Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167120/6/Bi/Th

Linz, 04.10.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 16. Juli 2012 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 2. Juli 2012, VerkR96-3387-2011, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergeb­nisses der am 4. Oktober 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­ver­handlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsent­scheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe von 220 Euro (102 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. November 2011, 6.30 Uhr, in der Gemeinde Liebenau, X bei km 8.150, Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall mit dem Pkw X beschädigt und in ihrer Lage verändert und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität verständigt habe. Eine Schneestange sei beschädigt worden.  

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 22 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Oktober 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seiner Rechtsvertreterin Frau Mag. X durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe im Einspruch darauf verwiesen, dass er am 26. November 2011 um 6.30 Uhr an der angegebenen Stelle einen Verkehrsunfall gehabt habe, aber er habe sich auf Privatgrund befunden und nach seiner Meinung nichts beschädigt und daher eine Meldung nicht für dringlich gehalten. Es sei noch dunkel gewesen und er habe eine wichtige Prüfung an der PÄDAK zu absolvieren gehabt, weswegen er sich zur Bergung des Fahrzeuges danach entschieden habe. Bei der Bergung habe sich herausgestellt, dass sich eine Schneestange unter dem Wagen befunden habe, die er zuvor nicht bemerken habe können. Die Erstinstanz sei trotzdem von der Beschädigung einer Schneestange und eines Leitpflocks und seinem Verschulden ausgegangen. An der Verwaltungsübertretung treffe ihn kein Verschulden; hingegen habe die Erstinstanz die Beweisergebnisse ins Gegenteil gedreht und sei seiner Verantwortung ohne Begründung nicht gefolgt, obwohl ihre Ansicht nicht durch Beweisergebnisse gedeckt sei und sie ihn hören hätte müssen. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte ihm die Erstinstanz folgen müssen. Er habe die Schneestange aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse und der Lage unter dem Fahrzeug erst nach der Bergung wahrgenommen.

Sollte von seinem – bestrittenen – tatbestandsmäßigen Verhalten ausgegangen werden, seien die Voraussetzungen der § 20f VStG gegeben. Die Übertretung sei geringfügig, der geringe Schaden beglichen. Die außerordentliche Strafmilderung sei mit seiner Unbescholtenheit begründet und spezialpräventive Gründe nicht erkennbar. Das Verfahren hätte eingestellt werden müssen, was beantragt wird.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw ausführlich gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straf­erkennt­nisses berück­sichtigt wurden.

 

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass Josef Schill am 26.11.2011 um 11.20 Uhr telefonisch die Bezirksleitstelle Freistadt von einem verunfallten Pkw in X, X, verständigt habe. Die Kennzeichentafeln seien abmontiert, das Fahrzeug stehe neben der Straße. AI X, PI Weitersfelden, fand den Pkw in Unfallendstellung vor. Laut Anzeige war der Pkw links von der Fahrbahn abgekommen und hatte dabei einen Leitpflock und eine Schneestange gerammt. Die Ausforschung des Zulassungsbesitzers anhand der Begutachtungsplakette führte zum Bw. GI X, PI Freistadt, befragte über Ersuchen der PI Weitersfelden den Bw an seiner Wohnsitzadresse, der ihm gegenüber angab, er sei wegen Glatteises von der Straße abgekommen. Seine Mutter habe ihn vom Unfallort abgeholt; er habe die Kenn­zeichen­tafeln abmontiert und mitgenommen. Alkoholisiert sei er nicht gewesen. Er sei dann mit dem Fahrzeug der Eltern nach Linz zu einer Prüfung gefahren, habe zu Hause zum Mittag­essen ein Seidel Bier getrunken und anschließend das Fahrzeug bergen wollen. Der Alkoholvortest hat laut Bericht von GI X um 12.30 Uhr 0,05 mg/l AAG ergeben, der Alkotest bei der PI Freistadt um 13.10 Uhr 0,03 mg/l.

Laut Anzeige von AI X, der den Pkw an der Unfallstelle besichtigt hat, wies dieser Beschädigungen am linken vorderen Kotflügel und vorne an der Stoß­stange auf. Der Unfallort liegt in einer Walddurchfahrt.

