Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750057/2/BP/WU

Linz, 18.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 21. September 2012, GZ.: Sich96-56-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64ff. VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 21. September 2012, GZ.: Sich96-56-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

"Wie von Beamten der PI X am 10.08.2012 um 14:00 Uhr in der Flüchtlingsunterkunft X anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und hielten sich zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie gem. § 31 Abs. 1 FPG weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Sie nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt, Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sind und sich auch kein Aufenthaltsrecht aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt."

 

Begründend führt die belangte Behörde ua. aus:

 

"Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit, wurde festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich nicht rechtmäßig aufhalten. Sie stammen aus Usbekistan, sind somit Drittstaatsangehöriger und können sich auf die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union nicht berufen. Sie sind somit ein sichtvermerkspflichtiger Fremder in Österreich, welcher zum Tatzeitpunkt über keinerlei Reisedokumente respektive über keinen Einreisetitel (Sichtvermerk) für Österreich verfügte.

 

Auf eine Aufenthalts berechtig ung, eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene aus Usbekistan gem. § 31 Abs. 1 Z. 2 FPG konnten Sie sich auch nicht berufen.

 

Einen von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitel konnten Sie nicht vorweisen, sodass Sie sich auf einen rechtmäßigen Aufenthalt gem. § 31 Abs. 1 Z3 FPG nicht berufen können.

 

Mit AGH-Erkenntnis vom 29. Juni 2012, nachweislich zugestellt am 03.Juli 2012, wurde Ihr Asylbegehren gemäß § 3 und § 8 Asylgesetz abgewiesen und Sie gleichgehend gemäß § 10 Asylgesetz aus dem Bundesgebiet von Österreich ausgewiesen. Darüber hinaus wurde Ihnen im zitierten AGH-Erkenntnis als auch in der fremdenpolizeilichen Mitteilung gem. § 58 FPG, welche Ihnen am 03.07.2012 nachweislich zugestellt wurde, aufgetragen, das Bundesgebiet von Österreich binnen 14 Tagen freiwillig zu verlassen. Ihr gem. § 31 Abs. 1 Z. 4 FPG temporär befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich endete somit am 03.07.2012.

 

Eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gem. § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu 6 Monaten haben Sie gem. § 31 Abs. 1 Z. 6 FPG nicht inne bzw. ergibt sich auch nicht gem. § 31 Abs. 1 Z. 7 FPG aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften. Vielmehr leben Sie, da Sie im Asylverfahren auf Grund Ihrer Mittellosigkeit finanzielle Unterstützung begehrten, bis dato von der Grundversorgung und gingen keiner Arbeit nach.

 

Bereits am 17.07.2012, rechtskräftig am 01.08.2012, wurden Sie mit Strafverfügung wegen der Verwaltungsübertretung gem. § 120 Abs. 1a iVm. § 31 Abs. 1 FPG zu einer Geldstrafe von 250 € verhalten.

Mit Schreiben vom 30.08.2012 wurden Sie nachweislich durch Beamte der Polizeiinspektion X aufgefordert, sich zum Tatvorwurf Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes, welcher anlässiich der Fremdenkontrolle am 10.08.2012 um 10:00 Uhr in X festgestellt wurde, zu rechtfertigen.

 

Mit Schreiben vom 10.09.2012 eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Eferding am 13.09.2012, nahmen Sie gem. § 40 VStG durch Ihren Vertreter X, Stellung zum Vorwurf des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes und gaben folgendes an:

"Herr X konnte dem behördlichen Auftrag, das Bundesgebiet von Österreich freiwillig zu verlassen, aus folgenden Gründen nicht nachkommen:

-Herr X ist nach seinem Kenntnisstand keineswegs Staatsbürger Usbekistans und ist das auch nie gewesen. Er hat das auch während seines Asylverfahrens stets in Abrede gestellt. Herr X verbrachte sein bisheriges Leben in der Überzeugung, dass er staatenlos sei. Sowohl in Aserbaidschan, als auch in Russland war es ihm nicht möglich, seinen Aufenthalt zu legalisieren, wodurch er z.B. nie die Möglichkeit hatte, eine Schule zu besuchen, seine Ehe zu legalisieren oder auch seiner ältesten Tochter den Schulbesuch zu ermöglichen.

-Herr X besitzt keinerlei Dokument, das seine Identität beweist. Daher ist es ihm von vornherein unmöglich, Reisedokumente für die Ausreise aus Österreich zu erlangen.

-Der AGH hat den jahrelangen Aufenthalt seiner Eltern in Usbekistan als Beweis erachtet, dass Herr X die Staatsbürgerschaft Usbekistans besitzen müsse. Dabei stützte er sich auf Aussagen von Herrn X, dass seine Eltern möglicherweise die usbekische Staatsbürgerschaft besessen hätten. Es wurde auf die Umstände dieser Erinnerungen von Herrn X nicht ausreichend eingegangen. Es handelt sich um eine Zeit, die mehr als zwanzig Jahre zurückliegt. Damals war Herr X ein Kind (Herr X war 9 Jahre alt, als er Usbekistan verlassen musste). Außerdem wurde überhaupt nicht berücksichtigt, dass Herr X durch die Ereignisse des Pogroms von 1989 in X schwer traumatisiert wurde - er wurde dadurch zum Waisen. Aus diesen Gründen erscheint es mehr als fraglich, eine usbekische Staatsbürgerschaft von Herrn X als für erwiesen anzusehen.

 

-Das Schicksal von Herrn X ist beileibe kein Einzelfall. Es ist gut dokumentiert, dass viele Menschen durch die Evakuierung aus Usbekistan staatenlos wurden und ihnen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion auch jede Möglichkeit verwehrt wurde, ihren Status zu legalisieren. Das ist auch der Grund, warum die USA ab 2004 Tausende von Mescheten aufnahmen. Die Masse dieser Menschen lebte vor 1989 wie Herr X in Usbekistan, analog der Auffassung des AGH würden sie also usbekische Staatsbürger gewesen sein. Weder schob sie Russland aber nach Usbekistan ab, noch werden sie in den zahlreichen Berichten über die Massenaufnahme in die USA als usbekische Staatsbürger bezeichnet

 

-Herr X musste Usbekistan 1989 also 2 Jahre vor dessen Unabhängigkeit verlassen. Daher ist es fraglich, ob Usbekistan ihn überhaupt als Staatsbürger anerkennen würde. Zur Zeit des Auseinanderbrechens der Sowjetunion hielt sich Herr X in Aserbaidschan auf, wohin die sowjetischen Behörden viele Menschen nach dem Pogrom evakuierten. Dort versuchte er erfolglos, die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft zu erwerben.

 

Auf Grund der geschilderten Sachlage ist es Herrn X unmöglich, Österreich zu verlassen. Es gibt schlicht kein Land, in das er zurückkehren könnte, da er als Angehöriger des meschetischen Volkes, der mit großer Wahrscheinlichkeit zudem staatenlos ist, in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion unerwünscht ist

 

ich ersuche, von der Verhängung einer Geldstrafe über Herrn X abzusehen und Herrn X die Möglichkeit zu gewähren, die Frage nach seiner Staatsbürgerschaft von den usbekischen Behörden überprüfen zu lassen."

 

(..)

 

Wie bereits im Spruch ausgeführt, halten sich Fremde, sofern kein Fall des § 31 Abs. 1 FPG vorliegt, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; Die objektive Tatseite des § 120 Abs. 1a FPG liegt somit vor.

Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schaden oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamkeitsdelikt).

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist ein Ungehorsamkeitsdelikt und genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Sie haben daher initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu erfolgen.

 

Die von Ihnen ins Treffen gebrachte Einwände stellen jedoch allgemein gehaltene Behauptungen dar. Im Asylverfahren wurden nämlich sämtliche von Ihnen vorgebrachte Asylgründe durch das Bundesasylamt bzw. durch den Asylgerichtshof geprüft. Eine Prüfung der Fluchtgründe seitens der Fremdenbehörde der Bezirkshauptmannschaft Eferding findet nicht (mehr) statt. Vielmehr ist die Fremdenbehörde der Bezirkshauptmannschaft Eferding gefordert, kraft Gesetz die Entscheidung des Asylgerichtshofes durch die Außerlandesbringung nach Usbekistan zu vollstrecken. Auf die bestehende Mitwirkungspflicht gem. § 3 GrundversorgungsG wird verwiesen.

Da Sie sowohl im AsylGH-Erkenntnis, als auch durch die Mitteilung gem. § 58 FPG aufgefordert wurden, dass Bundesgebiet von Österreich zu verlassen, mussten Sie es für möglich halten, dass Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich unrechtmäßig ist und fanden Sie sich damit ab, als Sie die Unterkunft in X weiterhin bewohnen. Der subjektiven Tatseite des § 120 Abs. 1 a FPG liegt zumindest ein bedingter Vorsatz zugrunde.

Umstände die geeignet wären, einen entsprechenden Schuldentlastungsbeweis darzustellen, machten Sie nicht geltend."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7. Oktober 2012, welche der Bw wie folgt begründet:

 

"in der Stellungnahme wurde darauf hingewiesen, dass Herr X mit großer Wahrscheinlichkeit staatenlos und damit keinesfalls usbekischer Staatsangehöriger ist. Auf diesen wesentlichen Umstand wurde im Straferkenntnis mit keinem Wort eingegangen. Als Staatenlosem ist es Herrn X bei bestem Willen unmöglich, auf legale Weise in einen anderen Staat einzureisen.

1.              Herrn X wird von der Behörde ein Ungehorsamsdelikt und fehlende Mitwirkung vorgeworfen. Herr X und auch der X-Betreuer, Herr X haben wiederholt bei der usbekischen Botschaft, Pötzleinsdorferstr. 49,1180 Wien, angerufen, um Informationen über die vom AGH behauptete usbekische Staatsbürgerschaft einzuholen. Da diese Bemühungen fruchtlos waren, sprach Herr X X im Beisein von Hrn. X am 5.10.2012 persönlich in der usbekischen Botschaft vor (siehe Anhang: Beweismittel Reisetickets).

 

Der Vertreter der usbekischen Botschaft erklärte sich aus folgenden Gründen für nicht zuständig:

a.   Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit der Republik Usbekistan im Jahr 1992 hielt sich Herr X außerhalb der Staatsgrenzen Usbekistans auf.

b.   Er hätte bis zu seinem 16. Geburtstag die Möglichkeit gehabt, in einer
usbekischen Botschaft im Ausland einen Antrag auf Staatsbürgerschaft zu stellen,
was er verabsäumt habe.

Daher sei Herr X keinesfalls usbekischer Staatsbürger und Usbekistan damit auch nicht zuständig, Nachzulesen sei die usbekische Rechtslage auf www.lex.uz. Da diese Seite nur auf Russisch und auf Usbekisch verfasst ist, war es in der kurzen Zeit nicht möglich, die entsprechenden Paragraphen zu zitieren. Von Ungehorsam und fehlender Mitwirkung kann daher keine Rede sein.

3.              Die beiden Kinder von Herrn X, X, geb. X und besonders X, geb. X hatten erstmals in Österreich die Möglichkeit erhalten, die Schule zu besuchen. Ein Herausreißen aus diesem Umfeld wäre in Hinblick auf das Kindeswohl unverantwortlich. Das umfassende Wohl von Kindern und Jugendlichen gehört mit der Aufnahme in die österreichische Verfassung am 20.1.2011 zu den grundlegenden Staatszielen. Auch in der oberösterreichischen Landesverfassung werden die Kinderrechte explizit erwähnt.

4.              Die Behörde übersieht in dieser Sache völlig, dass diese Geldstrafe gegen eine staatenlose und völlig mittellose Familie gerichtet ist, die durch die Erlebnisse in der Vergangenheit ohnehin schon unvorstellbar hohem psychischem Druck ausgesetzt ist. Durch diese Geldstrafe wird wetterer Druck erzeugt, um sie zum Verlassen des Staatsgebietes zu drängen, ohne dass diese Familie eine reale Möglichkeit hat, von einem anderen Staat aufgenommen zu werden, dort einen Rechtsstatus zu erhalten und sich dort eine Existenz aufzubauen.

 

Aus vorgenannten Gründen wird der Antrag gestellt, die Geldstrafe zurückzunehmen."

 

2.1. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt und den Berufungsschriftsatz.

Da sich bereits daraus ergab, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Es besteht kein Grund an den Ausführungen des Vertreters des Bw hinsichtlich der bei der usbekischen Vertretung erlangten Informationen am 5. Oktober 2012.

 

2.5. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

3.2. Im hier zu beurteilenden Fall stellt auch der Bw selbst das Vorliegen der objektiven Tatseite, somit das Bestehen des rechtswidrigen Aufenthalts, nicht in Abrede, weshalb sich eine Erörterung auch nach Aktenlage hiezu erübrigt.

 

Zu prüfen ist allerdings, ob dieser unrechtmäßige Aufenthalt dem Bw subjektiv vorgeworfen werden kann.

 

3.3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

3.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

3.3.3. Schon bei seiner Stellungnahme im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde hatte der Bw darauf hingewiesen, dass ihm eine Ausreise aufgrund des ungeklärten Staatsbürgerschaftsstatus und aufgrund mangelnder Dokumente nicht möglich sei. Diese Anmerkung konkretisierte er nunmehr in der Berufung, wonach er wohl nicht als usbekischer Staatsangehöriger anzusehen sein wird, was aber zur Folge hat, dass er auch bei gegebener Ausreisewilligkeit Österreich gar nicht würde legal verlassen können, da er in keinen anderen Staat einreisen dürfte. Wie er schon in der ursprünglichen Stellungnahme darlegte, hatte er diesbezüglich bereits telefonische Kontakte gepflogen, um seinen Status klären zu lassen.

 

Ein Verschulden in welcher Form auch immer schon zum Tatzeitpunkt muss daher verneint werden, da er subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, den objektiv vorliegenden rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden.

 

Dieser Feststellung steht auch nicht entgegen, dass der Bw nicht zuletzt im Asylverfahren als usbekischer Staatsangehöriger qualifiziert wurde, da eine Ausreise dort hin ihm offensichtlich jedenfalls nicht möglich sein wird, wie sich nunmehr gezeigt hat.

 

3.3.4. Die subjektive Tatseite ist somit nicht erfüllt.

 

3.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass – mangels Vorliegens der subjektiven Tatseite - der in Rede stehenden Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

4. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.


 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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