Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101291/2/Lg/Fb

Linz, 30.06.1993

VwSen - 101291/2/Lg/Fb Linz, am 30. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder über die Berufung des W Z, vertreten durch RA Dr. O T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. April 1993, Zl. VerkR-96/1693/1993-Hu, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch anstelle des Zitats des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 das Zitat des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu treten und die Worte "unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich" zu entfallen haben.

II. Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 300 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 iVm § 66 Abs.1 VStG zu unterbleiben.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. April 1993, Zl. VerkR-96/1693/1993-Hu, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt, weil er am 8.12.1992 um 9.14 Uhr im Gemeindegebiet von W auf der A8, bei km 11/2, in Richtung W-West, den PKW, KZ. im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 50 km/h" unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich mit einer weit überhöhten Geschwindigkeit von 103 km/h gelenkt habe. Dadurch habe er folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 52 lit.a Z10a und § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die in einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö, Verkehrsabteilung, Außenstelle Wels, vom 16.12.1992 zur Last gelegte Tat anläßlich der Einvernahme am 17.3.1993 am Gemeindeamt O vom Berufungswerber nicht bestritten worden war, weshalb die Tat als erwiesen anzusehen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Bei der Strafbemessung sei auf die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen worden. Strafmildernd sei das Geständnis gewertet worden, straferschwerend die Tatsache der Vorbestrafung sowie der erheblichen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit.

2.2. In der Berufung wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß die verhängte Geldstrafe von 4.000 S auf 1.000 S herabgesetzt werden möge.

Da im Begründungstext ausdrücklich auch das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse bestritten wird, interpretiert der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dieses Vorbringen so, daß die Berufung die Erfüllung des Tatbestandes des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 bestreitet und nur die Erfüllung des Tatbestands des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 nicht angefochten wird, sodaß im folgenden davon auszugehen ist, daß das Straferkenntnis nur - im Hinblick auf den zweitgenannten Tatbestand in (Teil-)Rechtskraft (vgl Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsstrafrechts, 5. Auflage, RN 933) erwachsen ist.

Im übrigen macht die Berufung geltend:

Der Berufungswerber sei unter Zeitdruck gestanden, da sein Kind in Wels abzuholen gewesen sei. Er habe außerdem aufgrund der gestaffelten Geschwindigkeitsbeschränkung einen Beobachtungsfehler gemacht. Besonders gefährliche Verhältnisse seien nicht vorgelegen, da die Geschwindigkeitsbeschränkung im Bereich der Autobahnabfahrt wegen nicht ortskundiger Verkehrsteilnehmer angebracht sei. Durch die Geschwindigkeitsüberschreitung sei niemand gefährdet oder behindert worden. Bei den gegebenen Sicht- und Fahrbahnverhältnissen sei auch durch die Geschwindigkeitsüberschreitung keine Eigengefährdung gegeben gewesen. Im Hiblick auf die an diesem Tag gegebene persönliche Notsituation und den Umstand, daß keine gravierenden Vorstrafen und ein Geständnis vorliegen, sei die Strafe zu hoch. Hinsichtlich der Vermögens- und Familienverhältnisse wird ausgeführt, daß der Beschwerdeführer kein Vermögen hat, Sorgepflichten für Gattin und ein minderjähriges Kind, eine Wohnungsmiete von mehr als 5.000 S monatlich und Rückzahlungen für Kreditaufnahmen im Zusammenhang mit der Wohnungseinrichtung und Familiengründung zu bewältigen sind.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den gegenständlichen Akt Einsicht genommen. Da sich die Berufung ausdrücklich nur gegen die Höhe der Strafe richtet und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, sieht der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ab.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Vorschriften der StVO oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften der StVO oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 des § 99 StVO zu bestrafen ist.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2. Damit eine Übertretung der StVO gemäß § 99 Abs.2 lit.c bestraft werden kann, müssen zu dem an sich strafbaren verkehrswidrigen Verhalten des Täters noch zusätzliche Sachverhaltselemente hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, daß die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit begangen wurde (vgl etwa VwGH 20.3.1963 ZVR 1963/307; 28.1.1971 ZVR 1971/245; 14.10.1971 ZVR 1973/106; 20.12.1971 ZVR 1973/64; 11.1.1984 ZVR 1985/140). Diese strafsatzändernden Umstände müssen im Spruch bei der Umschreibung der Tat im Sinne des § 44a VStG angeführt werden (VwGH 11.1.1984 ZVR 1985/140). Da der Spruch des Straferkenntnisses keine zur Geschwindigkeitsübertretung hinzutretenden strafsatzändernden Umstände enthält und auch während der Verfolgungsverjährungsfrist keine den Tatvorwurf in diesem Sinne ausreichend konkretisierende Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist bezüglich des erhöhten Strafsatzes des § 99 Abs.2 VStG Verfolgungsverjährung eingetreten, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht in der Lage ist, die entsprechende Konkretisierung nachträglich vorzunehmen bzw die entsprechenden Ermittlungshandlungen zu setzen.

4.3. Auszugehen ist daher in der Folge davon, daß die Tat dem mit geringerem Strafsatz versehenen Tatbestand des § 99 Abs.3 lit.a StVO unterfällt.

4.4. Für die Bestimmung der Strafhöhe ist maßgebend, daß die Tat einen hohen Unrechtsgehalt aufweist. Erwiesenermaßen ist die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit immer wieder Ursache von Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen. Erschwerend wirkt der Umstand, daß die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 100 % überschritten wurde. Daß bei einer so erheblichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit keine nachteiligen Folgen eingetreten sind, rechtfertigt eine Herabsetzung der Strafe nicht (vgl zB VwGH 27.9.1989, 89/03/0236). Da die Befolgungspflicht von Geschwindigkeitsbeschränkungen unabhängig von Spekulationen über Sinn und Zweck derselben besteht (vgl OLG Graz 9.4.1975 ZVR 1975/268), wirkt das Nichtvorliegen denkbarer Motive für den Erlaß der Geschwindigkeitsbeschränkung im konkreten Fall nicht strafmindernd. Eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe des Berufungswerbers war, wie aus dem Akt ersichtlich, zum Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich bereits getilgt und daher nicht als erschwerend zu werten. Die in der Berufung geltend gemachte Zeitnot ist schon deshalb nicht als mildernd zu werten, weil der Berufungswerber seine Fahrt zeitlich so einzurichten gehabt hätte, daß er in der Lage gewesen wäre, ohne Verstöße gegen die StVO sein Kind rechtzeitig zu einer Beaufsichtigungsperson bringen bzw von einer solchen abzuholen. Entsprechendes gilt für "Beobachtungsfehler", da Lenkern von Kraftfahrzeugen die für die Beobachtung der Verkehrsvorschriften notwendige Aufmerksamkeit abzuverlangen ist. Wenig Gewicht kommt dem "Geständnis" des Berufungswerbers zu, da dieses unter Umständen erfolgte, unter denen dem Täter kaum etwas anderes übrig blieb, als die Übertretung zuzugeben (vgl etwa VwGH 13.3.1962, Zl. 1332/60, 20.6.1978, Zl. 1573-1575/77, 25.4.1986, Zlen. 85/18/0390, 0391, 0392, 5.9.1986, Zl. 86/18/0118). Zu berücksichtigen ist, daß der Berufungswerber über ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 18.000 S verfügt, kein Vermögen hat und ihm Sorgepflichten für eine Gattin und ein Kind obliegen. In Abwägung all dieser Umstände erscheint eine Strafhöhe von 3.000 S angemessen.

Die näheren Begleitumstände der dem Berufungswerber zur Last gelegten Tat machen eine amtswegige Prüfung der Voraussetzungen der §§ 20 und 21 Abs.1 VStG von vornherein entbehrlich.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe, ds 300 S, vorzuschreiben. Die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 iVm § 66 Abs.1 VStG zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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