Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531275/20/Wg/GRU/TK

Linz, 02.11.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29.5.2012, Gz. Ge20-4100/23-2011, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.10.2012 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 (AVG)

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (im Folgenden: belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 29.5.2012, Gz. Ge20-4100/23-2011, den Antrag der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) auf gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung einer Einrichtung für Knabberfische zur Fischpediküre und Psoriasisbehandlung am Standort X, X, Gst.Nr. X, KG. X, Marktgemeinde X, ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, am 12.3.2012 sei ein Schreiben der Abt. Gesundheit an alle Bezirksverwaltungsbehörden ergangen. Dieser Stellungnahme sei eindeutig zu entnehmen, dass eine Infektionsübertragung – insbesondere die Übertragung von bakteriellen Infektionen vom Fisch auf den Menschen – nicht ausgeschlossen werden könne, wobei das höchste Risiko die Übertragung der Fischtuberkulose darstelle. Dieses Risiko der Gesundheitsgefährdung von Kunden könne auch nicht durch Vorschreibung nachvollziehbarer und vollstreckbarer Auflagen vermieden werden. Betreffend die Behandlung von Psoriasis sei festzuhalten, dass die Behandlung von Hautkrankheiten eine Ausübung der Heilkunde darstelle, welche den Ärzten vorbehalten sei. Eine Behandlung wäre daher nur nach ärztlicher Anordnung und unter Aufsicht eines Arztes möglich. Eine solche sei jedoch lt. Projekt nicht vorgesehen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 13.6.2012. Darin wird der Antrag auf ersatzlose Aufhebung des ggst. angefochtenen Bescheides und Stattgebung des Antrages auf gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung einer Einrichtung für Knabberfische zur Fischpediküre und Psoriasisbehandlung am Standort X in X, Gst.Nr. X, KG. X, Marktgemeinde X, beantragt. Die Bw argumentiert, offensichtlich erachte die erkennende Behörde im vorliegenden Fall lediglich eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Kunden durch die Verwendung von Knabberfischen zur Fischpediküre aber auch zur Behandlung von Psoriasis als diskussionswürdig. In diesem Zusammenhang verweise die erkennende Behörde auf ein Schreiben der Abt. Gesundheit, welches als Beurteilungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen wurde. Dieser Stellungnahme sei eindeutig zu entnehmen, dass eine Infektionsübertragung – insbesondere Übertragung von bakteriellen Infektionen vom Fisch auf den Menschen – nicht ausgeschlossen werden könne, wobei das höchste Risiko die Übertragung von Fischtuberkulose darstelle. Dieses Risiko der Gesundheitsgefährdung von Kunden könne auch nicht durch Vorschreibung nachvollziehbarer und vollstreckbarer Auflagen vermieden werden. Diese Feststellung sei völlig unrichtig. Die Gefährdung für Menschen durch Fischtuberkulose bestehe im mycobacterium marinium. Dieses Bakterium könne jedoch lediglich durch Hautverletzungen auf den Menschen bzw. andere Säuger übertragen werden. Dieses Risiko der Übertragung der Fischtuberkulose könne sohin – entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde – insofern durch nachvollziehbarer und vollstreckbarer Auflagen vermieden werden, falls der Antragstellerin aufgetragen werde, dass ausnahmslos Personen ohne Hautverletzungen zur Fischpediküre bzw. Psoriasis-Behandlung zugelassen würden. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, dass in der Publikation "Guidance on the management of the public health risks from fish pedicures" festgehalten sei, dass eine Infektion ein "äußerst geringes Risiko" darstelle. Weiters sei hinsichtlich der Fischtuberkulose anzuführen, dass lt. medizinischer Publikationen eine medizinische Behandlung dieser Infektion gewöhnlich raschen Erfolg zeige und bei Nichtbehandlung meist eine Spontanheilung eintrete. Auch sei festzuhalten, dass das mycobacterium marinium beim Menschen das sogenannte Schwimmbad- oder Aquariengranulom verursache. Auf Grund dessen sei davon auszugehen, dass dieses Granulom auch in Schwimmbädern bzw. in Aquarien verursacht werden könnte. Es müsste daher zur bedingungslosen Vermeidung dieser Krankheit die Benützung sämtlicher Aquarien bzw. Schwimmbäder verboten werden. Aus all diesen Gründen sei daher davon auszugehen, dass entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde eine gesundheitliche Gefährdung der Kunden durch diese Art der Behandlung vermieden werden könne. Weiters führe die erstinstanzliche Behörde unrichtigerweise aus, dass die Behandlung von Psoriasis, sohin eine Hautkrankheit, eine Ausübung der Heilkunde darstelle, welche den Ärzten vorbehalten wäre. Eine Behandlung wäre daher nur nach ärztlicher Anordnung und unter Aufsicht eines Arztes möglich. Eine solche wäre jedoch lt. Projekt nicht vorgesehen. Diese Feststellung sei aktenwidrig, zumal im Schreiben vom 13.12.2011 des Amtsarztes Dr. X festgehalten sei, dass in dem Absatz über den Ablauf der Psoriasisbehandlung angeführt wäre, dass lt. Ärztekammer diese Behandlung keine medizinische Heilbehandlung wäre und auch nicht im Leistungsspektrum der OÖ. Krankenkassen enthalten sei. Sohin erscheint hier die Feststellung der erstinstanzlichen Behörde, die eindeutig der Meinung der Ärztekammer widerspräche, als äußerst befremdlich, da man grundsätzlich dieser Kenntnisse darüber unterstellen können müsste, welche Tätigkeit als medizinische Behandlung zu definieren sei. Stütze jedoch die erkennende Behörde ihre rechtliche Beurteilung der Behandlung von Psoriasis auf das Schreiben des Amtes der oö. Landesregierung vom 12.3.2012, sei festzuhalten, dass die dort vertretene Rechtsmeinung ebenfalls unrichtig sei. Dass das Knabbern der Fische unter dem Begriff "Tätigkeit" im Sinn des § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 subsumiert werden könne, sei völlig haltlos. Eine Tätigkeit könne lediglich durch eine Person durchgeführt werden. Da auch die Fische die menschliche Haut säubern, werde sohin auch keine Tätigkeit einer Person unmittelbar am Menschen durchgeführt und liege auch die Voraussetzung für eine ärztliche Behandlung nicht vor.

 

Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde den Akt zur Entscheidung vor. Festzuhalten ist, dass der UVS eine Stellungnahme der Ärztekammer für OÖ. zur Behandlung von Hautkrankheiten wie z.B. Psoriasis mit Knabberfischen einholte. Die Ärztekammer für OÖ. teilte dazu mit Schreiben vom 24.8.2012 mit, dass die Behandlung von Hauterkrankungen mit Knabberfischen ihrer Auffassung nach eine Tätigkeit darstelle, die Ärzte vorbehalten sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 12.10.2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der rechtsanwaltliche Vertreter verwies in der mündlichen Verhandlung eingangs auf den Berufungsschriftsatz und hielt die dort gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht. Ergänzend hielt er Folgendes fest: "Auf den E-Mail-Verkehr mit der Ärztekammer Ende Oktober 2011 wird verwiesen." Er legte dem erkennenden Mitglied dazu ein E-Mail der Ärztekammer für OÖ. vor. In diesem an die Bw gerichteten E-Mail wird Folgendes ausgeführt: "Hinsichtlich der hygienischen und anderer Vorschriften für das Betreiben einer Behandlung mit Knabberfischen sind wir nicht der richtige Ansprechpartner. Möglicherweise kann Ihnen hier die Landessanitätsdirektion weiterhelfen. Vermutlich liegt eine solche Behandlung nicht im Leistungsspektrum der OÖ. Gebietskrankenkasse oder anderer Oö. Krankenversicherungsträger. Folglich kann es auch keine Überweisungen von Ärzten dafür geben. Bitte informieren Sie sich diesbezüglich bei den Versicherungsträgern direkt. Nachdem Sie gegebenenfalls eine entsprechende Praxis eröffnet haben, schicken Sie uns gerne Ihre diesbezügliche Information, damit wir Ihre Adresse an interessierte Patienten weitergeben können."

