Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750054/2/SR/JO

Linz, 04.10.2012

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, russischer Staatsangehöriger, geboren am X, vertreten durch X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels Land vom 20. Juli 2012, GZ.: Sich96-100-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

        II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG iVm.

         § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Juli 2012, GZ.: Sich96-100-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 31 Abs. 1 iVm. § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden) verhängt, weil er sich als Fremder am 1. April 2012 um 01.30 Uhr in X, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da gegen ihn seit 8. Februar 2012 eine durchsetzbare und rechtskräftige Ausweisung (erlassen vom Bundesasylamt) bestehe. Im angeführten Zeitraum sei er weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt gewesen, weiters sei er nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, komme ihm keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu, noch verfüge er über eine Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass der Bw am 9. April 2005 illegal in das Bundesgebiet eingereist und einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) gestellt habe. Das Asylverfahren sei am 8. Februar 2012 rechtskräftig negativ abgeschlossen und die Ausweisung in der Herkunftsstaat verfügt worden. Am 16. Februar 2012 sei der Bw ohne Ankündigung nach Deutschland ausgereist und habe sich dort einige Wochen aufgehalten. Bei der belangten Behörde habe der Bw am 22. Juni 2012 einen Erstantrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus gestellt. Diese Antragstellung verschaffe dem Bw jedoch kein Bleiberecht. Der Bw habe sich am 1. April 2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und halte sich nach wie vor illegal auf.

Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung (Schreiben vom 14. Mai 2012) habe der Bw nicht reagiert.

 

Nach rechtlichen Erwägungen kommt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass dem Bw die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar sei.

Bei der Strafbemessung sei der Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Bw als mildernd berücksichtigt worden.

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis (irrtümlich als Strafverfügung bezeichnet) richtet sich das vorliegende rechtzeitige Rechtsmittel vom 9. August 2012.

Darin werden zunächst die Anträge auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses, in eventu auf Ausspruch einer Ermahnung gestellt.

In der Begründung wird der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wiedergegeben und nicht bestritten. Zur Rechtfertigung führt die Rechtsvertreterin aus, dass der Bw am 22. Juni 2006 (wohl gemeint: 22. Juni 2012) für sich und die gesamte Familie einen Erstantrag gemäß § 49a Abs. 9 NAG (gemeint wohl: § 41a Abs. 9) auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus gestellt habe. Ihm könne insbesondere subjektiver Vorsatz an der Verwaltungsübertretung nicht vorgeworfen werden, da er seinen Antrag auf Niederlassungsbegründung vorbereitet und diesen auch dann gestellt habe. Dafür sei sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet notwendig. Es müsse ihm daher das Recht eingeräumt werden, die "Antragstellung" im Bundesgebiet abzuwarten, ohne dass er sich einer Verwaltungsübertretung schuldig mache. Der Bw habe derzeit kein Einkommen und sei sorgepflichtig für seine Ehefrau und die drei minderjährigen Kinder.

3. Mit Schreiben vom 23. August 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt und die Berufungsschrift.

Ergänzend zu den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Straferkenntnis steht auf Grund der Aktenlage fest, dass der Bw nach seiner illegalen Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland noch im Februar 2012 in München festgenommen und bis zur Zurückschiebung am 13. März 2012 angehalten wurde. Im Zuge einer Fahrzeugkontrolle am 1. April 2012 wurde der Bw bei der angelasteten Verwaltungsübertretung betreten. In Kenntnis des negativ abgeschlossenen Asylverfahrens gab der Bw bei seiner Rechtfertigung gegenüber den einschreitenden Beamten an, dass er nicht nach Tschetschenien zurückwolle.

Die Antragstellung nach dem NAG am 22. Juni 2012 erfolgte erst nach der Anzeigeerstattung am 1. April 2012 und der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Mai 2012.

 

3.2. Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw in keinster Weise in Frage gestellt - feststand, im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war, allen sachverhaltsbezogenen Vorbringen des Bw rückhaltlos Glaubwürdigkeit zugemessen und auch kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – unwidersprochen gebliebenen -  unter den Punkten 1. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe-­       willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass das Asylverfahren des Bw mit Wirkung 8. Februar 2012 (Erlassung der Ausweisungsentscheidung) rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und ihm jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keinerlei Aufenthaltsrecht mehr zukam.

 

Weiters ist unbestritten, dass keine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FPG vorliegt.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die objektive Tatseite im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben ist.

 

4.3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

4.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw macht ausschließlich geltend, dass er am 22. Juni 2012 einen Antrag gemäß § 49a Abs. 9 NAG gestellt habe, weshalb ihm ein Bleiberecht eingeräumt werden müsse, um die "Antragstellung" im Inland abwarten zu können.

 

4.3.3. Ohne auf die Wirkung eines nach § 41a Abs. 9 NAG gestellten Antrages auf die Schuldfrage im Rahmen eines Strafverfahrens nach dem FPG im Detail einzugehen, ist für den vorliegenden Fall primär relevant, dass der Bw zum Kontrollzeitpunkt rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältig war und die Antragstellung nach dem NAG erst Monate nach der Anzeigeerstattung erfolgt ist.

 

Unter diesen Umständen von mangelndem Verschulden zu sprechen, wenn der Bw mehrere Monate verstreichen lässt und nur als letzten Ausweg - bzw. als Folge des Strafverfahrens - einen Antrag nach dem NAG stellt, mutet allenfalls eigentümlich an. Der Bw tolerierte im vollen Bewusstsein seines unrechtmäßigen Aufenthalts den illegalen Status und sah auch kein Problem darin, zwischenzeitig illegal nach Deutschland auszureisen.

 

4.3.4. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Der Bw war sich des Umstandes seines illegalen Aufenthalts in vollem Umfang bewusst, weshalb hier sogar die Annahme Deckung finden würde, von bedingtem Vorsatz auszugehen.

 

4.4.1. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass diese ohnehin mit der gesetzlichen Mindeststrafe am untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt wurde. Es ergeben sich keine Umstände von dieser Strafhöhe abzugehen.

 

4.4.2. Mangels Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung der §§ 20 bzw. 21 VStG nicht in Betracht.

 

4.5. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die in Rede stehende Berufung als unbegründet abzuweisen, das Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden war. 

 

5. Gemäß § 64 VStG war dem Bw zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe somit von 100,00 Euro aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

 

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