Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164955/23/Sch/Eg

Linz, 12.09.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A. H., geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25. Februar 2010, Zl. VerkR96-1884-2009, wegen Übertretungen des Führerscheingesetzes (FSG) und des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 11. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die bezüglich Faktum 2.) verhängte Geldstrafe auf 20 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt werden. 
Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.  

II.                   Insoweit der Berufung teilweise Folge gegeben wurde (Faktum 2. des Straferkenntnisses) entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der diesbezügliche Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz wird mit 2 Euro festgelegt.
Bezüglich Faktum 2. des Straferkenntnisses ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 36,40 Euro (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 AVG iVm 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25. Februar 2010, Zl. VerkR96-1884-2009, wurden über Herrn A. H., geb. x, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs.3 und § 2 Abs.1 Z1 FSG und § 102 Abs.1 iVm § 36 lit. a KFG 1967 Geldstrafen in der Höhe von 182 Euro und 70 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 120 Stunden und 36 Stunden, verhängt, weil er am 19. Februar 2009 um 16.35 Uhr das Kleinkraftrad (Mofa) mit dem Kennzeichen x in der Gemeinde M. auf der Landesstraße Nr. 1 bei km 202,450 in Fahrtrichtung L.

1) auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für Motorräder war.

2) er als Lenker das angeführte Kraftrad verwendet habe, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 76 km/h erreicht werden konnte. Die entsprechende Messtoleranz sei bereits abgezogen worden. Die Geschwindigkeit wurde mittels Rolltester festgestellt. Gegenständliches Fahrzeug gelte daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Kleinmotorrad und sei daher nicht richtig zum Verkehr zugelassen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 25,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Dieser hat mit Erkenntnis vom 26. April 2010, VwSen-164955/2/Sch/Th, die Berufung abgewiesen.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 2012, 2010/02/0226-10, wurde dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Vom Gerichtshof war das Unterbleiben einer Berufungsverhandlung gerügt und als Grund für die Aufhebung der Berufungsentscheidung angeführt worden.

 

3. Im zweiten Rechtsgang wurde vom Oö. Verwaltungssenat am 11. Juli 2012 eine Berufungsverhandlung abgeführt, zu der weder der Berufungswerber selbst noch ein Vertreter der Erstbehörde erschienen sind. Als Vertreter des Berufungswerbers war bei der Verhandlung zugegen dessen Vater Ing. A. H., zeugenschaftlich befragt wurde der Meldungsleger x, beigezogen war der verkehrstechnische Amtssachverständige x.

 

Der Oö. Verwaltungssenat konnte und musste das gegenständliche Berufungsverfahren – eben in Ergänzung durch eine mündliche Berufungsverhandlung – fortführen, zumal der allfällige Einstellungstatbestand des § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG nicht vorlag. Seit dem verfahrensgegenständlichen Vorfallstag (19.2.2009) sind bis dato zwar mehr als drei Jahre vergangen, allerdings war Kraft der Bestimmung des § 31 Abs. 3 dritter Satz VStG hiebei der Zeitraum, während das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig war, hier nicht einzurechnen. Der Gerichtshof hatte mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 das Vorverfahren eingeleitet gehabt, das Verfahren wurde schließlich mit Erkenntnis vom 24. Februar 2012 abgeschlossen. Sohin ergibt sich ein Zeitraum von etwa 16 Monaten, der in Abzug zu bringen ist, weshalb die Frist des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG zum nunmehrigen Zeitpunkt weiterhin offen ist.

 

4. Seitens des erwähnten verkehrstechnischen Amtssachverständigen wurde in Anbetracht des Messergebnisses bei der Verhandlung aus fachlicher Sicht folgendes ausgesagt:

 

"Am Display des Messgerätes wurden laut heute befragtem Zeugen 80 km/h abgelesen. Gestützt kann der Messvorgang auf den Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 8.5.2009. Hier sind die Toleranzen detailliert festgelegt.

 

Hierunter fallen Bauartgeschwindigkeit, Reifen, der Rollenwiderstand, der Luftwiderstand, die Verkehrsfehlergrenze des Messgerätes. Bei dem Erlass handelt es sich um eine standardisierte Vorgangsweise, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit auf der Straße nicht unbedingt dem Anzeigewert auf dem Gerät entsprechen muss.

 

Wird laut Erlass auf dem Geschwindigkeitsanzeiger des Messgerätes ein Wert von 66 km/h angezeigt, dann kann mit dem Motorfahrrad jedenfalls eine Geschwindigkeit von 49,6 km/h erreicht werden. Sinngemäß das gleiche gilt im Hinblick auf die im Erlass erwähnten 76 km/h, wo ein Geschwindigkeitswert von 59,6 km/h erreicht werden kann. Die jeweiligen niedrigeren Werte ergeben sich daraus, dass die schon erwähnten Toleranzen abgezogen werden.

 

Bei solchen Messungen ist wichtig, dass der Lenker jedenfalls 75 kg schwer ist, dass die Füße auf dem Fußraster landen und dass die Drehzahl nicht in den roten Bereich erhöht wird. Wenn im gegenständlichen Fall nicht der rote Bereich bei der Drehzahl erreicht worden war, dann ist die Messung ordnungsgemäß abgelaufen.

 

Am gegenständlichen Motorfahrrad wurde laut Berufungsvorbringen lediglich die Drossel entfernt. In einem solchen Fall keine höhere Geschwindigkeit nur durch Erhöhung der Drehzahl erreicht werden."

 

Angesichts dieser fachlichen Stellungnahme kann seitens der Berufungsbehörde nicht schlüssig begründet werden, wie, so die Ansicht des Vertreters des Berufungswerbers, dennoch im gegenständlichen Fall ein unrichtiges Messergebnis zustande gekommen sein könnte. Der vom Sachverständigen zitierte Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 8. Mai 2009, GZ. BMVit-179.302/0001-II/ST4/2008, enthält diesbezüglich nachstehende Aussagen:

 

"Aufgrund des fehlenden Luft- und Rollwiderstandes ist der angezeigte Geschwindigkeitswert am Rollenprüfstand höher als der tatsächlich im realen Fahrbetrieb auf der Straße erreichbare Wert. Mit zunehmender realer Fahrgeschwindigkeit nimmt der Messfehler bei der Prüfung auf der Rolle zu. Zu berücksichtigen ist auch, dass im Straßenbetrieb das Fahrzeug mit einem Lenker belastet ist, sodass ein Gewicht von etwa 75 kg einzurechnen ist."

 

Die Schlussfolgerung des Erlasses besteht dann darin, dass erst bei Erreichen eines Messwertes von 66 km/h auf dem Mopedprüfstand die gesetzlich zulässige Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h im realen Fahrbetrieb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deutlich überschritten ist. Beim Berufungswerber war eine Geschwindigkeit von 80 km/h abgelesen worden, und zwar laut Meldungsleger ohne hiebei in den roten Bereich des Drehzahlmessers zu geraten. Es kann also keinesfalls von einem "Grenzfall" die Rede sein. Die von der Berufungsbehörde sohin abgeführte Verhandlung hat letztlich am Ergebnis des Berufungsverfahrens nichts zu ändern vermocht.

 

5. Der festgestellte Geschwindigkeitswert dürfte sich auch mit den Erfahrungen des Berufungswerbers selbst decken, hat er doch laut Ausführungen in der entsprechenden Polizeianzeige bei der Beanstandung angegeben, mit dem Fahrzeug laut Tacho – ob außerhalb oder innerhalb des roten Drehzahlbereiches bleibt offen - eine Fahrgeschwindigkeit von ca. 75 km/h erreichen zu können.

