Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167300/4/Fra/CG

Linz, 14.11.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Dr. X,  vertreten durch X X X X Rechtsanwälte OG, X, X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 07.09.2012, AZ: S-23758/12-3, betreffend Übertretung des § 29 Abs.3 FSG, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Berufungswerber wegen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ermahnt wird; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 Abs.1 und 24 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.                  Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 29 Abs.3 FSG gemäß § 37 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 150,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) verhängt, weil er nach Eintritt der Vollstreckbarkeit  des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsamt, vom 16.05.2012, Zl: FE-1651/2011 (persönlich übernommen am 21.05.2012) über die Entziehung der Lenkberechtigung, der Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines Nr. X, ausgestellt am X, nicht nachgekommen ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter  eingebrachte Berufung. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000,00 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3.                  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw bringt in seinem Rechtsmittel unter anderem vor, dass er nach Zustellung des Mandatsbescheides (21.05.2012) sofort einen Termin für die amtsärztliche Untersuchung, welche am 01.06.2012 vom Amtsarzt durchgeführt wurde, vereinbart habe. Ebenso habe er bei dem diesbezüglichen Telefonat mit der Behörde darauf hingewiesen, dass sich sein Führerschein bei seiner Tochter X in X befindet und er diesen daher nicht so schnell abliefern könne. Da zwischen der Zustellung des Bescheides und der amtsärztlichen Untersuchung nur wenige Tage gelegen waren, innerhalb derer er den Führerschein ohnehin nicht von X holen hätte können, erachte er die Vorlage des Führerscheines für gegenstandslos, insbesondere da durch diese Untersuchung die Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheines aufgehoben war. Dass der ausständige Befund erst am 06.06.2012 bei der Behörde einlangte, sei nicht auf sein Verschulden zurückzuführen, zumal dies vom Amtsarzt abhängig gewesen war und er die diesbezügliche Zeit nicht beeinflussen habe können. Seine Tochter sei nach Verkündung des Bescheides vom 25.06.2012 zu GZ: FE-707/2012, mit welchem ihm die mit Führerschein des Landkreises Osnabrück vom 16.07.1998, zur Zahl X, für die Klassen 1b, 3, 4 und 5 erteilte Lenkberechtigung  mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet sei, entzogen wurde, am 29.06.2012 sofort nach Österreich geflogen, um ihm den Führerschein zu bringen, welcher noch am selben Tag der Behörde ausgehändigt wurde. Der Bw legte seinem Rechtsmittel auch die Bestätigung seiner Tochter - datiert mit 02.07.2012 - bei, wonach sie seinen Führerschein bei sich in X hatte und am 29.06.2012 nach X geflogen ist, um ihm den Führerschein zu übergeben. Der Berufung wurde auch eine Kopie des Flugtickets beigelegt.

 

Unter Zugrundelegung der Vorbringen des Bw ist es ihm vor dem Hintergrund der relevanten Rechtslage nicht gelungen, die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, zumal er die Möglichkeit gehabt hätte, sich nach Zustellung des Mandatsbescheides vom 16.05.2012, AZ: FE-1651/2011, den Führerschein beispielsweise unverzüglich per Post übermitteln zu lassen. Dass ihm eine derartige Vorgangsweise nicht zumutbar gewesen wäre, hat der Bw im Verfahren nicht dargelegt.

 

Der Bw ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass sich die Ablieferungspflicht des Führerscheines bereits ex lege aus § 29 Abs.3 FSG ergibt und die Anordnung im oa. Mandatsbescheid lediglich deklarative Bedeutung hat.

 

Der Berufung konnte daher in der Schuldfrage keine Folge gegeben werden.

 

Aus folgenden Gründen war von der Verhängung einer Strafe abzusehen und § 21 VStG anzuwenden:

 

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ermächtigt diese Vorschrift trotz der Verwendung des Wortes "kann" die Behörde nicht zur Ermessensübung. Sie ist vielmehr als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen der gesetzlichen Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der im ersten Satz angeführten Kriterien von einer Strafe abzusehen und bei Zutreffen des im zweiten Satz angeführten weiteren Kriteriums mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass der Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen einer Strafe offen steht, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum. Liegen beide in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen vor, so hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl. VwGH vom 19.9.2001, 99/09/0264 uva.).

 

Der Bw hat im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat glaubhaft gemacht, dass es ihm aufgrund seines geistigen und körperlichen Zustandes (insbesondere hinsichtlich einer markanten Verlangsamung der kognitiven Auffassungsfähigkeit) kaum möglich und zumutbar war, nach der Zustellung des Mandatsbescheides (21.05.2012) und der amtsärztlichen Untersuchung (01.06.2012) die Behörde davon in Kenntnis zu setzen, dass sich sein Führerschein bei seiner Tochter in X befindet und diese zu beauftragen, ihm umgehend den Führerschein zu übermitteln.

 

Der Oö. Verwaltungssenat ist somit zum Ergebnis gekommen, dass in Anbetracht der Gesamtumstände des vom Bw behaupteten und von ihm auch belegten Sachverhaltes von einem geringfügigen Verschulden des Bw auszugehen ist. Nachteilige Folgen durch die Verwaltungsübertretung sind nicht evident. Es liegen sohin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG vor, woraus die spruchgemäße Entscheidung resultiert.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum