kontrollbefugnisse wurden gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH lediglich einem Arbeitgeber zugesprochen, wenn ein entsprechendes öffentliches Interesse vorliegt. Die Arbeitgebereigenschaft liegt vor, wenn neben einer wirtschaftlichen Abhängigkeit eine persönliche Abhängigkeit im Sinne des §4 Abs.2 ASVG, also eine persönliche Arbeitspflicht vorliegt. Wenn die zur Leistung Verpflichtete nach ihrer Entscheidungsbefugnis beliebige Teile ihrer Verpflichtung Dritte überbinden kann, oder selbst wählen kann liegt keine persönliche Abhängigkeit vor. Die Dame kann sich ihre Vertragspartner selbst wählen und auch eine Vertreterin entsenden und hat der Berufungswerber hierauf keinerlei Einfluss, weshalb keine persönliche Abhängigkeit gegeben ist.

 

Auch die wirtschaftliche Abhängigkeit in Form von Lohnzahlungen besteht nicht zwischen der gegenständlichen Dame und dem Berufungswerber, da dieser der Prostituierten kein Gehalt bezahlt und diese ihr Entgelt anderwärtig, nämlich vom Vertragspartner bezieht.

 

De facto liegt weder eine wirtschaftliche noch eine persönliche Abhängigkeit zwischen der gegenständlichen Dame und dem Berufungswerber vor, welche eine entsprechende Kontrollbefugnis rechtfertigen würden. Demzufolge ist es aus rechtlichen Gründen dem Berufungswerber verwehrt allfällige Kontrollbefugnisse zu behaupten, oder auszuüben und ist die gegenständliche Dame auch nicht verpflichtet dem Berufungswerber entsprechende ärztliche Untersuchungen nachzuweisen oder vorzulegen, wie dies im Straferkenntnis behauptet wird.

 

Dementsprechend läge es im Interesse und in der Verantwortung des jeweiligen Vertragspartners der gegenständlichen Dame, sich entsprechende Untersuchungen nachzuweisen lassen, schlussendlich kontrahieren die Vertragspartner und nicht der Berufungswerber, mit einer gemäß Vertrag allen vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführten Vertragspartnerin.

 

Der Berufungswerber

 

beantragt daher

 

1. der Berufung Folge zu geben

2. das Straferkenntnis SanRB96-12-1-2012 ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Verfahren einzustellen

3. in eventuell eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Berufungswerber zu vernehmen."

 

3. Mit Schreiben vom 22. Mai 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und dabei festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage abzuleiten war. Das angefochtene Straferkenntnis war aus rechtlichen Gründen bereits aufgrund der Aktenlage zu beheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 12 Abs 2 GeschlechtskrankheitenG werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

 

Gemäß dem § 1 der auf Grundlage des § 11 Abs 2 GeschlechtskrankheitenG erlassenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF BGBl. Nr. 591/1993 (in der Folge: VO-gesundheitliche Überwachung) haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

 

Nach § 5 dieser Verordnung haben die im § 1 genannten Personen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit den Ausweis bei sich zu führen und den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung vorlegen.

 

Gemäß § 7 der VO-gesundheitliche Überwachung sind Personen, die den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandeln, nach § 12 Abs 2 des GeschlechtskrankheitenG zu bestrafen.

 

4.2. § 8 Abs 1 VStG normiert für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift den Versuch ausdrücklich für strafbar erklärt, dass strafbar ist, wer eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung vorsätzlich unternimmt.

 

Nach § 7 VStG unterliegt der auf die Verwaltungsübertretung gesetzten Strafe, wer es vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert.

 

Grundsätzlich erfordert die Beteiligungsstrafbarkeit nach dem § 7 VStG eine besondere Akzessorietät. Der unmittelbare Täter (hier: Frau G D) muss objektiv eine Verwaltungsstraftat begangen haben, damit der Bw sich an dieser auch in der Form der Beihilfe beteiligen kann.

 

Beihilfe ist die vorsätzliche Unterstützung der Ausführung einer strafbaren Handlung anderen. Dabei liegt Beihilfe erst vor, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild der Verwaltungsübertretung hergestellt hat (vgl VwSlg 13224 A/1990; weiter mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 5 und E 5b, 7 u 8 zu § 7 VStG).