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete abschließend folgendes Vorbringen: "Auf das Berufungsvorbringen wird verwiesen. Es wird die Stattgabe der Berufung und Erteilung der beantragten gewerbebehördlichen Genehmigung beantragt."

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bw brachte mit Eingabe vom 8.11.2011 bei der belangten Behörde ein Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage "Freies Gewerbe, Zurverfügungstellung einer Einrichtung für Knabberfische; Aquarien, Knabberfische" im Standort X, X, ein.

 

Die belangte Behörde veranlasste daraufhin die Vorprüfung durch den anlagentechnischen, den humanmedizinischen und den veterinärmedizinischen Amtssachverständigendienst.

 

Die belangte Behörde führte am 13.12.2011 eine mündliche Verhandlung durch. In der dabei angefertigten Niederschrift wird u.a. Folgendes festgehalten:

 

"A) Befund des anlagentechnischen Amtsachverständigen:

I. Gewerblicher Teil:

Die Konsenswerberin beabsichtigt im Standort X, X im Erdgeschoß eine Einrichtung für Knabberfische herzustellen und zu betreiben. Die Betriebsanlage soll aus insgesamt 3 Räumen bestehen,

·         dem sogenannten Geschäftsraum,

·         einem WC und

·         einem Vorraum.

Der Geschäftsraum hat eine Nutzfläche von ca. 14 m2. Die Böden werden rutschsicher ausgeführt.

Das bestehende Gebäude ist in herkömmlicher Massivbauweise ausgeführt. Es ist direkt vom Kirchenplatz aus zu begehen. Das Gebäude wird mittels einer Gastherme beheizt. Die Lüftung erfolgt über öffenbare Fenster.

Im Geschäftsraum werden 4 Stühle und mehrere Wasserbecken aufgestellt. Die in mehreren Aquarien gehaltenen Knabberfische, Kangalfische (Garra-Rufa/Rote Saugbarbe) knabbern bei ihrem Einsatz in eigenen Behandlungsbecken die Füße der Kunden nach losen Hautteilen ab.

Diese Prozedur dauert ca. 20 Minuten. Nach der Knabberbehandlung werden die Fische in Quarantänebecken umgelagert. Das Wasser aus dem Behandlungsbecken wird in den Kanal geleert und in weiterer Folge wird das Behandlungsbecken desinfiziert.

Genauere Angaben über das Desinfektionsmittel oder eventuelle Filter bzw. Reinigungsanlagen des Wassers der einzelnen Becken liegen noch nicht vor.

 

Betriebszeiten:

Montag bis Sonntag jeweils von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Einreichunterlagen verwiesen.

Es bestehen keine eigenen Stellplätze.

 

B) Äußerungen der Behördenvertreter, Parteien und Beteiligten:

 

1.      Marktgemeinde X:

Die Marktgemeinde X ist trotz Ladung zur Verhandlung nicht gekommen.

 

2.   Der Amtssachverständige für Veterinärmedizin, Herr Amtstierarzt X hat zum Verhandlungsgegenstand schriftlich mit Schreiben vom 16. November 2011, Vet30-2-20-2011, Stellung genommen. Die Stellungnahme ist der Verhandlungsschrift als Anlage A angeschlossen.

 

3. Der Amtssachverständige für Humanmedizin, Herr Amtsarzt X hat zum Verhandlungsgegenstand schriftlich mit Schreiben vom 13. Dezember 2011, San20-5-36-2011-Gma/Wie, Stellung genommen. Die Stellungnahme ist der Verhandlungsschrift als Anlage B angeschlossen.

 

4.  Ein Vertreter der Oö - Landesstraßenverwaltung, des Reinhalteverbandes Steyr- und Umgebung, der Röm. kath. Pfarrkirche X, sowie Frau X und Herrn X, Frau X, Herr X, Frau X, Frau X, Herrn X, Frau X und Herrn X, Herrn X, Herrn X, Frau X, Frau X, Frau X, Frau X und Herrn X, Frau X, Frau X sind trotz Ladung zur Verhandlung nicht gekommen.

 

Die Punkte 1 bis 4 werden von der Leiterin der gewerbebehördlichen Verhandlung bestätigt:

 

C) Gutachten des anlagentechnischen Amtsachverständigen:

 

l.l. Gewerbebehördliche Genehmigung:

Bei Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung (Einbau) und Betrieb einer Einrichtung für Knabberfische, auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, Marktgemeinde X, sind aus technischer Sicht folgende Auflagen notwendig:

1. Die Ausführung des Bauvorhabens hat projektsgemäß unter Berücksichtigung der im Befund beschriebenen Änderungen und Ergänzungen zu erfolgen.

2. Die Elektroinstallation ist nach den Bestimmungen des ÖVE durch ein berechtigtes Unternehmen herstellen und instandhalten zu lassen. Ein diesbezügliches Attest ist im Betrieb zur Einsichtnahme durch Behördenorgane aufzubewahren.

3. Das Gebäude ist mit einer entsprechend den Bodenverhältnissen angepassten Erdungssystem auszustatten.

4. Fluchtwege und Notausgänge sind normengemäß zu kennzeichnen und von Lagerungen freizuhalten. Sie sind mit einer Fluchtwegorientierungsbeleuchtung gemäß TRVB E102 auszustatten, sodass der gesamte Verlauf der Fluchtwege sowie die Notausgänge ausgeleuchtet werden. Weiters sind Fluchtwege und Notausgänge von Anlagerungen und Einbauten freizuhalten.

5. Innenliegende Sanitärräume sind mechanisch ins Freie zu entlüften.

6. Die Regale und Materialständer sind standsicher aufzustellen.

7. Gebinde, in denen wassergefährdende Flüssigkeiten gelagert sind, sind in oder über flüssigkeitsdichten Auffangwannen zu situieren.

8. Der Fußboden ist in jenen Bereichen, in denen betriebliche Wässer anfallen, flüssigkeitsdicht herzustellen.

9. Glasfüllungen in Türflügeln müssen gegen Eindrücken gesichert werden. Türflügel, die ganz aus Glas bestehen, sind aus Sicherheitsglas herzustellen und deutlich zu kennzeichnen. An Vollglastüren anschließende Glasflächen müssen bis zu einer Höhe von mind. 2 m aus Sicherheitsglas bestehen. Andernfalls sind sie unfallsicher abzuschirmen.

10. In die Gaszuleitung ist vor dem Eintritt in das Gebäude ein Hauptabsperrhahn einzubauen oder eine gleichwertige Absicherung gemäß ÖVGW G55 auszuführen. Diesbezüglich ist ein Nachweis des ausführenden Installationsunternehmens im Betrieb zur Einsichtnahme durch Behördenorgane aufzubewahren.

11. Falttüren sind in der Betriebsanlage nicht zulässig. Die vorgesehene Falttüre ist durch eine Flügeltüre, die in Fluchtrichtung aufschlägt zu ersetzen.

12. Die Fußböden sind rutschsicher auszuführen (R11, V4).

13. Eventuelle Elektroanlagen, die mit den Wasserbecken in Verbindung stehen sind zu erden.

14. Für die Erste Löschhilfe ist 1 tragbarer Feuerlöscher 1 G6 (Glutbrandpulverlöscher) an leicht erreichbarer und gekennzeichneter Stelle zu montieren: Die Feuerlöscher sind nachweislich alle 2 Jahre auf ihre Einsatzbereitschaft überprüfen zu lassen.

15. Die Fertigstellung ist der Anlagenbehörde anzuzeigen. Die in den Auflagen vorgeschriebenen Befunde und Atteste sind im Betrieb zur Einsichtnahme für Behördenorgane aufzubewahren.

 

D) Feststellungen der Leiterin der gewerbebehördlichen Verhandlung:

·         Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde von Frau X bekannt gegeben, dass in X (X, X, X) und in Wien (Firma X, X, X) bereits solche Einrichtungen genehmigt wurden. Mit Herrn X wird daher telefonisch vereinbart, diesbezügliche ergänzende Erhebungen durchzuführen.

·         Von der Antragstellerin sind hinsichtlich Beschreibung der verwendeten Geräte (Aquarien, Desinfektionsvorrichtung, Fußbadebecken, Quarantänebecken) ergänzende Projekts­unterlagen vorzulegen."

 

 

In dem als Anlage B dieser Verhandlungsschrift angeschlossenem Schreiben des Amtsarztes Dr. X vom 13.12.2011 kommt dieser zu dem Ergebnis, dass er die im Projekt beschriebene gewerbliche Anwendung von Fischen zur Fußpflege aus amtsärztlicher Sicht im Wissen um das verbleibende Infektionsrisiko nicht befürworten könne.

 

Mit Eingabe vom 19.12.2011 übermittelte die Bw eine genauere Betriebsbeschreibung.

 

Der Amtsarzt Dr. X gab dazu mit Schreiben vom 7.2.2012 und vom 6.3.2012 ergänzende Stellungnahmen ab. Im Schreiben vom 7.2.2012 führte er unter Hinweis auf die Projektsunterlagen aus, der Absatz mit der Bezeichnung "Gesundheitliche Risiken" laute folgendermaßen: "Die Anwendung der rötlichen Saugbarbe am Menschen birgt infektionshygienische Risiken. Es besteht die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern von Mensch zu Mensch und die Gefahr der Infektion mit Erregern der Fische, falls die Fische bei mehreren Patienten genutzt werden. In den mitteleuropäischen Therapiezentren wird damit unterschiedlich umgegangen: Entweder werden die Fische bei mehreren Patienten eingesetzt und zwischen zwei Einsätzen einer Quarantäne unterzogen oder sei werden nach der Behandlung getötet, um jegliches Risiko der mikrobiologischen Übertragung von Krankheitserregern durch die Fische auf den Menschen auszuschließen." Des weiteren werden im Schreiben vom 7.2.2012 für genehmigte Anwendungen Grundforderungen formuliert.

 

Aus der Stellungnahme des Dr. X vom 6.3.2012 geht Folgendes hervor:

 

"Zum gegenständlichen Antrag um gewerbebehördliche Genehmigung wird eine weitere ergänzende Stellungnahme aus humanmedizinischer Sicht abgegeben.

                                                           

 

Für die Fischpediküre wurde unter dem Aspekt der Risikominimierung in der letzten Stellungnahme Auflagepunkte für behördlich genehmigte Anwendungen formuliert und könnten für den Fall der behördlichen Bewilligung übernommen werden.

 

Ein von der Health Protection Agency veröffentlichter Leitfaden über das Management der Gesundheitsrisiken durch Fischpediküre gibt in weiterführendem Umfang die Leitlinie zu Auflagepunkten bei behördlich zu genehmigenden Betrieben.

 

Räumliche Vorbedingungen, Aufklärung der Kunden über die Fisch-pediküre, Vorbereitung auf eine Fisch-pediküre, Aufgaben nach der Anwendung, Aktionen im Falle von Blutungen, Wartung der Anlagen, Dokumentation der Infektionsfreiheit, Kontrolluntersuchungen und Überwachung von Nebenwirkungen stellen die wesentlichen Auflagepunkte dar.

 

Zusätzlich zur Anwendung der UV-Desinfektion ist der Wassertausch notwendig, da organische Materialien oder Sedimente die UV-Wirkungen blockieren können und eine mikrobielle Vermehrung in den Biofilmen möglich ist.

Die Desinfektion mit einem sauerstoffabspaltenden Flächendesinfektionsmittel wird empfohlen.

 

Bei Anwendung von Mitteln auf Basis von quaternären Ammoniumverbindungen können Rückstände hinterlassen werden, die den Fischen nicht zuträglich sind.

 

Die beantragte Behandlung der Hautkrankheit Schuppenflechte (Psoriasisbehandlung) im Rahmen des Gewerbebetriebes ist in der beschriebenen Form nicht zu befürworten.

 

Zum Einen ist grundsätzlich eine Krankheitsbehandlung rechtmäßig nur nach ärztlicher Diagnostik, Therapieanordnung und Aufsicht durchzuführen.

 

Zum Anderen ist zum beschriebenen Ablauf anzumerken, dass die betroffenen Hautstellen an Füßen und Beinen zur Behandlung zu den Fischen ins Wasser gebracht werden sollen. Diese Behandlung ist derzeit nicht als medizinisch wissenschaftlich begründete Therapieform anerkannt."

 

Schließlich äußerte sich die Abteilung Gesundheit am Amt der Oö. Landesregierung mit Rundschreiben vom 12.3.2012 zur Kangalfischtherapie. Der Inhalt dieses Schreibens entspricht inhaltlich der – unten wiedergegebenen – gutachtlichen Stellungnahme der Amtssachverständigen für Humanmedizin vom 14.8.2012.

 

Mit Schreiben vom 26.3.2012 teilte die belangte Behörde der Bw unter Hinweis auf dieses Schreiben der Abt. Gesundheit mit, dass eine Infektionsgefahr durch Infektionsübertragung vom Fisch zum Menschen nicht ausgeschlossen werden und eine Fischpediküre aus hygienischen Gründen nicht befürwortet werden könne. Es sei daher beabsichtigt, ihren Antrag abzuweisen.

 

Mit Eingabe vom 2.4.2012 führte die Bw ins Treffen, sie könne nicht nachvollziehen, wenn dieses Schreiben an alle BH's und Magistrate ergangen sei, dass in Linz 2 Firmen mit exakt denselben Fischen an Kunden arbeiten dürften. Aus der von ihr eingereichten Studie gehe hervor, dass eine Infektion -  natürlich unter der Beachtung der beschriebenen hygienischen Maßnahmen – praktisch ausgeschlossen werden könne. Daher wünsche sie einen abweisenden Bescheid, gegen den sie selbstverständlich berufen werde.

 

Daraufhin erließ die belangte Behörde den bekämpften Bescheid.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat beauftragte im Zuge des Berufungsverfahrens die Amtssachverständigen für Human- und Veterinärmedizin mit Schreiben vom 16.7.2012 um Erstellung von Befund und Gutachten zu folgenden Beweisthemen:

"In veterinärfachlicher Hinsicht:

1.          Reichen die vorhandenen Projektsunterlagen für eine abschließende Begutachtung aus?

2.          Können von den Fischen auf den Menschen Krankheiten übertragen werden?

-         wenn ja, welche?

-          wenn ja: durch welche Maßnahmen kann eine Infektion verhindert werden? (z.B. Fische werden lediglich bei einem Patienten eingesetzt)

3.      Wenn  der  Einsatz  desselben   Fisches  bei   mehreren   Kunden  aus
veterinärfachlicher Sicht zulässig ist:

         -     Ob bzw. wie lange sind die Fische bis zum Einsatz am nächsten Kunden

              abzusondern?

-         Sind eigene Absonderungsbecken erforderlich?

-          Wie sind die Fische von einem Becken ins Absonderungsbecken zu verbringen?

-         Wie oft darf dies geschehen?

-          Welche hygienischen Standards sind dabei einzuhalten, um eine Krankheitsübertragung zu vermeiden?

In humanmedizinischer Hinsicht:

1.      Reicht das vorliegende Projekt für eine fachliche Beurteilung aus?

2.      Ob bzw. welche Auflagen sind erforderlich, um außerhalb der Becken (Fußböden, Sitzgelegenheiten im "Nassbereich" etc) Krankheitsübertragungen zu verhindern?

Anmerkung: Insoweit erscheint eine analoge Anwendung der Bäderhygieneverordnung erforderlich.

3.     Welche Auflagen bzw. Bedingungen erscheinen aus humanmedizinischer
Sicht bei einem Einsatz von "Knabberfischen" als unbedingt erforderlich?"

 

Die Amtssachverständige für Humanmedizin Dr. X führte dazu in ihrer Stellungnahme vom 14.8.2012 Folgendes aus:

 

"Frau X sucht um eine gewerbebehördliche Genehmigung zur Durchführung von Fischpediküre und Psoriasisbehandlung am Standort X, X, an.

