Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253207/11/Kü/Ba

Linz, 11.10.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau M W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, A, L, vom 28. Juni 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-97-2010, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. September 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird insofern Folge gegeben als das Straferkenntnis hinsichtlich der Beschäftigung von T T (Punkt 1.) aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, im Übrigen wird die hinsichtlich der Beschäftigung von J T (Punkt 2.) verhängte Geldstrafe auf 1000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

 

II.    Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens reduziert sich auf 100 Euro. Für das Berufungs­verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat die Berufungswerberin keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:       § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 19, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:   §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juni 2012, SV96-97-2010, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 72 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als Gewerbeinhaberin und Arbeitgeberin des Unternehmens R eU in T, L, strafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Arbeitgeberin im dortigen Unternehmen

1.      den ungarischen Staatsangehörigen T T, geb. X, zumindest von 10.10.2009 bis 19.10.2009 und

2.      den ungarischen Staatsangehörigen J T, geb.X , zumindest von 30.7.2009 bis 19.10.2009

als Arbeiter, indem diese ua. am 19.10.2009 gegen 15.45 Uhr auf der Baustelle in G, S, von Kontrollorganen bei Fassadearbeiten betreten wurden, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigten, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebe­stätigung ausgestellt wurde, noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Nieder­lassungsnachweis besaßen."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt wird.

 

Die Erstbehörde habe weder den gestellten Beweisanträgen noch den vorgelegten Urkunden entsprechend Rechnung getragen und dadurch den von Amts wegen zu ermittelnden Sachverhalt nur unvollständig erhoben, was eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und des Bescheides begründe. Auch habe die Erstbehörde keine oder eine bloß unzureichende Begründung dafür geboten. Eine derartige Vorgangsweise könne weder mit dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" noch mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundrecht auf ein faires Verfahren im Sinn des Art. 6 EMRK in Einklang gebracht werden.

 

Bei Aufnahme und Würdigung der Beweise hätte die Erstbehörde zu einem anderen Ergebnis gelangen können, etwa, dass ein strafbares Verhalten der Beschuldigten nicht vorliege, da es sich bei den Ausländern um selbständige Gewerbetreibende handle, die auf Werk­vertragsbasis für die Firma R e.U. tätig gewesen seien. Weiters hätte sie feststellen müssen, dass alle Ungarn über entsprechende Gewerbescheine verfügt hätten und auch Beiträge nach dem GSVG gezahlt hätten.

 

Ausdrücklich sei im Verfahren  die Beischaffung des Akts 11 Hv 90/10i des LG Wels beantragt worden, zum Beweis dafür, das die gegenständliche Baustelle auf Initiative von Herrn W L und Herrn J A betrieben worden sei.

 

Festgehalten würde, dass Herr S und Herr N, die damals bei der Firma R angestellt gewesen seien, sich vorher ausdrücklich bei der Wirtschaftskammer erkundigt hätten und ihnen dort mitgeteilt worden sei, dass die Ungarn als selbständig anzusehen wären, wenn sie einen Gewerbeschein hätten. Die Gewerbescheine und Einzahlungen an die SVA der Gewerblichen Wirtschaft seien überprüft und kopiert worden.

 

Die Beschuldigte sei daher auch einem nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum erlegen. Sie hätte daher davon ausgehen können, dass die gewählte Vorgangsweise in Einklang mit den Gesetzen stehe, wie es ihren Mitarbeitern zuvor auch von der Wirtschaftskammer mitgeteilt worden sei. Es fehle daher an der subjektiven Tatseite.

 

Ab 1.5.2011 gelte die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für ungarische Staats­bürger und sehe § 1 Abs.2 lit.l AuslBG idF BGBl.I Nr. 25/2011 ausdrücklich vor, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht auf Ausländer anzuwenden seien, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmer­freizügigkeit genießen würden. Gemäß § 34 Abs.38 AuslBG sei diese Bestimmung mit 1.7.2011 in Kraft getreten. Eine Bestrafung der Beschuldigten wäre daher zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses am 6.6.2012 schon aus diesem Grunde unzulässig gewesen. Die Erstbehörde habe daher das bei Fällung des Straferkenntnisses in Geltung stehende AuslBG nicht angewendet.

 

Im übrigen würde auf das Günstigkeitsprinzip im Strafrecht generell verwiesen werden und darauf, dass die Bestimmung des § 1 Abs.2 VStG im vorliegenden Fall präjudiziell für den gegenständlichen Fall sei, da das Straferkenntnis erster Instanz hier nach Inkrafttreten der Neuregelung erlassen würde, während dies im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 08.03.2012, B1003/11ua, nicht der Fall gewesen sei, da dort die Erstbehörde das Straferkenntnis am 26.03.2010 erlassen habe, also vor der Neuregelung. Damals sei die alte Bestimmung des AuslBG daher noch anzuwenden gewesen, da sie auch bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch in Geltung gestanden sei, während dies im vorliegenden Fall nicht mehr zutreffe. Die gegenteilige Vorgangsweise der Erstbehörde sei daher contra legem erfolgt.

 

Schließlich sei die über die Beschuldigte verhängte Strafe auch wesentlich überhöht und völlig unangemessen. Die Erstbehörde habe insoweit auch deutlich über das Ziel hinausgeschossen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 3. Juli 2012 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. September 2012, an welcher der Rechtsvertreter der Bw teilgenommen hat sowie Herr H N und Herr A S als Zeugen einver­nommen wurden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bw ist Inhaberin der Firma R e.U. mit dem Sitz in L, T. Geschäftszweck der von der Bw als Einzelunternehmerin betriebenen Firma ist u.a. die Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden. Im Jahr 2009 waren bei der Firma R e.U. Herr H N, der Lebens­gefährte der Bw, als Geschäftsführer, Herr A S als Verantwort­licher für die Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden und Herr R R als gewerberechtlicher Geschäftsführer beschäftigt. Die Bw selbst war für die Firma R e.U. operativ nicht tätig sondern wurden sämtliche Geschäfte von den drei genannten Personen durchgeführt.

 

Ständiges Personal für die Durchführung der Vollwärmeschutzarbeiten war bei der R e.U. nicht vorhanden. Geplant war, sämtliche Aufträge für die Errichtung von Vollwärme­schutzfassaden mit Subunternehmern abzuarbeiten. Aus diesem Grund wurde von Herrn S über eine ungarische Bekannte Kontakt zu ungarischen Staatsangehörigen aufgenommen.

 

Herr N und Herr S haben bei der Wirtschaftskammer Erkundigungen über den Arbeitseinsatz von ungarischen Staatsangehörigen eingeholt. Sie erhielten dort die Auskunft, dass die Ungarn, sofern sie in Österreich über Gewerbescheine verfügen, mit der Durchführung von Arbeiten beauftragt werden können. Sonstig Auskünfte, etwa beim AMS, wurden von den Beiden nicht eingeholt. Die beiden Mitarbeiter der R e.U. sind daher davon ausgegangen, dass ungarische Staatsangehörige unabhängig von der konkreten Art und Weise des Arbeitseinsatzes jedenfalls selbständig sind, sofern sie im Besitz eines Gewerbescheins sind.

 

In der Folge hat die R e.U. ihre Aufträge für die Durchführung von Voll­wärmeschutzfassaden unter Beiziehung ungarischer Staatsangehöriger, welche über einen Gewerbeschein verfügt haben, durchgeführt. Vor Durchführung der Arbeiten wurden mit den einzelnen Ungarn schriftliche Auftragsschreiben verfasst.

