Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523242/9/Bi/

Linz, 14.09.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X RA-Partner­schaft, X, vom 8. August 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 24. Juli 2012, VerkR21-208-2012, wegen der Aufforderung sich zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des Ergebnisses der am 13. September 2012 durchgeführten öffent­lichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­ent­scheidung), zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid insofern bestätigt, als sich der Rechtsmittelwerber innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Erkenntnisses (Rechtskraft) amtsärztlich untersuchen zu lassen hat.   

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 8 und 24 Abs.4 FSG zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 30. Juli 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 13. September 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw durchgeführt. Dessen Rechts­vertreter und der Vertreter der Erstinstanz waren entschuldigt. Die Berufungs­ent­scheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er konsumiere lediglich vereinzelt Cannabis. Gelegentlicher Cannabiskonsum ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen sei nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kein ausreichender Grund, die gesundheitliche Lenkeignung gemäß § 24 Abs.4 3.Satz FSG in Zweifel zu ziehen. Die Überprüfung vom 1.5.2012 habe ergeben, dass der Konsum von Cannabis nicht im Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen erfolge. Die Beamten hätten gemeint Symptome einer Beeinträchtigung festzu­stellen, laut Amtsarzt habe aber keine aktuelle Beeinträchtigung vorge­legen, obwohl die rechtswidrig abverlangte Urinprobe auf THC positiv angezeigt habe. Beantragt wird eine mündliche Berufungsverhandlung und ersatzlose Bescheid­behebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie weitere Erhebungen und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bei der der Bw gehört und der Vorfall vom 1.5.2012 in Linz anhand des Akteninhalts sowie der Bericht der PI Perg vom 24.8.2012 diskutiert wurde.

 

Laut Amtsvermerk von Insp X, SPK Linz/PI Lenaupark, vom 1. Mai 2012 wurde der Bw als Lenker des Pkw X am Dienstag, dem 1. Mai 2012, um 10.45 Uhr in Linz, Raimundstraße 43, einer Lenker- und Fahrzeug­kontrolle unterzogen. Da der Beamte beim Bw erweiterte Pupillen und wässrig glänzende Augen wahrnahm und diese als eindeutige Symptome einer Suchtgift­beeinträchtigung deutete, wurde der Bw auf einen möglichen Suchgiftmissbrauch angesprochen. Der Bw gab zu, am Freitag zuvor, dem 27. April 2012, in Linz Marihuana konsumiert zu haben. Der freiwillig abgegebene Drogenschnelltest war auf den Wirkstoff THC positiv. Der Bw bestätigte, er konsumiere seit 5 bis 6 Jahren regelmäßig Marihuana, handle aber nicht damit, und habe den letzen Joint am 27. April 2012 geraucht, den er unmittelbar zuvor in Linz, Hessenpark, von einem Schwarzafrikaner für den Eigenkonsum erworben habe. Die Untersuchung durch den Amtsarzt Dr. X ergab die Fahrtüchtigkeit des Bw.

 

Laut Mitteilung von BI X, PI Mauthausen, vom 24. August 2012 wurde der Bw am 16.2.2009, 31.1.2011 und zuletzt am 8.5.2012 wegen § 27 Abs.1 SMG bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Er scheine in den do Aufzeichnungen oftmals als Zeuge/Auskunftsperson in diversen Strafverfahren gegen verschiedene Suchtmittelkonsumenten auf, sodass der Eindruck bestehe, dass er regelmäßig in diesen Kreisen verkehre.

 

In der Berufungsverhandlung bestätigte der Bw die drei bisherigen Anzeigen wegen § 27 Abs.1 SMG aus den Jahren 2009, 2011 und 2012. Die  1. Anzeige sei zurückgelegt worden, die 2. gegen Auflagen – da habe er sich regelmäßig Kontrollen unterziehen müssen, was sehr teuer gekommen sei; er habe auch fast ein Jahr kein Cannabis konsumiert, es dann aber aufgegeben – anlässlich der 3. Anzeige sei er für die 2. und 3. verurteilt worden zu einer bedingten niedrigen Geldstrafe, weil er da noch in Ausbildung gewesen sei. Er sei jetzt mit der Ausbildung zum Altenfachbetreuer fertig, wisse, dass er nicht in diesem Beruf arbeiten wolle, wohne in Mauthausen bei den Eltern und sei derzeit ohne Arbeit. Zu seinem Cannabiskonsum stehe er; das habe ihm auch bei Migräneanfällen, die er seit dem 13. Lebensjahr habe, geholfen. Am 27. April 2012 sei er mit einem Freund mitgefahren und habe im Park am Hessenplatz in Linz den Joint gekauft und gleich konsumiert. Durchschnittlich komme er auf etwa 2 Joints im Monat.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

In ständiger Rechtsprechung (vgl E 30.9.2011, 2010/11/0248) vertritt der Verwaltungs­gerichtshof die Auffassung, Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG seien begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei gehe es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssten aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl E 30.9.2002, 2002/11/0120). Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung wäre ein Aufforderungsbescheid rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl E 25.5.2004, 2003/11/0310; 13.12.2005, 2005/11/0191; 27.9.2007, 2006/11/0143, und 24.5.2011, 2011/11/0026).

Ebenfalls in ständiger Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, wie sich aus § 14 FSG-GV ergebe, berühre ein geringfügiger Sucht­mittel­genuss die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet sei oder wenn die Gefahr bestehe, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzu­schränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt sei, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten (wenn auch verbotenen) Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeter­weise in Zweifel zu ziehen (vgl E 25.5.2004, 2003/11/0310; 24.5.2011, 2011/11/0026).

Weiters vertritt der VwGH ausdrücklich die Auffassung, dass ein Aufforderungs­bescheid nur dann zulässig sei, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt deren Erlassung) vonseiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (vgl E 21.9.2010, 2010/11/0105).

 

Der Bw ist 1990 geboren, also 22 Jahre alt, und seit 19.2.2008 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B, wobei anlässlich der Erteilung seine gesundheitliche Eignung festgestellt wurde. Auch wenn er bei seiner Verkehrs­kontrolle am 1. Mai 2012 fahrtüchtig war, ist sein Cannabiskonsum durch seine Aussagen als nicht bloß gelegentlich – außerdem sind zeitliche Dimensionen bei "Migräneanfällen" nicht definierbar – und gering­fügig anzu­sehen, zumal er in der Verhandlung ausdrücklich betont hat, dazu stehe er. Abgesehen davon, dass seine Angaben, dass er am 27. April 2012 nicht selbst mit einem Kraftfahrzeug unterwegs gewesen sei, letztlich ebensowenig objektiv überprüfbar sind wie die seine tatsächlichen Konsumgewohnheiten, ist festzuhalten, dass der Bw seit nunmehr seit 6 Jahren (mit einer Pause 2011), "regelmäßig" Cannabis raucht, nach der freiwilligen Unterbrechung erneut damit begonnen hat und ganz offensichtlich nicht willens ist, damit aufzuhören. Auf dieser Grundlage bestehen vonseiten des UVS sehr wohl Bedenken im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, die die Erlassung des angefochtenen Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG rechtfertigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

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