 

4.3. Dem Bw wird entsprechend dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde nur zur Last gelegt, dass er der Frau G D vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert hätte, indem er ihren Aufenthalt in seinem Lokal "Bar R" am 28. Februar 2012 um 22.10 Uhr zum Zwecke der "Anbahnung" der Prostitution geduldet habe. Dieser Vorwurf ist rechtlich unzureichend.

 

Zum Einen erklärt das GeschlechtskrankheitenG – samt der auf dieser Basis erlassenen VO – den Versuch iSd § 8 VStG nicht für strafbar. Zum Anderen erfasst der unkonkretisierte Tatvorwurf des Duldens der Anwesenheit "zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution" noch nicht die maßgebliche Ausübung der Tätigkeit der Prostitution durch körperliche Duldung oder Vornahme von sexuellen Handlung iSd § 12 Abs 2 GeschlechtskrankheitenG iVm §§ 1 ff VO-gesundheitliche Überwachung (arg.: "Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen"). Schon im Grunde dieser Überlegungen fehlt der Anlastung somit die notwendige Anknüpfung an eine geeignete Verwaltungsstraftat iSd § 7 VStG durch den unmittelbaren Täter.

 

Auch § 7 Abs 1 letzter Halbsatz VStG ändert daran nichts, weil dieser lediglich normiert, dass der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar sein muss. Dies bedeutet nur, dass eine tatsächliche Strafbarkeit nicht gegeben sein muss. Wie oben schon betont, muss das Verhalten des unmittelbaren Täters hingegen tatbildmäßig und damit grundsätzlich mit Strafe bedroht sein (so auch schon VwSlg 5194 A/ 1960).

 

4.4. Außerdem läuft die strafbehördliche Anlastung, der Bw habe Frau D die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert, indem er ihren Aufenthalt zwecks Anbahnung der Prostitution im Lokal duldete, der Sache nach auf einen Unterlassungsvorwurf hinaus, mit dem die belangte Behörde unterstellt, dass der Bw für die Einhaltung der VO-gesundheitliche Überwachung durch Frau D hätte sorgen müssen. Das dabei implizit von der Behörde angenommene gebotene Tun des Bw wäre gewesen, die Anwesenheit von Frau D in seinem Lokal zu verhindern, wenn diese keinen gültigen Gesundheitsausweis mit sich führt. Die belangte Behörde geht von einer solchen Verhinderungspflicht des Bw aus, die dieser durch bewusstes Unterlassen verletzt habe (vgl Bescheidbegründung, Seite 3: "Im gegenständlichen Fall haben Sie aber Frau Gyleren D ihre Tätigkeit ohne Gesundheitsbuch ausüben lassen und ihr damit die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert.").

 

Mit dieser Auslegung des § 7 VStG verlässt die belangte Behörde den Boden des rechtsstaatlich Vertretbaren. Das Unterlassen eines gebotenen Tuns ist im Hinblick auf § 1 Abs 1 VStG nur strafbar, wenn den Verwaltungsvorschriften ein ausdrückliches Gebot zu entnehmen ist. Auch Anstiftung und Beihilfe im Wortlaut des § 7 VStG stellen auf ein positives Tun ab. Die Ausdehnung dieser Tatbestände auf bloße Unterlassungen verbietet der Grundsatz nullum crimen sine lege. Eine allgemeine Vorschrift der Begehung durch Unterlassung wie etwa § 2 StGB kennt das Verwaltungsstrafrecht nicht. Diese Bestimmung, die sich überdies nur auf Erfolgsdelikte bezieht, findet im Verwaltungsstrafrecht auch keine analoge Anwendung, weil darin eine Erweiterung der Straftatbestände läge (vgl VwGH 04.08.1992, Zl. 98/10/0122).

 

Aus diesen Gründen durfte die belangte Behörde gegen den Bw auch nicht den Vorwurf einer Beihilfe durch Unterlassen erheben.

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer zutreffend angelasteten strafbaren Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde, noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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