Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523290/2/Bi/Bb

Linz, 23.10.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch Herrn RA Mag. X, X, X, vom 8. Oktober 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 21. September 2012, VerkR21-137-2012-GG, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und zur Erstellung des amtsärztliche Gutachtens aktuelle alkohol­sensitive Laborwerte (CDT, MCV und GGT) beizubringen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.   

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 8 und 24 Abs.4 FSG iVm §§ 3 Abs.1 und 14 Abs.5 FSG-GV aufgefordert, sich innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, für die die FS-Klassen AV, A, B, B+E und F vorgeschrieben sind, sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahr­zeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens, dh spätestens zum Zeitpunkt der amtsärztlichen Untersuchung, aktuelle alkoholsensitive Laborwerte (CDT, MCV, GGT)  beizubringen.  

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. September 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt sei derselbe wie der dem UVS-Erkenntnis vom 19. Juli 2012, VwSen-5232191/2/Bi/Kr, zugrundeliegende. Der damalige Bescheid sei aufgehoben worden. Die nunmehr zugrundegelegten Untersuchungsergeb­nisse, nämlich insbesondere die FA-Stellungnahme Dris. X vom 3.6.2012 und die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 27.7.2012 hätten nicht verwertet werden dürfen, weil nicht einmal der Aufforderungsbescheid zulässig gewesen sei und darin derartige Untersuchungen nicht veranlasst werden hätten dürfen. Der neue Aufforderungsbescheid sei deshalb ebenfalls unzulässig. Die Erlassung dieses Bescheides zeige, dass die Erstinstanz ein auffallendes, über das Durchschnittsmaß hinausgehendes Interesse an einem weiteren Vorgehen gegen ihn habe. Außerdem sei der Parteienvertreter übergangen worden, was jedenfalls unzulässig sei.

Das verkehrspsychologische Gutachten sei völlig unrichtig, eine  Beurteilung, die Befundlage zu seiner Persönlichkeit habe eignungsaus­schließenden Charakter, stehe den Verkehrspsychologen nicht zu, zumal er verwaltungs­behördlich unbescholten und gerichtlich nicht vorbestraft sei. Er habe dort lediglich gesagt, es habe in der Vergangenheit drei Streitgespräche gegeben ohne körperliche Auseinandersetzung und ohne strafrechtlich relevanten Sachverhalt; vielmehr sei er drohenden körperlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg gegangen. Offensichtlich sei das missinterpretiert worden. Die Persönlichkeitsbegutachtung falle nicht in das Fachgebiet von Verkehrspsychologen, sondern könne eine solche allenfalls von einem neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen vorgenommen werden. Aber auch die FA-Stellungnahme Dris X sei unrichtig, weil diese die 3 Streitgespräche als "Raufhandel" interpretiert habe. Alle Untersuchungsgutachten seien daher unzulänglich und unrichtig. Er sei zum Lenken von Fahrzeugen aller Art gesundheitlich geeignet, sei noch nie im Straßenverkehr wegen Alkohol auffällig geworden. Die Diagnose sei nur aufgrund von Unterlagen erstellt worden und damit unzureichend. Die verkehrs­psycho­logische und die psychiatrische Stellungnahme widersprächen sich auch insoweit, als die Verkehrspsychologen von einer Nichteignung und Dr. X von einer bedingten Eignung ausgingen. Beantragt wird Bescheidaufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Der Aufforderungsbescheid der Erstinstanz vom 24. Mai 2012, VerkR21-137-2012, wurde mit h Erkenntnis vom 19. Juli 2012, VwSen-523191/2/Bi/Kr, zugestellt laut Rückschein am 8. August 2012, aus den dort darlegten Gründen aufgehoben. Der Bw absolvierte aber, aus welchen Überlegungen auch immer, bereits am 21. Juni 2012 eine verkehrspsychologische Untersuchung; die mit 27. Juli 2012 datierte verkehrs­psychologische Stellungnahme lautete auf "nicht geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, F und E+B und langte bei der Erstinstanz am 7. August 2012 ein.

Der Bw erschien auch am 17. Juli 2012 zur amtsärztlichen Untersuchung bei der Amtsärztin Frau Dr. X, der er nicht nur von seinem Bierkonsum sondern auch vom Vorfall vom 29. April 2012 und von einer früheren "Schlägerei" (ohne Anzeige) erzählte. Diese vereinbarte mit ihm die Vorlage von Leberwerten (CDT, MCV und GGT) und einer neurologisch/psychiatrischen Stellungnahme bis Anfang August.

 

Frau Dr. X erstattete, da keiner der vereinbarten Befunde eingetroffen war, am 10. August 2012 ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG lediglich aufgrund der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme, wobei sie ausführte, dass zwar die alkoholspezifischen Blutwerte nicht beigebracht worden seien und somit die aktuellen Alkoholkonsumgewohnheiten des Bw nicht über­prüft werden könnten, kam aber aufgrund der eindeutig eignungs­aus­schließ­enden Befundlage zur Persönlichkeit laut den Ausführungen in der verkehrs­psychologischen Stellungnahme zum Schluss, dass von einer Nichteignung des Bw sowohl zum Lenken von Kraftfahrzeugen der angeführten Führerschein­klassen als auch für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahr­zeuge und Invalidenkraftfahrzeuge auszugehen sei. Sie betonte, dass vor Wiedererteilung einer Lenkberechtigung unbedingt eine psychiatrische FA-Stellungnahme einzuholen sei, auch um festzustellen, mit welchen thera­peutischen Maßnahmen die Eignungsvoraussetzungen verbessert werden könnten.

 

Der Bw legte den Blutbefund für GGT und CDT vom 3. August 2012 vor, allerdings erst am 16. August 2012.

Eine psychiatrische FA-Stellungnahme Dris X, die bereits vom 3. Juni 2012 stammte, wurde überhaupt erst am 21. September 2012 durch den Rechts­vertreter vorgelegt.

 

Seitens der Erstinstanz wurde daraufhin die Ansicht vertreten, dass das Verfahren gemäß § 24 Abs.4 FSG bereits abgeschlossen sei und die nachträglich vorgelegten Befunde nicht mehr in das bereits erstellte Gutachten vom 10. August 2012 einfließen könnten. Aus dieser Überlegung erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

Seitens des UVS wird die Ansicht vertreten, dass da der mit 21. September 2012 datierte Bescheid laut Rückschein erst am 26. September 2012 zugestellt wurde, sowohl die Blutwerte als auch die psychiatrische Stellung­nahme der Erstinstanz am 21. September 2012 bereits vorlagen – laut Aktenvermerk im vorliegenden Verfahrensakt erfolgte die Vorschreibung der aktuellen Leberwerte in Absprache mit der Amtsärztin, mit der auch die vorgelegte psychiatrischen Stellungnahme besprochen wurde, dh der Bescheid erging erst danach – und damit am 21. September 2012 das erstinstanzliche Verfahren noch nicht abgeschlossen war, dh die Amtsärztin hätte daher unter Miteinbeziehung der ihr mittlerweile vorliegenden neuen Befunde ihr Gutachten gemäß § 8 FSG ergänzen müssen. Die Einleitung eines neuen Verfahrens gemäß § 24 Abs.4 FSG war somit nicht erforderlich.

 

Abgesehen davon ist der Sinn einer neuerlichen Untersuchung des Bw durch die Amtsärztin nach der am 17. Juli 2012 erfolgten Untersuchung fraglich. Sinnvoll erscheint hingegen die Vorlage aktueller Leberwerte, weil sich – entgegen den Bemerkungen zum h Erkenntnis vom 19. Juli 2012 – schon aus den Unterlagen zur Anzeige zum Vorfall vom 29. April 2012 ergeben hat, dass der am X geborene, also gerade erst 19 Jahre alte Bw damals beim Maibaumaufstellen und kurz danach schon drei Halbe Bier getrunken hatte (Aussage X).

Seinen Alkoholkonsum hat er bei der VPU eindrucksvoll dargelegt – als "wenig" hat er 3-4 Bier, als "mehr" 8-9 Bier am Wochenende bezeichnet, eine Rauschwirkung erziele er erst nach dem 11. oder 12. Bier; am 29. April 2012 hat er den Konsum von 4 oder 5 Bier bestätigt. Auch wenn der CDT-Wert vom 2. August 2012 bei 1,75 %, also gerade noch knapp unter 1,8 % lag, scheint eine Kontrolle des Alkoholkonsums des Bw zweckmäßig.

 

Tatsache ist aber, dass ausgehend vom auf "nicht geeignet" lautenden Gutachten gemäß § 8 FSG der Bw damit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr gesundheitlich geeignet ist. Dabei ist unerheblich, ob er die Untersuchungen freiwillig oder irrtümlich absolviert hat, die Grundlagen für das amtsärztliche Gutachten spiegeln seinen Ist-Zustand wieder, der hinsichtlich seines auch selbst zugestandenen Alkohol­konsums und der in diesem Zustand gezeigten Aggressivität – wie beim Vorfall vom 29. April 2012 – bedenklich scheint.

Nach der von der Amtsärztin durchzuführenden Ergänzung ihres Gutachtens gemäß § 8 FSG wird sich zeigen, ob dem Bw wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Lenkberechtigung zu entziehen oder bei bedingter Eignung nur einzuschränken sein wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

§ 24 Abs.4 Verfahren noch nicht abgeschlossen GA-Ergänzung durch die Amtsärztin nach Einlangen der Befunde möglich -> Aufhebung weil neues § 24 Abs. 4 FSG Verfahren erforderlich

 

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