Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252925/14/Py/Hu

Linz, 18.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Finanzamtes Linz, Bahnhofplatz 7, 4020 Linz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Juni 2011, SV96-250-2010, mit dem das gegen Herrn x, vertreten durch x, wegen des Verdachts einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der Einstellungsbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die zitierte Rechtsgrundlage "§ 45 Abs.1 Z2 VStG" zu lauten hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Juni 2011, SV96-250-2010, wurde das gegen Herrn x, vertreten durch x, eingeleitete Strafverfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass aus den vorliegenden Unterlagen hervorgeht, dass die vier angeführten slowakischen Staatsbürger zum Tatzeitpunkt im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhänger, wobei die Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" waren bzw. bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft versichert waren und einen Werkvertrag mit Herrn x abgeschlossen hatten. Zur Klärung der Sachlage wurde von der Gebietskrankenkassa Linz und dem Finanzamt Linz Gespräche mit dem Beschuldigten durchgeführt. Aus den diesbezüglichen Niederschriften sowie den vorliegenden Unterlagen lässt sich keine Dienstgebereigenschaft des Herrn x ableiten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Finanzamtes Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei. Darin wird vorgebracht, dass aus den angeführten niederschriftlichen Aussagen der vier slowakischen Staatsangehörigen bei der Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehalts hervorgeht, dass diese ohne rechtmäßigen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt als Zusteller im Transportgewerbe eingesetzt wurden. Sämtliche der vier Personen besaßen keine eigenen Betriebsmittel und wurden ausschließlich durch den Beschuldigten eingesetzt. Weiters wurde die Beschäftigung auf Dauer ausgeübt und kam die Arbeitsleistung überwiegend dem Beschuldigten zugute, wobei auch das unternehmerische Risiko überwiegend bei ihm lag. Die Höhe ihres Entgelts richtete sich ausschließlich nach der Anzahl der zugestellten Pakete und hatte Herr x betreffend der vier beschäftigten Personen sehr wohl ein beträchtliches unternehmerisches Risiko zu tragen. Als Subunternehmer der Firma x war er der Firma x gegenüber verantwortlich, dass die Pakete ordnungsgemäß und zeitgerecht zugestellt werden. Zur Gewichtung der Beweise, welche durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land durchgeführt wurden, ist festzuhalten, dass einer Niederschrift, welche durch ein Organ des Finanzamtes Linz mit Herrn x verfasst wurde, offensichtlich ein höherer Wahrheitsgehalt beigemessen wurde, als den Niederschriften, welche durch Organe der Finanzpolizei mit den vier Arbeitnehmern verfasst wurden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Einvernahmen mit Arbeitnehmern ein höherer Wahrheitsgehalt beizumessen ist, als Einvernahmen, welche mit dem Beschäftiger, der Sanktionen zu befürchten hat, durchgeführt werden. Zum Faktum, dass eine spezielle Dienstbekleidung mit dem Firmenaufdruck "x" zu verwenden ist, ist festzuhalten, dass zwischen den Firmen x und x ein diesbezüglicher Vertrag besteht, weshalb diese Weisung vom Beschuldigten und nicht von der Firma x erfolgte. Es wird daher die Erlassung eines Straferkenntnisses im Sinne des Strafantrages vom 29.10.2009 beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Juli 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem dazugehörenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. Mai 2012, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit den beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Berufungsverfahren zu VwSen-252921, 252924, 252937, 252939 und 252941 durchgeführt wurde (vgl. § 51e Abs.7 VStG). An dieser Verhandlung nahm der Beschuldigte mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teil. Weiters wurde eine Auskunft der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse bezüglich des dort hinsichtlich der Dienstgebereigenschaft des Beschuldigten durchgeführten Verfahrens eingeholt. Weiters wurde in das Verfahren die von der Oö. GKK übermittelten Unterlagen (Prüfbericht des Prüforgans zur GPLA-Prüfung bei der Firma x, Niederschriften x vom 30.6.2010, 5.10.2010 und 29.3.2011, Unternehmervertrag x – x, Niederschrift x vom 30.8.2010, Niederschrift x vom 30.8.2010 und Niederschrift x vom 5. April 2011) einbezogen und im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Beschuldigte ist seit dem Jahr 2008/2009 als Paketzusteller für die Firmen "x", x (in der Folge: Firma x), und "x", Depot x (in der Folge: Firma x), tätig. Aufgrund seiner zuverlässigen Leistungserbringung wurde von diesen Unternehmen bei ihm angefragt, ob er zusätzliche Fahrer nennen könne, die weitere Zustelltouren übernehmen würden. Der Beschuldigte hat daraufhin in seinem Freundes- und Verwandtenkreis Interessenten gesucht und den Firmen namhaft gemacht.