 

Neben den ungarischen Staatsangehörigen wurden von der R e.U. zur Abwicklung ihrer Baustellen auch zwei Freigänger der Justizanstalt Wels, und zwar Herr W L und Herr J A beigezogen. Im Oktober 2009 hat die Firma R e.U. auf der Baustelle in G, S, (Bezirk Grieskirchen) den Auftrag für die Anbringung einer Vollwärmeschutz­fassade erhalten. Von der Firma wurden die beiden Freigänger damit betraut, diese Arbeiten durchzuführen. Das Material für die Durchführung der Arbeiten wurde von der Firma R e.U. gestellt. Am 19.10.2009 fand durch Kontrollorgane des Finanzamtes Grieskirchen Wels auf der gegenständlichen Baustelle eine Kontrolle statt. Bei dieser Kontrolle wurden neben Herrn L und Herrn A die ungarischen Staatsangehörigen T T und J T bei Fassaden­arbeiten angetroffen. Herr L hat gegenüber den Kontrollorganen angegeben, dass die Zusammenarbeit in der Form erfolgte, als er selbst, Herr A und Herr T die Fassade genetzt und gespachtelt haben und Herr T das benötigte Material zugereicht hat. Von den ungarischen Staatsangehörigen wurde bei der Kontrolle ein Personenblatt ausgefüllt, in dem Herr T angegeben hat, dass er bei der R e.U. als Hausmeister seit 30. Juli 2009 tätig ist und einen Lohn von 8 Euro pro Stunde bezieht, wobei er Montag bis Freitag jeweils 8 Stunden arbeitet. Als seinen Chef nannte Herr T Herrn S. Herr T T gab im Personenblatt an, bei der Firma R e.U. (A S) seit 10. Oktober 2009 beschäftigt zu sein und ebenfalls 8 Euro pro Stunde erhalten würde sowie von Montag bis Freitag jeweils 8 Stunden pro Tag arbeitet.

 

Zwischen Herrn L und den Verantwortlichen der Firma R e.U. ist es in dieser Zeit insofern zu Unstimmigkeiten gekommen, als Herrn L vorgehalten wurde, nicht nur auf Baustellen der R e.U. zu arbeiten sondern bei einer Reihe von anderen Bauvorhaben eigenständig Aufträge angenommen und gegen eigene Rechnung abgearbeitet zu haben. Aufgrund dieser Verdachtsmomente wurde von der R e.U. bei der Staatsanwaltschaft Wels eine Anzeige eingebracht. Das vom Landesgericht Wels durchgeführte Verfahren zu 11 Hv 90/10i endete mit einem Freispruch für Herrn W L.

 

Zu Herrn J T ist festzuhalten, dass dieser im Besitz der Gewerbeberech­tigung für Hausmeisterarbeiten gewesen ist und von der R e.U. auf Baustellen für Reinigungsarbeiten eingesetzt worden ist. Für den Arbeitseinsatz auf der Baustelle in G, S, wurde von der R e.U. mit Herrn J T keine schriftliche Vereinbarung über die durchzuführenden Arbeiten getroffen. Zudem existiert keine schriftliche Ver­einbarung zwischen der R e.U. und Herrn T T über die Durchführung von Arbeiten. Zuständig für die Abwicklung der Baustelle innerhalb der R e.U. war Herr W L. Weder Herr N noch Herr S haben Kontrollen bei dieser Baustelle durchgeführt.

 

Eine Anmeldung der beiden ungarischen Staatsangehörigen beim zuständigen Sozialversicherungsträger durch die R e.U. hat nicht stattgefunden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 26. Jänner 2010, welchem die von den beiden ungari­schen Staatsangehörigen ausgefüllten Personenblätter angeschlossen sind. Dem Strafantrag ist außerdem eine mit Herrn L aufgenommene Niederschrift ange­schlossen, in der er ausführt, dass alle bei der Kontrolle angetroffenen Arbeiter von der Firma R e.U. sind und sie den Arbeitsauftrag für die Arbeiten auf der Baustelle von Herrn H N und Herrn A S erhalten haben. In ihren Zeugeneinvernahmen in der mündlichen Verhandlung bestätigen sowohl Herr N als auch Herr S, dass die Firma R e.U. bei der Baustelle in G, S, den Auftrag für die Ausführung der Vollwärmeschutz­fassade erhalten hat. Innerhalb der Firma war es den Angaben der beiden Zeugen zufolgen so organisiert, dass diese Baustelle im Auftrag der R e.U. von Herrn L betreut wurde, sodass keine Kontrollen durch Herrn S stattgefunden haben. Sowohl Herr N als auch Herr S geben in der mündlichen Verhandlung an, dass Herr T als Hausmeister im Auftrag der R e.U. Reinigungsarbeiten auf Baustellen durchgeführt hat. Herr S hat dies auch bei seiner Einvernahme vor der Erstinstanz am 10.6.2010 bestätigt. Hinsichtlich Herrn T wird von beiden übereinstimmend festgehalten, dass dieser in keiner Verbindung zur R e.U. gestanden ist, sondern wird von beiden behauptet, dass Herr L eigenständig Herrn T für die Arbeiten beigezogen hat.

 

Die Unstimmigkeiten zwischen Herrn L und der R e.U. hinsichtlich der Erbringung von Arbeitsleistungen ergeben sich aus dem Akt des Landesgerichtes Wels 11 Hv 90/10i, welcher dem erstinstanzlichen Akt angeschlossen ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass Herr L und Herr A von den gegen sie erhobenen Vorwürfen freigesprochen wurde, ist davon auszugehen, dass für die durch die R e.U. erhoben Anschuldigungen keine stichhaltigen Beweise zu ermitteln waren. Von den beiden Zeugen wird in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass Herr T T von Herrn L gleichsam als sein Chauffeur beigezogen wurde, da Herr L selbst nicht über einen Führerschein verfügt hat.

 

Für die Glaubwürdigkeit dieser Darstellung spricht auch der Umstand, dass die Verantwortlichen der R e.U., sofern sie ungarische Staatsangehörige mit Arbeiten auf diversen Baustellen eingesetzt haben, mit diesen vorweg schrift­liche Arbeitsaufträge vereinbart haben. Im gegenständlichen Fall konnte allerdings ein derartiger Auftrag der R e.U. an T T nicht festgestellt werden bzw. konnte dies von den Kontrollorganen – im Gegensatz zu anderen Kontrollen von Baustellen der R e.U. – nicht festgestellt werden. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat erscheinen daher die Aussagen der beiden Zeugen als glaub­würdig und nachvollziehbar und war daher im Gegensatz zu den Angaben des Herrn T auf dem Personenblatt im Zuge der Kontrolle den Darstellungen der beiden Zeugen Glauben zu schenken. Im Hinblick auf das zwischen der R e.U. und den Freigängern, insbesondere Herrn L bestehende Verhältnis, was durch die Anzeige der R e.U. gegen Herrn L auch zum Ausdruck gebracht wurde, scheint es nicht unmöglich, dass die Angaben des Herrn T im Personenblatt bei der Kontrolle auch durch Herrn L veranlasst worden sind. Hinsichtlich des Arbeitseinsatzes von T T konnten daher keine Feststellungen, die belastend für die R e.U. wirken würden, getroffen werden und wird daher im Zweifel den Angaben der beiden einvernommenen Zeugen Glauben zu schenken sein, wonach Herr T als Chauffeur für Herrn L tätig gewesen ist und einfache Handgriffe auf Baustellen über seinen Auftrag durchgeführt hat. Es lässt sich der Verfahrensergebnisse nicht eindeutig feststellen, dass Herr T T im Auftrag der R e.U. bei der fraglichen Baustelle im Einsatz gewesen ist.

 

Anders verhält es sich bei Herrn J T, der sehr wohl in einer Verbindung zur R e.U. gestanden ist, sodass sich zweifelsohne darauf schließen lässt, dass dieser – auch von den Zeugen wurde dem nicht widersprochen – zum Einsatz auf der gegenständlichen Baustelle gelangt ist. Auch wenn er nur mit Reinigungsarbeiten betraut gewesen wäre, ergibt sich aus den Feststellungen der Kontrollbeamten im Zuge der Kontrolle, dass Herr T bei den Fassaden­arbeiten angetroffen wurde, was von den Verantwortlichen der R e.U. dem Grunde nach auch nicht bestritten wurde.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)     in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)     überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. In § 2 Abs. 2 AuslBG wurde ein eigener Beschäftigungsbegriff - abweichend vom Sozialversicherungsrecht und Arbeitsvertragsrecht - geschaffen, der vor allem den spezifischen Gegebenheiten und verschiedenen Formen, unter denen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt tätig werden können, Rechnung trägt und damit jede Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit erfasst, gleichgültig ob es sich um ein Arbeitsverhältnis, um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis, um ein Ausbildungsverhältnis oder um eine sonstige bloße Tätigkeit in Österreich handelt.