Erreicht der Drehzahlmesser den roten Bereich, dann besteht – aus nachvollziehbarer technischer Sicht betrachtet – große Gefahr, dass der Motor Schaden nimmt. Aus rechtlicher Sicht allerdings kommt dem keine Bedeutung zu, zumal es kein Verbot gibt, auch diesen Drehzahlbereich zu nützen. Auch diesfalls darf keine höhere Geschwindigkeit als die Bauartgeschwindigkeit eines Motorfahrrades erreicht werden.

 

Bei dem vom Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt verwendeten Fahrzeug handelt es sich nicht mehr um ein Motorfahrrad (mit einer Bauartgeschwindigkeit von höchstens 45 km/h), sondern de facto um ein Kleinmotorrad im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 15a KFG 1967. Zum Lenken von Motorrädern jeglicher Art ist allerdings eine Lenkberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 lit. a FSG erforderlich.

 

Kraftfahrzeuge müssen zudem gemäß § 36 lit. a KFG 1967 entsprechend ihrer Kategorie zugelassen sein, also darf nicht ein Motorrad mit der Zulassung als Motorfahrrad auf öffentlichen Straßen verwendet werden.

 

Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen müssen daher als erwiesen angenommen werden.

 

6. § 37 Abs. 3 Z. 1 FSG sieht als Mindeststrafe für das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne entsprechende Lenkberechtigung den Betrag von 363 Euro vor. Angesichts des Umstandes, dass der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt Jugendlicher war, hat die Erstbehörde unter Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG die Hälfte, also die absolute Untergrenze, der gesetzlichen Mindeststrafe verhängt, im Ergebnis die vorgeschriebenen (um 50 Cent gerundeten) 182 Euro. Eine noch niedrigere Verwaltungsstrafe lässt das Gesetz nicht mehr zu.

 

Der Berufungsbehörde ist es also von Gesetzes wegen verwehrt, hier eine niedrigere Geldstrafe zu verhängen. Auch wenn man dem Berufungswerber den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und zusätzlich im Zusammenhang mit der nunmehr gegenständlichen Berufungsentscheidung auch jenen der überlangen Verfahrensdauer zugute hält, der gemäß § 34 Abs. 2 StGB iVm § 19 Abs. 2 VStG zu berücksichtigen ist, kann diese Strafhöhe nicht mehr nach unten verändert werden.

Für eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG fehlen gegenständlich – auch hinsichtlich Faktum 2. – sämtliche Voraussetzungen, nämlich bloß geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen.

 

Hinsichtlich der zweiten Übertretung ist von der Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro verhängt worden, dies angesichts eine Strafrahmens gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 von bis zu 5000 Euro. Da hier allerdings keine gesetzliche Mindeststrafe vorgesehen ist, konnte die Berufungsbehörde in die Strafbemessung laut Straferkenntnis eingreifen. Angesichts des schon oben erwähnten zusätzlichen Milderungsgrundes scheint es vertretbar, hier mit einer relativ geringen Geldstrafe vorzugehen. Dem Berufungswerber soll auch nicht die offenkundige Uneinsichtigkeit seines Vertreters im Verfahren angerechnet werden, der Rechtsmittelwerber selbst ist weder im ersten noch im zweiten Rechtsgang in Erscheinung getreten. In Bezug auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass diese hinsichtlich Faktum 1.) des Straferkenntnisses aufgrund der schon geschilderten eindeutigen Gesetzeslage ohnehin keine Berücksichtigung finden können und daher diesbezüglich von vornherein außer Betracht bleiben müssen.

 

Bezüglich Faktum 2.) mit der nunmehr festgesetzten Geldstrafe in der Höhe 20 Euro erübrigen sich aber auch weitergehende Ausführungen, zumal wohl erwartet werden kann, dass der Berufungswerber diese zu begleichen in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 20. November 2013, Zl.: 2013/02/0019-7

 

 

 

 

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