Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740093/4/AL/HUE

Linz, 05.10.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Berufung der S GmbH, R, U, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R S – Dr. G P, B, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 30. März 2012, Zl. Pol01-20-2012 (adressiert an die Berufungswerberin als Inhaberin des in Rede stehenden Gerätes), wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 30. März 2012, Zl. Pol01-20-2012, der der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) am 4. April 2012 zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid

 

Von der Bezirkshauptfrau von Rohrbach als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung ergeht folgender

 

Spruch

 

Das elektronische Glücksrad 'F-W' mit der Finanzamts-Gerätenummer 11, versehen mit der Versiegelungsnummer 15640-15644, mit dem im Lokal mit der Bezeichnung 'S T' in R, U zumindest von 22.02.2011 bis zum 06.02.2012 Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung beschlagnahmt.

 

Rechtsgrundlage: § 53 Abs 1 Z 1 lit a, § 53 Abs 2, § 53 Abs 3 des Glücksspielgesetzes BGBl Nr 620/1989 in der gültigen Fassung (im Folgenden GSpG)".

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 13. April 2012, mit der sinngemäß beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Beschlagnahme des Gerätes aufzuheben.

 

2.1. Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie den zu VwSen-740090 vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung nicht nur gem. § 51e Abs. 4 VStG (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) sondern auch gem. § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

2.3.1. Der in Rede stehende Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012 wurde der Bw laut Postrückschein am 4. April 2012 zugestellt.

 

2.3.2. Die Bw ist – und dem wurde auch in der Berufungsschrift nicht widersprochen – als Betreiberin der gegenständlichen Tankstelle Inhaberin des in Rede stehenden Gerätes.

 

In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme eben dieses Gerätes bereits mit einem anderen Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012 ausgesprochen wurde; dieser Bescheid wurde – wie zu VwSen-740090 protokolliert – der Bescheidadressatin "B KG" als Eigentümerin des Gerätes am 3. April 2012 zugestellt und gilt demnach als bereits am 3. April 2012 – und damit vor dem verfahrensgegenständlichen Beschlagnahmebescheid (4. April 2012) – erlassen.

 

Mit Oö. UVS 4. Oktober 2012, VwSen-740090/4/AL/HUE, wurde die Berufung über diesen anderen Beschlagnahmebescheid durch den Oö. Verwaltungssenat aufgrund eines hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG als unbegründet abgewiesen und der Beschlagnahmebescheid bestätigt.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

 

3.1.1. Da die Bw (als Betreiberin der Tankstelle) das gegenständliche Gerät in ihrer Macht bzw. Gewahrsame hatte, ist diese als "Inhaberin" des Geräts iSd      § 53 Abs. 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren (vgl. auch etwa VwGH 26.1.2004, 2003/17/0268 zur alten Rechtslage).

 

Da der als Bescheidadressatin angeführten Bw, die Inhaberin des Gerätes ist, der bekämpfte Bescheid gegenüber somit erlassen wurde, entfaltete dieser Be-schlagnahmebescheid der Bw gegenüber auch rechtliche Wirkung.

 

Die Berufung der Bw gegen den Beschlagnahmebescheid ist daher zulässig.

 

3.1.2. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.2. In der Sache:

3.2.1. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I 69/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 GSpG können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 GSpG hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

3.2.3. Wie bereits unter Punkt 2.3.2. dargelegt, wurde die Beschlagnahme des im Spruch genannten Gegenstandes (elektronisches Glücksrad 'F-W' mit der Finanzamts-Gerätenummer 11, Versiegelungsnummer 15640-15644) durch zwei unterschiedliche (dh nicht idente) Beschlagnahmebescheide ausgesprochen, die beiden Bescheide unterscheiden sich im Wesentlichen hinsichtlich der Ausführungen betreffend die funktionelle Zuordnung der jeweiligen Bescheidadressatin zum Personenkreis des § 53 Abs.3 GSpG.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass im Mehrparteienverfahren ein Bescheid durch seine Zustellung an (nur) eine Partei des Verfahrens bereits als "erlassen" und damit auch von sämtlichen Parteien des Verfahrens bekämpfbar gilt (vgl. jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313). Die Beschlagnahme des im Spruch genannten Gerätes erfolgte somit chronologisch betrachtet erstmals durch den (anderen, nicht verfahrensgegenständlichen) Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012, der – wie bereits zu VwSen-740090 protokolliert – der Bescheidadressatin "B KG" als Eigentümerin des Gerätes bereits am 3. April 2012 rechtmäßig zugestellt wurde und damit als zu diesem Zeitpunkt erlassen gilt.

 

Mit dem in weiterer Folge an die Bw als Bescheidadressatin ergangenen (mit dem vorhergehenden Bescheid nicht identen) Beschlagnahmebescheid (ebenfalls datiert mit 30. März 2012) wurde seitens der Erstbehörde hinsichtlich des Gerätes somit der Beschlagnahmebescheid, der der "B KG" am 3. April 2012 zugestellt wurde, inhaltlich abgeändert.

 

Eine inhaltliche Abänderung oder Behebung eines Bescheides ist allerdings nur in den engen Grenzen des § 68 Abs 1 AVG oder im Wege der Einrichtung eines eigenen Rechtsschutzregimes (wie insbesondere § 63 ff AVG) vorgesehen. Mit anderen Worten ist – abgesehen von der den Parteien an die Hand gegebenen Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels und der damit verbundenen Abänderung bzw. Aufhebung eines Bescheides – eine "sonstige Abänderung von Bescheiden" iSd IV. Teils des AVG außerhalb der Voraussetzungen des § 68 AVG nicht zulässig. Im Ergebnis kann daher ohne einer speziellen gesetzlichen Grundlage ein einmal erlassener Bescheid zu keinem Zeitpunkt aus anderen als den in § 68 AVG geregelten Gründen respektive abseits einer Berufungs(vor)entscheidung wiederholt oder gar abgeändert werden (vgl. eingehend Leeb, Bescheidwirkungen und ihre subjektiven Grenzen nach dem AVG unter besonderer Berücksichtigung von Vorfragenentscheidungen [2010] 14 ff).

 

Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates wäre daher auch im gegenständlichen Fall eine amtswegige Abänderung eines bereits einmal erlassenen Beschlagnahmebescheides ausschließlich bei Vorliegen einer speziellen gesetzlichen Grundlage zulässig. Mangels einer solchen gesetzlichen Grundlage kann daher ein einmal rechtswirksam bescheidförmig beschlagnahmter Gegenstand nicht erneut durch einen weiteren Bescheid beschlagnahmt werden.

Diese "Sperrwirkung" eines einmal erlassenen Beschlagnahmebescheides ergibt sich schon allein aus dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und damit der sofortigen Rechtswirksamkeit (Vollstreckbarkeit) der Beschlagnahme und wird nicht zuletzt durch die quasi-dingliche Wirkung und der damit verbundenen – über den Bescheidadressaten hinausgehenden – Rechtswirkung dieses Bescheides für andere Personen, denen ebenfalls Rechte an der beschlagnahmten Sache zustehen, bekräftigt. So kann ein Gegenstand naturgemäß nur ein einziges Mal beschlagnahmt werden.

 

Auch indiziert schon der Gesetzeswortlaut des § 53 Abs. 3 GSpG, dass der Gesetzgeber selbst hinsichtlich eines Gegenstandes ebenfalls ausschließlich von EINEM einzigen Beschlagnahmebescheid, der gegebenenfalls mehreren Parteien zuzustellen ist, ausgegangen ist (arg.: "das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen"). Dafür spricht auch die in § 53 Abs. 3 GSpG ebenfalls vorgesehene Möglichkeit, über die Beschlagnahme gegebenenfalls selbständig zu erkennen – in diesem Fall erfolgt die "Zustellung des Bescheides" (dh eines einzigen Bescheides) durch öffentliche Bekanntmachung.

 

Diese Rechtsauffassung wird im Übrigen auch dadurch bestärkt, dass der – für eine Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz notwendige – Verdacht, dass mit dem Gerät fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird, im Falle einer bereits rechtswirksam erfolgten Beschlagnahme des betroffenen Gegenstandes jedenfalls ab diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht mehr vorliegen kann.

 

4. Aus Anlass der Berufung war im Ergebnis der angefochtene Bescheid mangels bestehender Rechtsgrundlage für die gegenständliche Beschlagnahme aufzuheben.

 

5. Abschließend darf nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der im Spruch des gegenständlich bekämpften Bescheides genannte Gegenstand bereits – wie zu Oö. UVS 4.10.2012, VwSen-740090/4/AL/HUE protokolliert – rechtswirksam durch den Bescheid vom 30. März 2012, adressiert an die "B KG" beschlagnahmt worden ist.

 

Die vorliegende Entscheidung ändert somit nichts an der Tatsache, dass der in Rede stehende Gegenstand als rechtswirksam bescheidförmig beschlagnahmt gilt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. L u k a s

 

 

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