 

Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG vorliegt, ist gemäß § 2 Abs.4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. In Anwendung dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Frage, ob die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen eines Ausländers als Entgegennahme einer Leistung im Rahmen eines "echten Werkvertrages" oder als Verwendung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses oder die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 AÜG anzusehen ist, ausgesprochen, dass es für die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses nicht entscheidend ist, in welche zivilrechtliche Form dieses gekleidet ist. Maßgeblich für diese Beurteilung ist vielmehr die Beurteilung sämtlicher für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im konkreten Fall sprechender Umstände, die nicht isoliert voneinander gesehen werden dürfen, sondern in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht zu bewerten sind (vgl. VwGH vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0030 mwN). In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente nicht ausreichend ist, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenslage Gegenteiliges ergibt.

 

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. VwGH 23.5.2007, Zl. 2005/08/0003, 16.10.2008, Zl. 2008/09/0232-3).

 

Was unter arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen zu verstehen ist, ist nach Judikatur und Lehre unumstritten. Aufgrund des in § 2 Abs. 4 AuslBG ausdrücklich normierten Grundsatzes der Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes kommt es auch im Falle eines vorgelegten Werkvertrages nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen, sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen. Arbeitnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass an sich ein Arbeits(Vertrags)verhältnis nicht vorliegt, d.h. dass die für den Arbeitnehmertypus charakteristischen Merkmale der persönlichen Abhängigkeit zu gering ausgeprägt sind, um daraus ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis ableiten zu können, jedoch in einem gewissen Umfang gegeben sind. Wesen der Arbeitnehmerähnlichkeit ist, dass der Verpflichtete in seiner Entschlussfähigkeit auf ein Minimum beschränkt ist. Es kommt ausschließlich darauf an, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies beim persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist (VwGH vom 20.5.1998, 97/09/0241).

 

5.3. Den Ausführungen des Geschäftsführers der R e.U. in der mündlichen Verhandlung zu Folge verfügte die Firma selbst nicht über das notwendige Personal zur Abarbeitung der übernommenen Aufträge zur Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden. Von der R e.U. wurde zwar das Material für die Vollwärmeschutzfassaden bestellt und zur Baustelle geliefert. Hinsichtlich der Errichtung der Vollwärmeschutzfassade war die R e.U. allerdings auf den Zukauf von Arbeitsleistungen angewiesen.

 

