Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531070/13/Kü/Ba

Linz, 25.09.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der V K GmbH & Co KG, S, P, vertreten durch N H Rechtsanwälte GmbH, W, W, vom 3. Sep­tember 2010 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. August 2010, UR-2006-1034/443, betreffend Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 62 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 für den Betrieb der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die zusätzlichen Auflagen wie folgt neu formuliert werden:

 

1.      Bei der Übernahme von gefährlichen Abfällen, insbesondere von Abfällen der Schlüsselnummer 53502 Produktionsrückstände aus der Arzneimittel­erzeugung, hat sich die Firma V K GmbH & Co KG über die chemische Zusammensetzung zu informieren. Dies kann entweder durch genaue Informationen der Übergeberfirma oder durch Eigenanalysen erfolgen.

 

2.      Bei gemeinsamer Sammlung von gleichartigen Abfällen (gleiche Schlüssel­nummer) muss vor dem gemeinsamen Sammeln abgeklärt werden, ob chemischen Reaktionen auftreten können. Ein gemeinsames Sammeln darf nur erfolgen, wenn durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) anhand von Eigenanalysen oder aufgrund von Erfahrungen aus der gemeinsamen Sammlung gleichartiger oder ähnlicher Abfälle eine chemische Reaktion sicher ausgeschlossen werden kann.

 

3.      Verschiedenartige gefährliche Abfälle (verschiedene Schlüsselnummern) dürfen nur gemeinsam gesammelt bzw. vermischt werden, wenn dadurch keine Grenzwerte unterschritten werden oder eine nachfolgende Behandlung nicht erschwert wird. Der Übernehmer ist über die Zusammensetzung genau zu informieren. Weiters darf eine gemeinsame Sammlung bzw. ein Vermischen nur erfolgen, wenn durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) anhand von Eigenanalysen oder aufgrund von Erfahrungen aus der gemeinsamen Sammlung gleichartiger oder ähnlicher Abfälle eine chemische Reaktion sicher ausgeschlossen werden kann.

 

4.      Beim gemeinsamen Sammeln bzw. Vermischen von Abfällen - unabhängig davon, ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt -, ist dafür Sorge zu tragen, dass nachvollziehbar ist, welche Abfallarten und Mengen, welcher Herkunft und mit welchen Inhaltsstoffen sich im jeweiligen Sammelbehälter befinden. Die Aufzeichnungen darüber sind der Behörde auf Verlangen vorzulegen.

 

5.      Das gemeinsame Sammeln bzw. Vermischen von gefährlichen Abfällen - unabhängig davon ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt -, darf nur in den dafür vorgesehenen und genehmigten flüssigkeitsdichten und medienbeständigen Gebinden mit Deckel erfolgen. Der Befüllvorgang ist in geeigneter Weise zu dokumentieren.

 

6.      Feste gefährliche Abfälle dürfen für maximal vier Wochen in flüssigkeitsdichten und medienbeständigen Behältnissen mit geschlossenem Deckel im Freien abgestellt werden. Dazu ist das Eingangsdatum auf den Behältern zu vermerken.

Behälter mit flüssigen gefährlichen Abfällen sind auf flüssigkeitsdichtem und medienbeständigem Untergrund witterungsgeschützt (unter Dach) zu lagern. Die Zwischenlagerung flüssiger gefährlicher Abfälle kann auch auf flüssigkeitsdichtem und medienbeständigem Untergrund mit gezielter Oberflächenentwässerung und geeigneter Ableitung (Entwässerungsmulden sind nicht ausreichend) erfolgen, wenn der Lagerort maximal 4 Meter vom Ablauf oberflächenwassererfassender und chemikalienbeständiger Rückhalte­systeme entfernt ist, die Lagerdauer so kurz wie möglich gehalten wird (nur einige Stunden für die Anlieferung bzw. Abholung) und aus logistischen Gründen eine Lagerung unter Dach nicht möglich ist.

Das Abstellen von Tankfahrzeugen fällt unter die Bestimmungen des ADR.

 

7.      Ein gemeinsames Sammeln bzw. Vermischen von gefährlichen Abfällen - unabhängig davon ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt - darf nur erfolgen, wenn der Vermischungs- bzw. Sammelvorgang spätestens 2 Stunden vor Betriebsende abgeschlossen wurde. Wurde beim Sammelvorgang trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine chemische Reaktion beobachtet, ist darauf sofort in geeigneter Weise zu reagieren (Chemiker beiziehen, Ursache nachgehen, Abfallherkunft und Art recherchieren, geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen, etc.).

 

8.      Behälter mit gefährlichen Abfällen, welche zu einem anderen Sammler/Behandler bzw. Entsorger verbracht, von diesem aber abgewiesen/worden sind, sind in einem geeigneten Bereich mit medienbeständigem und flüssigkeitsdichtem Boden abzustellen und umgehend einer Untersuchung durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) zu unterziehen. Die Untersuchung ist in geeigneter Weise zu dokumentieren (Fotos bzw. Videoaufnahme).

Der unbeaufsichtigte Container oder Inhalt ist durch geeignete Warngeräte zu sichern (z.B. Rauchmelder, Kamera etc.). Es ist ein geeignetes Chemikalien­bindemittel in ausreichender Menge (mind. 200 l) vorrätig zu halten.

           

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 62 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002 idgF

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. August 2010, UR-2006-1034/443, wurden der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) im Zusammenhang mit der Ursachenermittlung zu den Unfallereignissen vom 13. April 2010 und 19. Juni 2010 und den diesbezüglich durchgeführten Ermittlun­gen insgesamt 7 zusätzliche Auflagen für den Betrieb der mit Bescheid des Landes­hauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 1997, UR-303652/69-2001, genehmigten chemisch-physikalischen Abfallbehandlungs­anlage auf den Gst.Nr. X und Y, je KG K, Gemeinde P, erteilt. Ziel dieser Auflagen war die Übernahme sowie gemeinsame Sammlung von gleichartigen oder verschie­denartigen gefährlichen Abfällen sowie deren Vermengung zur Lagerung und Weitertransportierung neu zu regeln.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Behörde unter dem Eindruck des Vorfalls vom 13.4.2010 die Amtssachverständige für Abfallchemie beauftragt hat, zur weiteren Aufklärung des Unfallereignisses Proben aus dem versiegelten Container, in dem sich die Abfälle befunden haben, zu ziehen und dem Labor des Amtes der Landesregierung zur Analyse vorzulegen. Darüber hinaus sei die Sachverständige auch ersucht worden, in Form eines Gutachtens auf die Fragen einzugehen, ob die Tätigkeiten, die das Ereignis vom 13. April 2010 ausgelöst hätten, durch den Anlagengenehmigungsbescheid abgedeckt seien, ob die Substanzen, die bei der Probennahme gefunden worden seien, zu den genehmig­ten Schlüsselnummern passen würden und ob bei den Tätigkeiten mit der not­wenigen Sorgfalt vorgegangen worden sei. Die Ausführungen der Sachver­ständigen wurden in der Folge wörtlich wiedergegeben. Nach Darstellung der Rechtsgrundlagen sowie Entgegnungen zum Vorbringen der Bw stellte die Behörde fest, dass bei ihr der Eindruck entstehe, dass die Bw an der Verbesserung der Situation der künftigen Vermeidung von Unfällen bei der Sammlung von Abfällen nicht besonders interessiert sei. Es wäre für die Bw genügend Zeit gewesen, seit den Unfallereignissen am 13. April 2010 und am 19. Juni 2010 von sich aus geeignete Vorschläge bei der Behörde einzubringen, die einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt hätten werden können. Die Vorschreibung der zusätzlichen Auflagen erscheine jedenfalls gerechtfertigt, auch ohne vorher die Frage abschließend zu klären, woher die Abfälle, die die Reaktion ausgelöst hätten, stammen würden oder ab wann eine Vermischung von Abfällen im Sinne des AWG 2002 vorliege.

