Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281391/5/Kl/Rd/TK

Linz, 30.10.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. Februar 2012, Ge96-47-2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen (KJBG) zu Recht erkannt:

 

I.     Aus Anlass der Berufung werden die verhängten Geldstrafen und  Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt festgesetzt:

 

       Faktum 1:    200 Euro, EFS 30 Stunden

       Faktum 2:    200 Euro, EFS 30 Stunden

       Faktum 3:    100 Euro, EFS 22 Stunden

       Faktum 4:    300 Euro, EFS 40 Stunden

       Faktum 5:    100 Euro, EFS 22 Stunden

       Faktum 6:    200 Euro, EFS 30 Stunden

 

II.  Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten. Für den Beschuldigten bleibt der erstinstanzlich festgesetzte Kosten­beitrag gemäß § 64 Abs.1 VStG unberührt.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. Februar 2012, Ge96-47-2011, wurden über Herrn X, X, X, Geldstrafen hinsichtlich Faktum 1 bis 6 von jeweils  72 Euro und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 22 Stunden, wegen Verwaltungs­übertretungen gemäß § 11 Abs.1 und § 31 Abs.1 KJBG (Fakten 1 und 2), § 16 Abs.1 Z2 sowie § 31 Abs.1 KJBG (Faktum 3), § 17 Abs.1 und Abs.2 sowie § 31 Abs.1 KJBG (Faktum 4), § 18 Abs.2 und 3 iVm § 31 Abs.1 KJBG (Faktum 5) und § 19 Abs.4 und § 31 Abs.1 KJBG (Faktum 6), verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Beschuldigten im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie sind selbstständig vertretungsbefugter Gesellschafter und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach Aussen Berufener der X mit dem Sitz in X und haben es als Arbeitgeber zu verantworten, dass, wie anlässlich einer am 18.8.2011 im Gastgewerbebetrieb X, vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Kontrolle festgestellt worden ist, zu verantworten, dass die Jugendliche X, geb. am X, entgegen den Bestimmungen des KJBG im Gastgewerbe beschäftigt worden ist.

 

1.  Die Jugendliche wurde

 

     am 06.05.2011   10.00 Stunden

     am 11.05.2011   10.15 Stunden

     am 20.05.2011   12.00 Stunden

     am 31.05.2011   10.00 Stunden

     am 09.06.2011   10.45 Stunden

     am 14.06.2011   12.30 Stunden

     am 15.06.2011   10.30 Stunden

     am 18.06.2011   10.00 Stunden

     am 22.06.2011   10.00 Stunden

     am 23.06.2011   13.00 Stunden und

     am 05.08.2011   11.00 Stunden

 

     beschäftigt, obwohl die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen 8 Stunden nicht überschreiten darf. Die Bestimmungen des § 11 Abs.2 KJBG sind nicht anzuwenden, weil es zu keiner Verteilung der Arbeitszeit bzw zu keiner längeren Wochenfreizeit gekommen ist.

 

2.  Die Jugendliche wurde in den Kalenderwochen

vom 02.05.- 08.05.2011          50.30 Stunden

vom 09.05.- 15.05.2011          44.45 Stunden

vom 16.05.- 22.05.2011          54.30 Stunden

vom 13.06.- 19.06.2011          50.15 Stunden

vom 20.06.- 26.06.2011          56.30 Stunden

vom 01.08.- 07.08.2011          56.25 Stunden

beschäftigt, obwohl die Wochenarbeitszeit der Jugendlichen 40 Stunden nicht überschreiten darf. Die Bestimmungen des § 11 Abs.2 KJBG sind nicht anzuwenden, weil es zu keiner Verteilung der Arbeitszeit bzw zu keiner längeren Wochenfreizeit gekommen ist.

