Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253201/3/Kü/Ba

Linz, 18.09.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung von Frau M W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, A, L, vom 28. Juni 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-167-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-167-2010, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Abs.1 Z 1 Allgemeines Sozial­versicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafen von 144 Stunden verhängt.

 

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als Inhaberin des Einzelunternehmens R e.U. im Standort T, L, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeberin Herrn T T, geb. X, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Lenker eines KFZ für Personen- und Materialtransport beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (14.10.2009, 06.20 Uhr) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

 

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Grieskirchen/Wels bei einer Kontrolle am 14.10.2009 um 10.20 Uhr in B S, B x, S-B festgestellt, bei der Herr T bei der Ausübung seiner Tätigkeit betreten wurde.

 

Der Dienstnehmer war nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausge­nommen. Die Fa. R e.U. hat somit gegen die sozialver­sicherungsrechtlichen Meldepflichten des §§ 33 Abs. 1 ASVG verstoßen."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt wird.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Erstbehörde den von Amts wegen zu ermittelnden Sachverhalt nicht hinreichend erhoben und festgestellt hätte, sonst wäre sie zu einem anderen Ergebnis gelangt. Bei Aufnahme und Würdigung der Beweise hätte die Erstbehörde zu einem anderen Ergebnis gelangen können, etwa, dass ein strafbares Verhalten der Beschuldigten nicht vorliege, da es sich bei den Ausländern um selbständige Gewerbetreibende handle, die auf Werk­vertragsbasis für die Firma R e.U. tätig gewesen seien. Weiters hätte sie feststellen müssen, dass alle Ungarn über entsprechende Gewerbescheine verfügt hätten und auch Beiträge nach dem GSVG gezahlt hätten.

 

Die Beschuldigte sei auch einem nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum erlegen. Sie hätte davon ausgehen können, dass die gewählte Vorgangsweise in Einklang mit den Gesetzen stehe, wie es ihren Mitarbeitern zuvor auch von der Wirtschaftskammer mitgeteilt worden sei. Es fehle daher an der subjektiven Tatseite.

 

Die Feststellungen im Spruch des Bescheides, dass die Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen seien, wurde ebenfalls als unrichtig bekämpft. Hingewiesen würde im übrigen noch darauf, dass bei einer bestehenden Pflichtversicherung nach dem GSVG kein Raum für eine solche nach dem ASVG sei. Auf die Bestimmungen des § 4 Abs.4 ASVG bzw. § 4 Abs.6 ASVG würde in diesem Zusammenhang verwiesen.

 

Im Übrigen sei auch die verhängte Strafe weder tat- noch schuldangemessen und würden eventualiter die Herabsetzung auf ein tat- und schuldangemessenes Maß begehrt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 3. Juli 2012 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Zudem hat der Unabhängige Verwaltungssenat Einsicht in den h. Verfahrensakt VwSen-253200, in welchem die Berufung der Bw gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-163-2010, verfahrensgegenständlich ist, genommen.

 

In letztgenannten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wird der Bw folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:

"Sie haben es als Inhaberin des Einzelunternehmens R e.U. im Standort T, L, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeberin Herrn T T, geb. X, Arbeitsantritt 10.10.2009 und Herrn J T, geb. X, Arbeitsantritt 30.07:2009, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (€ 8,00 pro Stunde) im Ausmaß von 8 Stunden pro Tag mit Fassadenarbeiten (Netzen und Verspachteln) beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

 

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Grieskirchen/Wels bei einer Kontrolle am 19.10.2009 um 15.45 Uhr auf der Baustelle S, S, festgestellt, bei der Herr T und Herr T bei der Ausübung ihrer Tätigkeit betreten wurden.

 

Der Dienstnehmer war nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen. Die Fa. R e.U. hat somit gegen die sozialver­sicherungsrechtlichen Meldepflichten des §§ 33 Abs. 1 ASVG verstoßen."

 

Eine Entscheidung über die Berufung der Bw gegen dieses Straferkenntnis ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat bislang nicht ergangen.

 

5. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Dem zuletzt zitierten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-163-2010, ist zu entnehmen, dass der Bw die Beschäftigung des T T in der Zeit von 10.10.2009 (Arbeitsantritt) bis 19.10.2009 (Kontrolle) ohne eine entsprechende Meldung bei der Oö. Gebiets­krankenkasse zum Vorwurf gemacht wird.

 

Im nunmehr bekämpften Straferkenntnis wird der Bw wiederum die Beschäftigung des T T am 14.10.2009 ohne eine entsprechende Meldung bei der Sozialversicherung vorgeworfen. Eine gemeinsame Betrachtung dieser Tatvorwürfe zeigt, dass dieser Tatvorwurf zeitlich durch das Straferkenntnis vom 6. Juni 2012, SV96-163-2010, mit umfasst ist.

 

Nach Art.4 7. ZProtMRK darf niemand, der wegen einer strafbaren Handlung bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt werden. Damit ist sowohl eine Doppelverfolgung als auch eine Doppelbestrafung wegen derselben strafbaren Handlung ausgeschlossen und so die Sperrwirkung der materiellen Rechtskraft anerkannt. Zutreffend hat der VfGH eine Verletzung dieses Verbotes angenommen, wenn die Behörde einen zweiten Strafbescheid in derselben Sache erlässt (Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 10. Auflage, RZ 1561 f).

 

Indem die Erstinstanz der Bw mit dem gegenständlichen Straferkenntnis ebenfalls die zeitlich überlagernde Beschäftigung (die Art der Beschäftigung stellt kein Tatbestandsmerkmal dar) des T T ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung zur Last gelegt hat, ist im Hinblick auf die bereits mit Straferkenntnis vom 6. Juni 2012, SV96-163-2010, ebenfalls in gleicher Weise erfolgte Tatanlastung in einem längeren Zeitraum im Sinne der obigen Ausführungen von einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot auszugehen, weshalb das gegenständliche Straferkenntnis ersatzlos zu beheben war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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