 

Der Bw schilderte in der Berufungsverhandlung den Vorfall so, dass er am Vorabend in Liebenau einen Freund besucht habe und wegen des einsetzenden Eisregens nicht mehr in der Nacht heimfahren wollte. Daher sei er bald in der Früh losgefahren bei Dunkelheit, um zu der um 8.00 Uhr in Linz in der PH stattfindenden Prüfung zurechtzukommen. Es sei sehr glatt gewesen und er sei ohnehin schon langsam gefahren. An der Unfallstelle sei eine leicht nach außen hängende Rechtskurve und er sei aufgrund des Glatteises dort in Zeitlupe geradeaus gefahren und der Pkw unten an der Böschung zum Stehen gekommen. Er habe zunächst Bedenken gehabt, weil er einen Leitpflock niedergefahren habe, aber als er nachgesehen habe, habe er festgestellt, dass dieser wieder aufgerichtet gewesen sei. Bei der Pkw-Bergung habe sich dann herausgestellt, dass die hölzerne Schneestange im Leitpflock integriert war und als Ganzes heraus­gezogen wurde. Sie sei auch nicht abgesplittert gewesen, daher habe er bei der Nachschau nicht daran gedacht, dass da irgendwo noch etwas liegen müsste. Die Schneestange habe er bei der Bergung unter dem Fahrzeug gefunden. Dieses sei unten an einen liegenden Baumstamm angefahren, dabei sei auf der Fahrerseite die Halbachse beschädigt und der Stoßdämpfer herausgerissen worden; wegen des Alters des Fahrzeuges sei das ein Totalschaden gewesen. Beim Unfall sei es stockdunkel gewesen und er habe um 8.00 Uhr zur Prüfung nach Linz kommen müssen, weshalb er seine Mutter telefonisch gebeten habe, ihn abzuholen. Der 26.11.2011 sei ein Samstag gewesen, weshalb er gedacht habe, dass die Straßenmeisterei nicht besetzt sei; um eine solche Meldung hätte er auch seine Mutter bitten können. Da der Leitpflock gestanden sei, habe er keine Anhaltspunkt für eine Unfallmeldung an die Polizei gesehen, zumal ohnehin nur an seinem Pkw Schaden entstanden sei. Er habe die Kennzeichentafeln nicht mitgenommen, um etwas zu vertuschen, sondern damit sie nicht gestohlen würden. Der Unfallort sei mitten im Wald gewesen und das Fahrzeug einige Zeit dort gestanden.

Nach der Prüfung habe er daheim etwas gegessen, ein Seidel Bier getrunken und vorgehabt, die Bergung des Fahrzeuges, wozu ein Traktor erforderlich gewesen sei, zu organisieren. Mittag sei aber der Polizist gekommen und er habe einen Alkoholvortest gemacht und sei dann zum Alkotest aufgefordert worden. Wegen der Kälte sei der Alkotest beim Polizeifahrzeug nicht möglich gewesen und daher um 13.08 Uhr und 13.10 Uhr bei der PI Freistadt durchgeführt worden mit dem Ergebnis von 0,03 mg/l AAG.       

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs – dazu zählen gemäß § 31 Abs.1 StVO ua auch Verkehrsleiteinrichtungen wie Leit­pflöcke, Schneestangen und Leitbaken – ua unbefugt in ihrer Lage oder Bedeu­tung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädi­gung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizeidienst­stelle oder der Straßen­erhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Iden­ti­tät des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden. 

 

Die Schilderungen des Bw vom Zustandekommen des Unfalls durch Glatteis sind nach den örtlichen Verhältnissen ebenso glaubhaft wie seine Überlegungen nach dem Unfall. Dass er um 6.30 Uhr wegen der Prüfung – dabei handelte es sich nach seinen Angaben um eine Präsentation, deren Aufwand sein Bestreben rechtzeitig in Linz einzutreffen, rechtfertigt – keine Zeit für die sofortige Bergung des Pkw hatte und sich deshalb entschloss, diesen vorerst an der Unfallstelle stehenzulassen, ist verständlich. Seine Überlegung, warum er die Kennzeichentafeln mitgenommen hat, ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Die in der Anzeige dargelegten Beschädigungen am Pkw hat der Bw in der Verhandlung als Totalschaden präzisiert – die Erstzulassung des Pkw war laut Anzeige 1992. Er hat auch den genauen Unfallhergang absolut nachvollziehbar und glaubhaft geschildert.