Um den bei der Baustelle S in G von der R e.U. gegenüber dem Bauherrn übernommenen Auftrag zur Errichtung der Voll­wärmeschutzfassade entsprechen zu können, wurden bei dieser Baustelle die beiden Freigänger der Justizanstalt Wels sowie der grundsätzlich für die R e.U. mit Reinigungsarbeiten betraute ungarische Staatsangehörige J T eingesetzt. Hinsichtlich des bei der Kontrolle weiters auf der Baustelle ange­troffenen ungarischen Staatsangehörigen T T ist allerdings festzu­halten, dass im Zuge des Ermittlungsverfahrens kein stichhaltiger Beweis dafür zu erbringen gewesen ist, dass Herr T ausschließlich im Auftrag der R e.U. Hilfsarbeiten auf der Baustelle erbracht hat. Fest steht zudem, dass es zwischen den Verantwortlichen der R e.U. und dem Freigänger der Justizanstalt Wels, Herrn W L, Unstimmigkeiten und beiderseitige Anschuldigungen gegeben hat. In einem Gerichtsverfahren konnte keine eindeutige Klärung der Sachlage herbeigeführt werden, zumal vom Gericht das Verfahren mittels Freispruch der beiden Freigänger abgeschlossen worden ist. Da sich aus dem Verfahrensakt sowie auch den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung nicht eindeutig eine Zuordnung des Herrn T T zur R e.U. ableiten lässt, war daher in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" dem Berufungsvorbringen Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Hinsichtlich des Arbeitseinsatzes von Herrn J T auf der gegen­ständlichen Baustelle geht der Unabhängige Verwaltungssenat allerdings von dessen organisatorischer Einbindung in den Arbeitsablauf der R e.U. aus, zumal von beiden Zeugen sehr wohl bestätigt wurde, dass Herr T grund­sätzlich als Hausmeister mit Reinigungsarbeiten auf diversen Baustellen für die R e.U. im Einsatz ist. Aufgrund dieses Umstandes erscheinen auch die von Herrn T im Personenblatt getätigten Angaben, wonach er für die R e.U. gegen Entgelt tätig ist, als glaubwürdig und nachvollziehbar und kann dies der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass Herr J T zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis und nicht in Erfüllung eines Werkvertrages zum Einsatz gelangt ist. Eine schriftliche Vereinbarung über dessen Arbeitsleistungen für die R e.U. konnte nicht vorgelegt werden, sodass jedenfalls von keiner selbstständigen Tätigkeit von Herrn T auszugehen ist sondern dieser von der R e.U. immer wieder für betriebseigene Zwecke gleichsam wie ein Arbeitsnehmer eingesetzt worden ist. Dies wird auch durch die Angaben des Herrn T im Personenblatt zum Entgelt bzw. dessen Arbeitszeiten untermauert. Insgesamt war daher der Bw die Erfüllung des objektiven Tatbestandes anzu­lasten, zumal nachweislich hinsichtlich der Arbeitsleistungen des ungarischen Staatsangehörigen von der R e.U. keine arbeitsmarkt­rechtlichen Papiere vorgelegt werden konnten.

 

5.4. Dem Vorbringen der Bw zur Anwendung des Günstigkeitsprinzips ist des Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 8. März 2012, B 1003/11-7, B 1004/11-7, entgegen zu halten, in dem zur Strafbarkeit der Beschäftigung von u.a. ungarischen Staatsbürgern ohne Bewilligung nach dem AuslBG ausgesprochen wird, dass § 1 Abs.2 VStG nicht präjudiziell sei, weil das Auslaufen der Übergangsfrist für die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die am 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten und die infolge dessen erfolgte Änderung der Übergangsbestimmungen des AuslBG durch BGBl. I 25/2011, durch welche Staatsbürger dieser Mitgliedstaaten nicht mehr unter das Regime des AuslBG fallen würden, nicht zum Wegfall des Unwerturteils führe, über das zur Zeit seiner Begehung strafbare Verhalten. Die Beschäftigung von Ausländern ohne entsprechende Bewilligung nach dem AuslBG sei weiterhin strafbar und mit der gleichen Strafsanktion bedroht, auch wenn das AuslBG seit einem bestimmten, nach dem strafbaren Verhalten liegenden Zeitpunkt die im konkreten Fall Beschäftigten nicht mehr umfasse und das gleiche strafbare Verhalten in Zukunft nicht mehr gesetzt werden könne. An dieser Rechtslage ändert – entgegen der Ansicht der Bw – daher auch der Umstand nichts, dass das erstinstanzliche Straferkenntnis erst nach dem 1.5.2011 erlassen wurde. Weiters stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass trotz des Umstandes, dass die Strafbarkeit der Beschäftigung ungarischer Staatsangehöriger mit 1. Mai 2011 weggefallen sei, die belangte Behörde nicht von der Verhängung einer Verwaltungsstrafe aufgrund der vor diesem Zeitpunkt begangenen Verwaltungsübertretung abgesehen habe, kein Verstoß gegen Art. 7 EMRK abgeleitet werden könne. Die Bw ist daher mit ihrem Vorbringen zum Günstigkeitsprinzip nicht im Recht.

 

5.5. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die der Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört zu den so genannten "Ungehorsamsdelikten", da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist. In diesen Fällen hat im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2008, Zl. 2007/09/0290, und die dort wiedergegebene Judikatur). Die Bw hätte daher zu ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung darzutun und glaubhaft zu machen gehabt, warum es ihr ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei, sich den Anforderungen des AuslBG entsprechend zu verhalten, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass eine dem Gesetz entsprechende Beschäftigung von Ausländern gewährleistet ist. Dabei hat in einem Unternehmen der mit der Einstellung neuer Arbeitnehmer Betraute dafür zu sorgen, dass nur Ausländer beschäftigt werden, die die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 AuslBG erfüllen. Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben gehört auch die Einrichtung eines effizienten Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften, was etwa dann vorliegt, wenn vor Arbeitsaufnahme die Überprüfung der Arbeitspapiere erfolgt und die lückenlose Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf effektive Weise überwacht worden wäre. Dazu gehört im vorliegenden Fall etwa auch die Sicherstellung, dass allfällige Weisungen an beauftragte Mitarbeiter zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auch eingehalten und deren Einhaltung auch überprüft werden. Eine derartige Kontrolle ist jedem Arbeitgeber zumutbar. Insofern die Bw meint, einem entschuldigenden Rechtsirrtum unterlegen gewesen zu sein, ist ihr auch entgegen zu halten, dass eine irrige Gesetzesauslegung bzw. Missdeutung gesetzlicher Inhalte nur unter der Voraussetzung ein zu entschuldigender Rechtsirrtum ist, dass nach dem ganzen Verhalten des Beschuldigten angenommen werden muss, dass sie unverschuldet war, und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Es besteht daher für den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung, sich u. a. auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen (vgl. VwGH vom 2. Oktober 2003, Zl. 2003/09/0126, mwN).

 

Im vorliegenden Fall hat die Bw keinerlei Behauptungen aufgestellt, aus denen sich entweder eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG oder die Unzumutbarkeit der erforderlichen Informationsaufnahme bezüglich der erfolgten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Abgrenzung zwischen Werkvertrag und arbeitnehmerähnlichen Verhältnis hätte ergeben können. Auf die Auskunft von Rechtsanwälten, Wirtschaftstreuhändern oder der Wirtschaftskammer allein darf sich der Arbeitgeber nicht verlassen, sondern hat er eine Anfrage an die zuständige Behörde zu richten, nämlich an die zuständige Stelle des AMS (vgl. VwGH vom 8.8.2008, Zl. 2007/09/0240). Den Verfahrensergebnissen zufolge hat es einen Kontakt mit dem AMS hinsichtlich des Arbeitseinsatzes des Ungarn nicht gegeben. Der Bw ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.

 

5.6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Erstinstanz führt in ihrer Strafbemessung aus, dass weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände gefunden werden konnten. Festzuhalten ist aber, dass seit der angelasteten Verwaltungsübertretung beinahe drei Jahre vergangen sind und zwischen der Einbringung des Strafantrages am 26. Jänner 2010 und dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 6. Juni 2012 ein mehr als zweijähriger Zeitraum liegt, in welchem keine weitgehenden Ermittlungen durchgeführt worden sind.

 

Als mildernd muss im gegenständlichen Verfahren die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens gewertet werden. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

In Würdigung der seit der Tatbegehung verstrichenen Zeit ist von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK noch gänzlich als angemessenen zu qualifizierenden Verfahrensdauer auszugehen. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen.

 

Insgesamt kommt daher der Unabhängige Verwaltungssenat in seiner Strafbe­messung zum Schluss, dass Strafmilderungsgründe vorliegen, die es recht­fertigen, im gegenständlichen Fall die Strafe auf das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß zu reduzieren. Auch mit der Mindeststrafe ist aufgrund der Gegebenheiten des vorliegenden Falles der Bw nachhaltig ihr nicht gesetzes­konformes Verhalten vor Augen geführt und wird sie dadurch zu künftigem gesetzeskonformen Verhalten veranlasst.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welcher gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe beträgt, entsprechend herab zu setzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG der Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 21.02.2013, Zl.: B 1423/12-6

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 24.04.2014, Zl.: 2013/09/0099-5

 

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