Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253124/37/Wg/BRe

Linz, 27.08.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.3.2012, GZ: SV96-235-2010, wegen Übertretungen des Allgemeines Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.7.2012, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 112 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung jedoch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, d.s. 292 Euro, zu leisten. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oö. hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 16.3.2012, GZ. SV96-235-2010, folgende Verwaltungsübertretungen angelastet:

 

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X, X, X, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der X, X, X, ist, im Sinne des § 35 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu verantworten, dass dieses Unternehmen am 24.11.2010 um 09.50 Uhr

1.) X, geb. X,

2.) X, geb. X,

3.) X, geb. X, und

4.) X, geb. X,

in X, X, als Arbeiter (X und X hantierten mit bzw. strichen Baustahlgitter, X und X schaufelten Schrotteile beiseite) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigte. Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert sind, wurde hierüber vor Aufnahme der Tätigkeit keine Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§33 Abs. 1 in Verbindung mit § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF. zu 1.) bis 4.)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von         falls diese uneinbringlich ist,           Freiheitsstrafe     gemäß

jeweils €738,-zu 1.) gem. § 16 Verwaltungsstrafge-       von § 111 Abs. 2 ASVG

bis 4.)                    setz 1991 (VStG) eine Ersatzfrei- ---

Gesamtsumme:      heitsstrafe von jeweils 115 Stun-

€2.952.-                den

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

€ 295,20 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher

€ 3.247,20"

 

Die belangte Behörde argumentierte in der Begründung des Straferkenntnisses, der Sachverhalt ergebe sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels, datiert vom 10.12.2010. Da trotz versicherungspflichtiger Beschäftigung keiner der 4 polnischen Staatsangehörigen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden sei, liege nach Ansicht des Finanzamtes Grieskirchen Wels jeweils ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vor. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der X sei, sei der Bw zur Vertretung der Zweitgenannten nach Außen befugt und damit auch für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese Personengesellschaft verantwortlich. Aufgrund des jeweiligen Unternehmensgegenstandes und des Umstandes, dass X am Vorfallstag Firmenkleidung der X getragen habe, sei diese auch als Beschäftiger anzusehen. Etwaige Unternehmens- und Familieninterne Absprachen würden nichts am Verschulden des Bw ändern. Der Strafrahmen für diese Verwaltungsübertretungen reiche von 730 bis 2.180 Euro. Innerhalb dessen sei jeweils die Mindeststrafe verhängt worden. Somit erübrige sich, näher auf die Einkommens-Vermögens- und Familienverhältnisse einzugehen. Die Angabe eines Geschäftsführers einer GmbH, lediglich ein Gehalt von 1.000 Euro zu beziehen, entspreche nach Ansicht der Behörde kaum den Tatsachen. Dieser Betrag liege nämlich nur knapp über der kollektivvertraglichen Entschädigung für Lehrlinge des 3. Lehrjahres im Metallgewerbe und deutlich unter dem Entgelt der beschäftigten polnischen Staatsangehörigen. Im Hinblick auf die Tatumstände sowie auf den gesetzlichen Strafrahmen würden die im Spruch angeführten Geldstrafen als angemessen erscheinen. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit, erschwerende Umstände seien nicht vorgelegen. Bei der Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafen sei grundsätzlich auf das Verhältnis der jeweiligen Höchststrafen bedacht genommen worden.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 5.4.2012. Darin wird das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Der Berufungswerber argumentiert, den Ausführungen der Erstbehörde könne nicht gefolgt werden. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die polnischen Staatsangehörigen ordnungsgemäß um Arbeitsbewilligung angesucht hätten. Diese Möglichkeit sei ihnen aus nicht nachvollziehbaren Gründen verwehrt worden. Die polnischen Staatsangehörigen hätten daher die Möglichkeit der Tätigkeit als Selbstständige gewählt. Diese Tätigkeit sei auch gemäß den gesetzlichen Bestimmungen anerkannt worden. Es seien auch die notwendigen Bewilligungen erteilt worden und die daraus resultierenden Leistungen von den polnischen Staatsangehörigen erbracht worden. Für ein und die selbe Tätigkeit könnten so hin nicht Leistungen vorgeschrieben werden, die sowohl im selbstständigen Bereich als auch in den unselbstständigen Bereich anfallen. Darüber hinaus könne nicht eine unselbstständige Tätigkeit angenommen werden, wenn tatsächlich nach den Beschäftigungsbestimmungen eine derartige Tätigkeit nicht aufgenommen werden könne. Für eine nach Ansicht der Behörden ungesetzliche Tätigkeit (Verstoß nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz) könne so hin nicht eine Anmeldung zur Sozialversicherung und die Geltendmachung von Gebühren aus der Sozialversicherung eingefordert werden. Der gleichzeitig von der Behörde ausgesprochene Verstoß nach dem ASVG und dem Ausländerbeschäftigungsgesetz stehe eindeutig im Widerspruch und könne daher dem Bw auch nicht angelastet werden. Der Bw sei aber aufgrund seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X auch für den gegenständlichen Tatvorwurf nicht verantwortlich. Die X sei ein selbstständiges Unternehmen. Der Umstand der Gesellschaftssituation der X mache diese für das gegenständliche Verfahren nicht verantwortlich. Umso weniger sei der Berufungswerber so hin für den Tatvorwurf verantwortlich. Für die X sei ausschließlich X und X. als Betreiber zuständig. Für die X bestehe weiters auch ein gewerberechtlicher Geschäftsführer. Der Bw sei zu dem seiner Kontrollverantwortung tatsächlich nachgekommen. Die gegenständlichen Abwicklungen seien im Einvernehmen mit dem Verantwortlichen der X erfolgt sowie nach Rücksprache mit dem Verantwortlichen der für die X tätigen Steuerberatungskanzlei. Der Bw habe daher davon ausgehen müssen, dass die im Einvernehmen mit dem Steuerberatungsbüro vorgenommenen Maßnahmen auch rechtlich gedeckt seien. Einen größeren Verantwortungsbereich als einem rechtlich verantwortlichen Fachmann könne dem Bw nicht angelastet werden. Darüber hinaus hätten in der Sache selber auch die Voraussetzungen nach dem ASVG nicht vorgelegen. X und X hätten ihre Tätigkeit als selbstständige Unternehmer ausgeübt. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien eingehalten worden. Für diese beiden polnischen Staatsangehörigen sei daher eine Anmeldung nach dem ASVG nicht erforderlich gewesen. Es sei auch die Abführung der notwendigen Gebühren nicht notwendig gewesen, da diese aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit ohne diese entsprechende Steuern und Gebühren abgeführt hätten. Bei den Herrn X und X sei davon auszugehen, dass diese tatsächlich keine Tätigkeiten für die X bzw. X ausgeübt hätten. Ein Tätigkeits- bzw. Geschäftsverhältnis habe mit den beiden nicht bestanden. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass von der Erstbehörde die Tätigkeiten der polnischen Staatsangehörigen der X zugeordnet wurden. Eine Verantwortlichkeit in diesem Rahmen habe der Bw aber nicht. Die verhängte Geldstrafe entspreche nicht den Grundsätzen des § 19 VSTG. Es würden jedenfalls die Voraussetzungen für ein besonderes Milderungsrecht vorliegen. Die Berufung sei so hin begründet und wurde daher beantragt, in Stattgebung der Berufung das Straferkenntnis aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass das Verfahren in den Bw eingestellt wird. Vorsichtsweise wurde auch die Anberaumung einer Berufungsverhandlung beantragt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land legte dem Verwaltungssenat den Akt zur Entscheidung vor. Dieser führte am 13.7.2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

Der Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen-Wels erstattete eingangs folgendes Vorbringen: "Die Strafanträge werden ausdrücklich aufrecht erhalten. Im vorliegenden Fall ist von einer Scheinselbständigkeit auszugehen. Es wurden lediglich dem Schein nach Gewerbescheine gelöst. In Wirklichkeit bzw. nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt ist von Arbeitsverhältnissen auszugehen."

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter des Berufungswerbers erstattete eingangs folgendes Vorbringen: "Auf den Berufungsschriftsatz wird verwiesen. Selbst wenn Stundenlöhne bezahlt worden wären, würde dies noch keinen Hinweis auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit darstellen. Eine entsprechende Abrechnungsmodalität ist beispielsweise bei Rechtsanwälten üblich, dabei würde niemand auf die Idee kommen, dass der Rechtsanwalt ein Arbeitnehmer seines Klienten wäre. Im Übrigen hat der Beschuldigte X mit dem gegenständlichen Rechtsverhältnis bzw. Vertragsverhältnis nichts zu tun. Dieses wurde ausschließlich von Herrn X veranlasst. Dieser erkundigte sich im Vorfeld bei einem Steuerberater, ob eine solche Vorgangsweise zulässig wäre. Dies wurde vom Steuerberater geprüft und bejaht. Darum ist in subjektiver Hinsicht – jedenfalls auch bezüglich den beschuldigten X – ein Schuldausschließungsgrund anzunehmen. Wie schon in der Berufung ausgeführt liegt zudem eine unzulässige Doppelbestrafung vor. Es ist unzulässig, dem Berufungswerber einerseits Übertretungen des ASVG und gleichzeitig solche des AuslBG anzulasten. Diese Übertretungen schließen einander aus."

 

Der Vertreter des Finanzamtes erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Das Finanzamt hält die folgenden Strafanträge aufrecht und beantragt die Abweisung der verfahrensgegenständlichen Berufungen. Im Verfahren hat sich ergeben, dass von einer Scheinselbständigkeit auszugehen ist. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt waren die 4 polnischen Arbeitnehmer in einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis tätig. Sie waren im Verbund mit den Arbeitskräften der Fa. X tätig. Im Übrigen wird auf die Strafanträge verwiesen."

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete folgendes Schlussvorbringen: "In formaler Hinsicht ist jedenfalls zwischen den polnischen Staatsbürgern X und X einerseits und den polnischen Staatsbürgern X und X zu differenzieren. X und X waren zwar seit Anfang 2010 öfters für die Fa. X tätig, dies aber keinesfalls regelmäßig, sondern nur auf Abruf. Es bestand keine Arbeitsverpflichtung. Es lag in der freien Entscheidung der Herren X, ob sie einer Arbeitsanforderung nachkamen oder nicht. Das Fehlen einer Arbeitsverpflichtung ist eindeutiger Hinweis dafür, dass die Werkleistung "Aufstellen von Ständerwänden" geschuldet war, es sich sohin tatsächlich um einen Werkvertrag handelte. X verfügte auch über die entsprechenden Fähigkeiten. Vom Vorliegen eines Werkvertrages ist selbst dann auszugehen, wenn einzelne Personen unter diesen polnischen Staatsbürgern diese Fähigkeiten nicht hatten. Dies zumal X die Aufgabe hatte, die Arbeiten zu koordinieren und diese daher unter seiner Leitung und zwar als selbständige Arbeitspartie erfolgten. Formal ist im Hinblick auf das verwaltungsstrafrechtliche Konkretisierungsgebot jedenfalls auf den Tatzeitpunkt am 24.11.2010 um 9.50 Uhr abzustellen. X und X waren zu diesem Zeitpunkt noch in keiner Weise für die Fa. X oder die X tätig. Wenn diese tatsächlich Arbeitstätigkeiten verrichtet haben sollten, dann taten sie dies aus eigenem Entschluss heraus, ohne dass hier eine Aufforderung oder Anordnung der Verantwortlichen der X oder X an sie ergangen wäre. Zusammengefasst kann im relevanten Zeitpunkt am 24.11.2010 um 9.50 Uhr keinesfalls von einem Beschäftigungsverhältnis zu X und X ausgegangen werden, da diese zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt keine Tätigkeit zurechenbar für die Fa. X oder die X verrichteten. X hat – wie es dies Beweisverfahren ergeben hat – keinesfalls in irgendeiner Weise Anweisungen an die 4 polnischen Staatsangehören erteilt. Es ist daher schon in subjektiver Hinsicht davon auszugehen, dass ihm kein Vorwurf gemacht werden kann. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Berufungsschriftsatzes verwiesen, wonach eine Auskunft eingeholt wurde, dass die 4 polnischen Staatsbürger zulässig als selbständig Erwerbstätige tätig werden durften. Auf das aufgezeigte Doppelbestrafungsverbot wurde bereits eingangs hingewiesen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Die X hat ihren Sitz an der Adresse X, X, und ist im Geschäftszweig "Baumeistergewerbe" tätig. Unbeschränkt haftender Gesellschafter ist die X. Die X hat ihren Sitz ebenfalls an der Adresse X, X. Sie ist im Geschäftszweig "Handelsgewerbe" tätig. Seit 9.12.2009 ist der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der X.

 

Der Bw ist der Sohn des X. Der ehemalige Bauleiter der X, X, beschrieb in der mündlichen Verhandlung die gelebte Hierarchie mit folgenden Worten: "Die gelebte Hierarchie in der Firma war so ausgestaltet, dass der Chef X war, dann kam X. Erst der Dritte in der Hierarchie ist X gewesen. Dieser hat mit der X an und für sich nichts zu tun. Vom rechtsanwaltlichen Vertreter befragt, ob X dabei eine Rolle spielte, gebe ich an, dass er zwar handelsrechtlicher Geschäftsführer ist, tatsächlich ist er aber lediglich Baggerfahrer."

 

Am 24.11.2010 führten nun Beamte des Finanzamtes Grieskirchen Wels an der Adresse X, X, eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem ASVG durch. Sie trafen dort um 9.50 Uhr die polnischen Staatsangehörigen X, geb. X, X, geb. X, X, geb. X und X, geb. X,  bei Arbeiten und in verschmutzter Arbeitskleidung und Arbeitsschuhen an. X und X arbeiteten neben der errichteten Schalungswand. Sie hantierten mit Baustahlgittern (Seite 2 des Strafantrages vom 10.12.2010 und Seite 2 der Niederschrift des Finanzamtes vom 24.11.2010)

 

X und X räumten gerade mit Schaufeln Schrotteile beiseite, welche von einem Radlader – welcher Schrott weggräumte – verloren wurden. Als im Zuge der Kontrolle um ca. 11.30 Uhr die Arbeitsstelle von X und X überprüft wurde, wurden beide dabei angetroffen, als sie Gitter strichen. (Seite 2 der Niederschrift des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 24.11.2010).

 

Die X erstattete vor Aufnahme der Tätigkeit der 4 polnischen Staatsangehörigen keine Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger (.GKK).

 

Es galt an diesem Tag am Firmengelände der Schrotthandel GmbH eine Betonschallschutzwand zu betonieren. Der Bauleiter X bezeichnete dies als "Eigenleistung" (Zeugenaussage X Seite 10 des Tobandprotokolles).

 

X und X waren schon länger für die X tätig (Zeugenaussage X Seite 14 des Tonbandprotokolles),

 

X und X arbeiteten zum ersten Mal und zwar seit ca. 9.30 Uhr für die Fa. X. Sie hatten die Beschäftigung im Einvernehmen mit den Vertretern der X (X und X) aufgenommen  (Seite 3 der Niederschrift des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 24.11.2010).

 

X und X gingen unmittelbar nach der Kontrolle in ihre an der Adresse X, X, befindlichen Unterkünfte (Zeugenaussage X, Seite 5 des Tonbandprotokolles).

 

Der Bauleiter der Fa. X., Herr X, unterstützte X und X in weiterer Folge bei den erforderlichen Behördengängen zur Gewerbeanmeldung (Zeugenaussage X Seite 12 des Tonbandprotokolles).

 

Die beiden meldeten am 25.11.2010 ein Gewerbe mit dem Wortlaut "Aufstellen und Montieren von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden" an. Das Gewerbe des X wurde am 7.10.2011 gelöscht. Das Gewerbe des X wurde am 16.3.2011 ruhend gemeldet. Als Standort der Gewerbeberechtigungen wird jeweils angegeben "X, X". Vom Verhandlungsleiter zum genauen Ablauf der Gewerbeanmeldung befragt, gab X in der mündlichen Verhandlung am 13.7.2012 an, dass er damals das erste Mal in Österreich gewesen sei und überhaupt keine Ahnung gehabt hätte. Sie seien von Amt zu Amt gefahren und dann sei die Sache erledigt gewesen.

 

X und X hatten ihrerseits bereits mit 13.1.2010 ein Gewerbe mit dem Wortlaut "Aufstellung und Montage von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden durch Schrauben oder Zusammenstecken von fertig bezogenen Elementen" angemeldet. Die Gewerbeberechtigungen wurden am 7.10.2011 gelöscht.

 

Weiters liegen als "Werkvertrag" bezeichnete Vertragsurkunden vor, in denen die X, X, X, als "Auftraggeber" aufscheint. Weiters ist jeweils angeführt: "Auftragnehmer: Hilfskraft". Als "Subunternehmer" werden jeweils X, X, X und X, alle X, X, bezeichnet. Weiters scheint auf: "Gewerk: Tätigkeiten am Bau", "Zeitraum: November 2010 – Mai 2011, Rahmenvertrag, Einzelauftrag nach Bedarf", "Grundlagen: Werksherstellung bzw. Auftragsanweisung je Einzelauftrag", "Ausführung und Gewährleistung: Der Subunternehmer leistet Gewähr, dass seine Arbeiten der anerkannten Regel der Technik entsprechen. (ÖNORM) Mängel müssen nach Aufforderung sofort behoben werden. die Gewährleistung beginnt ab Abnahme der Leistung. (3 Jahre Gewährleistung)", "Abrechnung der Leistung: Das Entgelt wird in Euro ausbezahlt und pauschal nach Stunden verrechnet. Der Stundenlohn beträgt EUR 7,--", "Werkzeug: Allgemeines Werkzeug und Auto sind im Besitz von Werknehmer, Spezialwerkzeug wird von der Firma X zur Verfügung gestellt.", "Zusätzliches: Der Subunternehmer bringt den Nachweis über ein Finanzkonto, Sozialversicherungsabgabenkonto, Gewerbe­berechtigung aus dem Herkunftsland.", "Streitigkeiten: Erfüllungsort ist das zuständige Gericht des Auftraggebers in Austria". X gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er sich erinnern könne, dass er das unterschrieben habe. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob er überhaupt verstehe, was auf diesem Dokument aufscheine, gab er an, dass es Deutsch sei. X habe ihnen erklärt, was in diesem Vertrag drinnen stehe. Er habe X vertraut.

 

X und X arbeiteten lt. Zeugenaussage des Herrn X schon am 25.11.2010 "vollwertig" auf der Baustelle mit. Die vier polnischen Staatsbürger waren nach dem Kontrolltag am 24.11.2010 noch ca. zwei Wochen bei der Fa. X tätig (Zeugenaussage X Seite 12 des Tonbandprotokolles).

 

Ihnen wurde von der Fa. X Arbeitsgewand zur Verfügung gestellt. Größere Bohrmaschinen, aber auch beispielsweise Zement u.ä. wurde von der Fa. X zur Verfügung gestellt (Zeugenaussage X Seite 12 und 13 des Tonbandprotokolles).

 

Den Feststellungen zu den Arbeitsabläufen werden weiters folgende Ausführungen des Zeugen X (Seite 10 des Tonbandprotokolles) zugrunde gelegt: " Ich fing um etwa 7.00 Uhr oder halb 8.00 Uhr mit der Arbeit an. Als ich zur Baustelle kam, waren die 4 Polen schon da. Sie hatten in den dortigen Unterkünften übernachtet. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass mir X sagte, dass diese 4 Leute jetzt mitarbeiten sollen. Dann teilte ich die Leute ein. Ich redete nur mit X, da die anderen 3 Polen nicht Deutsch konnten. So sagte ich beispielsweise dem X, dass ein Abschnitt zu betonieren wäre. Ich schaffte ihm an, dass er eine Schalung errichten sollte. Teilweise arbeitete ich selber mit. Teils habe ich die Arbeitsschritte kontrolliert. Grundsätzlich lief das so ab, dass ich in meinem Büro saß. Von dort aus hatte ich direkt einen Blick auf die Baustelle. Wenn ich sah, dass die Arbeiter zeitlich nicht zusammen kamen oder es irgendwelche Probleme gab, ging ich hinaus, um ihnen zu helfen und eventuell selber mitzuarbeiten. X und X hatten schon ein bisschen Ahnung von der Arbeit. Bei X und X merkte man schon, dass sie ungelernt waren. Genau genommen kann man das so beschreiben, dass X und X eher die Hilfsarbeiten machten. X und X hatten mehr Ahnung. Diese konnten schon schwierigere Sachen arbeiten. Am 24.11.2010 galt es, den letzten Abschnitt zu betonieren. X und X wussten schon, was sie zu tun hatten. Sie waren schon länger bei der Firma. Es war aber immer klar, dass ich in meinem Büro sitze und schaue, was auf der Baustelle passiert. Die Arbeiter wussten, dass sie, wenn irgendein Problem auftritt, sofort zu mir kommen könnten. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob sonst noch Arbeitnehmer der X anwesend waren, gebe ich an, dass bei der Baustelle ich und Herr X anwesen waren. Weiters waren Arbeiter der Fa. X auf der Baustelle und wie schon erwähnt die 4 polnischen Staatsangehörigen. Für uns war klar, dass die 4 polnischen Staatsbürger und die Arbeiter der Schrotthandel GmbH. zusammenarbeiteten. Sie halfen sich gegenseitig aus. Es gab da keine organisatorische Trennung. Entscheidend war, dass ich für die Bauarbeiten die Koordination hatte. Ich war der ausschließliche Ansprechpartner für alle, die mit der Baustelle etwas zu tun hatten. Wenn ich sah, dass wir mit der Arbeit nicht zusammen kommen, ging ich zu X, dieser schaffte dann Arbeitnehmern der Schrotthandel GmbH. an, uns auszuhelfen.

 

X wurde in der mündlichen Verhandlung befragt, ob man sagen könne, dass sie im Verbund mit Arbeitern der Fa. "X" gearbeitet hätten. Dazu gab er an, dass man das sehr wohl so sagen könne (Zeugenaussage X, Seite 7 des Tonbandprotokolles).

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, woher sie wussten, was sie arbeiten sollten, gab X in der mündlichen Verhandlung an, dass X mit dem Chef sprach. Weiters sagte er aus: "Der Chef und X sagten uns, was zu arbeiten war. X konnte von uns am besten Deutsch, darum kommunizierten der Chef und X mit uns über X." (Zeugenaussage X, Seite 6 des Tonbandprotokolles)

 

X wurde vom rechtsanwaltlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung befragt, wer der "Chef" sei. Dazu gab X an, dass Herr X der Chef sei. (Zeugenaussage X, Seite 5 des Tonbandprotokolles)  

 

Fest steht, dass die vier polnischen Staatsangehörigen eine wöchentliche Arbeitszeit von etwa 39 oder 40 Stunden hatten. X gab dazu an, dass bei ca. 39 Stunden pro Woche sicher Schluss war. Sie erhielten einen Stundenlohn von etwa 7,-- oder 8,-- Euro. (Zeugenaussage X, Seite 5 und 6des Tonbandprotokolles)

 

Für X war – eigenen Angaben zufolge – klar, dass die Fa. "X" sein Ansprechpartner ist. (Zeugenaussage X, Seite 4 des Tonbandprotokolles)

 

Festzustellen ist weiters, dass das Arbeitsmarktservice Linz mit Bescheiden vom 16.10.2009, GZ: 08114/ABB-Nr. 3235365 und GZ 08114/ABB-Nr. 3235371 die Anträge der Fa. X vom 23.9.2009 auf Erteilung von Beschäftigungs­bewilligungen für X und X für die berufliche Tätigkeit als Bauhelfer gem. § 4 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz ablehnte. Die Landesgeschäftsstelle OÖ. gab den Berufungen der X vom 29.10.2009 gegen die Bescheide des AMS Linz vom 16.10.2009 wegen Ablehnung des Antrages auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für X und X mit Bescheid vom 9.12.2009 keine Folge. Mit Bescheiden des AMS Wels vom 1.2.2011, GZ: 08114/ABB-Nr. 3421180, und vom 10.2.2011 wurde der X auf Grund der Anträge vom 26.1.2011 gem. § 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes die Beschäftigungsbewilligung für X und X für die berufliche Tätigkeit als Bauhandwerker für die Zeit vom 1.2.2011 bis 31.1.2012 bzw 10.2.2011 bis 9.2.2012 für den örtlichen Geltungsbereich Österreich erteilt. Sie wurden von der X  für den Zeitraum vom 10.2.2011 bis 30.12.2011 bzw 2.2.2011 bis 30.12.2011 bei der Oö. Gebietskrankenkasse als Arbeiter zur Sozialversicherung gemeldet (Mitteilung Oö. GKK vom 12. Juli 2012)

 

Das AMS Wels lehnte mit Bescheiden vom 7.2.2011, GZ: 08114/ABB-Nr. 3421194 und GZ 08114/ABB-Nr. 3421177, die Anträge der X vom 26.1.2011 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für X und X für die berufliche Tätigkeit als Bauhandwerker gem. § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG ab. Die Landesgeschäftsstelle OÖ. gab der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung der X mit Bescheid vom 17.3.2011 keine Folge. X wurde von der X für den Zeitraum von 2.5.2011 bis 29.12.2011 bei der Oö. GKK als Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet (Mitteilung Oö. GKK vom 12.7.2012).

 

X wurde in der mündlichen Verhandlung befragt, ob sich bei seiner Arbeit für die Fa. "X" im Jahr 2011 die Tätigkeit anders gestaltete. Dazu gab er an, dass es vollkommen gleich war. Weiters: "Die Anweisungen liefen über X und X. X war wieder dabei und übersetzte für uns. X  war im Jahr 2011 auch dabei."

 

Festzustellen ist weiters, dass die OÖ. GKK auf Grund der Kontrolle des Finanzamtes am 24.11.2010 bzgl. der vier polnischen Staatsangehörigen mit Bescheiden vom 5.12.2011 die Vollversicherung gem. ASVG feststellte. Dagegen wurde Berufung erhoben. Dieses Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 13.7.2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurden X, X, X und X als Zeugen einvernommen. Weiters wurden die gesamte Verfahrensakte einvernehmlich verlesen. Entscheidend war vor allem die von den Beamten des Finanzamtes am 24.11.2010 mit X und X aufgenommene Niederschrift.

 

Auf Grund der vorgelegten "Werkverträge" steht fest, dass alle Vertragsparteien von einem Rechtsverhältnis zwischen den polnischen Staatsbürger und der X ausgingen.

 

X bestätigte, am 24.11.2010 von den Finanzbeamten arbeitend angetroffen worden zu sein.

 

X und X waren unstrittig schon länger für die Fa. X tätig (übereinstimmende Zeugenaussagen des X und des X). Alle Zeugen gaben an, dass die 4 polnischen Staatsangehörigen nach der Kontrolle noch ca 2 Wochen für die X tätig waren.

 

Strittig war aber, ob X und X am 24. November 2010 aus eigenem Entschluss heraus zu arbeiten begannen oder ihnen dies von Vertretern der Fa. X aufgetragen wurde. In der von X und X unterfertigten Niederschrift vom 24. November 2010 ist dazu folgende Frage protokolliert: "X und X wurden ebenfalls arbeitend angetroffen. X hat X geholfen und X hat ebenfalls mit einer Schaufel Schrottteile weggeschaufelt. Seit wann sind diese in Österreich und seit wann arbeiten sie hier auf der Baustelle?" Als Antwort wird dazu festgehalten: " X und X sind gestern nach Österreich gekommen. Sie möchten ebenfalls als selbständige Unternehmer wie X und X für die Fa. X arbeiten. Beide haben heute zum ersten Mal hier gearbeitet und zwar ab 9.30 Uhr". X bestritt, derartige Angaben gegenüber dem Finanzbeamten gemacht zu haben. Der Zeuge X versicherte aber unter Wahrheitspflicht, dass diese Niederschrift im Einvernehmen mit den Herren X angefertigt wurde. Weiters sagte er aus: "Diese wurde auch vor der Unterfertigung noch gemeinsam durchgegangen bzw. vorgelesen. Die Herren X haben diesen Ausführungen in keiner Weise widersprochen. Dies obwohl wir die Niederschrift mit ihnen gemeinsam durchgegangen sind." In freier Würdigung der vorliegenden Beweise steht daher fest, dass die Herren X tatsächlich diese Aussage getätigt haben. Dies gilt auch für die im unmittelbaren Anschluss in der Niederschrift am 24.11.2010 protokollierte Antwort "Ich X, habe Ihnen, sowie X und X gesagt, dass sie den Platz räumen sollten, damit heute die Betonierarbeiten durchgeführt werden können." Entscheidend ist, dass diese Niederschrift auch von X unterfertigt wurde.

 

In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass der Zeuge X in der mündlichen Verhandlung zunächst aussagte: "Als ich zur Baustelle kam, waren die 4 Polen schon da. Sie hatten in den dortigen Unterkünften übernachtet. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass mir X sagte, dass diese 4 Leute jetzt mitarbeiten sollen. Dann teilte ich die Leute ein. Ich redete nur mit X, da die anderen 3 Polen nicht Deutsch konnten. So sagte ich beispielsweise dem X, dass ein Abschnitt zu betonieren wäre. Ich schaffte ihm an, dass er eine Schalung errichten sollte. Teilweise arbeitete ich selber mit.

 

X räumte folglich zunächst ein, dass X in der Früh angeordnet hatte, dass die polnischen Staatsangehörigen mitarbeiten sollten. In weiterer Folge sagte er aus, sie hätten am Firmengelände einige Sachen weggeräumt. Das habe ihnen aber eigentlich niemand angeschafft.  Auf Frage des rechtsanwaltlichen Vertreters sagte er schließlich aus, dass X und X am 24.11.2010 nichts arbeiten sollten. Ihnen sei "von uns" nichts angeschafft worden.

 

Für den Verwaltungssenat steht aber in freier Würdigung der vorliegenden Beweise fest, dass die Beschäftigung im Einvernehmen mit den Vertretern der X (X, aber auch X) aufgenommen wurde. Es steht auf Grund der Aussage des Zeugen X  fest, dass die Aussagen in der Niederschrift am 24. November 2010 vom Finanzbeamten korrekt protokolliert wurden. Entsprechend den ersten Angaben des Zeugen X ist davon auszugehen, dass auch X und X am 24. November 2010 durch ihn bzw. X zur Arbeit eingeteilt wurden. Der Zeuge X bestätigte in der mündlichen Verhandlung, dass ihnen "der Chef" und X sage, was zu arbeiten war. Bei den gegenteiligen Ausführungen des Zeugen X und des Bw handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung.