 

3.  Die Jugendliche wurde

am 05.05.2011 bis 01.00 Uhr und am 06.05.2011 ab 11.00 Uhr (Ruhezeit: 10      Stunden)

am 19.05.2011 bis 24.00 Uhr und am 20.05.2011 ab 11.00 Uhr (Ruhezeit: 11 Stunden)

am 20.05.2011 bis 01.00 Uhr und am 21.05.2011 ab 11.00 Uhr (Ruhezeit: 10 Stunden)

am 21.05.2011 bis 23.00 Uhr und am 22.05.2011 ab 09.00 Uhr (Ruhezeit: 10 Stunden)

am 18.06.2011 bis 24.00 Uhr und am 19.06.2011 ab 09.00 Uhr (Ruhezeit: 9 Stunden)

am 22.06.2011 bis 23.00 Uhr und am 23.06.2011 ab 09.00 Uhr (Ruhezeit: 10 Stunden)

am 25.06.2011 bis 22.30 Uhr und am 26.06.2011 ab 09.00 Uhr (Ruhezeit: 10.30 Stunden)

am 06.08.2011 bis 00.45 Uhr und am 07.08.2011 ab 09.00 Uhr (Ruhezeit: 08.15 Stunden)

beschäftigt, obwohl den Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren ist.

 

4.  Die Jugendliche wurde

     am 02.05.2011 bis 23.45 Uhr             am 04.05.2011 bis 23.15 Uhr

     am 05.05.2011 bis 01.00 Uhr             am 06.05.2011 bis 01.00 Uhr

     am 11.05.2011 bis 01.15 Uhr             am 12.05.2011 bis 00.30 Uhr

     am 13.05.2011 bis 01.00 Uhr             am 16.05.2011 bis 24.00 Uhr

     am 17.05.2011 bis 23.30 Uhr             am 18.05.2011 bis 24.00 Uhr

     am 19.05.2011 bis 24.00 Uhr             am 20.05.2011 bis 01.00 Uhr

     am 26.05.2011 bis 24.00 Uhr             am 27.05.2011 bis 00.30 Uhr

     am 28.05.2011 bis 01.15 Uhr             am 30.05.2011 bis 23.30 Uhr

     am 31.05.2011 bis 02.30 Uhr             am 01.06.2011 bis 01.00 Uhr

     am 02.06.2011 bis 23.15 Uhr             am 03.06.2011 bis 01.00 Uhr

     am 09.06.2011 bis 00.45 Uhr             am 11.06.2011 bis 00.45 Uhr

     am 16.06.2011 bis 23.30 Uhr             am 18.06.2011 bis 24.00 Uhr

     am 21.06.2011 bis 24.00 Uhr             am 24.06.2011 bis 23.30 Uhr

     am 01.08.2011 bis 00.30 Uhr             am 02.08.2011 bis 23.30 Uhr

     am 04.08.2011 bis 03.00 Uhr             am 05.08.2011 bis 03.00 Uhr

     am 06.08.2011 bis 00.45 Uhr

     beschäftigt, obwohl Jugendliche über 16 Jahre im Gastgewerbe in der Nachtzeit von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen.

 

5.  Die Jugendliche wurde an den Sonntagen 12.6.2011, 19.6.2011 und 26.6.2011 beschäftigt, obwohl für Jugendliche im Gastgewerbe jeder 2. Sonntag arbeitsfrei bleiben muss.

 

6.  Die Jugendliche wurde

     in der Kalenderwoche 18 vom 02. bis zum 08.05.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag,

     in der Kalenderwoche 19 vom 09. bis zum 15.05.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag,

     in der Kalenderwoche 20 vom 16. bis zum 22.05.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag,

     in der Kalenderwoche 21 vom 23. bis zum 29.05.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag,

     in der Kalenderwoche 24 vom 13. bis zum 19.06.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag,

     in der Kalenderwoche 25 vom 20. bis zum 26.06.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag sowie

     in der Kalenderwoche 31 vom 01. bis zum 07.08.2011 am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag

     beschäftigt, obwohl Jugendliche im Gastgewerbe Anspruch auf eine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen haben."

 

2. Dagegen wurde vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht und darin beantragt, die in der Strafanzeige aufgeführten Strafen zu verhängen. Begründend wurde hiezu im Wesentlichen ausgeführt, dass von der belangten Behörde straferschwerend nicht berücksichtigt wurde, dass mehrere strafbare Verwaltungsübertretungen derselben bzw auch verschiedener Art begangen wurden, die Übertretungen als fortgesetztes Delikt über einen Zeitraum von mehreren Monaten begangen wurden und dass es sich bei den Betroffenen um Jugendliche handelt, wo das Schutzziel sicherlich höher anzusetzen ist. Durch die vorgenommene Strafbe­messung würden Tagesarbeitszeitüberschreitungen im Ausmaß von 62% (= Tagesarbeitszeit von 13 Stunden) und Beschäftigungen während der Nachtzeit bis 3.00 Uhr bagatellisiert werden. Die Unbescholtenheit des Beschuldigten und der ausdrückliche Wunsch der Jugendlichen hinsichtlich der Arbeitszeit rechtfertigten das Mindeststrafmaß keinesfalls.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Beschuldigte wurde am Verfahren beteiligt und wurde von diesem in der Stellungnahme vom 9. März 2012 im Wesentlichen ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die Arbeitnehmerin bewusst mehr arbeiten habe wollen und dieser Umstand zu berücksichtigen gewesen sei. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer gesetzesbrüchig zu mehr Arbeit zwinge oder ob der Arbeitnehmer von sich selber aus und somit freiwillig mehr arbeiten wolle. Die vom Arbeitsinspektorat zitierte Judikatur stelle nicht darauf ab, wie ein Arbeitgeber zu reagieren habe, wenn der Arbeitnehmer von sich aus mehr arbeiten wolle. Es gebe keine gesetzliche Bestimmung, die besage, dass Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten dürfen. Es sei nicht einzusehen, weshalb einem Wunsch der Arbeitnehmer auf Mehrarbeit nicht entsprochen werden dürfe. Dem Beschuldigten seien die Übertretungen der gesetzlichen Bestimmungen sehr wohl bewusst und werde auch eine Strafe grundsätzlich akzeptiert, wenngleich die Freiwilligkeit der Mehrarbeit entsprechend zu berücksichtigen sei. Gegen­ständlich liege ein spezieller Fall vor. Da die Jugendliche ihren Wohnsitz in X habe, habe sie, um über einen längeren zusammenhängenden Zeitraum nach Hause fahren zu können, ersucht, länger arbeiten zu dürfen. Somit sei klar dokumentiert, dass es einen eindeutigen Grund gegeben habe, weshalb die Arbeitszeitüberschreitungen entstanden sind. Es könne somit nicht von einer Ausbeutung der Arbeitnehmerin gesprochen werden. Von einem Verschulden bzw schweren Verschulden seitens des Beschuldigten könne keinesfalls ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der Intention des Beschuldigten wäre das Verschulden als geringfügig anzusehen. Es werde daher die Abweisung der Berufung des Arbeitsinspektorates und die Bestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding beantragt.    

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck ausschließlich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Strafhöhen bekämpft, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 30 Abs.1  des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen – KJBG ist, wer den Bestimmungen des Abschnittes 2 dieses Bundesgesetzes zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.090 Euro, im Wiederholungsfall von 218 Euro bis 2.180 Euro, zu bestrafen.

 

Gemäß § 30 Abs.2 leg.cit. sind ebenso Dienstgeber und deren Bevollmächtigte zu bestrafen, die den Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des § 27 Abs.1 oder einer aufgrund einer Bestimmung dieser Abschnitte erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 10 Abs.1 KJBG ist die tägliche Arbeitszeit die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Einrechnung der Ruhepausen (§ 15). Wochenarbeitszeit ist die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.

 

Gemäß § 11 Abs.1 KJBG darf die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird.

 

Gemäß § 11 Abs.2 leg.cit. kann die nach Abs.1 zulässige Wochenarbeitszeit zur Erreichung einer längeren Freizeit, die mit der Wochenfreizeit zusammenhängen muss, abweichend von der nach Abs.1 zulässigen täglichen Arbeitszeit verteilt werden. Die Arbeitszeit kann in den einzelnen Wochen eines mehrwöchigen Durchrechnungszeitraumes ausgedehnt werden, wenn innerhalb dieses Durchrechnungszeitraumes die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt 40 Stunden nicht übersteigt und

1.      der Kollektivvertrag dies zulässt,

2.      für vergleichbare erwachsene Arbeitnehmer des Betriebes eine solche          Arbeitszeiteinteilung besteht und

3.      eine abweichende Arbeitszeiteinteilung für Jugendliche dem Arbeitgeber   nicht zugemutet werden kann. (§ 11 Abs.2a leg.cit.).