 

Die Bewerber mussten sich daraufhin beim zuständigen Depotleiter der Firma x, Herrn x, vorstellen. In weiterer Folge wurde der Beschuldigte aufgefordert, mit jenen Leuten, die für die Firma x – etwa aufgrund ihrer ausreichenden Sprachkenntnisse – als Zusteller in Frage kamen, Werkverträge abzuschließen. Dies war in der Regel für eine ca. 2 bis 3 Monate dauernden 'Probezeit' vorgesehen. Im Anschluss daran hatten die Fahrer die Möglichkeit, einen eigenen Vertrag mit der Firma x - ohne Zwischenschaltung des Beschuldigten – abzuschließen. Werkverträge mit Fahrern wurden vom Beschuldigten nur dann abgeschlossen, wenn die Firma x dem Einsatz des Fahrers zustimmte. Ein Grund für diese zunächst über Werkvertrag mit den Beschuldigten gewählte Vorgangsweise zur Rekrutierung von Fahrern lag auch darin, dass die Zusteller für Schäden an den zur Beförderung übertragenen Paketen für die Dauer von einem Jahr zu haften hatten. Bei allfälligen Schadens- bzw. Haftungsfällen konnte daher auch für den Fall, dass der zuständige Zusteller nicht mehr im Bundesgebiet nicht mehr war, auf den Beschuldigten zugegriffen werden. Der Beschuldigte sah ein Interesse an der gewählten Konstruktion darin, dass er den eingesetzten Fahrern die für den Transport erforderlichen Fahrzeuge gegen Entgelt zur Verfügung stellte und diese Mietgebühren gegenüber den von ihn zu entrichtenden Leasingraten für die Transporter einen Gewinn von rd. 100 Euro monatlich darstellten.

 

Die Pakete und alle erforderlichen Informationen über die täglichen Zustellvorgänge bekamen die Fahrer in den Morgenstunden von den zuständigen Mitarbeitern der Firma x direkt beim x-Depot in x ausgehändigt. Die Vorgaben bezüglich Einteilung der Fahrer, Bekleidung, Einschulung etc. kamen während der Probezeit von der Firma x, wurden jedoch über den Beschuldigten abgewickelt. Insgesamt war der Beschuldigte daran interessiert, dass die von ihm so unter Vertrag gehaltenen Fahrer möglichst rasch eigene Verträge mit der Firma x bekamen, da er auch keine Informationen und Übersicht über deren Tätigkeit als Zustellfahrer hatte und in dieser Zeit auch selbst Zustellfahrten durchführte. Im Krankheitsfall meldeten sich die Fahrer beim x Depot, von wo aus Vertretungen organisiert wurden. Im Fall der Verhinderung wäre es den Fahrern nicht möglich gewesen, ohne Zustimmung der Firma x einen Vertreter zu schicken. Die Touren starteten täglich beim x Depot in x, bei dem nach Abschluss der Fahrten die Zustellunterlagen wieder abgegeben werden mussten. Die – von ihnen vom Beschuldigten gemieteten - Autos selbst konnten die Fahrer zu ihrem Wohnsitz mitnehmen. Der für die Zustellungen erforderlicher Scanner wurde den Fahrern ebenso wie die Zustelllisten von der Firma x zur Verfügung gestellt. Bei Reklamationen setzte sich die Firma x direkt mit dem jeweiligen Zusteller in Verbindung. Bei Auftauchen von Problemen während der Zustellfahrten mussten sich die Zusteller mit dem Disponenten der Firma x in Verbindung setzen. Bei Sprachschwierigkeiten wurde der Beschuldigte eingeschaltet. Für die Abrechnung bekam jeder Fahrer am Monatsende von der Firma x eine sogenannte "Rollkarte", also eine Liste über alle erfolgten Zustellfahrten mit entsprechender Stückzahl, aus der sich die Höhe der monatlichen Entlohnung ergab. Über diese Summen, die sich aus den von der Firma x zusammengestellten Zustelllisten ergab, stellten die Fahrer eine Rechnung an den Beschuldigten. Dieser leitete die Rechnungen an die Firma x weiter. Zuschläge zu den von der Firma x vorgegebenen Entlohnungen für die Paketzustellung wurden vom Beschuldigten nicht eingehoben. Die Auszahlung erfolgte wiederum von der Firma x über den Beschuldigten an die Fahrer per Überweisung, gelegentlich auch in bar. Nach Ende der Probezeit wurden die Fahrer direkt von der Firma x unter Vertrag genommen, ihnen wurden eigene Tankkarten ausgehändigt (davor wurden die Tankvorgänge bar bezahlt) und gelangten Abrechnungen und allfällige Gutschriften nicht mehr über den Beschuldigten, sondern direkt zu den Fahrern.

 

Für die Zurverfügungstellung des Scanners wurde von den Fahrern 40 Euro an die Firma x bezahlt, vom Beschuldigten wurde dafür kein Aufschlag verrechnet. Das 'Erstausstattungsset' der Firma x in Höhe von rund 50 Euro wurde ebenfalls von den Fahrern - ohne Aufschlag des Beschuldigten - bezahlt. Für die Mobiltelefone, die die Fahrer während ihrer Zustellfahrten benützten, lag ein Vertrag zwischen der Firma x und den Telefonanbietern vor.

 

Die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Beschuldigten und der Firma x stellten sich analog zu jenen zwischen dem Beschuldigten und der Firma x dar.

 

Nach Abschluss einer für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 durchgeführten gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge (GPLA-Prüfung) stellte die zuständige Prüferin der Oö. GKK unter Einbeziehung einer Vertreterin des Finanzamtes Linz fest, dass aufgrund der durchgeführten Erhebungen (Einvernahmen des Beschuldigten, Einvernahme von Fahrern, vorgelegte Vertragsunterlagen etc.) eine Dienstgebereigenschaft des Beschuldigten gegenüber den Fahrern nicht festgestellt werden kann.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den von der Oö. GKK zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie den Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 30. Mai 2012.

 

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Beschuldigte in der mündlichen Berufungsverhandlung einen ausgesprochenen glaubwürdigen Eindruck bei seinen Schilderungen über die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen ihm, den Zustellunternehmen und den Fahrern machte. Er konnte nachvollziehbar und schlüssig darlegen, wie es zur gegenständlichen Konstruktion kam, weshalb von ihm Werkverträge mit den Fahrern abgeschlossen wurden und worin sein Vorteil bei der vorliegenden Konstruktion lag. Seine Darstellung stimmt im Wesentlichen auch mit den Aussagen überein, die von den Fahrern bei ihrer Einvernahme durch die Oö. GKK gemacht wurden. Selbst aus den Aussagen der Fahrer gegenüber der Finanzpolizei ist erkennbar, dass für sie zwar der Beschuldigte der erste Ansprechpartner für ihre Tätigkeit als Zusteller war, die wesentlichen Vorgaben für ihre Tätigkeit, ihr arbeitsbezogenes Verhalten sowie die dafür gebührende Entlohnung jedoch ausschließlich von der Firma x bzw. der Firma x kamen. Vom Beschuldigten selbst wurde ihnen dafür lediglich ein Transportfahrzeug gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, Anordnungs- und Weisungsbefugnis sowie Preisgestaltung hinsichtlich ihrer Zustellertätigkeit oblag ihm jedoch nicht. Seitens des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates wird daher den Schilderungen des Beschuldigten in der mündlichen Berufungsverhandlung eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)Verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistung Dritter anstelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs.1 Z3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

5.2. Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, 2002/08/0242, mwN) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zur beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgestaltet ist oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist. Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, sind die "wahren Verhältnisse" maßgeblich. Weichen die "wahren Verhältnisse" vom Vertrag ab, dann ist dies ein Indiz dafür, dass nur ein Scheinvertrag vorliegt. Eine Scheinvereinbarung ist von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet (vgl. VwGH vom 13. August 2003, Zl. 99/08/0174). Insoweit kommt es daher auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

 

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die für die abhängigen Arbeitsverhältnisse typische Unterordnung, die durch Weisungen, Überwachungen, Regelung der Arbeitszeit und Arbeitsfolge und die Bestimmung des Arbeitsverfahrens seitens des Dienstgebers zum Ausdruck kommt, bei den gegenständlichen Zustellfahrern gegenüber dem Beschuldigten nicht festgestellt werden kann. Vielmehr konnte der Beschuldigte darlegen, dass ihn selbst hinsichtlich des Einsatzes der Fahrer kein unternehmerisches Risiko traf, da diese ausschließlich durch die Transportfirmen ausgewählt, eingeschult, eingesetzt und entlohnt wurden. Dass seitens des Beschuldigten – abgesehen von der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Transportfahrzeugen – gegenüber den Fahrern Anordnungen getätigt oder Weisungen erteilt wurden, die dieser nicht ausschließlich als (sprachlicher) Vermittler durchführte, trat im Verfahren nicht hervor. Die unternehmerische Entscheidung, mit welchem Fahrer der Beschuldigte "Werkverträge" abzuschließen hat, in welcher Form diese entlohnt werden und welches Arbeitsverhalten sie an den Tag zu legen haben einschließlich der Zulässigkeit von Vertretungen, lag nicht in der Verantwortung des Beschuldigten, sondern bei den Transportfirmen, die sich zur Abdeckung einer gewissen Probezeit der mit dem Beschuldigten gewählten Konstruktion bedienten. Dieser wiederum hat einen wirtschaftlichen Vorteil nicht aus der Zurverfügungstellung der Arbeitskraft durch die von ihm unter "Werkvertrag" gestellten Fahrer, sondern lag sein Interesse an der entgeltlichen Zurverfügungstellung der von den Fahrern benützten Transportfahrzeuge.

 

Die vom zuständigen Sozialversicherungsträger in der gegenständlichen Angelegenheit getroffenen Feststellung, dass unter den sachverhaltsmäßig festgestellten Voraussetzungen eine Dienstgebereigenschaft des Beschuldigten gegenüber den bei der Kontrolle angetroffenen Fahrern nicht vorliegt, wird daher auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat geteilt. Diese von der Oö. GKK getroffene Feststellung über das (mangelnde) Vorliegen einer Dienstgebereigenschaft des Beschuldigten bildet eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, da deren Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandsmoment für die Entscheidung hinsichtlich des objektiven Vorliegens der dem Beschuldigten zur Last gelegten Übertretung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten bildet.

 

Da eine Dienstgebereigenschaft des Beschuldigten gegenüber den gegenständlichen Zustellfahrern nicht festgestellt werden kann, hat der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte sozialversicherungsrechtliche Meldepflichtverletzungen nicht begangen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

 

 

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