 

Im Übrigen ergeben sich die obigen Feststellungen zur Tätigkeit der vier polnischen Staatsbürger unstrittig aus den vorliegenden Beweismitteln.

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 33 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab) meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 111 Abs 1 und Abs 2 ASVG lauten:

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

§ 539a ASVG lautet:

(1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

Die vier polnischen Staatsbürger waren zum Kontrollzeitpunkt am 24. November 2010 um 09.50 Uhr für die X tätig. Vertragspartner der polnischen Staatsbürger war die X. In den vorliegenden Werkverträgen wird diese ausdrücklich als "Auftraggeber" bezeichnet. Für die Beurteilung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, kommt dem Vertrag zunächst die Vermutung seiner Richtigkeit zu, d.h. es ist davon auszugehen, dass er den wahren Sachverhalt widerspiegelt. Soweit ein Vertrag von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht, ist er als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt. Weicht die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung aber vom Vertrag ab, ist nicht primär der Vertrag maßgebend, sondern dann sind die wahren Verhältnisse entscheidend, d.h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen (vgl. VwGH vom 21.12.2011, GZ. 2010/08/0089).

 

Soweit sich der Bw darauf bezieht, dass die polnischen Staatsangehörigen Inhaber von Gewerbescheinen seien, so ist ihm zu entgegnen, dass die Innehabung von Gewerbescheinen mit dem Wortlaut "Aufstellen und Montieren von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden" uä einerseits Teil eines verbreitenden Missbrauchs der Gewerbeordnung ist, der zur Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient, wie er sich in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits wiederholt widerspiegelt.  Andererseits ist bei derartigen einfachen manipulativen Tätigkeiten nicht auszuschließen, dass es sich um "gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werksentgelt zu leistende Verrichtungen einfachster Art" handelt, die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 8 GewO von der GewO ausgenommen sind (vgl. VwGH vom 21.12.2011, GZ. 2010/08/0089).

 

Entscheidend ist, dass der Bauleiter der X die Arbeitsschritte kontrollierte. X hatte von seinem Büro aus direkt einen Blick auf die Baustelle. Wenn er sah, dass die Arbeiter zeitlich nicht zusammen kamen oder es irgendwelche Probleme gab, ging er hinaus, um ihnen zu helfen und evtl. selber mitzuhelfen. Die Arbeiter wussten, wenn, dass sie, wenn irgend ein Problem auftrat, sofort zu ihm kommen konnten. X hatte für die Bauarbeiten die Koordination. Er war der ausschließliche Ansprechpartner für alle, die mit der Baustelle etwas zu tun hatten. Zur fachlichen Qualifikation der vier polnischen Staatsangehörigen führte der Bauleiter aus: "X und X hatten schon ein bisschen Ahnung von der Arbeit. Bei X und X merkte man schon, dass sie ungelernt waren." X wurde in der mündlichen Verhandlung befragt, ob man sagen könne, dass sie im Verbund mit Arbeitern der Fa. "X" gearbeitet hätten. Dazu gab er an, dass man das sehr wohl so sagen könne. Es wurden folglich im Verbund Hilfsarbeiten erbracht. Der Zeuge X hielt ausdrücklich fest, dass lediglich X und X "schon schwierigere Sachen" arbeiten konnten. Die polnischen Staatsangehörigen standen – wie sich aus den Ausführungen des Bauleiters X ergibt – unter dessen Fachaufsicht.

 

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie z.B. unterscheidbares Zusammenwirken mit anderen Arbeitnehmern auf einer Baustelle), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH vom 22.4.2010, GZ. 2010/09/0063). Maßgeblich ist dabei auch, dass die ausländischen Staatsbürger in weiterer Folge – für einen späteren Zeitraum – zur Sozialversicherung bei der Gebietskrankenkasse angemeldet wurden. X wurde in der mündlichen Verhandlung befragt, ob bei seiner Arbeit für die Fa. "X" im Jahr 2011 sich die Tätigkeit anders gestaltete. Dazu gab er an, dass es vollkommen gleich war. Weiters: "Die Anweisungen liefen über X und X. X war wieder dabei und übersetzte für uns. X war im Jahr 2011 auch dabei."

 

Die überragende Bedeutung der Fa. X für die vier polnischen Staatsbürger ergibt sich auch daraus, dass der "Unternehmens- bzw. Gewerbestandort" der vier polnischen Staatsbürger mit X, X, angegeben wird. Dies ist eben auch der Sitz der X. Das im "Werkvertrag" bezeichnete Gewerk "Tätigkeiten am Bau" entspricht weniger der für diesen Vertragstypus ausschlaggebenden Begriff des "Werkes", sondern vielmehr einem Dauerschuldverhältnis. Der Einwand des Bw, es sei in der freien Entscheidung der polnischen Staatsbürger gelegen, ob sie einer Arbeitsanforderung nachkamen oder nicht, ändert nichts am Ergebnis der Gesamtbeurteilung. Es ist eindeutig von Dienst – bzw Arbeitsverhältnissen auszugehen.

 

Die X war die Dienstgeberin. Es bestand eine Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG. Es wurde aber vor Aufnahme der Tätigkeit keine Meldung bei der .GKK erstattet.

 

Soweit der Bw vermeint, es liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor, ist ihm zu entgegnen: In seinem E 25. März 2010, 2008/09/0203, hat der VwGH eine Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG nach erfolgter Verurteilung wegen des Vergehens nach § 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) beurteilt und ist zu dem Schluss gekommen, dass für die Bestrafung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG andere Aspekte des tatsächlichen Geschehens relevant waren (Nichteinholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung) als für jene für die erfolgte Verurteilung nach § 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) und dass damit die wesentlichen Tatbestandselemente beider Strafnormen divergierten. So ist es für eine Strafbarkeit nach dem ASVG ohne Bedeutung, ob der nicht angemeldete Arbeitnehmer In- oder Ausländer ist, während die Ausländereigenschaft der beschäftigten Person Voraussetzung für eine Bestrafung nach dem AuslBG ist. Strafbar nach dem ASVG ist, wer einen Arbeitnehmer ohne die erforderliche Anmeldung bei der Sozialversicherung beschäftigt; nach dem AuslBG ist strafbar, wer einen Ausländer beschäftigt, ohne dass eine der erforderlichen Bewilligungen oder Bestätigungen vorliegt. Maßgebend für die Bestrafung sind daher wesentlich verschiedene Sachverhaltselemente. Es liegt daher kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor (vgl VwGH vom 24. Februar 2011, GZ 2007/09/0361).

 

Eine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers (§ 39 Abs 1 und § 370 Abs 2 der GewO 1973) für die Nichteinhaltung der Bestimmungen des ASVG kommt entgegen der Ansicht des Bw nicht in Frage (vgl VwGH vom 17.1.1991, GZ 90/09/0135). Im Falle einer GmbH. & Co.KG. ist der handelsrechtliche Geschäftsführer der "Komplementär-GmbH", als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ anzusehen. Den Bw trifft daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit. Die zweifelsohne wichtige Funktion des X im Unternehmen ändert nichts an der Verantwortlichkeit des Bw. Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen ist erfüllt. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Verbotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung – wie dies hinsichtlich der Bestimmung des § 111 ASVG der Fall ist – der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Bw hätte initiativ alles vorbringen müssen, was zu seiner Entlastung dienlich sein könnte. Dass sein Vater X faktisch sehr großen Einfluss hat – er wurde von X ausdrücklich als "Chef" bezeichnet – kann an seiner Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG allein nichts ändern, zumal keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG erfolgt ist. Das allenfalls vorhandene Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Handlungen des X exkulpiert  nicht (vgl. dazu VwGH vom 24.3.2011, GZ. 2011/09/0034). Der Bw hat es unterlassen, bei der .GKK als zuständigen Versicherungsträger Erkundigungen über die Voraussetzungen der Beschäftigung von Dienstnehmern einzuholen. Darin liegt zumindest ein fahrlässiges Verhalten, das die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 2 VStG ausschließt. Die bloße Erkundigung beim bzw. Meldung an den Steuerberater reicht im Gegensatz zur Auffassung des Bw nicht aus (vgl. VwGH vom 14. Oktober 2011, GZ 2009/09/0205). Die angelasteten Verwaltungsübertretungen sind in objektiver wie in subjektiver Hinsicht eindeutig erwiesen.

 

Wie von der belangten Behörde richtig erkannt, ist gemäß der Bestimmung des § 111 Abs. 2 ASVG jeweils eine Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen vorgesehen.

 

Gem. § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit, erschwerende Umstände lagen nicht vor. Die belangte Behörde bezweifelte den Wahrheitsgehalt der vom Bw bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (lt. Stellungnahme vom 21.3.2011 liegt das Einkommen bei ca. 1.000,-- Euro, der Bw besitze demzufolge kein Vermögen und habe keine Sorgepflichten). Ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe kam jedenfalls nicht in Betracht, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen (vgl. § 20 VStG). Auch eine Unterschreitung der Mindeststrafe gemäß § 111 Abs. 2 letzter Satz ist nicht zulässig, da das Verschulden des Bw nicht geringfügig ist und die Folgen der Übertretungen nicht unbedeutend sind. Dies insb in Hinblick darauf, dass der Bw bis zuletzt kein reumütiges Geständnis ablegte. Auch von der Anwendung des § 21 VStG (Ermahnung) war Abstand zu nehmen, weil im konkreten Fall das tatbildmäßige Verhalten nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück blieb.

 

Laut der Begründung des Straferkenntnisses wurde "jeweils die Mindeststrafe" verhängt. Im Spruch des Straferkenntnisses wurde aber nicht die Mindeststrafe in der Höhe von 730 Euro, sondern jeweils eine Geldstrafe von 738 Euro vorgeschrieben. Es wurde folglich irrtümlich eine höhere Geldstrafe als beabsichtigt festgesetzt. Dies war vom Verwaltungssenat zu korrigieren. Dem entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe aliquot herab zu setzen.

 

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den angeführten Gesetzesstellen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 14. November 2012, Zl.: 2012/08/0230-3

 

 

 

 

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