 

Die Schutzinteressen des § 43 AWG 2002 seien nach dem Willen des Gesetz­gebers bei der Erteilung einer abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung zu beachten. Bei der Behörde würden keine Zweifel bestehen, dass darunter auch das Verhindern von chemischen Reaktionen, die bei Menschen Verätzungen hervorrufen könnten, falle. Die im Bescheid unter den Punkten 1. bis 7. vorge­schriebenen Maßnahmen würden dazu dienen, künftig derartige Vorfälle zu vermeiden und würden auch die Bw darin unterstützen, hinkünftig einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung der Bw eingebrachte Berufung, mit der der Bescheid des Landeshauptmannes von Ober­österreich zur Gänze angefochten wird und beantragt wird, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts in eventu wegen Verletzung von wesentlichen Verfahrensvorschriften aufzuheben, allenfalls den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückzuverweisen.

 

Als Berufungsgründe würden Rechtswidrigkeit des Inhalts infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sonstige inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeiten infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie insbesondere Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und der Beweiswürdigung, Begründungsmängel und sonstige verfahrensrechtliche Vorschriften und die qualifizierte Mangelhaftigkeit des dem Bescheid zugrunde liegenden Gutachtens der Amtssachverständigen geltend gemacht.

 

Zunächst wird in der Begründung auf den Sachverhalt verwiesen und darge­stellt, dass für das Verständnis der Rahmenbedingungen, innerhalb derer der bekämpfte Bescheid erlassen worden sei, aus Sicht der Bw kurz auf einen Zwischenfall in der Anlage der Bw einzugehen sei, welcher sich am 13.4.2010 zugetragen habe. An diesem Tag sei es im Zusammenhang mit der gemeinsamen Sammlung verschiedener fester Produktionsabfälle aus der Arzneimittelerzeugung zu einer gänzlich unvorhergesehenen chemischen Reaktion gekommen, deren Ursache trotz Untersuchungen sowohl durch die Bw selbst, als auch die Amtssachverständige DI H, deren Gutachten auch dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegt worden sei, sowie einer weiteren bestellten gerichtlich beeideten Sachverständigen bis heute noch nicht restlos aufgeklärt werden hätte können. Da die damalige Erstinformation an die Behörde eine erschöpfende Beschreibung der vorgefallenen Ereignisse enthalte, erlaube sich die Bw, dieses Schreiben im vollen Wortlaut wiederzugeben:

 

"Sehr geehrter Herr Mag. S!

Wie wir Ihnen bereits am 13.4.2010 telefonisch mitgeteilt haben, kam es am 13.4.2010 am Standort unserer Betriebsanlage in S, P, zu einem Zwischenfall mit Produktionsabfällen aus der Arzneimittelerzeugung. Zu Ihrer Information dürfen wir Ihnen dazu kurz skizzieren, wie es zu diesem Zwischenfall gekommen ist und welche - möglicher­weise auch Bewilligungs­änderungen bedingende - Schritte unsererseits geplant sind, um solche Zwischenfälle künftig hintanzuhalten:

 

1.      Wie Ihnen bekannt ist, verfügen wir über die Bewilligungen zur Sammlung und Be­handlung von Produktionsabfällen aus der Arzneimittelerzeugnis, Schlüssel-Nr. 53502, entsprechend den Bescheiden vom 6.12.2001, GZ UR-303652/69-2001-Kü/Za, Bescheid vom 16.9.2005, GZ UR-250001/92/2005-We, Bescheid vom 12.7.2006, GZ UR-2006-4684/4-WE und Bescheid vom 12.4.2007, GZUR-2006-4684/11-We.

 

2.      Am 2.4.2010 wurden von uns Produktionsabfälle aus der Arzneimittelerzeugung von verschiedenen Abfallerzeugern übernommen und - was weder durch einen der oben zitierten abfallrechtlichen Bewilligungsbescheide noch durch das AWG 2002 selbst ausgeschlossen wird - in einen flüssigkeitsdichten Abrollcontainer umgefüllt, um ein leichter frachtbares Gebinde zu erhalten und ein effizienteres Verladen und Verwer­ten bei der x zu ermöglichen. Dabei kam es zu einer leichten chemischen Reaktion, vermutlich ausgelöst durch Abfälle der N A GmbH, P, L. Diese leichte chemische Reaktion war nach rund 20 Minuten be­reits abgeklungen. Als erste Maßnahme wurden keine weiteren Materialien in diesen Container entleert und eine visuelle Begutachtung durch Herrn G M durchgeführt. Dabei konnte festgestellt werden, dass keinerlei weitere chemische Reaktionen stattgefunden haben. Der gegenständliche flüssigkeitsdichte Abrollcontainer mit den Abfällen aus der Arzneimittelerzeugung wurde daher - nach kurzer Zwischenlagerung auf der außerhalb der Sortieranlage befindlichen Abstellfläche - wie vorgesehen in weiterer Folge an die x zur thermischen Verwer­tung übermittelt.

 

3.      Seitens der x wurde im Rahmen einer weiteren visuellen Kontrolle am 9.4.2010 in dem flüssigkeitsdichten Abrollcontainer ein undefiniertes Kleingebinde festgestellt, sodass von einer Verwertung Abstand genommen wurde, und die Produk­tionsabfälle aus der Arzneimittelerzeugnis mitsamt dem flüssigkeitsdichten Abrollcon­tainer wieder an uns zurück übermittelt wurden.

 

4.      Um die von der x verlangte Nachsortierung durchzuführen und eine ent­sprechende Grundlage für die thermische Verwertung zu erhalten, wurde der Contai­ner in unserer Anlage zur Gänze entleert um festzustellen, ob sich tatsächlich nur ein undefiniertes Kleingebinde in dem flüssigkeitsdichten Abrollcontainer befand oder ob dieser Abfall tatsächlich nicht so wie vorgesehen thermisch verwertet werden könnte. Zur Durchführung wurde die neue Halle der Sortieranlage gewählt, da dort zum Zeit­punkt fraglichen keine Brandlast vorhanden war, die zu einer Erhöhung des Risikos geführt hätte. Darüber verfügt diese Halle auch über einen monolithischen Unter­grund und eine Auffangwanne für allfällige Abwässer.

 

5.      Dabei wurde der Inhalt des flüssigkeitsdichten Abrollcontainer in eine Betonbox (La­gerbox 4; von vorne gesehen rechts hinten) entleert. Im Zuge dieses Entleervorganges und der damit einhergehenden Sichtung konnte festgestellt werden, dass an einer klei­nen Stelle in der Box (ca. 5 cm2) eine chemische Reaktion stattfand. Es wurde daraufhin umgehend versucht, dieses Reaktionsprodukt in ein 200 l-Fass zu separieren. Da­bei wurde jedoch festgestellt, dass die Reaktion immer stärker wurde und ein Eingren­zen des Reaktionsherdes nicht mehr möglich war. Sofort wurde daher versucht, unter Heranziehung eines betriebseigenen Tankfahrzeuges die Reaktion mit Wasser einzu­dämmen. Dies erfolgte so, dass ein Teil des lose gelagerten Materials wieder in den Container verladen und der Container mit Wasser befüllt worden ist. Diese Maßnah­me war auch erfolgreich.

 

6.      Etwas weniger als ein Viertel der Gesamtmenge ist jedoch in der Box verblieben und hat eine weitere (Folge-)Reaktion ausgelöst (ca. 16:00 Uhr). Bei dieser chemischen Reaktion haben sich - nach momentanem Kenntnisstand - vermutlich Salzsäure, Brom und Bromwasserstoff abgespalten, die als weißlich-hellbraune Gasphase sichtbar ge­worden sind. Als Erstmaßnahme wurde ein weiteres Ausbreiten durch Abdeckung mit in einer angrenzenden Box gelagerten feuchten Galvanikschlämmen verhindert. Aus Gründen der Vorsicht wurde seitens der Betriebsleitung aber auch umgehend die Feu­erwehr verständigt. Dieser wurde mitgeteilt, dass auf unserem Betriebsareal eine chemische Reaktion stattfindet. Auch hat die Betriebsleitung unmittelbar mich als Ge­schäftsführer verständigt (ca. 16:10 Uhr). Ich habe meinerseits die oben beschriebe­nen Erstmaßnahmen noch im Rahmen dieses Telefonats veranlasst und unmittelbar darauf ebenfalls telefonisch die Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht informiert, welche in Aussicht gestellt hat, einen ASV für Chemie mit der Befundaufnahme zu beauftragen.

 

7.      Nach Eintreffen der Feuerwehr (ca. 17:00 Uhr) wurde über das in der Box verbliebe­ne Material ein Schaumteppich ausgebreitet. Dieser trug dazu bei, dass die Reaktion bereits gegen 18:00 Uhr nahezu zur Gänze beendet war. Dieses Material wurde im Anschluss (ca. 22:00 Uhr) in den vorhandenen flüssigkeitsdichten Abrollcontainer verladen, in dem das bereits ausreagierte Material ebenfalls gelagert wurde. Der Container ist sodann wieder gesondert am außerhalb der Sortieranlage befindlichen Abstellplatz abgestellt worden. Die durch die Feuerwehr beigezogene Kriminalpolizei hat den Deckel dieses Containers mit einer entsprechenden Klebesicherung versehen.

 

8.      Am 14.4.2010 wurde mir von Bezirksinspektor M P mitgeteilt, dass am Container oder dessen Inhalt bis auf weiteres keine Manipulationen durchgeführt werden dürften und dieser im Betriebsgelände zu verbleiben habe. Mir wurde auch ein entsprechendes Schriftstück des Landespolizeikommandos Oberösterreich, Landes­kriminalamt, welches diese Anordnung bestätigt, ausgefolgt.

 

9.      Aus meiner Sicht ist als wesentlich festzuhalten, dass es keinerlei ernsthaft verletzte Personen gegeben hat. Auch der durch den Zwischenfall verursachte Sachschaden kann wohl als geringfügig bewertet werden (einige verunreinigte Kleidungsstücke so­wie fünf nach Angaben der Feuerwehr nicht mehr einsatzfähige Feuerwehrschläuche). Da sich auch der in Abstimmung mit der beigezogenen Feuerwehr gebildete Sicher­heitsstreifen zur Gänze auf unserem Betriebsgelände befunden hat, ist auch sicherlich keine Gefährdung für die Gesundheit oder körperliche Sicherheit der Anrainer unse­res Betriebes gegeben gewesen. Aufgrund der umsichtigen Entleerung des Containers in der neuen Halle der Sortieranlage (keine Brandlasten sowie monolithischer Unter­grund und eine Auffangwanne für allfällige Abwässer) ist darüber hinaus von vorn­herein auszuschließen gewesen, dass der gegenständliche Zwischenfall auch nur ir­gendeine Auswirkung auf den Tier- oder Pflanzenbestand oder den Zustand von Ge­wässern, Boden oder Luft haben konnte.

 

10.  Nichtsdestotrotz sind wir freilich bestrebt, den gegenständlichen Zwischenfall zur Gän­ze aufzuklären und - sofern dies notwendig ist - weitere Schutz- und Absicherungs­maßnahmen zu ergreifen, um eine Wiederholung eines solchen Zwischenfalls für die Zukunft ausschließen zu können. Sollten hierfür Änderungen bestehender Bewilligun­gen oder die Erlangung neuer Berechtigungen notwendig sein, würden wir nach Abschluss unserer internen Untersuchungen gegebenenfalls wieder auf Sie zukommen und entsprechende Anzeigen einbringen oder Anträge stellen. Als erste Vorsichtsmaß­nahme, die jedoch keine Änderung des Bewilligungskonsenses hervorruft, haben wir seitens der Geschäftsleitung angeordnet, ein Umfüllen in leichter frachtbare Gebinde bis restlose Klarheit über den Hergang des Zwischenfalles besteht zu unterlassen."

 

Weiters habe die Bw alleine und/oder teilweise in Abstimmung mit ihren Geschäftspartnern Sofortmaßnahmen ergriffen, um solche Zwischenfälle hin­künftig hintanzuhalten. So sei beispielsweise mit einem Übernehmer der von der Bw gesammelten, hier verfahrensgegenständlichen Abfälle vereinbart worden, dass eine Anlieferung der gemeinsam gesammelten Abfälle aus der Arznei­mittelproduktion nicht mehr in Schüttgebinden erfolge sondern in dichten Fässern. Auch in Zusammenarbeit mit einem großen Abfallübergeber der Bw seien die Übernahmekriterien für Abfälle entsprechend adaptiert worden, was auch zur Anpassung des Abfallwirtschaftskonzeptes des Abfallübergebers geführt habe. Auch rein betriebsintern sei ein eigenes Abweichungsmeldungs-Formular eingeführt worden, welches seit Juli 2010 immer dann ausgefüllt, archiviert und vor allem dem Übergeber des Abfalls ausgehändigt würde, wenn es eben zu Abweichungen komme. Anhand dieses Formulars könne nunmehr jeder Vorgang, der von vorab definierten Abläufen abweiche, zu jedem Zeitpunkt nachvollzogen werden.

 

Weiterreichende Maßnahmen seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ergriffen worden, da bislang noch keine ausreichenden Kenntnisse über den Hergang des Zwischenfalls vorliegen würden.

 

Mit Schreiben vom 20.7.2010 sei der Bw, ob der noch nicht abgeschlossenen internen wie externen Untersuchungen ein wenig überraschend, ein Bericht der ASV für Abfallchemie Frau DI H übermittelt worden sowie die Möglich­keit eingeräumt worden, zu diesem Bericht sowie den darin vorgeschlagenen zusätzlichen Auflagen/Maßnahmen innerhalb Frist Stellung zu nehmen. Die Bw habe daraufhin versucht, zur Abklärung diverser fachlicher/inhaltlicher Fragen direkt Kontakt mit der ASV aufzunehmen, was jedoch urlaubsbedingt nicht möglich gewesen sei. Schlussendlich sah sich die Bw daher veranlasst, mit Stellungnahme vom 9.8.2010 unter Beibringung weiterer Beweise darzulegen, dass ganz wesentliche Schlussfolgerungen der ASV keinesfalls zwingend schlüssig seien und die Sachverständige hinsichtlich der Schlussfolgerungen wohl von einer falschen Grundlage ausgehe.

 

Bereits in der Stellungnahme vom 9.8.2010 habe die Bw dargetan, dass ein weiteres wesentliches Element des Befundes der ASV, nämlich die angebliche Nichteinhaltung des Anlagengenehmigungsbescheides vom 6.12.2001 (GZ: UR-303652/69-2001-Kü/Za) ebenfalls unrichtig sei, da es sich im hier gegen­ständlichen Fall um gänzlich andere Abfälle handle, als jene, auf die sich die von der ASV zitierten Bestimmungen des Anlagenbewilligungsbescheides beziehen würden. Aus den genannten Gründen sei daher von der Bw im Schreiben vom 9.8.2010 die Durchführung eines gemeinsamen Lokalaugenscheins zur Erörterung der offenen Fragen unter Beiziehung der Sachverständigen für Abfallchemie angeregt worden. Ungeachtet dieser Stellungahme der Bw habe der Landeshauptmann von Oberösterreich schlussendlich aber den bekämpften Bescheid erlassen.

 

Zu den im bekämpften Bescheid enthaltenen Auflagen sei auszuführen, dass diese nach ständiger Judikatur des VwGH erforderlich, ausreichend bestimmt und zur Wahrung der zu schützenden Interessen geeignet sein müssten.

 

Die Erforderlichkeit einer Auflage bestimme sich nach den Schutzzwecken des (mit-)anzuwendenden Gesetzes. Die Behörde habe nur jene Auflagen vorzu­schreiben, die aufgrund der von ihr wahrzunehmenden Schutzinteressen – gerade noch – geboten erscheinen würden. Auflagen würden kraft ihres Eingriffscharakters inhaltlich dem Verhältnismäßigkeitsgebot unterliegen. Aus dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit obliege es auch der Behörde zu prüfen, welche von mehreren möglichen Auflagen für den Bewilligungswerber weniger einschneidend seien, ohne den Schutzzweck zu beeinträchtigen.

 

Die bekämpften Auflagen seien nach Auffassung der Bw im oben angeführten Sinn nicht erforderlich. Darüber hinaus sei zu bemerken, dass das Ermittlungs­verfahren zum Gutteil davon geprägt gewesen sei, dass die ASV fachlich nicht begründete Verstrengerungen des zugrunde liegenden Bescheides des Landes­hauptmannes von Oberösterreich in Auflagenform vorgeschlagen habe. Die Behörde habe diese Auflagenvorschläge ungeachtet des Verhältnismäßigkeits­gebots (Grundsatz des gelindesten Eingriffs) in den bekämpften Bescheid über­nommen. Dass die belangte Behörde trotz des Vorbringens der Bw in der Stellungnahme vom 9.8.2010 sowie deren Bemühungen, einen fachlichen/inhalt­lichen Diskurs, der schlussendlich auf die Erforderlichkeit und Einigung abgezielt habe, unterlassen habe, eine Interessensabwägung durchzuführen, verstoße für sich genommen schon gegen die Rechtsvorschriften über die Vorschreibung von nachträglichen Auflagen und belaste den angefochtenen Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Sofern die Behörde jedoch die fachliche/inhaltliche Auseinandersetzung für nicht notwendig erachtet habe und daher ein Eingehen auf den Antrag auf Durchführung einer gemeinsamen Besprechung mit Lokal­augenschein abgewiesen habe, stelle dies darüber hinaus auch einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dar, soweit die belangte Behörde dadurch weitere Ermittlungen unterlassen habe, auch Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

 

Etliche der vorgeschriebenen Auflagen seien auch hinsichtlich ihrer Eignung rechtlich bedenklich. Insbesondere seien jene Auflagen ungeeignet, die von einem Vermischen gefährlicher Abfälle sprechen würden, zumal hinsichtlich der die dem gegenständlichen Bescheid zugrunde liegenden Abfälle der Schlüssel­nummer 53502 (Produktionsrückstände aus der Arzneimittelerzeugung) von einem "Vermischen" im Sinne des AWG 2002 überhaupt nicht die Rede sein könne. Vielmehr würden diese Abfälle lediglich gemeinsam in einem Container bis zur Erreichung einer frachtbaren Menge für die anschließende Übermittlung an den Entsorger zur thermischen Verwertung gemeinsam zwischengelagert werden. Das stelle aber keine Vermischung von Abfällen im Sinne des AWG dar, sondern lediglich ein gemeinsames Sammeln.

 

Einige Auflagen würden im Grunde nur Anforderungen, welche bereits im Anlagengenehmigungsbescheid entweder als Projektsbestandteil vorgesehen seien oder dort bereits als Auflage vorgeschrieben worden seien, wiederholen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei eine derartige doppelte Absicherung nicht erforderlich.

 

In der Folge wird in der Berufung in fachlicher Hinsicht zu den einzelnen Auflage­punkten Stellung genommen und zusammenfassend festgehalten, dass nach Auffassung der Bw die bekämpften Auflagen von der Berufungsbehörde ent­sprechend abzuändern bzw. ersatzlos zu beheben seien.

 

Hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen die Auflagepunkte 4.8 a) und 4.8. b) des Bescheides (UR-303652/69-2011) weise die Bw nochmals darauf hin, dass diese Auflagen nur für die Behandlung von Abfällen einzuhalten seien, nicht jedoch für die Übernahme und Zwischenlagerung der Produktionsrückstände aus der Arzneimittelproduktion zur späteren Lieferung an den Entsorger. Für diese Handlungen kommen nur die Auflage 4.7 des genannten Bescheides in Betracht, die im Übrigen eingehalten worden sei.

 

Die Behörde stütze den bekämpften Bescheid bzw. die Vorschreibung zusätz­licher Auflagen auf § 62 Abs.3 AWG 2002. Gemäß § 62 Abs.3 AWG 2002 habe die Behörde die erforderlichen, nach dem Stand der Technik geeigneten Maß­nahmen vorzuschreiben, wenn die gemäß § 43 AWG 2002 wahrzunehmenden Interessen "trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt seien".

 

Im bekämpften Bescheid wurde fälschlich wiederholt vorgebracht, dass Auflagen des Bescheides UR-303652/69-2001 nicht eingehalten würden bzw. die Tätig­keiten, die das Ereignis vom 13.4.2010 ausgelöst hätten, durch den Anlagen­bescheid nicht gedeckt gewesen seien, da Auflagepunkte nach der unrichtigen Ansicht der Behörde nicht in ausreichender Weise befolgt worden seien. Alleine dies zeige bereits eine Widersprüchlichkeit des bekämpften Bescheides auf.  Würde die Bw gegen Rechtsvorschriften verstoßen, dann wäre sie zu strafen, nicht aber wären nachträgliche Auflagen vorzuschreiben. Würde die Bw sämtliche Rechtsvorschriften einhalten, sich aber nun – fast zehn Jahre nach Erteilung des Bewilligungsbescheides – herausstellen, dass ein höherer Schutz notwendig sei, wären nachträgliche Auflagen im Sinne des § 62 AWG 2002 vorzuschreiben, jedoch die Bw mangels Verstoßes gegen Rechtsvorschriften auf keinen Fall zu bestrafen. Umgelegt auf den konkreten Fall ergebe das nun folgendes Bild: Würden nun die Mutmaßungen, die die ASV ihrem hier gegenständlichen Bericht zugrunde gelegt habe, stimmen, wäre die Bw oder die im konkreten Fall verantwortliche Person zu bestrafen und die Bw so zur Einhaltung der Rechts­vorschriften zu bewegen. In diesem Fall könnten aber keine nachträglichen Auflagen auf Basis des § 62 Abs.3 AWG 2002 vorgeschrieben werden, da die gerade voraussetzen würden, dass die im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen und somit auch die diesem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften eingehalten würden.

 

Umgekehrt bedeutet die Vorschreibung nachträglicher Auflagen durch den bekämpften Bescheid aber auch, dass selbst die Behörde davon ausgehen dürfte, dass die Bw eben sämtliche im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen eingehalten habe, da ja die Vorschreibung nachträglicher Auflagen ansonsten nicht möglich wäre. Folglich müsste man daraus aus Sicht der Bw freilich ableiten können, dass die Behörde das zugrunde liegende Gutachten der ASV dahingehend würdige, dass die dort enthaltenen Mutmaßungen der Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften nicht gegeben seien. In diesem Fall wäre allerdings die Begründung des Bescheides als mangelhaft, weil auf diesen Aspekt nicht eingehend, zu bezeichnen.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bei richtiger Auslegung des § 62 Abs.3 AWG 2002 der bekämpfte Bescheid auf Basis der (nach Ansicht der Bw mangelhaften) Ermittlungsergebnisse mangels Vorliegen der Voraussetzun­gen des § 62 Abs.3 AWG 2002 nicht hätte erlassen werden können/dürfen oder aber – unterstelle man das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vorschrei­bung nachträglicher Auflagen nach § 62 Abs.3 AWG 2002 – aus diesem Grund rechtwidrig sei, da die (mangelhaften) Ermittlungsergebnisse nicht zu dieser gedanklichen Unterstellung passen würden und damit jedenfalls die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft sei.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 15. September 2010 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungs­entscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

4. Mit Eingabe vom 23. Dezember 2010 teilte die Bw mit, dass diese mit Schriftsatz vom 16.12.2010 beim Landeshauptmann von Oberösterreich eine Anzeige einer nicht wesentlichen Änderung gemäß § 37 Abs.4 AWG 2002 einge­bracht habe, womit die bestehende Abfallbehandlungsanlage durch die Änderung von Betriebsabläufen und Sicherheitsvorkehrungen (neue Prüf-, Kontroll- und Dokumentationsschritte) geändert würde. Durch die gegenständliche Anzeige würde somit der Anlagenkonsens der Abfallbehandlungsanlage der Bw geändert. Diese Konsensänderung sei nach Ansicht der Bw auch für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des gegenständlichen Berufungsverfahrens von entschei­dender Bedeutung. Die Bedeutung der vorgelegten Anzeige liege vor allem darin, dass durch die angezeigten Änderungen die im bekämpften Bescheid vorge­schriebenen zusätzlichen Auflagen nach Ansicht der Bw obsolet würden.

 

Da mittels der vorgelegten Anzeige die vom Landeshauptmann von Oberöster­reich im anhängigen Berufungsverfahren zugrunde gelegten Sicherheitsstandards durch den durch die angezeigte Änderung geänderten Anlagenkonsens jedenfalls mit umgesetzt würden und die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage somit in sicherheitstechnischer Hinsicht optimiert würde, sei der bekämpfte Bescheid aus Sicht der Bw jedenfalls ersatzlos zu beheben, da andernfalls mit dem Rechts­institut der Auflage ein ohnehin bereits bestehender Anlagenkonsens noch einmal vorgeschrieben würde.

 

4.1. Mit Schreiben vom 23. August 2011 teilte der Landeshauptmann von Ober­österreich mit, dass vom Rechtsvertreter der Bw mit Schreiben vom 4. August 2011 die Anzeige hinsichtlich der Betriebsabläufe und Sicherheitsvorkehrungen vom Dezember 2010 zurückgezogen worden sei. Im Schriftsatz über die Zurückziehung der Anzeige wird von der Bw ausgeführt, dass aus dem gleichen Grund, der auch für die Anzeige der Anpassung von Betriebsabläufen und Sicherheitsvorkehrungen ausschlaggebend gewesen sei, ein Verwaltungsstraf­verfahren gegen den abfallrechtlichen Geschäftsführer eingeleitet worden sei. Da gerade auch in diesem Verwaltungsstrafverfahren eine der entscheidenden Rechtsfragen sein werde, wie die Ereignisse, die zur Anzeige der geänderten Betriebsabläufe und Sicherheitsvorkehrungen geführt hätten, abfallrechtlich einzuordnen seien, erscheine es aus ihrer Sicht am ökonomischsten zu sein, die gegenständliche Anzeige zurückzuziehen. Einerseits könne so die Klärung der strittigen Rechtsfrage durch den UVS Oberösterreich in einem Verfahren abgewartet werden, welches ohnehin bereits beim UVS Oberösterreich anhängig gemacht worden sei. Andererseits seien die Vorabstimmungen in dieser Sache mit der Anlagenbehörde soweit gediehen, dass eine jederzeitige Neueinbringung der Anzeige auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich wäre. Aus diesen Gründen würde daher die Anzeige vom 16.12.2010 zurückgezogen.

 

4.2. Mit Schreiben des UVS Oberösterreich vom 15. November 2011 wurde die Amtssachverständige für Abfalltechnik aufgrund der Zurückziehung der Anzeige der Anlagenänderung durch die Bw sowie dem Hinweis darauf, dass Vorab­stimmungen in dieser Sache mit der Anlagenbehörde soweit gediehen sind, dass eine jederzeitige Neueinbringung der Anzeige auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich wäre, damit beauftragt, zu den einzelnen Ausführungen im Berufungs­vorbringen in Form eines Gutachtens Stellung zu beziehen. Die Sachverständige wurde damit beauftragt, auch zu den von der Bw in der Anzeige über die Änderung der Abfallbehandlungsanlage dargestellten Betriebsabläufe und Sicherheitsvorkehrungen fachlich zu befinden. In Zusammenschau mit den von der Erstinstanz vorgeschriebenen zusätzlichen Auflagen sowie den von der Bw dargestellten künftigen Betriebsabläufen wurde ersucht, einen Vorschlag über die Abänderung bzw. Ergänzung der vorgeschriebenen Auflagen vorzulegen.

 

4.3. Im beauftragten Gutachten vom 24.1.2012 führt die Sachverständige zu den einzelnen Auflagepunkten des angefochtenen Bescheides Folgendes aus:

 

"Zu 1.: Interessanter Weise schreibt die Berufungswerberin unter Pkt. 2.6., dass es sich bei den Abfällen der Schlüsselnummer 53502 Produktionsrückstände aus der Arzneimittelerzeugung um 'gänzlich andere Abfälle handelt', als diejenigen, die im Anlagenbescheid UR-303652/69-2001 vom 6.12.2001 unter Auflagenpunkt 4.8. a) und 4.8. b) gemeint sind (von der Berufungswerberin irrtümlich mit der Subzahl 60 angegeben), stört sich dann jedoch nicht daran, genau diesen Bescheid und genau diese beiden Auflagenpunkte als Erklärung für die Überflüssigkeit des von mir neu vorgeschlagenen Auflagenpunktes heranzuziehen.

 

Im Übrigen darf ich anmerken, dass genau diese beiden Auflagenpunkte 4.8. a) und b) für diejenigen Abfällen, welche sich während der chemischen Reaktion im Container befanden, eben nicht berücksichtigt worden sind. Aus diesem Grund habe ich, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden, im Einvernehmen mit der Behörde eine Präzisierung der Auflage insbesondere für Abfälle der Schlüsselnummer 53502 (fest und flüssig) für erforderlich erachtet.

 

Zu 2.: Es ist richtig, dass im AWG 2002, § 15, Abs. 2, lit. 3. die Voraussetzungen für das gemeinsame Sammeln von Abfällen geregelt ist.

Die der Behörde vorgeschlagene Auflage 2 geht jedoch weiter und präzisiert die Vorgehensweise.

 

Zu 3.: Siehe Punkt 2.

 

Zum "vermischen" wird festgestellt, dass diese Auflage sich nicht auf Abfälle derselben Schlüsselnummer bezieht sondern auf Abfälle verschiedener Schlüsselnummern, sodass aus fachlicher Sicht sehr wohl von einem "vermischen" gesprochen werden kann. Wieso ein "vermischen" im AWG 2002 nicht vorgesehen sein soll, lässt sich für mich nicht nachvollziehen.

 

Zu 4.: Die Forderungen dieses Auflagenpunktes gehen weiter, als die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten, da auch konkret die Aufzeichnung der Abfallarten und Herkünfte der Abfälle, welche in einem Container gemeinsam gesammelt bzw. vermischt werden, gefordert wird. Da es genau aus diesem Grund nicht mehr nachvollziehbar war, welche Abfälle (Art und Herkunft) im Container waren, in welchem die chemische Reaktion stattgefunden hat und somit die genaue Ursache der chemischen Reaktion nicht mehr eruierbar war, erscheint diese Forderung aus fachlicher Sicht jedenfalls gerechtfertigt.

 

Zum "vermischen" siehe Punkt 3.

 

Zu 5.: Die Erstellung von Fotodokumentationen ist ein probates Mittel, um ergänzend zu vorhandenen Aufzeichnungen einen Überblick über die betroffenen Abfallarten und deren Gebinde zu bekommen, wenn es zu einer unerwarteten chemischen Reaktion gekommen ist. Es ist sicher auch im Sinne des Betreibers, solche Unfälle möglichst aufzuklären, auch unter zu Hilfenahme von Fotos, deren Erstellung wohl kaum als unverhältnismäßig zu betrachten ist.

 

Von einer Projektsänderung kann wohl kaum gesprochen werden, da die Firma V großflächig über einen flüssigkeitsdichten und medienbeständigen Untergrund mit gezielter Oberflächenentwässerung verfügt.

 

 

Zu 6.: Diese Auflage wurde bereits in Zusammenarbeit mit dem Betreiber abgeändert (siehe unten).

 

Zu 7.: Siehe dazu Punkt 5.

 

Bemerkung: Zum Vorwurf der mangelhaften Recherchen bei den Abfallerzeugerfirmen darf ich anmerken, dass sich meine Schlussfolgerungen jedenfalls nicht nur auf die telefonischen Auskünfte der Verantwortlichen gründen, sondern auch penible Auswertungen der Abfallaufzeichnungen der betroffenen Firmen erfolgt sind. Dazu habe ich sowohl Unterlagen der Firmen, Unterlagen der Firma V als auch Auswertungen beim Land Oö. über Begleitscheinmeldungen angefordert und ausgewertet.

Weiters wurden sämtliche Sicherheitsdatenblätter der laut Auskunft der D im betroffenen Zeitraum erzeugten Produkte angefordert und ausgewertet, deren Produktionsrückstände unter der Abfallschlüsselnummer 53502 an die Firma V übergeben worden sind, sowie von den weiteren Abfalllieferanten schriftliche Informationen eingeholt. Die Auskunft, dass von der Firma S keine halogenierten (also auch keine bromhaltigen) Abfälle durch die Firma V angenommen worden sind, kam von Hrn. W selbst.

Aus meinen Recherchen haben sich keine Hinweise ergeben, dass bromhaltige feste Abfälle, im betroffenen Zeitraum an die Firma V übergeben worden sind.

 

Nach Auskunft von Hrn. W werden Produktionsrückstände aus der Medikamentenproduktion in flüssiger Form in der C/P-Anlage zur pH-Wert Einstellung übernommen und anschließend als wässrige Konzentrate entsorgt. Im Container befanden sich laut mehrmaliger Auskunft von Hrn. W nur feste Abfälle.

 

Die nachfolgenden Auflagen wurden, soweit fachlich vertretbar unter Berücksichtigung der Änderungswünsche des Betreibers, welche bei den zahlreichen Zusammenkünften des Betreibers mit der Behörde und mir abgesprochen wurden, neu formuliert und sollen die bereits vorgeschlagenen Auflagen, gegen welche berufen worden ist, ersetzen.

 

Auflagen:

 

1.      Bei der Übernahme von gefährlichen Abfällen, insbesondere von Abfällen der Schlüsselnummer 53502 Produktionsrückstände aus der Arzneimittel­erzeugung, hat sich die Firma V K GmbH & Co KG über die chemische Zusammensetzung zu informieren. Dies kann entweder durch genaue Informationen der Übergeberfirma oder durch Eigenanalysen erfolgen.

 

2.      Bei gemeinsamer Sammlung von gleichartigen Abfällen (gleiche Schlüssel­nummer) muss vor dem gemeinsamen Sammeln abgeklärt werden, ob chemische Reaktionen auftreten können. Ein gemeinsames Sammeln darf nur erfolgen, wenn durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) anhand von Eigenanalysen oder aufgrund von Erfahrungen aus der gemeinsamen Sammlung gleichartiger oder ähnlicher Abfälle eine chemische Reaktion sicher ausgeschlossen werden kann.

 

3.      Verschiedenartige gefährliche Abfälle (verschiedene Schlüsselnummern) dürfen nur gemeinsam gesammelt bzw. vermischt werden, wenn dadurch keine Grenzwerte unterschritten werden oder eine nachfolgende Behandlung nicht erschwert wird. Der Übernehmer ist über die Zusammensetzung genau zu informieren. Weiters darf eine gemeinsame Sammlung bzw. ein Vermischen nur erfolgen, wenn durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) anhand von Eigenanalysen oder aufgrund von Erfahrungen aus der gemeinsamen Sammlung gleichartiger oder ähnlicher Abfälle eine chemische Reaktion sicher ausgeschlossen werden kann.

 

4.      Beim gemeinsamen Sammeln bzw. Vermischen von Abfällen - unabhängig davon, ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt -, ist dafür Sorge zu tragen, dass nachvollziehbar ist, welche Abfallarten und Mengen, welcher Herkunft und mit welchen Inhaltsstoffen sich im jeweiligen Sammelbehälter befinden. Die Aufzeichnungen darüber sind der Behörde auf Verlangen vorzulegen.

 

5.      Das gemeinsame Sammeln bzw. Vermischen von gefährlichen Abfällen - unabhängig davon ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt -, darf nur in den dafür vorgesehenen und genehmigten flüssigkeitsdichten und medienbeständigen Gebinden mit Deckel erfolgen. Der Befüllvorgang ist in geeigneter Weise zu dokumentieren.

 

6.      Feste gefährliche Abfälle dürfen für maximal vier Wochen in flüssigkeitsdichten und medienbeständigen Behältnissen mit geschlossenem Deckel im Freien abgestellt werden. Dazu ist das Eingangsdatum auf den Behältern zu vermerken.

Behälter mit flüssigen gefährlichen Abfällen sind auf flüssigkeitsdichtem und medienbeständigem Untergrund witterungsgeschützt (unter Dach) zu lagern. Die Zwischenlagerung flüssiger gefährlicher Abfälle kann auch auf flüssigkeitsdichtem und medienbeständigem Untergrund mit gezielter Oberflächenentwässerung und geeigneter Ableitung (Entwässerungsmulden sind nicht ausreichend) erfolgen, wenn der Lagerort maximal 4 Meter vom Ablauf oberflächenwassererfassender und chemikalienbeständiger Rückhaltesysteme entfernt ist, die Lagerdauer so kurz wie möglich gehalten wird (nur einige Stunden für die Anlieferung bzw. Abholung) und aus logistischen Gründen eine Lagerung unter Dach nicht möglich ist.

Das Abstellen von Tankfahrzeugen fällt unter die Bestimmungen des ADR.

 

7.      Ein gemeinsames Sammeln bzw. Vermischen von gefährlichen Abfällen - unabhängig davon ob es sich um Abfälle derselben oder verschiedener Schlüsselnummern handelt - darf nur erfolgen, wenn der Vermischungs- bzw. Sammelvorgang spätestens 2 Stunden vor Betriebsende abgeschlossen wurde. Wurde beim Sammelvorgang trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine chemische Reaktion beobachtet, ist darauf sofort in geeigneter Weise zu reagieren (Chemiker beiziehen, Ursache nachgehen, Abfallherkunft und Art recherchieren, geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen, etc.).

 

8.      Behälter mit gefährlichen Abfällen, welche zu einem anderen Sammler/Behandler bzw. Entsorger verbracht, von diesem aber abgewiesen worden sind, sind in einem geeigneten Bereich mit medienbeständigem und flüssigkeitsdichtem Boden abzustellen und umgehend einer Untersuchung durch einen Chemiker (mindestens Lehrabschluss Chemie) zu unterziehen. Die Untersuchung ist in geeigneter Weise zu dokumentieren (Fotos bzw. Videoaufnahme).

Der unbeaufsichtigte Container oder Inhalt ist durch geeignete Warngeräte zu sichern (z.B. Rauchmelder, Kamera etc.). Es ist ein geeignetes Chemikalien­bindemittel in ausreichender Menge (mind. 2001) vorrätig zu halten."

 

4.4. Zum Gutachten der Sachverständigen für Abfalltechnik hat die Bw in Wahrung des Parteiengehörs am 24.2.2012 eine Stellungnahme abgegeben. Eingangs ihrer Stellungnahme verweist die Bw nochmals auf die bereits getätigten Ausführungen hinsichtlich der Unzulässigkeit nachträglicher Auflagen im Allgemeinen.

 

Zur vorgeschlagenen Auflage 1. wird festgehalten, dass die Anlage der Bw aus drei Teilen (C/P-Anlage, Sortieranlage und Zwischenlager für gefährliche Abfälle) bestehe, für die jeweils ein eigener Konsens gelte. Die zitierte Auflage 4.8. sei im Genehmigungsbescheid vom 6.12.2001, UR-303652/69-2001, eben schon vorgeschrieben und deshalb als – wie in der Berufung vorgebracht – doppelte Absicherung unzulässig. Der Zwischenfalls vom 13.4.2010 habe sich jedoch nicht im räumlichen Geltungsbereich dieses Bescheides für die C/P-Anlage ereignet, sondern im räumlichen Anwendungsbereich des Konsenses für die Sortieranlage. Mit anderen Worten: Die bekämpfte Auflage 1. sei schon vom Konsens der Bw erfasst und daher nicht nochmals vorzuschreiben, für den Zwischenfall vom 13.4.2010 sei sie jedoch nicht einzuhalten, da sich der Zwischenfall in einem anderen Anlagenteil zugetragen habe.

 

Den Auflagepunkten 2. bis 5. und 7. des Gutachtens sei gemein, dass sie unzulässig seien, da sie bestehende gesetzliche oder bescheidgemäß vorge­schriebene Verpflichtungen normieren oder von einem Sachverhalt ausgehen würden, der von der Bw zu verwirklichen nicht beabsichtigt sei ("Vermischen"). An dieser Stelle sei nochmals angemerkt, dass sowohl die bescheidmäßig vorge­schriebenen als auch die gesetzlichen Verpflichtungen durch die Bw eingehalten würden, weshalb eine weitergehende Vorschreibung von Auflagen, die über die Anforderungen des Gesetzes hinausgehen würden, nicht zulässig sei.

 

Zum vorgeworfenen Verstoß gegen Auflagen des Genehmigungsbescheides hält die Bw fest, dass die Auflagepunkte 4.8 a) und b) die Übernahme von Abfällen zur Behandlung regeln, was folglich nur flüssige oder pastöse Abfälle betreffen könne. Im gegenständlichen Fall seien jedoch Gebinde von Abfällen aus der Arzneimittelerzeugung (feste Abfälle) in einem flüssigkeitsdichten Abrollcontainer gemeinsam gesammelt und so – bis zum Erreichen einer frachtbaren Menge – für die anschließende Übermittlung an den Entsorger zur thermischen Verwertung zwischengelagert worden.

 

Die zur Zwischenlagerung übernommenen festen Gebinde von Abfällen aus der Arzneimittelerzeugung würden demnach gemäß der Bescheidauflage 4.7 gehandhabt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 62 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.

 

5.2. Der Einleitung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass die Bw auf der Grundlage u.a. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 1997, UR-303652/69-2001, eine chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage auf den Gst.Nr. X und Y, alle KG K, betreibt und Unfallereignisse am Betriebsgelände der Bw vom 13.4.2010 und vom 19.6.2010 zu den Überlegungen der Behörde hinsichtlich der Vorschreibung zusätzlicher Auflagen geführt haben.

 

Aus den vorliegenden Aktenunterlagen ergibt sich zweifelsfrei, dass der von der Erstinstanz angesprochene Vorfall vom 13.4.2010 nicht im Bereich der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage sondern in der sogenannten Halle 8 am Betriebsgelände der Bw stattgefunden hat. Diese Halle 8 ist Teil der sogenannten Abfallsortieranlage samt Park- und Abstellflächen, welche ursprünglich mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Juni 1997, UR-304721/12-1997, auf den Gst.Nr. Y, A, B und C, alle KG. K, genehmigt wurde. Die Halle 8 war Teil des Änderungsprojektes, welches vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 7. Juli 2006, UR-2006-268/7, genehmigt wurde. Gegenstand des Erweiterungsprojektes war die Erweiterung der Anlage durch die Errichtung und den Betrieb von Freilagerboxen, einer "Lagerhalle für die Aufbereitung von verunreinigten Böden" und einem Waschplatz auf Gst.Nr. D und E, je KG K. Die im gegenständlichen Verfahren immer wieder angesprochene chemische Reaktion, die am 13. April 2010 erfolgt ist, hat im Bereich dieser Halle stattgefunden, was grundsätzlich zur Feststellung führt, dass eine Nichteinhaltung von Auflagen des Genehmigungs­bescheides für die chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage rein rechtlich gesehen nicht Grundlage des anhängigen Verfahrens der Vorschreibung zusätz­licher Auflagen sein kann.

 

Zur chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage ist festzuhalten, dass sich aus dem abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 6. Dezember 2001, UR-303652/59-2001, ergibt, dass diese Anlage bis zu diesem Zeitpunkt auf Grundlage gewerbebehördlicher und wasserrechtlicher Be­willigungen betrieben wurde. Mit dem zitierten Bescheid wurde hingegen eine Änderung der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage, und zwar zur Errichtung eines Biofilters und zur Einleitung der anfallenden Abwässer in die Kanalisation der Gemeinde P und in weiterer Folge in die Anlage des R T-N, genehmigt. Nach der Begründung dieses Bescheides nahm die Behörde dieses Änderungsverfahren zum Anlass, neue Vorschreibungen in abfallwirtschafts­rechtlicher Hinsicht für den Betriebsablauf vorzusehen, welche dazu dienen sollten, die Verfahrensabläufe und die Zuordnung von bestimmten Abfallarten zu den Behandlungsschritten näher zu bestimmen. Andererseits sollten durch die neuen Vorschreibungen die Aufzeichnungs- und Kontrollpflichten neu definiert und insofern dem Stand des Abfallwirtschaftsgesetzes angepasst werden. Aus diesen Gründen enthält der genannte Bescheid einen nach Schlüsselnummern gegliederten Abfallkatalog über jene Abfälle, die in der Anlage behandelt werden können sowie in Punkt II.4. Nebenbestimmungen aus abfallwirtschaftlicher Sicht.

 

Festzustellen ist, dass die Erstinstanz dem dargestellten rechtlichen Hintergrund insofern Rechnung getragen hat, als sie als Rechtsgrundlage für die Vorschrei­bung zusätzlicher Auflagen § 62 Abs.3 AWG 2002 herangezogen hat, welcher nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn sich trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ergibt, dass die gemäß § 43 leg.cit. wahrzunehmenden Interessen nicht ausreichend geschützt sind.

 

Zum Katalog an Abfällen, welche zulässigerweise in der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage behandelt werden dürfen, zählen auch Abfälle der Schlüssel­nummer 53502, deren Sammlung und gemeinsame Lagerung dem Akteninhalt zufolge Ursache für den Vorfall vom 13.4.2010 gewesen sind. Auch von der Bw selbst wurde der Vorfall vom 13.4.2010 zum Anlass genommen, die Anzeige einer nicht wesentlichen Änderung gemäß § 37 Abs.4 Z 4 AWG 2002 über die Änderung von Betriebsabläufen und Sicherheitsvorkehrungen (neue Prüf-, Kontroll- und Dokumentationsschritte) vorzulegen. Beantragt wurde, diese Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen.

 

Im Schreiben vom 4.8.2011, in dem der Erstinstanz mitgeteilt wurde, dass die Anzeige im Hinblick auf das gegen den abfallrechtlichen Geschäftsführer eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren zurückgenommen wird, wurde ausgeführt, dass eine Vorabstimmung in dieser Sache mit der Anlagenbehörde soweit gediehen ist, dass eine jederzeitige Neueinbringung der Anzeige auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich wäre. Im Hinblick auf diese Ausführungen sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, zur Ergänzung des Ermitt­lungsverfahrens neuerlich die bereits von der Erstinstanz dem Verfahren beige­zogene Amtssachverständige für Abfalltechnik mit der Erstellung eines Gutachtens zur Situation der Eingangskontrolle bzw. einen Auflagenvorschlag für die Neugestaltung der Betriebsabläufe und Sicherheits­vorkehrungen im Bereich der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage vorzunehmen. Die von der Sachverständigen daraufhin vorgeschlagenen Auflagen bilden die Grundlage für die in den Spruch aufgenommene Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungs­senates. Insgesamt ist festzuhalten, dass die nunmehr formulierten Auflagen eine Präzisierung der bereits in Punkt II.4.7. enthaltenen Auflage im Zusammenhang mit der Übernahme und Lagerung von gefährlichen Abfällen sowie deren Kontrolle und nicht in Zusammenhang mit der eigentlichen Behandlung in der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage stehen. Die Auflagen werden in Hinkunft den wesentlichen Beitrag dazu leisten, um den Vorfall, wie in der Vergangenheit geschehen, zu verhindern helfen, der unzweifelhaft – wie sich aus dem Akteninhalt ergibt – Auswirkungen auf die in § 1 Abs.3 AWG 2002 enthaltenen öffentlichen Interessen gehabt hat. Obwohl § 62 Abs.3 AWG 2002 nicht ausdrücklich bestimmt, dass geeignete Maßnahmen nicht vorzuschreiben sind, wenn sie unverhältnismäßig sind, wird dies schon aus verfassungsrechtlichen Gründen von der Behörde zu berücksichtigen sein. Auch aus der Definition des Begriffs "Stand der Technik" in § 2 Abs.8 Z1 AWG 2002 folgt die Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit (vgl. Schmelz in Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – Kommentar § 62 Seite 410f). Dient die vorgeschriebene Maßnahme jedoch dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung, dann steht der mit der Erfüllung der Maßnahme verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg (VwGH 7.2.1992, 92/04/0056). Zumal die nunmehr vorgeschrieben Auflagen lediglich eine genauere Festlegung von Eingangskontrollmaßnahmen, insofern eine Ergänzung der Auflage 4.7 sowie auch 4.8. des bestehenden Konsens mit sich bringt, geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass der mit der Erfüllung der vorgeschriebenen Maßnahmen verbundene Aufwand in Einklang mit dem gewonnenen Ausmaß an Schutz der wahrzunehmenden Interessen steht und somit als nicht unverhältnismäßig anzusehen ist.

 

Der Einwand der Bw, wonach die zur Vorschreibung gelangenden Auflagen unverhältnismäßig sind, wird daher vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt. Die einzelnen Auflagen bringen eine geänderte Form des Betriebsablaufes hinsichtlich der Übernahme gefähr­licher Abfälle in der Abfallbehandlungsanlage bzw. zur Lagerung in der Anlage, die weitestgehend auch dem von der Bw in der Anzeige über die nicht wesentliche Änderung der Anlage dargestellten Betriebsabläufe entsprechen. Dass bei einer gemeinsamen Sammlung von gleichartigen Abfällen zuvor chemische Reaktionen von einem befugten Chemiker, der einen festgelegten Stand der Ausbildung aufzuweisen hat, zu beurteilen sind, kann jedenfalls nicht als unverhältnis­mäßig angesehen werden, sondern ist als Mindestmaß hinsichtlich des sorgfältigen Umgangs bei der Sammlung und gemeinsamen Lagerung von Abfällen anzusehen. Auch das Erfordernis von detaillierten Aufzeichnungen bei der gemeinsamen Sammlung und Lagerung von Abfällen derselben oder ver­schiedener Arten kann jedenfalls nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen. Dass Sammlungen und Lagerungen in medienbeständigen Containern zu erfolgen haben, versteht sich von selbst. Auch eine Festlegung der maximalen Lagerdauer sowie die Art und Weise der Zwischenlagerung gefährlicher Abfälle kann nicht dem genannten Prinzip widersprechen.

 

Dem Vorbringen, wonach durch die belangte Behörde keine fachliche Erörterung im Zuge eines Lokalaugenscheins stattgefunden hat, ist zu entgegnen, dass § 62 Abs.3 AWG 2002 diesbezüglich keine Verfahrensvorschriften enthält und die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens einzig und allein der Behörde obliegt und eine Erörterung der Auflagen, wie von der Bw im ergänzenden Berufungsvorbringen hinsichtlich ihrer eingebrachten Anzeige der nicht wesentlichen Änderung – die zwischenzeitig zurückgezogen wurde – auch selbst dargestellt worden ist, stattgefunden hat. Insofern ist dieser Einwand nicht weiter zu berück­sichtigen. Dem Vorbringen, wonach von keinem Vermischen von Abfällen auszugehen ist, wurde insofern Rechnung getragen, als in die Auflagenvor­schreibungen vorrangig das gemeinsame Sammeln von Abfällen Aufnahme gefunden hat.

 

Zum Einwand, wonach einige Auflagen den Anlagengenehmigungsbescheid wiederholen oder bereits Projektbestandteil oder Auflage gewesen sind, ist zu entgegnen, dass die nunmehrigen Auflagen nicht auf die eigentliche Behandlung in der Abfallbehandlungsanlage abstellen sondern den Bereich der Zwischen­lagerung und ordnungsgemäßen Entsorgung – somit den Bereich des Zwischen­lagers für gefährliche Abfälle, welches der chemisch-physikalischen Abfallbe­handlungsanlage vorgelagert ist – umfassen. Insofern erfährt der Auflagepunkt II.4.7. des Anlagenkonsenses eine detailliertere Regelung im Zusammenhang mit gemeinsamem Sammeln und Lagern gefährlicher Abfälle und wiederholt somit nicht bereits im Anlagenkonsens enthaltene Vorschriften sondern regeln die ergänzenden Auflagen diesen Bereich neu.

 

Insgesamt ist daher festzuhalten, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsver­fahrens feststeht, dass die Bw durch die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen, die im Spruch dieses Erkenntnisses neu formuliert wurden, nicht in ihren Rechten verletzt wird, weshalb der Berufung insgesamt keine Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden war.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

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