Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401216/4/BP/JO

Linz, 19.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA von Weißrussland, derzeit aufhältig im PAZ X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 6. September 2012 durch den Landespolizeidirektor von Oberösterreich, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektor von Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 6. September 2012, GZ.: 1075036/FRB, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen.

 

Die Behörde führt im Schubhaftbescheid ua. wie folgt aus:

 

"Sie wurden am 06.09.2012, um 00:10 Uhr, in X am X durch Polizeibeamte einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Hier gaben Sie an, kein Bahnticket zu besitzen und konnten auch kein Identitätsdokument vorweisen.

 

Sie gaben an, aus Weissrussland zu stammen. In weiterer Folge gaben Sie den Beamten gegenüber an, X, X geb. zu sein. Identitätsdokumente konnten bei Ihnen nicht vorgefunden werden.

 

Auf Grund des festgestellten nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, wurden Sie von den Beamten nach fremdenrechtlichen Bestimmungen festgenommen und in das PAZ X eingeliefert. Der Aktenlage nach sprachen Sie mit den Beamten in gutem Deutsch. Als Rechtfertigung gaben Sie an, seit ca.2 Jahren illegal in Österreich zu sein und über keinerlei Dokumente zu verfügen. Wohin Sie fahren wollten, darüber wollten Sie keine Angaben machen. Ebenso verweigerten Sie die Auskunft darüber, was Sie eigentlich in Österreich wollen würden.

 

Anlässlich Ihrer fremdenpolizeilichen Einvernahme am heutigen Tage, gaben Sie an, dass der Grund Ihrer Einreise war, hier einen Asylantrag zu stellen. Sie hätten Ihr Heimatland 2004 verlassen. Nach Österreich seien Sie 2010 gekommen und würden hier seither in Wien leben. Die Bekanntgabe Ihrer Wohnadresse verweigerten Sie.

 

Auf Vorhalt, dass Sie am 18.04.2012 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hätten, gaben Sie an, dass Sie das nicht kommentieren wollten, das würde Sie nicht interessieren. Des weiteren führten Sie aus, dass Sie Ihre Kleidungsstücke in X am X in einem Schließfach  deponiert hätten. Weiters führten Sie aus, in Wien in verschiedenen Wohnungen gelebt zu haben und sich dort nie angemeldet zu haben, da Sie ja illegal hier gelebt hätten und „schwarz“  - alles mögliche - gearbeitet hätten -  wozu hätten Sie sich anmelden sollen. Ihr Inlandspass würde sich in Weissrußland befinden; andere Dokumente hätten Sie nicht.

 

In Österreich hätten Sie  sich Ihren Lebensunterhalt durch Schwarzarbeiten verdient; Sie hätten keinen Wohnsitz und keine Verwandten in Österreich. Die Bekanntgabe einer Adresse von Freunden, bei denen Sie in X Unterschlupf finden könnten, verweigerten Sie. An Barmitteln würden Sie über € 4,92 verfügen. Sie wiederholten nochmals in Österreich einen Asylantrag zu stellen.

 

Anläßlich Ihrer in weiterer Folge durchgeführten Erstbefragung im Asylverfahren , gaben Sie nun an, 2010 per Schiff am Flussweg/Donau nach Österreich illegal eingereist zu sein. Hier erklärten Sie dezidiert, Österreich seit Ihrer Ankunft 2010 niemals verlassen zu haben.

 

Ihnen wurde anlässlich dieser Befragung vorgehalten, dass an Hand Ihrer Fingerabdrücke festgestellt werden konnte, dass Sie am 18.04.2012 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hätten. Hier erklärten Sie nun, dass Sie keine falschen Angaben gemacht hätten, da Sie keinen Asylantrag in der Schweiz gestellt hätten, da Sie niemals in der Schweiz gewesen wären.

 

 Im Zuge Ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung konnte festgestellt werden, dass bei Ihnen  ein sogenannter EURO – DAC  Treffer vorliegt, d.h. dass Ihnen bei Ihrer Asylantragstellung in der Schweiz die Fingerabdrücke abgenommen wurden – diese sind ident  mit den Fingerabdrücken, die von Ihnen nun in Österreich abgenommen wurden.

Asylantragstellung in der Schweiz / X am 18.04.2012.

Weiters ergab der Fingerabdruckabgleich, dass Sie bereits erkennungsdienstlich unter verschiedenen Aliasdaten aufgetreten sind:

X

X

X

X

X

dies unter verschiedenen Geburtsdaten und Staatsangehörigkeiten.

 

Dieser Umstand sowie das Ergebnis Ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung rechtfertigt die Annahme, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz – nach Abschluß eines Konsultationsverfahrens gemäß den Bestimmungen des Dubliner Übereinkommens mit der Schweiz – mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Sie verfügen nun lt. Ihren Angaben in Österreich über keinen Wohnsitz, haben zu Österreich keinen Bezug, haben hier keinerlei Verwandte von Ihnen, gehen hier keiner legalen Beschäftigung nach, im Gegenteil – lt. Ihren Angaben seien Sie in Österreich „Schwarzarbeiten“ nachgegangen und halten sich seit einem unbekannten Zeitpunkt  in Österreich nicht rechtmäßig auf.

 

Entscheidungsrelevant ist vor allem der Umstand, dass Sie offensichtlich nicht bereit sind, den Ausgang Ihres Asylverfahrens in der Schweiz abzuwarten, sondern illegal nach Österreich einreisten und hier einen Asylantrag stellten.

 

Hier ist festzuhalten, dass Ihre Angaben in Ihrer Gesamtheit mit absoluter Unglaubwürdigkeit behaftet sind; diese sind schlicht als falsch zu betrachten. So geben Sie trotz Vorhalt  des Umstandes, dass die Behörde erheben  konnte, dass Sie am 18.04.2012 in der Schweiz bereits einen Asylantrag stellten, wiederholt an, dass Sie niemals in der Schweiz gewesen wären und dort auch keinen Asylantrag gestellt hätten. So können auch Ihren gesamten anderen Angaben nicht der Wahrheit entsprechen, da Sie mit der Asylantragstellung in der Schweiz nicht zusammenpassen. Ihren Angaben in der fremdenpolizeilichen Einvernahme am heutigen Tage lässt sich jedoch eindeutig ersehen, dass Ihre Absicht war, in Österreich illegal leben zu wollen und Ihr gesamtes Verhalten darauf gerichtet war, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen – siehe Ihre Feststellung :“Ich habe nie offiziell in Österreich um Asyl angesucht, warum soll ich mich anmelden. Ich habe ja hier in Österreich illegal gelebt und „schwarz“ ( alles Mögliche ) gearbeitet.“ Somit relativiert sich auch Ihre Aussage, dass der Grund Ihrer Einreise nach Österreich der gewesen sei, hier einen Asylantrag zu stellen. Sie stellten den Asylantrag erst, als Sie von Polizeibeamten aufgegriffen wurden.

 

Auf Grund Vorgesagtem kann die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gem. § 10 Asylgesetz 2005 und eine daraus resultierende allfällige Abschiebung im konkreten Fall nur durch die Verhängung der Schubhaft gesichert werden.

 

Aus diesem Grund musste auch von der Anordnung eines gelinderen Mittels im Sinne des § 77 FPG 2005 abgesehen werden, da auf Grund Ihres zuvor geschilderten Verhaltens die Behörde nicht davon ausgehen kann, dass Sie Anordnungen im gelinderen Mittel Folge leisten werden, zumal Ihnen klar sein muß, dass Sie in den Staat abgeschoben werden, welcher letztendlich für die Durchführung Ihres  Asylverfahrens zuständig ist.

 

Es ist für die Behörde auf Grund Ihrer kundgemachten  Einstellung österr. Rechtsvorschriften gegenüber somit klar ersichtlich, dass Sie nicht bereit sind, die Durchführung  des aktuellen Asylverfahrens in Österreich  abzuwarten, sowie Sie auch nicht bereit waren, das Asylverfahren in der Schweiz abzuwarten.

 

Diese Prognose wird dadurch untermauert, dass Sie offensichtlich völlig entwurzelt sind, keinerlei Bezug zu Österreich haben, hier keinerlei verwandtschaftliche bzw. soziale Beziehungen haben und logischerweise hier auch keiner legalen Beschäftigung nachgehen.

 

Auf Grund Vorgesagtem besteht im konkreten Fall ein konkreter hoher Sicherungsbedarf und kann der Zweck der Schubhaft nicht durch Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden, zumal Sie Ihre negative Einstellung der österreichischen Rechtsordnung, insbesondere fremdenrechtlichen, melderechtlichen Bestimmungen und Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gegenüber, bereits mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht haben – womit spruchgemäß zu entscheiden war."

 

1.2. Mit Schreiben von 17. September 2012 wendet sich der Bf sinngemäß gegen seine Anhaltung in Schubhaft, die er als willkürlich ansieht und sieht sich zudem in seiner Religionsausübung eingeschränkt, da ihm ua. der Kontakt zu einem Rabbi  sowie zur jüdischen Gemeinde verwehrt sei und ihm auch keine Tora zur Verfügung stehe.  

 

 

2.1.1. Mit Schreiben vom 18. September 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 19. September 2012.

 

2.1.2. In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde ua. aus:

 

"Mit Bescheid der BPD Linz vom 06.09.2012 wurde gegen X die Schubhaft gem. § 76 Abs.2 Z. 4 FPG 2005 angeordnet, welcher am selben Tage persönlich zugestellt wurde. X wurde zum Vollzug der Schubhaft in das Polizeianhaltezentrum X überstellt und befindet sich dort bis dato.

Bei seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme am 06.09.2012 führte X wie folgt aus: Der Grund meiner Einreise nach Österreich war einen Asylantrag zu stellen. Ich habe mein Heimatland 2004 verlassen und halte mich seither überall in Europa auf. Nach Österreich bin ich 2010 gekommen. Seit meiner Einreise lebe ich in X. Die Adresse gebe ich nicht bekannt. Warum soll ich diese angeben. Auf Befragung gebe ich an, dass ich mich seit meiner Einreise im Jahr 2010 ununterbrochen in Österreich aufhalte. Dazu wird mir vorgehalten, dass ich laut Aktenlage am 18.04.2012 in der Schweiz einen Asylantrag stellte. Ich gebe nun an, dass ich nichts mehr kommentieren werde, es interes­siert mich nicht. Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass ich am 06.09.2012 00:25 Uhr festge­nommen und in das PAZ X eingeliefert wurde. Ich möchte nun doch wieder Fragen be­antworten. Ich gebe an, dass ich von X mit dem Zug nach X fahren möchte. In X am X habe ich nur Kleidungsstücke in einem „Schließfach" deponiert. Weiters wird mir zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist, gegen mich die Schubhaft zu verhängen. Mir wird gesagt, dass ich in ein anderes PAZ überstellt werde. Auf Befragung gebe ich an, dass ich arbeitswillig bin. Ich möchte nicht, dass meine Vertretungsbehörde verständigt wird.

Zu meinen persönlichen Verhältnissen befragt, gebe ich an:

In X habe ich in verschiedenen Mietwohnungen gewohnt. Angemeldet war ich nie. Ich habe nie offiziell um Asyl angesucht, warum soll ich mich dann anmelden, ich habe ja hier in Österreich illegal gelebt und „schwarz" (alles Mögliche) gearbeitet.

Mein Inlandpass befindet sich in Weißrussland, andere Dokumente habe ich nicht. Mir wurde noch nie ein Reisepass ausgestellt. Meinen Lebensunterhalt habe ich mir durch „Schwarzar­beit" verdient. In Österreich habe ich keine Verwandte und keinen Wohnsitz. Ich kann jedoch bei Freunden in X wohnen. Auf die Frage bei welchen Freunden bzw. an welchen Adressen gebe ich an, dass ich dies nicht sagen werde. An Barmitteln verfüge ich über € 4,92. Ich gebe nochmals an, dass ich hiermit einen Asylantrag stelle.

 

(…)

 

 

Da X nun am 06.09.2012, in Schubhaft befindlich, einen Asylfolgeantrag stellte, wurde am selben Tag eine Erstbefragung nach den Asylgesetz durchgeführt.

Dabei gab er an, 2010 per Schiff am Flussweg/Donau nach Österreich illegal eingereist zu sein. Er erklärte dezidiert, Österreich seit seiner Ankunft 2010 niemals verlassen zu ha­ben. Es wurde ihm anlässlich dieser Befragung vorgehalten, dass an Hand seiner Fingerab­drücke festgestellt werden konnte, dass er am 18.04.2012 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hat. Hier erklärte er nur, dass er keine falschen Angaben gemacht hat, er keinen Asylantrag in der Schweiz gestellt hat, er niemals in der Schweiz gewesen ist.

 

Seitens der belangten Behörde dazu auf die Asylwerber Information ( kurz AI) vom 18.9.2012 verwiesen, der zufolge ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz seitens des Bundesasylamtes am 10.09.2012 eingeleitet und bereits am 12.9.2012 die Zustim­mung der Schweiz via Dublinnet erteilt worden ist.

 

X verfügt laut eigenen Angaben in Österreich über keinen Wohnsitz, hat zu Österreich keinen Bezug, hat hier keinerlei Verwandte, geht hier keiner legalen Beschäftigung nach, im Gegenteil, er ist in Österreich „Schwarzarbeiten" nachgegangen und hält sich seit einem un­bekannten Zeitpunkt in Österreich unrechtmäßig auf.

 

Aus vorgenannten Feststellungen lässt sich ersehen, dass der Beschwerdeführer in Öster­reich in keinster Weise sozial verankert oder integriert ist.

 

Entscheidungsrelevant für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist aber vor allem der Umstand, dass er offensichtlich nicht bereit ist, den Ausgang seines Asylverfah­rens in der Schweiz abzuwarten, sondern illegal nach Österreich einreiste und hier einen (neuerlichen) Asylantrag stellte.

 

Wie bereits in der Begründung des Schubhaftbescheides der BPD Linz vom 06.09.2012 dar­gelegt, liegen die vom VwGH geforderten Voraussetzungen für die Verhängung der Schub­haft im konkreten Fall in der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gem. § 10 Asylgesetz 2005 und einer daraus resultierenden Abschiebung.

 

Aus diesem Grund musste auch von der Anordnung eines gelinderen Mittels im Sinne des § 77 FPG 2005 abgesehen werden, da wegen des zuvor geschilderten Verhaltens die Behörde nicht davon ausgehen kann, dass X Anordnungen im gelinderen Mittel Folge leistet, zumal ihm klar sein muss, dass er in den Staat abgeschoben wird, welcher letztendlich für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig ist.

 

(…)

 

Die BPD Linz hat umgehend und zeitgerecht die Beschaffung der für die Verbringung in die Schweiz notwendigen Dokumente eingeleitet und es ist davon auszugehen, dass diese innerhalb kurzer Zeit beschafft werden können.

 

Die Verhängung der Schubhaft war und ist auf Grund Vorgesagtem und des vorliegenden Sachverhaltes verhältnismäßig und es wird von der Behörde nachweislich danach getrach­tet, die Dauer der Schubhaft so kurz als möglich zu halten. Hier ist darauf hinzuweisen, dass das BAA bald den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid erlassen wird, womit diese dann bereits durchsetzbar ist.

 

Es wird daher beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

 

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen, allenfalls zurückweisen;

2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

 

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde (Pauschalbeträge)

Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde (Pauschalbeträge

in eventu Ersatz für Verhandlungsaufwand (Pauschalbeträge)

 

Der Beschwerdeführer ist in Schubhaft".

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen völlig unwidersprochenen - unter den Punkten 1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 87/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 6. September 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs. 2 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach
§ 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Es ist zunächst unbestritten, dass der Bf aufgrund seines Asylantrages vom 6. September 2012 als Asylwerber anzusehen ist. Gleichzeitig ist aber auch § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG im vorliegenden Fall erfüllt, da aufgrund des Eurodac-Treffers erwiesen ist, dass der Bf am 12. April 2012 bereits in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte und daher mit Recht anzunehmen war, dass der in Österreich gestellte Antrag mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen würde.

 

3.3.2. Mit Wirkung 10. September 2012 wurde laut aktuellem AI der Konsultationsmechanismus mit der Schweiz ausgelöst und der Bf mit Mitteilung vom 11. September 2012 nachweislich gemäß § 29 AsylG über die beabsichtigte Zurückweisung seines antrages in Kenntnis gesetzt, weshalb ab diesem Zeitpunkt das Ausweisungsverfahren gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG als eingeleitet gilt.