 

Gemäß § 11 Abs.3 KJBG darf bei einer Verteilung der Arbeitszeit nach Abs.2 bis 2b die Tagesarbeitszeit neun Stunden und die Arbeitszeit in den einzelnen Wochen des Durchrechnungs- bzw Einarbeitungszeitraumes 45 Stunden nicht überschreiten.

 

Gemäß § 16 Abs.1 Z2 leg.cit. ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit den Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren.

 

Gemäß § 17 Abs.1 und 2 leg.cit. dürfen Jugendliche in der Nachtzeit von 20.00 bis 06.00 Uhr nicht beschäftigt werden. Im Gastgewerbe dürfen Jugendliche über 16 Jahre bis 23.00 Uhr beschäftigt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.1 leg.cit. dürfen Jugendliche an Sonntagen und an den gesetzlichen Feiertagen (§ 1 des Feiertagsruhegesetzes 1957, BGBl. Nr. 153, in der jeweils geltenden Fassung) nicht beschäftigt werden. Das Verbot des Abs.1 gilt nicht im Gastgewerbe, in Krankenpflegeanstalten und Pflegeheimen, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, sonstige Aufführungen und für Arbeiten auf Sport- und Spielplätzen (Abs.2). In den Fällen des Abs.2 muss jeder zweite Sonntag arbeitsfrei bleiben (Abs.3).

 

Gemäß § 19 Abs.4 KJBG haben Jugendliche im Gastgewerbe Anspruch auf eine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestim­mungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des KJBG handelt; kommt doch jugendlichen Arbeitnehmern ein besonderes Schutzbedürfnis zu.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten bei den näher angeführten Übertretungen die Geldstrafen mit jeweils 72 Euro festgesetzt. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Übertretungen reicht von 72 Euro bis 1.090 Euro. Es wurde sohin jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Wiederholungsfälle liegen keine vor. Begründet wurde die Entscheidung - jeweils die Mindeststrafe zu verhängen -, dahingehend, dass es der ausdrückliche Wunsch der Jugendlichen gewesen sei, entgegen den Bestimmungen des KJBG zu arbeiten und vom Be­schuldigten dies­bezüglich keine Initiative dagegen ergriffen worden sei sowie die Unbescholtenheit des Beschuldigten in arbeitnehmerschutz­rechtlicher Hinsicht. Auch wurden von der belangten Behörde die ungünstigen Einkommens­verhältnisse bzw die zahlreichen Zahlungsverpflichtungen berück­sichtigt.

 

5.3.1. Der Oö. Verwaltungssenat kann sich der Ansicht der belangten Behörde, nämlich dem Umstand, dass es der ausdrückliche Wunsch der Jugendlichen gewesen sei, entgegen den Bestimmungen des KJBG zu arbeiten, als Strafmilderungsgrund zu werten, nicht anschließen. Diesbezüglich wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0136, verwiesen, wonach es keinen Strafmilderungsgrund darstellt, wenn Überschreitungen der gesetzlichen Arbeitszeit von den Dienstnehmern selbst gewünscht wurden und freiwillig erfolgten (vgl. Hinweis auf Erk. 8.6.1989, 87/08/0302). Es entfällt somit ein wesentlicher Strafmilderungsgrund bei der Strafbemessung und würde lediglich die allfällige verwaltungsstrafrechtliche Unbe­scholten­heit des Beschuldigten verbleiben. Wenngleich der Beschuldigte keine einschlägigen Verwaltungsstrafvormerkungen aufweist, ansonsten von einem Wiederholungstatbestand auszugehen gewesen wäre,  kommt ihm allerdings die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als Milderungsgrund aufgrund zahlreicher anderer Ver­waltungs­vormerkungen nicht mehr zugute.

 

5.3.2. Vielmehr war Nachstehendes bei der Strafbemessung zu berücksichtigen:

 

Bei Faktum 1 des Straferkenntnisses wurde die tägliche Arbeitszeit an 11 Tagen im Ausmaß von zwei bis fünf Stunden überschritten. Es kann somit von keinen geringfügigen Arbeitszeitüberschreitungen mehr gesprochen werden. Ebenso verhält es sich bei der Überschreitung der Wochenarbeitszeit (Faktum 2) im Ausmaß von 4 bis 16 1/2 Stunden sowie bei der Nichtgewährung einer ununterbrochenen wöchent­lichen Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen (Faktum 6) im Ausmaß von sieben Kalenderwochen (4 KW hintereinander). Aber auch die Unterschreitung der Ruhezeiten (Faktum 3) sowie die Nichtgewährung jedes zweiten Sonntages als arbeitsfreien Tag (Faktum 5) kann nicht als geringfügig angesehen werden. Hinsichtlich Faktum 4 ist auszuführen, dass bereits für das Gastgewerbe eine gesetzliche Sonderregelung bezüglich der Beschäftigung von Jugendlichen in der Nacht getroffen wurde. Dennoch wurde die Jugendliche an 31 Tagen über die gesetzliche Bestimmung hinaus beschäftigt, wobei zu bemerken ist, dass es in zwei Fällen zu Einsätzen bis 3.00 Uhr morgens (!) gekommen ist.

 

Es liegen somit keine Voraussetzungen vor, die die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafen rechtfertigen würden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verkennt keinesfalls die Notwendigkeit der Verhängung von empfindlichen Geldstrafen in Bezug auf Übertretungen des KJBG und schließt sich grundsätzlich auch der Ansicht des Arbeitsinspektorates bezüglich der Gefahr einer drohenden Bagatellisierung an. Dennoch konnte den in der Strafanzeige geforderten Strafbeträgen nicht gänzlich gefolgt werden. Bei den Strafbeträgen wurde hinsichtlich Fakten 3 und 5 die dreifache, hinsichtlich Fakten 1, 2 und 6 die siebenfache und hinsichtlich Faktum 4 sogar die 10fache Mindeststrafe vom Arbeitsinspektorat beantragt. Diese Forderungen erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat aber doch als unangemessen und überhöht. Insbesondere liegt der vorgebrachte Erschwerungsgrund mehrerer Übertretungen derselben bzw. verschiedener Art nicht vor, weil durch die Anordnung des Kumulationsprinzips gemäß § 22 VStG jedes rechtswidrige Verhalten ein gesondertes Delikt bildet, wofür auch eine gesonderte Strafe (nebeneinander) zu verhängen ist.

 

Die vom Oö. Verwaltungssenat nunmehr festgesetzten Geld- und Ersatzfreiheits­strafen  erscheinen tat- und schuldangemessen und im Übrigen geeignet, den Beschuldigten künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des KJBG zu bewegen. Darüber hinaus wurden die persönlichen Verhältnisse (Zahlungsverpflichtungen und ungünstige Einkommensverhältnisse) bei der nunmehrigen Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat berücksichtigt, wenngleich Vermögenslosigkeit keine Strafbefreiung bedeutet. Der Beschuldigte wird darauf hingewiesen, dass bei neuerlichen Übertretungen mit empfind­licheren Geldstrafen zu rechnen wäre, zumal dann ein Wiederholungstat­bestand mit einem Strafrahmen von 218 Euro bis 2.180 Euro zum Tragen kommen würde.

 

5.3.3. Die Ersatzfreiheitsstrafen waren durch die nunmehr festgesetzten Geldstrafen ebenfalls neu festzulegen.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind keine Verfahrenskosten angefallen, zumal gemäß § 64 Abs.1 VStG in Berufungsverfahren nur dann ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorzuschreiben ist, wenn der Bestrafte selbst Berufungswerber ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall. Die Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 VStG liegen nicht vor. Trotz Anhebung der Geldstrafen darf der diesbezügliche Kostenbeitrag erster Instanz nicht angehoben werden (vgl. hiezu Raschauer-Wessely, Kommentar zum VStG, S. 949, zu § 64).          

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum