Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401219/20/Wg/JO

Linz, 08.10.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, wegen Schubhaft, durch mündliche Verkündung sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2012, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) vorliegen.

 

    II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20  Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 82 f Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm. §§ 67 c und 69 a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm. UVS-Aufwandersatzverordnung 2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) beantragte mit am 1. Oktober 2012 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangtem Schriftsatz, der UVS Oö möge die Rechtswidrigkeit der Abschiebung am 1. Oktober 2012 feststellen (Punkt I.) und die Schubhaft gegen ihn aufheben (Punkt II.). Er argumentierte, er habe erstmals am 20. August 2008 einen Antrag auf Internationalen Schutz beim Bundesasylamt gestellt. Dieser Antrag sei am 29. Oktober 2009 abgewiesen worden und sei er gemäß § 10 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen worden. Diese Entscheidung sei am 15. Dezember 2011 vom Asylgerichtshof bestätigt worden. Am 6. August 2012 habe er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser sei mit Bescheid vom 1. September 2012 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an den AGH sei mit Erkenntnis vom 25. September 2012, zugestellt am 27. September 2012, abgewiesen worden. Seit 7. August 2012 befinde er sich im Stande der Schubhaft und sei seine Abschiebung für den 1. Oktober 2012, 19.45 Uhr angesetzt. Inhaltlich brachte er vor, die Abschiebung sei gemäß § 50 FPG unzulässig. Noch bevor das BAA einen Bescheid gegen ihn erlassen hätte, sei er von der BPD Salzburg aufgefordert worden, verschiedene Dokumente zu unterschreiben, damit ein Heimreisezertifikat bei der afghanischen Botschaft ausgestellt werden könne. Obwohl er die Unterschrift verweigert habe und eine Abschiebung ohne gültige Reisedokumente praktisch nicht möglich sei, habe die Fremdenpolizei die Vorbereitungen für die Abschiebung fortgesetzt. Am 27. September 2012 sei ihm das Erkenntnis des AGH zugestellt worden. Erst am 28. September 2012, einem Freitag, sei ihm von einem Rechtsberater mitgeteilt worden, dass er bereits am Montag abgeschoben werde. Auch seine Anwältin habe zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der Abschiebung gewusst. Obwohl er anwaltlich vertreten sei und dies den Behörden bekannt sei, werde ihm nicht die Möglichkeit gegeben, seine Rechtsanwältin, X, bezüglich des weiteren Vorgehens (vor allem einer Beschwerde an den VfGH) zu konsultieren. Als belangte Behörde wird in der Beschwerde die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Fremdenpolizei Außenstelle St. Georgen im Attergau, Thalheim 80, 4880 St. Georgen im Attergau angegeben.

 

Der UVS Oberösterreich wies mit Beschluss vom 1. Oktober 2012, VwSen-420764/3/Wg/JO, die Beschwerde – soweit darin beantragt wird, die Rechtswidrigkeit der am 1. Oktober 2012 geplanten Abschiebung nach Afghanistan festzustellen – als unzulässig zurück. Begründend führte der UVS im Wesentlichen aus, gegen drohende, erst allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu setzende Maßnahmen verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, könne eine Beschwerde an den UVS nicht zulässigerweise erhoben werden.

 

Verfahrensgegenstand ist nunmehr die Schubhaftbeschwerde des Bf (Punkt 2 des am 1. Oktober 2012 eingelangten Schriftsatzes). Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: die belangte Behörde) erstattete dazu mit Schreiben vom 3. Oktober 2012 eine Gegenschrift. Darin führte sie aus, dass der Bf in Begleitung von 3 Begleitbeamten des EKO Cobra (WEGA) am 1. Oktober 2012, Ankunftszeit 2. Oktober 2012, nach Afghanistan abgeschoben worden sei. Ihm sei die Einreise in Kabul aber nicht gewährt worden, weswegen er nach Österreich zurück gebracht hätte werden müssen. Der Bf sei mit den eingeteilten Begleitbeamten am 2. Oktober 2012 um 21.05 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat angekommen. In Folge des vorliegenden Sachverhaltes sei in aufrechter Zuständigkeit seitens der BH Vöcklabruck am 2. Oktober 2012 um 21.05 Uhr die Festnahme verfügt worden. Der Bf befinde sich gegenwärtig in Festnahme zur Verfügung der BH Vöcklabruck im PAZ X. Die belangte Behörde beantragte, die vorliegende Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Mit ergänzender Eingabe vom 3. Oktober 2012 teilte die belangte Behörde mit, dass sie mit Bescheid vom 3. Oktober 2012 abermals die Schubhaft über den Bf verhängt habe, nachdem aufgrund eines Missverhältnisses mit den afghanischen Sicherheitsbeamten in Afghanistan die begleitete Abschiebung in Kabul abgebrochen und der Fremde nach Österreich rücküberstellt worden sei.

 

Mit Eingabe vom 4. Oktober 2012 berief sich die Rechtsanwältin X gegenüber der belangten Behörde im fremdenpolizeilichen Verfahren des Bf auf die erteilte Vollmacht. Die belangte Behörde leitete die Vollmachtsbekanntgabe noch am 4. Oktober 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat weiter.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich führte am 8. Oktober 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

Der Beschwerdeführer erstattete gemeinsam mit seiner Rechtsberaterin einleitend folgendes Vorbringen:

 

"Auf den am 1. Oktober 2012 beim UVS eingelangten Schriftsatz wird verwiesen. Es wird beantragt, die aufgrund des Schubhaftbescheides vom 7. August 2012 sowie aufgrund des Schubhaftbescheides vom 3. Oktober 2012 verhängte Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Weiters wird um Zuspruch von Kostenersatz im Sinn der UVS-Aufwandersatzverordnung ersucht."

 

Der Vertreter der belangten Behörde hielt zu den Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit der Abschiebung Folgendes fest:

"Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde nicht zum Interviewtermin vor der Botschaft am 21. August 2012 vorgeführt, zumal er sich damals im Folgeasylverfahren befand. Eine Vorführung vor die Vertretungsbehörde ist erst nach Vorliegen einer erstinstanzlichen negativen asylrechtlichen Entscheidung zulässig. Aufgrund der Erfahrungswerte der Behörde, wonach eine Abschiebung mit einem Personenstanddokument wie dem Tazkira bei afghanischen Staatsangehörigen ohne weiteres möglich ist, war eine solche Vorführung auch nicht unbedingt erforderlich, um die Abschiebung am 1. Oktober 2012 in die Wege zu leiten. Nunmehr hat sich ergeben, dass seit 1. Oktober 2012 eine Bestätigung der afghanischen Botschaft über die Staatsbürgerschaft des Abzuschiebenden vorliegen muss. Eine solche werden wir auch beischaffen. Festzuhalten ist, dass sich der Beschwerdeführer mittlerweile erneut in einem Asylverfahren befindet und eine Vorführung vor die Vertretungsbehörde erst – wie schon erwähnt – nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens mit einem negativen Asylbescheid zulässig wäre. Eine Abschiebung wird jedenfalls noch im Jahr 2012 möglich sein."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete abschließend folgendes Vorbringen:

"Auf den Verfahrensakt wird verwiesen. Die Abschiebung des Beschwerdeführers wird zeitnahe möglich sein. In Frage zu stellen ist aber, ob er seiner Ankündigung, freiwillig vor der Botschaft zu erscheinen bzw. sich dorthin vorführen zu lassen, nachkommen wird. Insgesamt beantragt die Behörde die Abweisung der vorliegenden Schubhaftbeschwerde und Zuspruch der in der UVS-Aufwandersatzverordnung vorgesehen Kostensätze."

 

Die Rechtsberaterin erstattete gemeinsam mit dem Beschwerdeführer folgendes Vorbringen:

"Auf die vorliegende Beschwerde wird verwiesen. Die bereits eingangs gestellten Anträge werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Es wird um Kostenersatz im Sinne der UVS-Kostenersatzverordnung ersucht."

 

Auf Frage des Verhandlungsleiters bestätigt der Beschwerdeführer, dass er der Verhandlung ohne weiteres folgen konnte.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Bf wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er reiste am 20. August 2008 in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag. Das Verfahren über seinen ersten Asylantrag wurde zugelassen. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag gemäß §§ 3 und 8 Asylgesetz mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 ab und verfügte die Ausweisung des Bf nach Afghanistan. Dagegen erhob er Beschwerde, die vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2011 abgewiesen wurde. Der AGH führte begründend ua aus: "Aus einer Gesamtschau der Angaben des Bf im Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem AGH ergibt sich, dass der Bf im gesamten Verfahren trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande war, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen.... Vielmehr war dem Vorbringen des Bf zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaats und zu seiner Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat auf Grund der massiv widersprüchlichen und insgesamt nicht nachvollziehbaren Angaben sowie des vom Bf im Laufe des Verfahrens vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung in nicht nachvollziehbarer Weise immer wieder geänderte Vorbringens die Glaubhaftigkeit zu versagen. Wie sich aus den oben angeführten Angaben des Bf in der mündlichen Verhandlung vor dem AGH ergibt, war der Bf selbst auf intensives Nachfragen und auf ausdrücklichen Vorhalt der widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben im Rahmen des behaupteten Sachverhaltes nicht in der Lage, sein bisheriges – ohnehin nicht übereinstimmendes – Vorbringen näher zu konkretisieren, die aufgetretenen Widersprüche und Unklarheiten aufzulösen und die gestellten Fragen in schlüssiger und plausibler Weise zu beantworten. So tätigte der Bf auf detaillierte Befragung in der mündlichen Verhandlung zu den genauen Umständen des von ihm vorgebrachten Vorfalles, im Zuge dessen ein Junge namens X von einem Freund des Bf namens X mit einem Messer verletzt und später auch an den Folgen der Verletzungen gestorben wäre, widersprüchliche und auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage in Afghanistan völlig realitätsfremde und damit insgesamt unplausible Angaben. Wesentlich für die fehlende Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Bf in der mündlichen Verhandlung ist auch der Umstand, dass der Bf – wie er in der dritten Einvernahme am 30.09.2009 einräumte – in der Erstbefragung und in den vorigen zwei Einvernahmen (vor der EAST X und vor dem BAS) wider besseren Wissens keine wahrheitsgemäßen Angaben getätigt hatte, obwohl er von der belangten Behörde zu Beginn jeder Einvernahme unter ausdrücklichem Hinweis auf die Folgen falscher oder später erstatteter Angaben im Rahmen der Beweiswürdigung aufgefordert wurde, nur die Wahrheit anzugeben und umfassende Angaben zu tätigen..."

 

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 14. März 2012 ab.

 

Die Bundespolizeidirektion Salzburg lud den Bf daraufhin für den 21. Juni 2012 zur Bearbeitung folgender Angelegenheit vor: "Illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet – Beantragung eines Heimreisezertifikates". Nach Durchführung der Einvernahme am 21. Juni 2012 wandte sich die BPD Salzburg mit Schreiben vom 25. Juni 2012 an das Bundesministerium für Inneres. Unter gleichzeitiger Übersendung des Personalblattes, eines Fingerabdruckblattes, des Fragenprogrammes gemäß BMI, diverse Ablichtungen von afghanischen Dokumenten, sowie 3 Lichtbilder wurde um die Erwirkung eines Heimreisezertifikates ersucht.

 

Das Bundesministerium für Inneres teilte der BPD Salzburg daraufhin mit Schreiben vom 25. Juli 2012 mit, dass nach Rücksprache mit der Botschaft der islamischen Republik Afghanistan im Rahmen der Identitätsprüfung des Bf ein Interview am 21. August 2012 benötigt werde. Daraufhin lud die Bundespolizeidirektion Salzburg den Bf für den 14. August 2012 vor, um ihm den Termin für das Interview bekannt zu geben.

Der Bf stellte jedoch am 6. August 2012 in der Erstaufnahmestelle West einen Asylfolgeantrag. Am 7. August 2012 (nach erfolgter Erstbefragung) leitete das Bundesasylamt ein Ausweisungsverfahren über den Bf wegen entschiedener Sache ein.

 

Am 7. August 2012 wurde er um 13.25 Uhr im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gemäß dem FPG festgenommen. Mit Bescheid vom 7. August 2012, GZ Sich40-2678-2012, verhängte die belangte Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG). Begründend führte die belangte Behörde – neben einer Darstellung des Ablaufes der Asylverfahren des Bf – aus, mit der Einleitung des Ausweisungsverfahrens habe seine besondere Mitwirkungspflicht geendet. Im Wesentlichen ende hiermit sein Ausgangsverbot und beende auch das Bundesasylamt gleichgehend damit seine Noteinquartierung in der Erstaufnahmestelle. Ab diesem Zeitpunkt, würde er aus der Erstaufnahmestelle verwiesen und wiederum unsteten Aufenthalts ohne Wohnsitz im Bundesgebiet aufhältig sein, sofern das vorliegende Ausweisungsverfahren nicht fremdenpolizeilich gesichert werden würde. Mit der Einbringung eines Folgeantrages sei sein Ziel und absolut vehementer Ausreise-Unwille klar und unmissverständlich erkennbar, seiner durch den Asylgerichtshof gesetzten Ausreiseverpflichtung binnen 14 Tagen nicht nachkommen zu wollen und damit seiner drohenden Vorführung zur Vertretungsbehörde und darauffolgender Abschiebung entgehen zu wollen. Nachdem ihm nunmehr nicht nur die Mitteilung über die beabsichtigte Zurückweisung seines Folgeantrages ausgefolgt worden sei, sondern ihm auch nunmehr bekannt sei, dass er ohne Heimreisezertifikat nach Afghanistan abgeschoben werden könne – seine vorgelegte Personenstandsurkunde (Tatskira) stelle ein gültiges Einreisedokument in Kabul dar – müsse ab nunmehr davon ausgegangen werden, dass er sich unverzüglich der drohenden Festnahme und Abschiebung entziehen und in die Anonymität abtauchen werde. Die vorliegende Information stelle ein absolutes fluchtauslösendes Ereignis dar. Er sei ohne Wohnsitz und verfüge nach wie vor über kein Aufenthaltsrecht. Infolge der Festnahme am 7. August 2012 um 13.25 Uhr müsse festgestellt werden, dass er abseits eines Bargeldbetrages in der Höhe von 33,75 Euro völlig mittellos sei. Seine Identität sei durch das Bundesasylamt erhoben worden und sei durch vorliegende und sichergestellte Originaldokumente (Personenstandsurkunde) gesichert. Unter Berücksichtigung und Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes habe seitens der bescheiderlassenden Behörde unter keinen Umständen die Möglichkeit einer Anwendung eines gelinderen Mittels gesehen werden können, sondern habe in seinem konkreten Fall regelrecht zwingend Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung bzw. Sicherung der bevorstehenden Abschiebung verhängt werden müssen.

 

Der Bf wurde noch am 7. August 2012 zum Antritt der Schubhaft in das Polizeianhaltezentrum X überstellt. Am 9. August 2012 wurde durch den Verein Menschenrechte eine Rechtsberatung im PAZ durchgeführt.

 

Am 23. August 2012 wurde der Bf im PAZ X von einem Beamten des Bundesasylamtes einvernommen. Dabei wurde ihm unter anderem folgende Frage gestellt: "Sie haben am 20. August 2008 unter der AZ 0807.505-BAS, einen Asylantrag gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Oktober 2009 abgewiesen wurde. Sie brachten gegen diesen Bescheid eine Berufung ein, diese wurde vom AGH am 10. Jänner 2012 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid erwuchs mit 10. Jänner 2012 in Rechtskraft. Die Behandlung der beim VfGH eingelangten Beschwerde wurde abgelehnt. Warum stellen Sie nun einen neuen Antrag auf internationalen Schutz?". Der Bf antwortete darauf: "Ich stelle neuerlich einen Antrag, weil mein Leben in Afghanistan nach wie vor in Gefahr ist. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, werde ich getötet werden. Ich will auf keinen Fall nach Afghanistan zurück. Ich weiß, dass ich getötet werden würde." Weiters wurde ihm folgende Frage gestellt: "Bestehen Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch bzw. haben Sie neue Fluchtgründe?" Darauf antwortete er: "Die Fluchtgründe, die ich im Erstverfahren ab der 3. Einvernahme angegeben habe, entsprechen der Wahrheit und bestehen nach wie vor. Die Angaben in den beiden ersten Einvernahmen im Erstverfahren waren gelogen, weil es wurde mir von anderen Asylwerbern gesagt, wenn ich die Wahrheit sage, dass ich an einem Mord beteiligt bin, würde ich von Österreich nach Afghanistan abgeschoben werden …"

 

Das Bundesasylamt wies in weiterer Folge den Antrag in Spruchabschnitt I des Bescheides vom 1. September 2012 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Bf in Spruchabschnitt II. gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus. Dieser Bescheid wurde dem Bf am 5. September 2012 zugestellt. Mit Erkenntnis vom 25. September 2012 wies der AGH die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 68 Abs 1 AVG und § 10 Abs 1 Z 1 AsylG ab.

 

Die belangte Behörde teilte dem Bf daraufhin mit Schreiben vom 26. September 2012 mit, dass er am 1. Oktober 2012 abgeschoben werde. Gegen die geplante Abschiebung erhob er Maßnahmenbeschwerde (Punkt 1. des am 1. Oktober 2012 beim UVS eingelangten Schriftsatzes), die - wie schon erwähnt - vom UVS Oberösterreich als unzulässig zurückgewiesen wurde.

 

Laut Dokumentation der Landespolizeidirektion Wien vom 2. Oktober 2012 verließen die Exekutivbeamten mit dem Bf das PAZ X am 1. Oktober 2012 um 17.20 Uhr. Es war geplant, den Bf über Abschiebeauftrag der BH Vöcklabruck mit der Turkish-Airline (Flugnummer 1888) von Wien Schwechat über Istanbul Airport Atatürk nach Afghanistan (Zielflughafen: Kabul) im Luftweg abzuschieben. In der erwähnten Dokumentation wird dazu Folgendes festgehalten: "Kontaktaufnahme mit dem Kapitän erfolgte, anschließend wurde ohne Probleme geboardet. Der Transit via Istanbul verlief ebenfalls ohne Probleme. In Kabul wurden wir von einem Beamten der Einreisebehörden vom Flugzeug abgeholt und in den Transitbereich zu anderen Organen (afghanische Behördenvertreter, Grenzpolizei,…) verbracht. Des Weiteren waren die beiden deutschen Verbindungsbeamten der EUPOL, X und X, anwesend. Bei der Dokumentenübergabe (Tazkira) wurde uns mitgeteilt, dass mit Anfang Oktober, Fremde mit diesem Dokument nicht mehr übernommen werden. Grunderfordernis für eine positive Übernahme ist ein ausgestelltes europäisches Laissez-Passer. Des Weiteren wurde laut Auskunft der deutschen Verbindungsbeamten durch die afghanischen Behörden festgelegt, dass zusätzlich zu diesen Dokument, das Einvernehmen mit dem afghanischen Außenministerium und der jeweiligen afghanischen Botschaft herzustellen ist, bzw. diese beiden Stellen vorab zu informieren sind. Da bei der gegenständlichen Abschiebung dies laut den anwesenden afghanischen Behördenvertretern nicht der Fall war, wurde eine Übernahme, mit Verweis auf die neuen geltenden Bestimmungen, strikt abgelehnt. Mehrere Versuche, die Abschiebung doch zu einem positiven Abschluss zu bringen, scheiterten. Bei diesen Verhandlungen unterstützten uns die beiden deutschen Verbindungsbeamten tatkräftigst. Die afghanischen Behördenvertreter beharrten jedoch auf ihrem Standpunkt. Da auch der anwesende Vertreter der Turkish-Airline seine Übernahme der anfallenden Kosten der Rücküberstellung des Abzuschiebenden ablehnte, wurden wir durch die afghanischen Behörden, widrigenfalls unter Androhung einer Festnahme, gezwungen, die Kosten zu tragen. eine Weigerung unsererseits hätte laut den afghanischen Behrödenvertretern eine Verweigerung der Ausreise der EB bzw. eine Festnahme zur Folge. Um die teilweise tumultartig geführten Verhandlungen nicht eskalieren zu lassen. wurde aus diesem Grund durch uns ein eingelenkt und ein Rückflugticket für den Bf gelöst. Die Kosten dafür betrugen 722 US-Dollar. Da aus Mitteln des Abschiebeteams nur 500 US-Dollar aufgebracht werden konnten und keine Kreditkarten akzeptiert wurden, wurde aufgrund des Zeitdrucks durch den deutschen EUPOL-Beamten X der fehlende Betrag von 222 US-Dollar aus privater Tasche beigebracht. Bezüglich der Refundierung der 222 Euro wird X mit dem ebenfalls in Kabul dienstversehenden österreichischen EUPOL-Beamten X Kontakt aufnehmen. Die weitere Rückführung des Bf erfolgte ohne weitere Zwischenfälle. Der Abzuschiebende verhielt sich während der gesamten Rückführung anteilnahmslos, es konnte keine eindeutige Kooperation, aber auch kein Widerstand seinerseits erkannt werden. A. lies das gesamte Prozedere über sich ergehen. Bei der Ankunft in Wien-Schwechat wurde gegen A. unmittelbar nach Verlassen des Flugzeuges von Beamten des Terminal 240 gemäß den Bestimmungen des FPG um 22.25 Uhr die Festnahme ausgesprochen. Die weiteren Verfügungen bezüglich seiner Person erfolgen durch Kräfte SPK Schwechat."

 

Die belangte Behörde verhängte in weiterer Folge mit Bescheid vom 3. Oktober 2012, GZ: Sich40-2678-2012, gemäß § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot (§ 52 FPG) und der Abschiebung (§ 46 FPG). In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Ausführungen des Schubhaftbescheides vom 7. August 2012. Sie hielt fest, dass seine beiden Asylverfahren – Asylerstantrag und Asylfolgeantrag – rechtskräftig negativ entscheiden seien und er jeweils in beiden Verfahren rechtskräftig nach Afghanistan ausgewiesen sei. Er sei seither Fremder gemäß § 76 Abs. 1 FPG und verfüge über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Er halte sich illegal und unrechtmäßig in Österreich auf. Er sei am 2. Oktober 2012 um 20.55 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat angekommen, woraufhin seine Festnahme durch den Landesjournal der LPD Schwechat angeordnet worden sei. Im Auftrag der LPD Schwechat sei er am 3. Oktober 2012 um 14.45 Uhr der BH Vöcklabruck in St. Georgen im Attergau vorgeführt worden. Gemäß Abschiebebericht des Einsatzkommandos sei festzustellen, dass er zwar keinen Widerstand bei der Abschiebung gesetzt habe, aber auch nicht eindeutig kooperativ mitgewirkt habe. Daraus sei erkennbar, dass er seine Einstellung bislang nicht zum Positiven geändert habe und der vorliegende Sachverhalt der Schubhaftverhängung vom 7. August 2012 nach wie vor volle Relevanz habe. Darüber hinaus komme dieser Sachverhaltsfeststellung erschwerend hinzu, dass er nunmehr zweifach rechtskräftig ausgewiesen sei und kein Interesse habe, seiner verpflichtenden Ausreise nachzukommen. Er stelle daher ein erhöhtes Risiko der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, weswegen auch ein Verfahren einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot für Schengener Staaten zu führen sein werde. Im Hinblick auf seine Außerlandesbringung sei aktuell anzuführen, dass nach durchgeführten Ermittlungen, Erhebungen und Ursachenforschung, Auskunftserteilung von Begleitbeamten, Verbindungsbeamten und anderen Mitgliedsstaaten sowie ein Statement des Bundesministerium für Inneres absolut kein Umstand vorliege, der eine Undurchführbarkeit der Abschiebung innerhalb kurzer Zeit vermuten ließe. Nach all den vorliegenden gegenwärtigen Informationen sei davon auszugehen, dass selbst das Endziel, nämlich seine Außerlandesbringung in kurzer Zeit, jedenfalls innerhalb der Frist der höchstzulässigen Anhaltung in Schubhaft erreicht werden könne. Es sei daher in Betrachtung vorliegender Sachlage kein Umstand erkennbar, der nunmehr zu einer anderen Entscheidung, nämlich der Anwendung gelinderer Mittel anstelle der Verhängung der Schubhaft, führen würde.

 

Zur Dauer seines Aufenthaltes und seiner Integration im Bundesgebiet ist ergänzend festzustellen, dass er laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister (Stand: 4. Oktober 2012) mit 23. Oktober 2008 an der Adresse X erstmals einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet anmeldete. An dieser Adresse war er bis 21. März 2009 gemeldet. Von 21. März 2009 bis 11. Juli 2009 war er an der Adresse X mit Hauptwohnsitz gemeldet, vom 12. Oktober 2009 bis 30. Juli 2010 an der Adresse X, von 30. Juli 2010 bis 30. November 2010 an der Adresse X, vom 30. November 2010 bis 1. Februar 2011 an der Adresse X, vom 1. Februar 2011 bis 31. Oktober 2011 an der Adresse X und seit 31. Oktober 2011 ist er an der Adresse X aufrecht mit Hauptwohnsitz gemeldet. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 23. August 2012 erwähnte er, er lebe mit seiner Freundin X in X zusammen. Er wurde dazu am 23. August 2012 ergänzend befragt, woraufhin er angab, seit 7 Monaten nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt zu wohnen.

 

Der UVS veranlasste dazu ergänzende Erhebungen durch die BPD Salzburg, die mit Email vom 4. Oktober 2012 mitteilte: "Am 04.10.2012, um 18.45 Uhr, konnte X, X geb., X wh., Tel: X, in ihrer Wohnung angetroffen und zu X befragt werden. X gab an, dass sie mit X 4 ½ Jahre eine Lebensgemeinschaft führte und mit ihm zusammen in X eine Wohnung hatte. Seit Juni 2012 leben die beiden getrennt voneinander, jedoch besteht nach wie vor telefonischer Kontakt zwischen ihnen. Da X derzeit in einer staatlich geförderten Mietwohnung wohnt und es ihr nicht erlaubt ist, Untermieter aufzunehmen, besteht keinerlei Möglichkeit für sie, dass X wieder bei ihr wohnen kann. Zusätzlich gab X an, dass sie sich das auch aus persönlichen Gründen nicht mehr vorstellen könne. X nannte einen Freund des X in X, bei welchem er vielleicht wohnen könne. Dabei handelt es sich um einen gewissen X, näheres unbekannt."

 

Der Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2012 eingehend zu seinem Aufenthalt an der nach wie vor aufrecht gemeldeten Adresse X befragt. Es handelt sich um die vormalige Wohnadresse seiner ehemaligen Freundin X. Hintergrund dieser Befragung war der Umstand, dass er laut seinen Angaben im Asylverfahren (s.o.) mit seiner Freundin seit 7 Monaten nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt wohnt. Entsprechend der aufrechten Meldung eines Hauptwohnsitzes an dieser Adresse wurde sowohl die Ladung der BPD Salzburg vom 5. Juni 2012 als auch die Ladung vom 2. August 2012 an diese Adresse übermittelt. Der Beschwerdeführer hielt in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2012 dazu Folgendes fest:

"Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass für den 21. August 2012 ein Interviewtermin bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan geplant war, gebe ich an, dass ich erst in der Schubhaft davon erfahren habe, dass ich zur Botschaft müsse.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich die Ladung der BPD Salzburg vom 2. August 2012, mit der ich für den 14. August 2012 zur Bekanntgabe des Termins bei der Botschaft Afghanistan vorgeladen wurde, erhalten habe, gebe ich an, dass ich diese Ladung nicht erhalten habe.

 

Ich stellte am 7. August 2012 beim Bundesasylamt in Thalham einen Asylantrag. Dort sagte man mir, dass man mir nicht helfen könne. Ihnen wäre das egal. Das würde hier niemanden interessieren.

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass der Eindruck besteht, ich hätte die Ladung am 2. August 2012 erhalten und hätte dann am 7. August 2012 einen Asylantrag unmittelbar deswegen gestellt, gebe ich an, dass dies nicht so ist. Die Ladung habe ich - wie schon gesagt - gar nicht bekommen.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, ob ich am 2. August 2012 noch an der Adresse X wohnhaft war, gebe ich an, dass ich dort noch gemeldet war, aber nicht mehr dort wohnte. Dort bin ich auch nach wie vor gemeldet.

Vom Vertreter der belangten Behörde ergänzend befragt, ob ich bereit bin, zur afghanischen Botschaft zu gehen bzw. einem Ladungstermin dorthin zu folgen, um an der Ausstellung eines Passersatzes mitzuwirken, gebe ich an, dass ich dazu bereit bin."

 

In weiterer Folge führte er aus:

"Vom Verhandlungsleiter befragt, bei wem ich an der Adresse X Unterkunft genommen hatte, gebe ich an, dass Unterkunftgeberin meine Freundin X war. Ich war bei meiner Freundin bis vor etwa 8 Monaten aufhältig.

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, wie lange ich mich nach der mit 31. Oktober 2011 erfolgten Meldung eines Hauptwohnsitzes bei ihr aufhielt, gebe ich an, dass ich etwa 2 Monate bei ihr lebte.

Danach war ich bei Freunden aufhältig, die mich geschützt haben.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob mir bewusst war, dass ich damals noch an der Adresse X gemeldet war, gebe ich an, dass mir das sehr wohl bewusst war.

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass ich mich zunächst bei Freunden in X aufhielt und danach ging ich nach X. Unter anderem lebte ich bei X in X. Die genaue Adresse ist mir nicht erinnerlich. Ich habe die Telefonnummer von diesem Freund und könnte die Adresse jederzeit in Erfahrung bringen.

Danach ging ich vor etwa 6 oder 7 Monaten zurück nach X. Ich übernachtete abwechselnd entweder bei meiner Freundin X, aber auch bei meinen in X aufhältigen Freunden. Festhalten möchte ich, dass X mittlerweile eine Wohnung an der Adresse X erhalten hatte. Genaugenommen war es die X. Dort besuchte ich sie. An der Adresse X war ich jedenfalls nicht mehr aufhältig.

Ich konnte mich an der Adresse X nicht abmelden, weil ich keinen Ausweis hatte.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, warum ich erst im August 2012, also mehrere Monate nach meiner im ersten Asylverfahren erfolgten rechtskräftigen Ausweisung durch den Asylgerichtshof einen Folgeasylantrag stellte, gebe ich an, dass man mir sagte, ich könne erst 6 Monate nach rechtskräftigem Abschluss meines ersten Asylverfahrens wieder in die Grundversorgung kommen. Das hat mir mein Rechtsanwalt gesagt. Das war der Grund, wieso ich ein halbes Jahr lang zuwartete."

 

Weiters wurde dem Beschwerdeführer vom Verhandlungsleiter das Ermittlungsergebnis der LPD Salzburg vom 4. Oktober 2012 vorgehalten, wonach X angegeben habe, seit Juni 2012 von im getrennt zu leben. Dazu gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass dies sein könne. Weiters: "Ich bin im Stress und da kann es sein, dass ich mich an einzelne Dinge nicht so genau erinnern kann. Jetzt möchte ich festhalten, dass ich erst nach mehreren Monaten bemerkte, noch an der Adresse X gemeldet zu sein." Weiters führte er aus: "Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich von der Ladung vom 5. Juni 2012 für den 21. Juni 2012 erfahren habe, gebe ich an, dass meine Freundin damals noch an der Adresse X wohnhaft war. Ich war dort auch aufhältig. Darum kam ich am 21. Juni 2012 zur BPD Salzburg. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich zunächst aussagte, seit etwa 8 Monaten nicht mehr bei ihr zu wohnen, gebe ich an, dass ich auch ausgesagt habe, manchmal bei ihr gewesen zu sein, manchmal aber auch bei meinen Freunden."

Weiters: "Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich laut meinem letzten Vorbringen im Juni 2012 doch noch an der Adresse X aufhältig war und befragt, ob ich die Ladung vom 2. August 2012 erhalten habe, gebe ich an, dass ich diese nicht erhalten habe. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich am 2. August 2012 noch an der Adresse X aufhältig war, gebe ich an, dass ich mich daran nicht erinnern kann. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich schon in anderen EU-Ländern aufhältig war, gebe ich an, dass dies nicht der Fall ist.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich schon in Italien aufhältig war, gebe ich an, dass ich schon dort war. Dort wurden aber keine Fingerabdrücke genommen."

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich auf die am 21. Juni 2012 vor der BPD Salzburg aufgenommene Niederschrift zu verweisen. Dort antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage "In welchen europäischen Städten sind Sie bisher gewesen?" wie folgt: "Griechenland (Samus, Athen), Istanbul, Ankara, Izmir, Italien." Auf die Frage "Bevor Sie nach Österreich eingereist sind, wo waren Sie?" antwortete er am 21. Juni 2012: "Wie oben in Griechenland, Türkei und Italien."

 

In der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2012 stellte der Bf neuerlich einen Asylantrag. Er hielt dazu Folgendes fest: "Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich aus freien Stücken vor dem Bundesasylamt darauf hinwies, bei der ersten Einvernahme die Unwahrheit gesagt zu haben. Das im Asylverfahren erstattete Vorbringen, wonach ich Zeuge eines Mordes geworden wäre, ist richtig. Dieses halte ich nach wie vor aufrecht. Ich bin nach wie vor politisch verfolgt. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich hiermit einen Asylantrag stellen möchte, gebe ich an, dass ich hiermit einen Asylantrag stelle."

 

Festzuhalten ist, dass der Bf über gute Deutschkenntnisse verfügt.

 

Zu seinen Absichten, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung mitzuwirken ist folgendes festzustellen: Er ist nicht bereit, freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren. Er beabsichtigt jedenfalls seit der am 7. August 2012 erfolgten Verständigung über die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens unterzutauchen, um der Abschiebung zu entgehen.

 

Fest steht weiters, dass die Abschiebung von afghanischen Staatsangehörigen bis 1. Oktober 2012 mittels TAZKIRA faktisch möglich war. Seither ist dazu eine Bestätigung der afghanischen Staatsbürgerschaft durch die afghanische Botschaft erforderlich.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich gegenständlich um eine Ausfertigung des am 8. Oktober 2012 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach der Verkündung eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 8. Oktober 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und der Einvernahme des Bf.

 

Fraglich war vor allem, inwieweit der Bf beabsichtigt, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 20 AsylG) und der Abschiebung mitzuwirken. Die Außerlandesbringung stand nach erfolglosem Abschluss des ersten Asylverfahren und der Ankündigung einer Ausweisung im zweiten Asylverfahren unmittelbar bevor. Er ist an der Adresse X seit 31. Oktober 2011 mit Hauptwohnsitz gemeldet, räumte aber ein, dort längere Zeit nicht aufhältig gewesen zu sein. Bei seinem zunächst erstatteten Vorbringen, er habe sich nach dem 31. Oktober 2011 nur 2 Monate an der Adresse X aufgehalten, drängt sich ein Zusammenhang mit dem Ende 2011 erlassenen – für den Bf negativen – Erkenntnis des AGH auf. Ihm war bewusst, dort gemeldet, aber nicht aufhältig zu sein. Er gab an, er sei auch bei Freunden aufhältig gewesen, die ihn geschützt hätten. Der Bf ist nicht bereit, freiwillig nach Afghanistan auszureisen. Er räumte selber ein, im Asylverfahren gelogen zu haben. Zudem gab er in der mündlichen Verhandlung zunächst an, er sei noch in keinem anderen EU-Land aufhältig gewesen. Erst ausdrücklich befragt, räumte er ein, in Italien gewesen zu sein, was auch aus der Niederschrift der BPD Salzburg vom 21. Juni 2012 hervorgeht. Er hat folglich in mehrerer Hinsicht die Unwahrheit behauptet. Seinem Vorbringen, er werde sich freiwillig bei der Polizei melden, kann kein Glauben geschenkt werden. In Anbetracht dieses Verhaltens steht fest, dass er jedenfalls seit der am 7. August 2012 erfolgten Verständigung über die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens beabsichtigt, unterzutauchen.

 

Die Feststellungen zur Abschiebung mittels Tazkira ergibt sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde. So auch, dass seit 1. Oktober 2012 afghanische Staatsangehörige nur mehr abgeschoben werden können, wenn die afghanische Botschaft die Staatsbürgerschaft schriftlich bestätigt. 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht dazu erwogen:

 

Die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel richtet sich gemäß § 6 Abs. 4 a FPG nach dem Aufenthalt. Die örtliche Zuständigkeit zur Abschiebung richtet sich nach der Behörde, welche die Schubhaft verhängt oder das gelindere Mittel angeordnet hat. Die Zuständigkeit zur weiteren Besorgung der Fremdenpolizei (§ 2 Abs. 2) verbleibt bei jener Behörde, welche die Abschiebung veranlasst hat. Diese Zuständigkeit endet

1.      mit der Ausreise des Fremden;

2.      2 Monate nach der ursprünglichen Veranlassung der Abschiebung gemäß § 46 oder

3.      mit dem Ende der Schubhaft oder des gelinderen Mittels, sofern diese Maßnahme über den Zeitraum gemäß Z 2 hinaus andauert.

 

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 82 FPG lautet:

(1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

(2) Die Beschwerde kann auch bei der Behörde eingebracht werden, der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Erfolgt die angefochtene Anhaltung in Vollziehung eines Schubhaftbescheides, kann die Beschwerde auch bei der Behörde eingebracht werden, die den Bescheid erlassen hat.

(3) Wird die Beschwerde bei der Behörde gemäß Abs. 2 eingebracht, hat diese dafür zu sorgen, dass sie, sofern die Anhaltung des Beschwerdeführers nicht schon vorher geendet hat, dem unabhängigen Verwaltungssenat spätestens zwei Werktage nach dem Einlangen vorliegt. Die Behörde, die den Beschwerdeführer anhält, hat dem unabhängigen Verwaltungssenat das Ende der Anhaltung während des Beschwerdeverfahrens unverzüglich mitzuteilen.

(4) Hat die Anhaltung des Fremden hingegen schon vor Ablauf der Frist des Abs. 3 geendet, ist die Behörde gemäß Abs. 2 verpflichtet, die Beschwerde dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne unnötigen Aufschub vorzulegen.

 

§ 83 FPG lautet:

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Die fremdenpolizeiliche Zuständigkeit der belangten Behörde für die - am 1. Oktober 2012 begonnene und mit der Rückkehr am 2. Oktober 2012 erfolglos beendete - Abschiebung ergibt sich aus § 6 Abs 4a 2. Satz FPG. Ab diesem Zeitpunkt stützt sich die fremdenpolizeiliche Zuständigkeit der belangten Behörde auf § 6 Abs 4a 3. Satz FPG. Diese Zuständigkeit bleibt jedenfalls während der gesamten Schubhaftdauer aufrecht (§ 6 Abs 4a Z 3 FPG). Daraus folgt wiederum die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, der gemäß § 83 Abs. 4 FPG jedenfalls festzustellen hat, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Dass die im 1. Asylverfahren verfügte rechtskräftige Ausweisung ab Stellung des neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz angesichts des dem Bf damit zunächst zukommenden faktischen Abschiebeschutzes (zunächst) nicht vollzogen werden konnte, steht der Annahme, es läge eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung iSd. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG vor, nicht entgegen (vgl. VwGH vom 29. September 2011, GZ 2009/21/0081).

 

 

Bei diesem Schubhafttatbestand ist das an den Tag gelegte "Vorverhalten" im Asylverfahren von entscheidender Bedeutung (vgl. VwGH vom 26. August 2010, GZ 2010/21/0234). Der Bf räumte selbst ein, die Angaben in den beiden ersten Einvernahme im Erstverfahren seien gelogen gewesen. Auf die im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung getroffenen Ausführungen wird verwiesen. Es war daher festzustellen, dass er jedenfalls seit der Verständigung über die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens am 7. August 2012 beabsichtigt, unterzutauchen. Die Behörde hat den Schubhaftbescheid vom 7. August 2012 zurecht auf den Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützt. Ein gelinderes Mittel kam nicht in Betracht.

 

Seit Zustellung des zuletzt ergangenen Erkenntnisses des AGH ist der Bf nicht mehr Asylwerber. Maßgeblicher Schubhafttatbestand ist ab diesem Zeitpunkt § 76 Abs. 1 FPG. Bei diesem Schubhafttatbestand kommt es vor allem auf eine Beurteilung der Integration bzw. Inlandsverfestigung des Fremden an. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist keine ausreichende Integration bzw. kein ausreichender Inlandsbezug ersichtlich. Es ist weiterhin zu befürchten, dass der Bf untertauchen würde. Die belangte Behörde stützte den Schubhaftbescheid vom 3. Oktober 2012 folglich zurecht auf den Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 1 FPG.

 

Die Abschiebung am 1. Oktober 2012 scheiterte daran, dass die afghanischen Beamten dem Bf die Einreise verweigerten. Somit ergibt sich aus § 80 Abs. 4 Z 2 FPG eine höchstzulässige Schubhaftdauer von 6 Monaten. Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Abschiebung noch im Jahr 2012 möglich sein wird. In Anbetracht der Dauer des letzten Asylverfahrens ist dies auch realistisch, zumal der Bf de facto keine neuen Fluchtgründe behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass das nun durchzuführende Asylverfahren ebenfalls nicht lange dauern wird. Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsbürger ist und auch ein Personenstandsdokument (Tazkira) vorliegt, weshalb zu erwarten ist, dass die afghanische Botschaft die erforderliche schriftliche Bestätigung der Staatsbürgerschaft ausstellen wird.

 

Da der Bf in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2012 neuerlich einen Asylantrag stellte, ist der Schubhafttatbestand des § 76 Abs 2 Z 1 FPG wiederum erfüllt (vgl dazu das bereits zit Erkenntnis des VwGH vom 29. September 2011, GZ 2009/21/0081).

 

Die Schubhaft ist vor diesem Hintergrund verhältnismäßig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Für das weitere Verfahren ist festzuhalten:

o    Die belangte Behörde hat die in § 28 AsylG geregelten Fristen für das Zulassungsverfahren zu beachten (vgl dazu das im Internet unter www.uvs-ooe.gv.at abrufbare Erkenntnis des UVS Oö. vom 4. Mai 2012, VwSen-401177/16/Wg/WU, sowie das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2012, GZ 2008/21/0626)

o    Auf die in § 80 Abs 6 und Abs 7 FPG angeordnete Verhältnismäßigkeitsprüfung wird ausdrücklich hingewiesen. Die viermonatige Frist iSd § 80 Abs 7 FPG begann mit der Verhängung der Schubhaft am 7. August 2012 zu laufen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen. Für den zu Zahl 420764-2012 entschiedenen Beschwerdeantrages ist ebenfalls eine Stempelgebühr in der Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Der angefochtene Bescheid wurde insoweit, als er die zugrunde liegende Administrativbeschwerde in Bezug auf die mit Bescheid vom 3.10.2012 verhängte Schubhaft abwies, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und insoweit er feststellte, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlagen, sowie im Kostenpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen (Abweisung der Administrativbeschwerde in Bezug auf die mit Bescheid vom 7.8.2012 verhängte Schubhaft) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 25.04.2014, Zl.: 2013/21/0077-5

 

 

 

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