 

3.4.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 (wie auch Abs. 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.4.2. Nach der Judikatur der Höchstgerichte ist nicht bei jedem sogenannten Dublin-Fall von einem erhöhten Sicherungsbedarf auszugehen; allein, der in Rede stehende Fall ist doch grundlegend anders gelagert als ein "Regel-Dublinfall".

 

Der beinahe völlig mittellose Bf, dessen Identität bislang aufgrund mannigfacher von ihm gewählter divergierender Angaben nicht letztgültig geklärt ist, brüstet sich nahezu gerade damit seine Reisedokumente in seinem Heimatland zurückgelassen zu haben, in Österreich über Jahre illegal mit wechselnden Wohnsitzen aufhältig gewesen und zur Bestreitung seines Lebenswandels den verschiedensten Schwarzarbeiten nachgegangen zu sein und verweigert diesbezüglich jegliche nähere Angabe. Er gibt an im Bundesgebiet über keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu verfügen, und aus der Aktenlage ergeben sich auch keine gegenteiligen Hinweise.

 

Frappierend ist die beharrliche und dreiste Leugnung des Bf betreffend seine Asylantragstellung in der Schweiz im April 2012, die – wie auch die zahlreichen vorgängigen Aufgriffe des Bf – bei denen er mit anderen Identitäten auftrat – als völlig erwiesen anzusehen sind. Aus seinem gesamten bisherigen Verhalten im Verfahren ergibt sich nicht nur die völlige Unglaubwürdigkeit des Bf, sondern auch die von ihm unverhohlen präsentierte Intention keinesfalls behördlichen Anordnungen in den ihn betreffenden Verfahren nachzukommen. Die unter Punkt 1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargelegten Ausführungen der belangten Behörde sind voll zu unterstreichen.

 

Nachdem der Bf – ohne familiäre oder sonstige Bindung im Bundesgebiet – offensichtlich in der Wahl des Reiseziels völlig flexibel auftritt, jedes Mittel zur Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils – wenn auch durch Schwarzarbeit – in einem für ihn attraktiven westeuropäischen Staat dreist ergreift, dazu jegliche fremden- und aufenthaltsrechtliche Normen seiner Gastländer ignoriert und je nach Konvenienz Asylverfahren anstrengt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er sich keinesfalls den behördlichen Verfahren zur Verfügung gehalten haben würde.

 

Seit seiner In-Schubhaftnahme steigerte sich für ihn die "Notwendigkeit" des Untertauchens, zumal er – nach der Zustimmung zur Rückübernahme durch die Schweiz am 12. September 2012 - ehebaldigst dort hin abgeschoben werden kann.

 

3.4.3. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass schon zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung am 6. September 2012 jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass sich der Bf ehest möglich dem Zugriff der Behörden entziehen würde. Es lag somit ein besonders akuter und hoher Sicherungsbedarf vor, der sich bislang stätig steigerte.  

 

3.5. In diesem Sinn scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel aus, zumal der völlig örtlich ungebundene Bf wohl keiner allfälligen Meldepflicht nachgekommen wäre. Solches anzunehmen scheint kaum realitätsnah.

 

3.6.1. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt wie auch jetzt noch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand und steht das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung entgegen.

 

3.6.2. Die vom Bf geäußerten Klagen darüber, dass er etwa keinen Kontakt mit der jüdischen Gemeinde aufnehmen könne oder, dass ihm kein Rabbiner zur Seite gestellt werde, sind nicht nachvollziehbar und auch nicht näher zu verfolgen.

 

3.6.3.. Familiäre oder sonstige private Gründe im Sinn des Art. 8 EMRK standen und stehen – mangels persönlicher Anknüpfungspunkte des Bf im Bundesgebiet – der Verhängung der Maßnahme nicht entgegen. 

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.       zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.       vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit knapp 2 Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf in die Schweiz unmittelbar bevorsteht.

 

Am 12. September 2012 langte zudem auch die Zustimmung der Schweiz im Rahmen des Konsultationsmechanismus ein.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung in die Schweiz, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden.

 

3.8. Es sind darüber hinaus keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 17. September 2012 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum