Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167243/2/Fra/Ai/CG

Linz, 19.10.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, x, x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. September 2012, VerkR96-5014-2012-Fs, betreffend Übertretung des § 45 Abs.4 zweiter Satz KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

    II.      Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (22 Euro) zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG;

zu II.:      §§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 45 Abs.4 zweiter Satz KFG 1967, gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) verhängt, weil er das KFZ Type Audi A6, welches mit dem angeführten Probefahrtkennzeichen versehen war, zum Tatzeitpunkt am Tatort verwendet hat, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG 1967 verwendet werden dürfen. Im gegenständlichen Fall hat es sich um keine Probefahrt gehandelt, da es sicher um eine Privatfahrt handelte.

 

Tatort: Gemeinde x, Landesstraße Ortsgebiet, Höhe x, B 147, bei km 17.500

Tatzeit: 18.06.2012, 14:25 Uhr

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn– als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 45 Abs.1 KFG 1967 dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem auch der Antragssteller hauptsachlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch

  1. Fahrten zur Überprüfung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,
  2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer, bei Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,
  3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und
  4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg an einem Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

Gemäß § 45 Abs.1a muss, wenn ein Fahrzeug mit Probekennzeichen im Zuge einer Probefahrtunterbrechung (Abs.1 Z4) auf Straßen mit öffentlichen Verkehr abgestellt wird, der Lenker oder der Besitzer der Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten die Bescheinigung gemäß § 102 Abs.5 lit.c so im Fahrzeug hinterlegen, dass diese bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar ist. Bei anderen Fahrzeugen ist diese Bescheinigung an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

 

Gemäß § 45 Abs.2 KFG 1967 darf der Besitzer einer in Abs.1 angeführten Bewilligung Probefahrten mit zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen nur durchführen, wenn sie ein Probefahrtkennzeichen führen oder wenn der Zulassungsbesitzer oder dessen Bevollmächtigter an der Fahrt teilnimmt oder einen schriftlichen Auftrag zur dieser Fahrt erteilt hat.

 

Gemäß § 45 Abs.4 KFG 1967 ist bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Mit der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.

 

Zweck einer Probefahrt ist die Feststellung des Funktionierens eines Fahrzeuges, wozu eine relativ kurze Fahrtstrecke genügt. Die Tauglichkeit seines Fahrzeuges auf seine Eignung zur Zurücklegung einer relativ langen Strecke zu prüfen übersteigt den Begriff der Probefahrt.

 

Zur Feststellung der Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen dürfen Probefahrten von einem Kaufinteressenten durchgeführt werden. Es kann sich die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit ergeben, mit einer Probefahrt einen Nebenzweck zu verbinden, ohne dass der Charakter der Probefahrt verloren ginge (z.B. wenn anlässlich einer Probefahrt eine Tankstelle zum Tanken aufgesucht wird, oder die Probefahrt kurz unterbrochen wird, damit der Lenker eine Toilette aufsuchen kann, oder ein Poststück in einem Briefkasten einwerfen kann). Der Charakter einer Probefahrt besteht aber jedenfalls dann nicht (mehr), wenn der zeitliche und örtliche Zusammenhang mit der Probefahrt verloren geht. Ist ein solcher Zusammenhang nicht mehr gegeben, wird anzunehmen sein, dass der Hauptzweck "Probefahrt" mehr oder minder zu Gunsten des Nebenzweckes zurücktritt und daher die Fahrt nicht mehr als Probefahrt angesehen werden kann. Die Verwendung von Probefahrtkennzeichen bei anderen als Probefahrten ist verboten und strafbar. Es ist auch strafbar, wenn Probefahrten nach Belieben ausgedehnt werden. Für private Zwecke dürfen Probefahrtkennzeichen nicht verwendet werden – auch dann nicht, wenn mit dieser Fahrt ein geschäftlicher Zweck verbunden ist, zum Beispiel eine Fahrt zum Mittagessen nach Hause und anschließende Vorführung des Fahrzeuges bei einem Kunden ist  nicht statthaft. Auch sind Privatfahrten eines Angestellten des Inhabers des Probefahrtkennzeichens zur Feststellung der Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit eines Kraftfahrzeuges durch das Probefahrtkennzeichen nicht gedeckt. Das Abstellen eines Fahrzeuges mit Probefahrtkennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ist nur im Rahmen einer Probefahrt erlaubt, zum Beispiel während der Wartezeit vor der Überprüfung. Verboten ist auf jeden Fall das Parken des Fahrzeuges für die Dauer einer Nacht. Dies gilt jedoch nicht für Fahrtunterbrechungen im Falle der Fahrzeugüberlassung an einen Verkaufinteressenten. In diesem Fall ist aber die Bescheinigung gemäß § 102 Abs.5 lit.c KFG 1967 im Fahrzeug zu hinterlegen.

 

I.3.2. Vor dem Hintergrund dargestellten Rechtslage besteht auf Grund der Aktenlage kein Zweifel darüber, dass der Bw den ihm zu Last gelegten Tatbestand erfüllt hat. Laut Anzeige der PI Mattighofen vom 16.7.2012 hat der Bw den Wagen das gegenständliche Kraftfahrzeug am 9.4.2012 in Italien gekauft. Auf dem Kaufvertrag war nur ein Audi A6, Limousine, eingetragen. Es war kein Käufer, kein Verkäufer, keine Fahrgestellnummer, etc. eingetragen. Der Wagen sei vor der x in x, x, abgestellt gewesen. Der Bw habe angegeben, er sei auf dem Weg vom Betriebsstandort x nach Hause in die xstraße gewesen. Laut Mitteilung des Meldungslegers an die belangte Behörde vom 2. August 2012 sei – wie bereits in der Anzeige angeführt – das Fahrzeug in Italien gekauft und seither fast täglich mit dem Probefahrtkennzeichen benutzt worden. Bei der gegenständlichen Anhaltung sei der Bw von ihm gefragt worden, woher er komme und wohin er fahren würde. Er habe angegeben, er sei auf dem Weg von der x nach Hause. Der Bw wurde von ihm über den Begriff einer Probefahrt aufgeklärt und gefragt, was er erprobe. Der Bw habe angegeben, er sei auf dem Weg von seinem Firmenstandort nach Hause gewesen. Die Firma x habe er nicht erwähnt. Das Fahrzeug stehe fast täglich vor der x im x.

 

Der Bw führt in seinem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung der belangten Behörde vom 25. Juli 2012 aus, das Fahrzeug in Italien gekauft zu haben. Als Beweis lege er die entsprechenden Dokumente vor. Am 18.6.2012 brachte er das Fahrzeug nachmittags um ca. 13:00 Uhr zur Firma x. Als Beweis lege er eine Rechnung vor. Nachdem das Fahrzeug von der Firma x fertig war, habe er es wieder abgeholt und habe mit dem Fahrzeug zum Firmenstandort xstraße fahren wollen. Während dieser Fahrt hatte er die Kontrolle. Er habe in der Nähe des Standortes eine x. Es stimme, dass er in der x war. Es stimme jedoch nicht, dass er das Fahrzeug vor der x abgestellt habe. In dem der Behörde vorgelegten Fahrtenbuch sei diese Fahrt nicht eingetragen. Auf die Frage der Leiterin der Amtshandlung am 31. Juli 2012, warum er diese Fahrt nicht eingetragen habe, teile er mit, dass er erst kürzlich mit dem Autohandel begonnen habe und nicht gewusst habe, dass er diese Probefahrt eintragen müsse.

 

Zu diesem Vorbringen ist festzustellen, dass die vom Bw vorgelegte Rechnung der Firma x mit 22.6.2012 datiert ist und sich das Aufnahmedatum 20.6.2012 bezieht. Diese Rechnung ist sohin nicht geeignet ist, die Argumentation des Bw zu untermauern. Laut Aktenvermerk der belangten Behörde vom 31.7.2012 sei laut Telefonat mit der Firma x, welches von der Sachbearbeitung x geführt wurde, festgestellt worden, dass das Fahrzeug nie bei der Firma x zur Reparatur war und die Firma x lediglich den Typenschein angefordert und darüber am 22.6.2012 eine Rechnung erstellt habe.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass kein Anlass vorliegt, den Angaben des Meldungslegers nicht zu folgen. Der Meldungsleger würde bei wahrheitswidrigen Angaben seine Amtsstellung missbrauchen und müsste mit disziplinären und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Der Bw hingegen kann sich in seiner Beschuldigtenstellung jedoch nach Belieben verantworten, ohne dass er Rechtsnachteile zu befürchten hätte. Der Oö. Verwaltungssenat folgt sohin den Angaben des Meldungslegers. Vor dem Hintergrund der oben ausführlich dargestellten Rechtslage, handelte es sich bei der ggst. Fahrt um keine Probefahrt im Sinne des § 45 Abs.1 KFG 1967, sondern um eine Privatfahrt.

 

Die Berufung erweist sich daher hinsichtlich in der Schuldfrage als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

 

Strafbemessung:

Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bw wie folgt Bedacht genommen: Monatliches Nettoeinkommen von 1.100 Euro, Eigentumswohnung zur Hälfte als Vermögen, Sorgepflicht für ein Kind.

 

Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervor gekommen. Als mildernd wertet der Oö. Verwaltungssenat die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw. Der Missbrauch eines Probefahrtkennzeichens weist einen erheblichen Unrechtsgehalt auf und ist laut Judikatur des VwGH streng zu ahnden. Mit der verhängten Strafe hat die belangte Behörde den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu 2,2% ausgeschöpft. Es ist sohin keine Überschreitung des ermessenen Spielraumes bei der Strafbemessung zu konstatieren. Eine Herabsetzung der Strafe kommt sohin – auch aus präventiven Gründen – nicht in Betracht.

 

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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