Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523287/7/Kof/Ai

Linz, 12.11.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X,
geb. X, X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt
Dr. X, X, X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20. September 2012, VerkR21-17-2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, nach der am 09. November 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen und

-         verpflichtet, den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft bei der belangten Behörde oder der PI R. abzuliefern.

 

 

 

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat mit Urteil vom 5. Juli 2012, 23 Hv 18/12w über den Bw wegen dem Vergehen der schweren Körperverletzung nach
§§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen a 20 Euro, insgesamt somit 2.000 Euro, verhängt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw am 03.12.2011 in A. Herrn TG durch Versetzen eines Faustschlages – wodurch dieser einen Nasenbeinbruch verbunden mit der Notwendigkeit einer Resorption, sowie eine Gehirnerschütterung erlitt –
am Körper schwer verletzt hat.

 

Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 17. Oktober 2012, 9 Bs 259/12w der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge gegeben –

dieses Urteil des LG Ried im Innkreis ist dadurch in Rechtskraft erwachsen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung

der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 6.7.2004, 2002/11/0163; vom 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.01.2008, 2007/03/0247 und vom 27.01.2010, 2009/03/0082   

     

Am 9. November 2012 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw sowie dessen Rechtsvertreter teilgenommen haben und der Rechtsvertreter des Bw folgende Stellungnahme abgegeben hat:

 

Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 17. Oktober 2012, 9 Bs 259/12w der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom
05. Juli 2012, 23 Hv 18/12w keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Urteil sowohl betreffend den Schuldspruch, als auch die Strafbemessung bestätigt.

 

Betreffend das Berufungsverfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung

verweise ich auf meine Ausführungen in der Berufung vom 09. Oktober 2012.

 

Ergänzend dazu gebe ich an:

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichthofes ist bei Verurteilungen nach § 84 StGB in jenen Fällen, wo nur eine Geldstrafe verhängt wurde, eine
Entziehung der Lenkberechtigung nicht gerechtfertigt.

Weiters war die "Tatzeit" am 3. Dezember 2011 und liegt somit beinahe ein Jahr zurück.

Eine Entziehung der Lenkberechtigung wäre somit nur dann gerechtfertigt,
wenn der Berufungswerber für einen Zeitraum von ca. 15 Monaten – gerechnet ab Tat – verkehrsunzuverlässig wäre.

 

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 14.09.2004, 2004/11/0119 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 30.06.1992, 91/11/0124 ausgeführt, dass in einem wesentlich schwerwiegenderen Fall eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 15 Monaten verfehlt ist.

 

Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber bislang unbescholten war und sich auch nach der Tat wohl verhalten hat.

 

Seine Verkehrszuverlässigkeit ist daher gegeben.

 

Ich beantrage somit, der Berufung stattzugeben und

den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 StGB hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung

bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Der Bw hat die "verfahrensgegenständliche" Tat am 3. Dezember 2011 begangen.

 

Eine Entziehung der Lenkberechtigung wäre – worauf der Rechtsvertreter des Bw in der mVh zutreffend hingewiesen hat – nur dann zulässig, wenn der Bw
– gerechnet ab Tat – für eine Dauer von (mindestens) ca. 15 Monaten verkehrsunzuverlässig wäre.

 

Bei Vergehen nach § 84 Abs.1 StGB beträgt der Strafrahmen bis zu drei Jahre. –

Der Bw war bislang unbescholten und wurde "nur" zu einer Geldstrafe verurteilt.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des VwGH ist in derart gelagerten Fällen

eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht zulässig;

Erkenntnisse vom 22.02.2007, 2004/11/0010; vom 13.12.2005, 2004/11/0081.

 

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 14.9.2004, 2004/11/0119 sowie vom 30.6.1992, 91/11/0124 in schwerwiegenderen Fällen eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von ca. 15 Monaten als zu lange bzw. als „verfehlt“ erachtet.

 

Da

·     der Bw bisher unbescholten war und nur zu einer Geldstrafe verurteilt wurde sowie

·     seit der Tat ein Zeitraum von mehr als 11 Monaten verstrichen ist,

kommt eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht (mehr) in Betracht.

 

 

Es war daher

·     der Berufung stattzugeben,

·     der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und

·     spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

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