Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750013/6/SR/JO

Linz, 17.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, armenischer Staatsangehöriger, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27. September 2011, GZ.: Sich96-1070-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 60,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm.

        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27. September 2011, GZ.: Sich96-1070-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 121 Abs. 2 FPG iVm § 12 Abs. 2 AsylG eine Geldstrafe in Höhe von 300,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 101 Stunden) verhängt, weil er sich am 5. Juli 2011 um 17.30 Uhr im Gelände der EAST X, X, und somit außerhalb des Gebietes, in dem er gemäß § 12 Abs. 2 AsylG geduldet war (Ort der Duldung: Bezirk X), aufgehalten hat.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen Normen führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass dem Bw nach Stellung des dritten Asylantrages eine Verfahrenskarte mit einer Gebietsbeschränkung für den Bezirk X ausgestellt worden sei. Da dem Bw keine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden war, habe er sich ohne Anordnung des Bundesasylamtes in die EAST X begeben um dort eine Unterkunft zu beziehen. Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit sei festgestellt worden, dass sich der Bw ohne Berechtigung außerhalb des Bezirkes X aufgehalten habe.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe der Bw einen Vertreter namhaft gemacht und dieser habe in der Stellungnahme den Aufenthalt außerhalb des geduldeten Gebietes eingestanden. Das Verlassen des Bezirkes X sei jedoch über mündlichen Auftrag der PI Traiskirchen erfolgt. Die derzeit in Urlaub befindliche damalige Vertreterin könne dies bestätigen und werde der belangten Behörde bis 16. August 2011 ein Ergänzungsschreiben zukommen lassen.

 

Da bei den behördlichen Erhebungen hervorgekommen sei, dass ein derartiger Auftrag von der PI Traiskirchen nicht erteilt und das angekündigte Ergänzungsschreiben nicht übermittelt worden sei, werde dem Vorbringen kein Glauben geschenkt. Der Aufenthalt außerhalb des geduldeten Gebietes sei unstrittig.  

 

Zur Strafhöhe wurde lediglich ausgeführt, dass sich diese im untersten Bereich des im § 121 Abs. 2 vorgesehenen Strafrahmens befinde. Vom außerordentlichen Milderungsrecht gem. § 20 VStG 2001 habe kein Gebrauch gemacht werden können.

 

2. Gegen dieses, dem Vertreter des Bw am 29. September 2011 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis erhob dieser innerhalb offener Frist Berufung.

 

Einleitend hielt der Vertreter fest, dass die Tatbeschreibung völlig zutreffend sei. "Rechtfertigend" bringt der Vertreter vor, dass die Fremdenpolizei Traiskirchen dem Bw gesagt habe, dass er nach X fahren solle und in der Folge, dass die damalige Vertreterin mit der Fremdenpolizei gesprochen habe und die Vertreterin des Bw mitgeteilt habe, dass er nach X fahren solle.

Nach umfassender Auseinandersetzung mit der höchstgerichtlichen Judikatur zur Mindeststrafe von 1000 Euro und der gesetzlichen Anpassung des Strafrahmens gelangt der Vertreter zum Ergebnis, dass auch der Gesetzgeber die "gegenständliche Verwaltungsübertretung" für nicht zu schwerwiegend halte.

 

Neben der Aufhebung des Straferkenntnisses wird u.a. die Herabsetzung der Höhe der Strafe bzw. das Absehen von der Strafe beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

Im Vorlageschreiben nimmt die belangte Behörde Stellung zu den Berufungsausführungen. Dabei verweist sie auf die Eintragungen im AIS. Demnach sei der Bw unaufgefordert in der EAST X erschienen. Ein Auftrag, so wie in der Berufung behauptet, sei weder von der PI Traiskirchen noch vom Bundesasylamt erteilt worden. Die angebotenen schriftlichen Nachweise seien ebenfalls nicht erbracht worden. Abschließend legt die belangte Behörde dar, dass die zusammenhanglose textbausteinartige Beschäftigung mit der Mindeststrafe von 1000 Euro überholt und als gegenstandlos zu betrachten sei.

 

3.1. Der UVS des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Im Hinblick auf die Änderung der Abgabestelle wurde der Vertreter mit Schreiben vom 26. Juli 2012 ersucht, bekannt zu geben, ob das Vertretungsverhältnis noch aufrecht ist, wie die nunmehrige Abgabestelle lautet, aufgefordert, die angebotenen Beweise vorzulegen und eine ladungsfähige Adresse der angeführten Zeugin mitzuteilen. Die amtliche Sendung, die an der mittels ZMR erhobenen Adresse des Vertreters, zugestellt werden sollte, wurde mit dem Vermerk "verzogen" retourniert.

 

Mit Schriftsatz vom 7. August 2012, zugestellt am 9. August 2012, wurde der Bw zur Klärung des Vollmachtsverhältnisses, der allfälligen Bekanntgabe der Abgabestellte des Vertreters, Übersendung der angebotenen Beweismittel und um Mitteilung einer ladungsfähigen Adresse der angesprochenen Zeugin ersucht. Abschließend wurde der Bw darauf hingewiesen, dass, sollte er dem behördlichen Ersuchen nicht nachkommen, die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Der Bw ist dem Verbesserungsauftrag vom 7. August 2012 nicht nachgekommen.

 

3.2. Unstrittig ist, dass sich der Bw zum Tatzeitpunkt außerhalb des geduldeten Gebietes (Bezirk X) aufgehalten hat.

 

In der AI (3. Asylantrag Zl. 11 06.570) wurde am 5. Juli 2011 in der DGA festgehalten, dass der Bw nicht zur EAST X gebeten worden sei. Aus diesem Grund erfolge auch keine Einquartierung in der EAST X. Der Bw wurde aufgefordert sich nach X zu begeben. Rücksprache mit dem BAA-X.

 

Weder das Ermittlungsverfahren noch die Aktenlage lassen das Vorbringen des Bw glaubwürdig erscheinen. Mit dieser unglaubwürdigen Verantwortung konnte der Bw die schlüssige und nachvollziehbare Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde nicht erschüttern.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 121 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 92/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder außerhalb des Gebietes, in dem er gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 geduldet ist, aufhält, oder eine Meldeverpflichtung gemäß §§ 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Sacht oder 15a AsylG verletzt.

 

Nach § 12 Abs. 2 AsylG ist der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesasylamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des     § 15 Abs. 1 Z. 4 befindet, geduldet. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet geduldet, wenn und solange dies

1.     zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist,

2.     notwendig ist, um Ladungen von Gerichten und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder

3.     für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.

Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesasylamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet geduldet.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das Asylverfahren des Bw zum Betretungszeitpunkt noch nicht zugelassen war, eine Gebietsbeschränkung für den Bezirk X bestanden und sich der Bw bei der Kontrolle in der EAST X, somit außerhalb des geduldeten Gebietes, befunden hat.

 

Unstrittig liegt auch keine der in § 12. Abs. 2 AsylG vorgesehenen Ausnahmen vor, die eine Duldung im gesamten Bundesgebiet begründen würde.

 

Das Vorbringen des Bw ist in sich unschlüssig und widerspricht klar der Dokumentation des Geschehensablaufes im Vorlageakt.

 

Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die objektive Tatseite im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben ist.

 

4.3. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw machte trotz mehrmaliger Belehrungen und nachweislicher Aufforderung im Ermittlungsverfahren keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Schuldentlastungsbeweis darzustellen. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Der Bw musste sich nach umfassender Aufklärung bewusst sein, dass sein Aufenthalt während des Zulassungsverfahrens ausschließlich im Bezirk X geduldet ist und ein Verstoß verwaltungsstrafrechtliche Sanktion nach sich ziehen werde.

 

4.4. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass diese im untersten Drittel des Strafrahmens angesiedelt wurde. Es ergeben sich keine Umstände von dieser Strafhöhe abzugehen.

 

Mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung des § 20 bzw. des § 21 VStG nicht in Betracht.

 

4.5. Die Berufung war spruchgemäß abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

5. Gemäß § 64 VStG war dem Bw zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe somit von 60,00 Euro aufzuerlegen.

 

 

 Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

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