Linz, 02.10.2012
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 12. Juni 2012, VerkR96-218-2012 wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VOen 561/2006 und 3821/85, nach der am 24. September 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Betreffend die Punkte 2. und 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat
20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG
§ 64 Abs.1 und 2 VStG
Betreffend Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses
wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen.
Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskosten zu zahlen.
Rechtsgrundlage: § 21 Abs.1 VStG
Betreffend die Punkte 1., 5. und 6. wird die Berufung hinsichtlich
des Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafe wie folgt herabgesetzt werden:
Zu 1.: 300 Euro bzw. 60 Stunden
Zu 5.: 150 Euro bzw. 30 Stunden
Zu 6.: 300 Euro bzw. 60 Stunden
Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafen. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 20 und 24 VStG
§§ 64 und 65 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:
o Geldstrafe (300 + 50 + 0 + 300 + 150 + 300 =) ................ 1.100 Euro
o Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz: ..................................... 110 Euro
o Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz:
20% von (50 + 300 =) ........................................................... 70 Euro
1.280 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(60 + 10 + 0 + 60 + 30 + 60 =) ......................................... 220 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
"Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)
9 Stunden nicht überschreiten darf.
die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist gemäß
Euro Ersatzfreiheitsstrafe von
400,00 80 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
50,00 10 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
300,00 60 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
300,00 60 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
300,00 60 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
600,00 120 Stunden § 134 Abs.1, 1a u. Abs.1b KFG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
195,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 2.145,00 Euro."
Gegen dieses Straferkenntnis - zugestellt am 23. Juli 2012 – hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung vom 6. August 2012 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges (§ 51c VStG) erwogen:
Am 24. September 2012 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher sowohl der Bw, als auch dessen Rechtsvertreter
– trotz rechtszeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht teilgenommen haben.
Ist der Bw - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 19 Abs.3 AVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung) des Erkenntnisses in dessen Abwesenheit als zulässig;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005, 2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;
vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;
vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;
vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.
Es fällt einzig und allein dem Bw – und nicht der Behörde – zur Last, wenn der Bw von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;
VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178
unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194 und
vom 29.06.2011, 2007/02/0334 mit Vorjudikatur.
Der Bw hat in der Berufung die Auswertung der Fahrerkartenaufzeichnungen durch einen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung beantragt, zum Beweis dafür, dass er keine Lenkzeitüberschreitung bzw. keine Ruhezeit-unterschreitungen begangen hat.
Ohne konkrete Behauptungen, worin
o die Mangelhaftigkeit des digitalen Tachographen und/oder
der Auswertungs-Software und/oder
o die Unrichtigkeit der Auswertung gelegen sein soll,
besteht keine Verpflichtung, einen - unzulässigen – Erkundungsbeweis vorzunehmen;
VwGH v. 27.02.2007, 2007/02/0018 Vorjudikatur; v. 16.02.2007, 2006/02/0092; vom 11.08.2005, 2005/02/0193; vom 26.01.2007, 2006/02/0286;
vom 17.10.2007, 2006/07/0007.
· Eine (allfällige) Behauptung im Verwaltungsstrafverfahren - ohne konkreten Anhaltspunkt - das Ergebnis der Auswertung der elektronisch gespeicherten Daten des digitalen Tachographen durch eine Auswertungs-Software würde mit den tatsächlichen Lenk- und Ruhezeiten nicht übereinstimmen, verpflichtet den UVS ebenfalls nicht, einen diesbezüglichen Erkundungsbeweis aufzunehmen; VwGH vom 03.09.2003, 2001/03/0172 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 27.05.1988, 87/18/0144.
· Das vom Bw beantragte Sachverständigengutachten hinsichtlich des digitalen Tachographen und/oder der Auswertungssoftware erweist sich ebenfalls als nicht zielführend; vielmehr ist auch dieser Beweisantrag als auf einen Erkundungsbeweis gerichtet zu qualifizieren, zu dessen Aufnahme die Behörde nicht verpflichtet ist/war; VwGH vom 11.12.2002, 2001/03/0057.
· Auch die allfällige Einholung eines Gutachtens über die Funktionsfähigkeit
des digitalen Tachographen und/oder der Auswertungs-Software stellt - mangels konkreter Behauptungen über bestimmte Fehlerhaftigkeiten - einen unzulässigen Erkundungsbeweis dar; VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026.
Im erstinstanzlichen Verfahrensakt ist die detaillierte Auswertung der elektronisch gespeicherten Daten des digitalen Tachografen enthalten.
Die im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltenen Tatvorwürfe stimmen mit dieser elektronischen Auswertung exakt überein.
Betreffend die Punkte 1., 2., 4., 5. und 6. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses war die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abzuweisen.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
In den Punkten 1., 4. und 6. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde
die Mindest-Geldstrafe nach § 134 Abs.1b KFG idF 30 KFG-Novelle, BGBl I Nr. 94/2009 – "sehr schwerwiegender Verstoß" verhängt.
Die Verhängung der Mindeststrafe bedarf keiner näherer Begründung;
VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0244.
Betreffend Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist auszuführen, dass die Geldstrafe nur 1% der möglichen Höchststrafe nach § 134 Abs.1 KFG beträgt und bereits dadurch als milde zu bezeichnen ist.
Zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist auszuführen:
Der Bw hat im "verfahrensgegenständlichen Zeitraum"
14.12.2011: 06.17 Uhr – 16.58 Uhr folgende Lenkpausen eingehalten:
30 + 10 + 10 + 10 + 17 + 9 + 9 + 21 + 13 + 26 + 13 + 6 Minuten =
Gesamtdauer von insgesamt mehr als 2,75 Stunden.
Die Verhängung einer Geldstrafe würde dadurch eine " unangemessene Härte" darstellen; VfGH vom 27.09.2002, G45/02 ua = VfSlg. 16633.
Gemäß § 21 Abs.1 VStG wird somit von der Verhängung einer Strafe abgesehen.
Zu Punkt 5. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist festzustellen:
Der Bw hat am
Wochenende: 03.12.2011, 00.52 Uhr – 04.12.2011, 19.19 Uhr eine Ruhezeit von 42 Stunden und 28 Minuten und am
Wochenende 10.12.2011, 13.14 Uhr – 11.12.2011, 16.48 Uhr eine Ruhezeit von 27 Stunden 34 Minuten eingehalten.
Hätte der Bw am Wochenende 03.12./04.12.2011 anstelle der tatsächlichen Ruhezeit von ca. 42,5 Stunden eine solche von 45 Stunden eingehalten, würde die am Wochenende 10./11.12.2011 eingehaltene Ruhezeit von ca. 27,5 Stunden keine Übertretung darstellen.
Es würde daher auch in diesem Punkt die Verhängung der Mindeststrafe eine "unangemessene Härte" darstellen und wird somit § 20 VStG angewendet und die Geldstrafe auf 150 Euro – EFS: 30 Stunden – herab- bzw. festgesetzt.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag I. Instanz 10% der – teilweise neu bemessenen – Geldstrafen.
Gemäß § 64 Abs. 2 VStG ist betreffend die Punkte 2. und 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 20% der verhängten Geldstrafen zu entrichten.
Gemäß § 65 VStG ist betreffend die Punkte 1., 5. und 6. für das Berufungsverfahren kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Betreffend Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind keine Verfahrenskosten zu bezahlen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler