Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150895/19/Lg/Hu

Linz, 25.09.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 6. Februar 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn H A D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 26. Juli 2011, BauR96-127-2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das ange­fochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

 

II.        Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
33 Stunden verhängt, weil er am 10. Jänner 2011, 12.30 Uhr, in der Gemeinde Weibern, Autobahn Freiland, Mautabschnitt A8, km 037,400, Richtungsfahrbahn Knoten Voralpenkreuz, das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X und mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2. In der Berufung bringt der Bw Folgendes vor:

 

"Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfange und Inhalte nach wegen Rechtswidrigkeit/Mangelhaftigkeit bekämpft und im einzelnen ausgeführt wie folgt:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir angelastet wie folgt:

Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,0 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht war und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungs­gemäß entrichtet wurde.

Tatort: Gemeinde Weibern, Autobahn Freiland, Mautabschnitt: A8, km 037,400, Richtungsfahrbahn Knoten Voralpenkreuz;

Tatzeit: 10. Jänner 2011, 12 Uhr 30;

Fahrzeug: Kennzeichen X, LKW;

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 und § 7 Abs. 1 BStMG;

 

Diese angebliche Verwaltungsübertretung wird ausdrücklich bestritten.

 

Ich habe ordnungsgemäß eine Go-Box erworben und diese auch angebracht. Warum es zu keiner Abbuchung gekommen ist ist mir unverständlich. Sodann bei der Anhaltung durch die Amtspersonen wurde die Go-Box an einer anderen Stelle angebracht. Dennoch habe ich diese Strafverfolgung erhalten, welche nicht nur die Strecken, welche vor der Beamtshandlung waren, betraf sondern auch die danach folgende.

 

Die Daten meines Zeugen/Beifahrers X zum Beweise meines Vorbringens werden nachgereicht.

 

Es wird sohin gestellt der

ANTRAG

auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweise dafür, dass ein technischer Defekt vorliegen muss.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe ist die verhängte Geld­strafe überdies als überhöht anzusehen. Im konkreten Fall liegen nachfolgende Milderungsgründe vor:

•   der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem

      sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;

·         die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

·         die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

•     die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;

•     die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs­oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

•     es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

•     sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegen­heit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;

•     die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlver­halten          vorliegt.

 

Abschließend werden gestellt nachfolgende

ANTRÄGE:

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes möge das angefochtene Straf-

erkenntnis der BH Grieskirchen BauR96-127-2011 vom 26.07.2011 ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung;

Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge;

in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG;

in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im

Sinne des § 20 VStG.

 

Da die Berufungserhebung ohne Kenntnis des Akteninhaltes erfolgte wird gestellt
der      

ANTRAG

auf Übermittlung des gegenständlichen Aktes an die BH Gmunden als zuständige Rechtshilfebehörde zum Zwecke der Akteneinsicht durch meinen nun­mehr ausgewiesenen Rechtsfreund;

in eventu Übermittlung einer Aktenabschrift gegen Spesenersatz."

 

Den ergänzenden Berufungsausführungen vom 18.1.2012 ist Folgendes zu entnehmen:

 

"Vorweg ist darauf zu verweisen, dass ich in meiner Eigenschaft als seinerzeitiger Lenker des LKW's mit dem behördlichen Kennzeichen X (D) als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Organisation C - Wohnen und Pflege im Herzen der Stadt tätig war und für diese Hilfsorganisation einen ehrenamtlichen Hilfstransport mit dem gemieteten LKW für A J in Rumänien durchführte.

 

In Vorbereitung dieser karitativen Hilfsfahrt wurde auch über Empfehlung des ADAC Verkehrsclubs an einer Tankstelle bei der Grenze die sogenannte 'Go-Box' erworben. Bei diesem Erwerb wurde von der Mitarbeiterin der Verschleißstelle sowohl mir als auch dem seinerzeitigen Beifahrer W T die Handhabung des Gerätes samt Aufbringung erklärt. In Entsprechung der Anweisung haben wir die Go-Box an der Windschutzscheibeninnenseite nahe dem Armaturenträger aufgebracht In keiner Art und Weise wurde vom seinerzeitigen Verkaufspersonal der Go-Box Verschleißstelle darauf hingewiesen, dass die Positionierung eines Scheibenwischers - ob in Ruheposition oder in Betätigung - in irgend einer Art und Weise eine Beeinflussung der Funktion der Go-Box herbeiführen könnte. Die entsprechende Belehrung über die Piepstöne wurde erteilt und ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Rest automatisch erfolgte.

 

Bei der Beamtshandlung durch das Mautaufsichtsorgan wurden uns - obwohl wir darauf verwiesen in karitativer Mission ehrenamtlich unterwegs zu sein - mehr oder minder eine bewusste Fehlmanipulation unterstellt was zurückzuweisen war, da wir als ehrenamtlich karitativ tätige Personen in keiner Art und Weise ein Interesse an einer Mautverkürzung oder an Sonstigem dieser Art haben, da es keinen wirtschaftlichen Vorteil dafür gibt. Es versteht sich von selbst dass diese entsprechende Tätigkeit nicht 'wirtschaftlich orientiert' ist und in keiner Art und Weise Sinn und Notwendigkeit bestünde hier absichtlich Mauthinterziehungen durchzuführen.

 

Von den Mautaufsichtsorganen konnte vor Ort festgestellt werden, dass die Go-Box sich an der Windschutzscheibeninnenseite oberhalb des Armaturenbrettes positioniert befand, diese sich sohin nicht - wie von den Meldungslegern erwähnt -von 'Mautprellern' im Handschuhfach versteckt befand.

 

Seitens der Meldungsleger wurde nur darauf verwiesen, dass die Positionierung der Go-Box hinter der Ruheposition des Scheibenwischers nicht in Entsprechung der Mautordnung sei. Es wurde daher von den Mautaufsichtsorganen sogar eine neue Klebefolie zur Verfügung gestellt und unter Mithilfe der Mautaufsichtsorgane die Go-Box mittig an der Windschutzscheibeninnenseite ca. 30 cm Über dem Armaturenbrett nochmals angebracht.

 

In diesem Sinne wäre eine Bestrafung wegen nicht ordnungsgemäßer Einhaltung der Nebenbestimmungen der Mautordnung - wegen Fehlpositionierung der Go-Box - nachvollziehbar. Da aber auch eine Fehlfunktion der Go-Box auf der Rückfahrt von Rumänien nach Deutschland angelastet wird - und dabei die Go-Box in Anwesenheit der Mautaufsichtsorgane unter deren Zuhilfestellung einer neuen Klebefolie ausdrücklich nochmals neu und korrekt befestigt wurde - dies bei ausreichendem Mautguthaben - gibt es nur die logische Erklärung, dass das Gerät mit einem technischen Defekt ausgestattet war, welcher bereits bei der Hinreise zur Fehlerhaftigkeit führte, da die Positionierung der Go-Box in der Nähe der Scheibenwischerruheposition nicht derartig war, dass eine Fehlfunktion entstanden sein kann. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die ursprüngliche Befestigungsstelle nur wenige Zentimeter von der nachträglichen Befestigungsstelle - welche über Anweisung der Mautaufsichtsorgane erfolgte - war und über derartige wenige Zentimeter es nicht nachvollziehbar ist dass dies Ursache der Fehlerhaftigkeit - allenfalls unterbleibender Abbuchung - gewesen sein soll.

 

In diesem Zusammenhang wird gestellt der

 

ANTRAG

auf Ladung des Meldungslegers zum Beweise des obigen Vorbringens.

 

Weiters wird gestellt der

ANTRAG

auf zeugenschaftliche Einvernahme des seinerzeitigen Beifahrers W T, X, X

 im Rechtshilfeweg vor der zuständigen Sicherheitsbehörde in der BRD.

 

Abschließend werden gestellt nachfolgende

ANTRÄGE:

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes möge das angefochtene Straf­erkenntnis der BH Grieskirchen BauR96-127-2011 vom 26.07.2011 ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen; dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung; Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge; in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG; in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im Sinne des § 20 VStG."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 6. April 2011 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei festgestellt worden, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Gemäß § 19 Abs.2 BStMG sei der Lenker mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.  

 

Gegen die Strafverfügung vom 11. April 2011 brachte der Bw folgenden Einspruch ein:

 

"Wie Ihrem Beamten schon vor Ort bei der Kontrolle erklärt, weisen wir aufs schärfste jeden Vorwurf von uns, beim im Januar 2011 für unser Hilfsprojekt Schwester M, A J, Rumänien durchgeführten Hilfstransport, unredliches getan und das vorgeschriebene elektronische Gerät nicht ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht zu haben.

Ihren Bußgeldbescheid werden wir nicht akzeptieren und nicht bezahlen!

Nachstehend sehen Sie die Begründung, die wir mit gleichem Postdatum an unser kirchliches Versicherungsbüro weitergeleitet haben, der mit dem Fall dann seinerseits unsere Rechtschutzversicherung betrauen wird.

 

Begründung:

Auf Anraten des ADAC Verkehrsclubs von Deutschland (Filiale Freiburg) haben wir das elektronische Mauterkennungssystem an einer Tankstelle bei der Grenze gekauft. Da sowohl unser Mitarbeiter Herr D als auch der Unterzeichner diese Technik zum ersten Male in den Händen hielten, haben wir uns von der Verkäuferin genau erklären lassen, wie das ganze an der Windschutzscheibe anzubringen ist. 'Danach drücken Sie die Taste und wenn es piepst, ist alles in Ordnung. Der Rest geht völlig automatisch', so wurde uns erklärt!

Genau dies haben wir getan. Der Test-Piepston ertönte und wir fuhren los. In unregelmäßigen Abständen piepste es auch immer wieder während unserer Fahrt auf der Österreichischen Autobahn. Für uns als erstmalige Befahrer der österreichischen Autobahn mit Mautpflichtigem LKW war somit alles in Ordnung. Umso erstaunter waren wir als wir kontrolliert wurden und uns erklärt wurde, dass es Zitat: 'immer wieder welche gäbe, die das Gerät während der Fahrt abmontieren und ins Handschuhfach legen, damit keine Maut abgebucht wird'. Diesen Vorwurf habe ich dem Beamten gegenüber aufs schärfste zurück gewiesen ihn gefragt, ob er ernsthaft der Meinung ist, dass man erst einen Hilfstransport organisiert, mit dem man dann 24 Stunden einfache Fahrt unterwegs sein muss, zuvor für die gesamte Strecke die österreichische Maut voraus bezahlt und dann zu guter letzt, um ein paar Euro zu sparen, betrügerisch mit dem elektronischen Gerät hantiert. Seltsam war für uns auch die Mitteilung des zweiten Beamten, der erklärte, dass seine Kamera 'so gut sei', dass er den Namen der Bäckerei habe erkennen können, deren Brötchentüte bei uns auf der Ablage hinter der Windschutzscheibe lag. Auf unsere Frage, ob er denn dann nicht gesehen habe, dass wir das Gerät ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe hatten, bekamen wir seltsamerweise keine konkrete Antwort!

 

Das Bußgeld sollten wir dann sogleich vor Ort an die Beamten bezahlen. Als ich mich weigerte, erklärte man mir, dass wir als EU Bürger dazu das Recht hätten. Die Behörde von Österreich würde in diesen Fällen das ganze nach Flensburg weitergeben. Von dort würde der Fall dann weiterbearbeitet.

 

Wir haben die Zahlung des Bußgeldes vor Ort verweigert und sind weitergefahren.

 

Erst mit dem Eintreffen des oben benannten Strafverfügungsbescheides vom 11. April 2011 haben wir erfahren, dass der Fall immer noch 'offen' ist."

 

Einer Stellungnahme der ASFINAG vom 1. Juni 2011 ist zu entnehmen:

 

"Die Einspruchsangaben des Beschuldigten werden als unzutreffend zurückge­wiesen.

 

Für die richtige Montage und Einstellung der GO-Box sowie der korrekten Abbuchung der Maut ist alleinig der Fahrzeuglenker verantwortlich, in der Bedienungsanleitung der GO-Box wird jeder Kunde exakt darauf hingewiesen wie die GO-Box zu montieren ist. Diese Bedienungsanleitung (GO-Box Guide) ist bei der Erstausgabe der GO-Box dabei. Zusätzlich ist der GO-Box Guide an allen GO VERTRIEBSSTELLEN und in über 20 verschiedenen Sprachen erhältlich. (Wird vom Vertriebsstellenmitarbeiter auf Wunsch ausgedruckt)

 

Aufgrund der lückenlosen Aufzeichnungen des Mautsystems (bis auf die Sekunde genau) kann ein Ausfall, eine Störung oder ein Fehler des Systems ausgeschlossen werden.

Die in der Mautordnung statuierte Verpflichtung zur (korrekten) GO-Box-Montage hat erhebliche Auswirkungen auf die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut und wurde auch deshalb in dieser präzise formuliert.

 

Eine nicht korrekte Anbringung der GO-Box kann dazu führen, dass keine Mautabbuchung vorgenommen werden kann. Dies war auch bei der gegenständlichen Übertretung der Fall.

 

Ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box

Die GO-Box ist ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen (vergleiche Grafik 22). Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

Kraftfahrzeuglenker haben sich gemäß § 8 Abs. 2 BStMG vor, während und nach jeder Fahrt auf mautpflichtigen Strecken von der korrekten Montage, und Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu überzeugen, und etwaige Funktionsstörungen umgehend zu melden, (siehe Mautordnung. Mitwirkungspflichten des Fahrzeuglenkers) www.asfinag.at

 

Da keine fristgerechte Nachzahlung gemäß der zum Tatzeitpunkt geltenden Mautordnung durch den Beschuldigten erfolgte, kam es wie in der Mautordnung festgelegt zu dem Delikt.

 

Der von uns übermittelten Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut für das tatgegenständliche Delikt wurde nicht nachgekommen, weshalb unsererseits wie in der Mautordnung festgelegt eine Anzeige erstattet werden musste."

 

Als Beilage wurden eine Kontrollfallliste und ein Beweisfoto angeschlossen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw dar, der Bw habe die GO-Box noch in Deutschland gekauft, wo ihm erklärt worden sei, wie diese zu positionieren sei. Daran habe sich der Bw gehalten. Während der Fahrt seien die Pieps-Signale ertönt "wie es sich gehört". Bei der Anhaltung sei dem Bw die falsche Montage vorgehalten worden. Unter Mithilfe der Mautaufsichtsorgane sei die GO-Box an der richtigen Stelle montiert worden. Die Differenz habe "nur ein paar Zentimeter" betragen. Bei der Rückfahrt habe es nochmals eine Anhaltung gegeben, weshalb ein Funktionsfehler der GO-Box vorliegen müsse.

 

Nach Einschau in die dem Akt beiliegende Kontrollfallliste und Einvernahme des Kontrollorganes K wurde festgestellt, dass die Anhaltung des Bw durch den Zeugen entgegen der Behauptung des Vertreters des Bw erst auf der Rückfahrt von Rumänien erfolgte. Aus der Kontrollfallliste sei ersichtlich, dass zum hier vorgeworfenen Tatzeitpunkt keine Kommunikation stattgefunden habe, was dazu geführt habe, dass das vorliegende Kontrollfoto ausgelöst worden sei.

 

Der Sachverständige verwies auf das Kontrollfoto, aus dem ersichtlich ist, dass die GO-Box hinter dem Scheibenwischer montiert war. Dies erkläre, dass auf der Fahrt nicht lückenlos abgebucht wurde. In den Montagevorschriften werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die GO-Box oberhalb der Wischerruhe­stellung zu montieren sei.

 

Die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorliegende Kontrollfallliste bezog sich auf die Nichtabbuchungen. Eine Kontrollfallliste mit der Aufzeichnung der erfolgten Abbuchungen wurde nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der ASFINAG übermittelt und dem Vertreter des Bw zur Stellungnahme weitergeleitet. Eine Stellungnahme ist jedoch nicht erfolgt. Gleiches betrifft die Mitteilung über das Nichtvorhandensein einer zweiten Anzeige, aus der Schluss gezogen werden könnte, dass trotz der richtigen Montage bei der Anhaltung auf der Rückfahrt Nichtabbuchungen erfolgt sind.

 

Der Beifahrer T W wurde unter der angegebenen deutschen Adresse zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen, er erschien jedoch nicht. Der Vertreter des Bw erklärte, dass der Zeuge schwer krank sei.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs.1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs.2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs.5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung lautet:

Die GO-Box ist ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Lenker vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs.2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Übertretungen gemäß Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs.2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs.1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wen der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).   

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Aufgrund der vorliegenden Kontrollfalllisten iVm dem vorliegenden Kontroll­foto steht fest, dass die Maut zur angegebenen Tatzeit am angegebenen Tatort nicht abgebucht wurde. Die Ursache dafür liegt, wie vom Sachverständigen dargelegt, in einer Fehlmontage der GO-Box. Fest steht ferner, dass der Bw Lenker des gegenständlichen Fahrzeugs war und ihn die Verantwortung für die richtige Montage der GO-Box traf. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzu­rechnen. Zum Verschulden ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für den ausländischen Kraftfahrer die Pflicht besteht, sich mit den einschlägigen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautge­setzes und dazu ergangener Vorschriften vertraut zu machen. Dies betrifft auch die Frage der richtigen Montage der GO-Box nach der Mautordnung bzw. nach der stets mitgelieferten Bedienungsanleitung. Überdies hätten dem Bw die Nicht­abbuchungen akustisch auffallen müssen (Entfall der Piepstöne bei Fehlen der Kommunikation; laut Einspruch "piepste es in unregelmäßigen Abständen", was eben bei falscher Montage der GO-Box der Fall ist). Es ist daher Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Nichtbeachtung der Montagevorschriften der GO-Box sowie die in der Berufung angegebenen Gründe (die bei ausländischen Kraftfahrern so gut wie immer vorliegen und daher den Charakter des außerordentlichen Milderungsrechts verfehlen) die Anwendung des § 20 VStG nicht rechtfertigen. Dasselbe gilt für jederzeit behauptbare Missver­ständnisse von mündlichen Erläuterungen bei der Übergabe der GO-Box. Im gegenständlichen Fall ist jedoch zu beachten, dass beim Bw dazu kommt, dass er nur einmalig eine Fahrt wie die gegenständliche vorgenommen hat, geschweige denn beruflich mit der Bedienung der GO-Box vertraut sein musste. Ferner kommt hinzu, dass der Bw die Fahrt ausschließlich im fremden Interesse zu karitativen Zwecken (im Rahmen eines kirchlich organisierten Transports von Hilfsgütern nach Rumänien) unternommen hat. Unter diesen besonderen Umständen erscheint es vertretbar, das außerordentliche Milderungsrecht anzuwenden und den so gewonnenen Straf­rahmen zur Gänze zugunsten des Bw auszuschöpfen. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem delikstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt sein könnte. Dies deshalb, weil das Verschulden unter den gegebenen Umständen nicht als entsprechend geringfügig einzustufen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum