Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101268/9/Fra/Bk

Linz, 27.09.1993

VwSen - 101268/9/Fra/Bk Linz, am 27. September 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des K I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. April 1993, VerkR96-4550-1992/Wa, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 64 KFG 1967) Folge gegeben. Das Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 36 lit.a KFG 1967) dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen, hinsichtlich der verhängten Strafe jedoch insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 500 S und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 3 (§ 36 lit.d KFG 1967) zur Gänze als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51, 51e Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967) entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 2 (§ 36 lit.a KFG 1967) hat der Berufungswerber zum Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren auf 50 S.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 3 (§ 36 lit.d KFG 1967) hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag in Höhe von 100 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 14. April 1993, VerkR96-4550-1992/Wa, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 64 Abs.1 KFG 1967, nach 2.) § 36 lit.a KFG 1967 und nach 3.) § 36 lit.d KFG 1967, jeweils gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967, 1.) eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden), 2.) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und 3.) eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 20. November 1992, um 13.35 Uhr den PKW, Peugeot 505, im Gemeindegebiet von B auf dem B in Richtung zum Parkplatz vor der Burg B gelenkt hat, obwohl er 1.) nicht im Besitze einer gültigen Lenkerberechtigung war, 2.) das Kraftfahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen war und 3.) für das Kraftfahrzeug die vorgeschriebene Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nicht bestand.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das unter Ziffer 1 angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser entscheidet, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder (§ 51c VStG). Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens der Parteien verzichtet, weshalb aufgrund der Aktenlage entschieden wurde.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967):

Der Berufungswerber bestreitet den Tatbestand mit der Begründung, daß er zur Tatzeit noch im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen sei. Er sei am 16. November 1991 in Österreich eingereist und habe seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich aber frühestens Anfang Dezember begründet. Die von der Erstbehörde angesprochene Jahresfrist laufe erst mit Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Österreich an. Dieser sei aber keinesfalls mit dem Datum der Einreise nach Österreich gleichzusetzen. Er sei daher jedenfalls am 20. November 1992 (Tatzeit) noch im Besitze einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen. Er habe tatsächlich nach der Einreise in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz gehabt, zumal er als Asylwerber nach Österreich gekommen sei und über keine Unterkunft verfügte. Am 20. November 1991 habe er sich in das Flüchtlingslager Traiskirchen begeben und erst Anfang Dezember 1991 seinen tatsächlichen Wohnsitz in Österreich begründet.

In rechtlicher Hinsicht ist zur Frage des Wohnsitzes auszuführen, daß nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes der ordentliche Wohnsitz an dem Ort begründet wird, an welchem sich eine Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen (VfSlg. 1994). Nur an jenem Ort ist ein ordentlicher Wohnsitz begründet, den die betreffende Person zum Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen, beruflichen oder geschäftlichen Betätigung zu gestalten, die Absicht hatte (VfSlg. 1327 uva). Es sind daher zwei Elemente wesentlich: Ein tatsächliches Moment (Niederlassung einer Person an einem Ort) und ein psychisches Moment (Absicht, diesen Ort bis auf weiteres zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu gestalten; VwGH 10.9.1982, 02/3807/80).

Laut Aktenlage ist der Berufungswerber am 15. November 1991 im Gemeindegebiet von D nach Österreich eingereist (Bescheid der Berzirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 15. November 1991, Zl.XI/A-I/104/1-1991). Die Erstbehörde hat nun offenbar dieses Datum zum Ausgangspunkt ihrer rechtlichen Erwägungen genommen (siehe die Wendung in der Begründung des angefochtenen Bescheides: "... da Sie laut Information des Bundesministeriums für Inneres bereits am 15.11.1991 illegal über die ungarische Grenze nach Österreich einreisten und somit bereits länger als ein Jahr im Bundesgebiet aufhältig sind."). Wesentlich im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob der Beschuldigte den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, ist jedoch nicht die Dauer des Aufenthaltes des Berufungswerbers im Bundesgebiet Österreich, sondern das Datum der Wohnsitzbegründung. Hiezu bedarf es - wie oben ausgeführt - auch der Niederlassung einer Person an einem Ort (tatsächliches Moment).

Der Berufungswerber hat nun dem O.ö. Verwaltungssenat glaubwürdig dargelegt, daß er sich nach der Entlassung aus der Schubhaft am 20. November 1991 in das Flüchtlingslager Traiskirchen begeben hat, um dort einen Asylantrag zu stellen. Es wurde ihm an diesem Tag eine Lagerkarte ausgestellt. Am 29. November 1991 habe er in Pierbach einen Wohnsitz begründet, wo er sich bis 14. März 1992 aufgehalten hat. Laut telefonischer Auskunft des Gemeindeamtes Pierbach wurde das Anmeldedatum bestätigt.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt noch über eine gültige Lenkerberechtigung verfügt hat, zumal seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Österreich nicht mehr als ein Jahr verstrichen war.

Es war daher zu diesem Faktum der Schuldspruch zu beheben.

Zu den Fakten 2 und 3 (§ 36 lit.a und lit.d KFG 1967):

Der Berufungswerber bestreitet nicht, daß er ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, welches nicht zum Verkehr zugelassen war und für das auch keine KFZ-Haftpflichtversicherung bestand. Er behauptet jedoch in seiner Berufung, daß er dieses Fahrzeug auf keiner öffentlichen Straße, sondern lediglich von einem Privatparkplatz auf einen Lastwagen gelenkt hat, der das Fahrzeug abtransportieren sollte. Zum Beweis dafür bietet er als Zeugen den Herrn P E an. Mit Schriftsatz vom 20.9.1993 teilte der Rechtsvertreter des Beschuldigten dem O.ö. Verwaltungssenat mit, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf die Einvernahme des beantragten Zeugen P E zu verzichten.

Der O.ö. Verwaltungssenat geht daher aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens Grein vom 25. November 1992 sowie aufgrund der Zeugenaussage des Meldungslegers, Rev.Insp. F, GP Grein (siehe Niederschrift der BH Perg vom 8.1.1993, Zl.VerkR96-4550-1992) davon aus, daß der Beschuldigte tatsächlich zur Tatzeit den in Rede stehenden PKW auf dem B in Richtung zum Parkplatz vor der Burg B gelenkt hat und daß es sich bei dieser Straße um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt. Der Zeuge spricht in diesem Zusammenhang von einer öffentlichen Gemeindestraße. Der O.ö. Verwaltungssenat tritt diesbezüglich der Beweiswürdigung der Erstbehörde, wonach der Meldungsleger seine Angaben unter Wahrheitspflicht getätigt hat und die entgegenstehenden Aussagen des Berufungswerbers als Schutzbehauptung zu qualifizieren sind, bei.

Der Berufung war daher bezüglich der in Rede stehenden Fakten der Erfolg zu versagen.

Zur Strafbemessung hat die Erstbehörde ausgeführt, daß die verhängten Strafen unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Lage des Berufungswerbers festgesetzt worden seien und diese dem Ausmaß des Verschuldens entsprechen. Mildernde Umstände seien nicht vorgelegen.

Als erschwerend wurden bezüglich Punkt 1 des angefochtenen Schuldspruches mehrere gleichartige Verwaltungsübertretungen gewertet.

Wenn hiezu der Berufungswerber vorbringt, daß die über ihn verhängten Strafen im Hinblick auf seine Mittellosigkeit überhöht sind, kann dem nicht gefolgt werden, da die Strafen im untersten Bereich des bis zu 30.000 S reichenden gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt wurden. Die verhängten Strafen sind auch tat- und schuldangemessen, wobei die Erstbehörde zu Recht keine erschwerenden Umstände, aber auch keine mildernden Umstände (der Berufungswerber ist nicht mehr verwaltungsstrafrechtlich absolut unbescholten) gewertet wurden. Dem erstbehördlichen Akt ist jedoch keine Begründung dafür zu entnehmen, weshalb zum Faktum 2 eine 100%ig höhere Strafe, als zum Faktum 3 verhängt wurde. Mangels entsprechender Differenzierung muß wohl davon ausgegangen werden, daß die Erstbehörde auch die zum Faktum 3 verhängte Geldstrafe in Höhe von 500 S tat- und schuldangemessen ansieht. Da sich die Tatumstände zum Faktum 2 gleichen, war hinsichtlich dieses Faktums die Strafe anzupassen. Eine Anpassung an das Faktum 3 (1.000 S) verbietet sich auf Grund des Verbotes der "reformatio in peius".

Dem Antrag des Berufungswerbers auf Anwendung des § 21 VStG konnte jedoch nicht nähergetreten werden, da bei den gegenständlichen Delikten mögliche nachteilige Folgen nicht von vornherein als unbedeutend anzusehen sind (mögliche Schadenersatzforderungen bei einem Unfall etc).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Hinsichtlich des Faktums 2 erfolgt eine Herabsetzung der Strafe, was zur Folge hat, daß für das Berufungsverfahren kein Kostenbeitrag zu leisten ist und sich für das Verfahren erster Instanz der Kostenbeitrag auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe reduziert. Hinsichtlich des Faktums 3 erfolgte eine Bestätigung der verhängten Strafe. Dies zieht nach § 64 VStG die Verpflichtung des Berufungswerbers nach sich, einen 20%igen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens, ds 100 S, zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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