 

Demnach kam er infolge des Glatteises von der Fahrbahn ab und rutschte nach links über eine Böschung, wobei er auf einen liegenden Baumstamm auffuhr. Aus dieser Endlage konnte er alleine nicht mehr heraus. Die Unfallstele liegt – wie auf dem DORIS-Foto unschwer zu erkennen ist, mitten in einem Waldgebiet in der Nähe der tschechischen Grenze. Dass er zum Bergen des Pkw einen Traktor brauchen würde, war dem Bw sofort erkennbar. Er hat aber ausgeführt, er habe schon bemerkt, dass er einen Leitpflock niedergefahren habe, und daher habe er auch nach dem Unfall nachgesehen, jedoch festgestellt, dass der Leitpflock wieder gestanden sei. Die darin integrierte Schneestange – die ihm jetzt auch im Spruch angelastet werde – habe es beim Unfall offenbar zur Gänze heraus­gezogen; sie sei jedenfalls nicht abgesplittert gewesen, sodass er keine Veranlassung gesehen habe für eine Annahme, dass irgendwo noch ein Teil liegen müsse. Tatsächlich sei die Schneestange bei der Bergung unter dem Pkw gefunden worden. Für ihn sei nach dem Unfall an der Unfallstelle nichts erkennbar gewesen, woraus er eine Verpflichtung zu einer Unfallmeldung gesehen habe, weil offensichtlich nur an seinem Pkw Schaden entstanden sei. Im Übrigen sei er in Zeitnot gewesen.  

   

Den Ausführungen des Bw, der auch in der Verhandlung einen durchaus glaubhaften persönlichen Eindruck hinterlassen hat, ist vonseiten des Unab­hängigen Verwaltungssenates insofern nichts entgegenzusetzen, als auch zu bedenken ist, dass GI X, der den Bw über Ersuchen der zuständigen Polizeiinspektion Weitersfelden daheim befragt hat, keine genauen Kenntnisse über die Unfallsendlage des Pkw hatte. Seine Darlegung im Bericht vom Unfalltag gibt offensichtlich die Schilderung des Bw wieder, wie er sie verstanden hat. Die Formulierung im Aktenvermerk, dass der Bw damals ihm gegenüber sofort eine Beschädigung einer Verkehrsleitein­richtung zugegeben hätte, kann sich durchaus auf den umgefahrene Leitpflock beziehen, um den dann auch der Schuldvorwurf reduziert wurde. Auch die Erklärung des Bw zum – auf den ersten Blick eigenartig erscheinenden – Abmontieren der Kennzeichentafeln ist durchaus nachvollziehbar. Der Bw war nach den Ergebnissen des Alkotests beim Unfall nicht alkoholisiert. Umgerechnet 0,06 %o um 13.10 Uhr können durchaus von einem Seidel Bier zum Mittagessen herrühren. Diesbezüglich wäre ein Vertuschen-Wollen eines absolut glaubhaften Glatteisunfalls um 6.30 Uhr Ende November nicht zwingend anzunehmen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt zur Überzeugung, dass der Bw zwar durch die Nichtmeldung der niedergefahrenen Schneestange – diesbezüglich wurde ihm eine "Lage-Veränderung" vorgeworfen – bei der nächsten Polizei­dienst­stelle in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, jedoch ihm sein Verhalten in subjektiver Hinsicht auf der Grundlage der Glaubwürdigkeit seiner Darlegungen über seine Beobachtungen an der Unfall­stelle und der von ihm daraus gezogenen Schlüsse – wobei selbstverständlich die dortigen örtlichen Verhältnisse und die Dunkelheit zu berücksichtigen sind – nicht vorwerfbar ist, weil ihm damit eine Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG gelungen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Nichtmeldung eines VU mit beschädigter Schneestange, aber mangels Verschulden gem. § 5/1 VStG -> Einstellung.

 

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