 

Grundlage für die Beurteilung ist das übermittelte Unterlagenkonvolut aus dem Gewerbeakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land. Diesem kann das Ansuchen von Frau X vom 8.11.2011 samt Grundrissskizze und knapp halbseitiger Ablaufbeschreibung der Behandlungen entnommen werden. Offenbar nachgereicht wurde ein Grundrissplan, datiert mit 21.November 2011, X, und eine Betriebsanlagenbeschreibung, undatiert, offenbar übermittelt mit der elektronischen Nachricht vom 19. Dezember 2011.

 

BEFUND:

Die beiden vorliegenden Pläne sind grundrisslich gleich, im ersten skizzenartigen Plan findet sich auch eingezeichnetes Mobiliar (Tisch, 1 Aquarium und 3 Fußbademodule mit Sesseln). Im nachgereichten Plan ist dieses Mobiliar nicht eingezeichnet, allerdings findet sich im Vorraum, der im   ersten   Plan   als Hinterzimmer   bezeichnet   ist,   das   Symbol   eines   sanitären Einrichtungsgegenstandes (Wasch­becken? Fußwaschwanne?).

 

Als Bodenbelag ist im zweiten Plan keramischer Bodenbelag ausgewiesen.

Der Zugang in das Geschäftslokal erfolgt direkt von außen ohne Vorraum. Zwischen dem Behandlungs­raum und dem dahinterliegenden Raum ist eine Falttür eingezeichnet.

Der direkte Zugang von der Straße in den Behandlungsraum ist aus hygienischer Sicht ungünstig, da hier Straßenschuh- und Barfußbereich unmittelbar aneinander grenzen bzw. sich, sogar überkreuzen. Durch das Schuhwerk kommt es zu Schmutzeintrag, in der Folge kann es bei ungenügender Reinigung (vor allem in den Fliesenfugen) zu Keimwachstum kommen. Wenn derartige Strassenschuhbereiche barfuß betreten werden, kann es zu Infektionsübertragungen kommen.

 

Der Raum, in dem die Aquarien aufgestellt werden sollen, ist 14,28 m2 groß. Jedenfalls die Bereiche unmittelbar rund um die Aquarien sind als nassbelastete Barfußbereiche einzustufen. Hier müsste für den Bodenbelag jedenfalls Rutschsicherheit nachgewiesen werden. Darüber hinaus ist der Boden desinfektionsmittelbeständig auszuführen, wobei vor allem eventuellen Fliesenfugen große Bedeutung zukommt.

Das Hinterzimmer ist 6,35 m2 groß. Hier soll offenbar eine Waschmaschine aufgestellt werden, das im Plan eingezeichnete Symbol ist allerdings nicht klar. Für das Aufbereiten der Fußhandtücher ist eine Waschmaschine von Nöten, mit der eine thermische Desinfektion durchgeführt werden kann bzw. eine chemothermische Desinfektion mit einem geeigneten ÖGHMP oder VAH gelisteten Waschmittel. Weiters ist hier zu beachten, dass es zu keiner Vermengung von unreinen und reinen Handtüchern kommt. Auf geeignete eigens gekennzeichnete Transportbehälter für unreine Wäsche sowie auf geeignete Lagerflächen für reine Wäsche (geschlossene Kästen) ist in diesem Zusammenhang zu achten. Zu dieser Thematik findet sich in den Einreichunterlagen nichts mit Ausnahme eines Satzes, dass die Handtücher bei 60°C mit einem desinfizierendem Waschmittel gewaschen werden.

Von diesem Raum aus ist ein WC zugänglich. Umkleiden für die Kunden sind nicht vorhanden, dafür müsste auch das Hinterzimmer genutzt werden, das aber schon etliche Funktionen aufweist und noch dazu als Durchgangsraum für das WC dienen muss.

 

Die Beschreibungen der Behandlungen in den beiden eingereichten Unterlagen sind nicht ident. Dargestellt wird nun der Ablauf der Behandlung gemäß dem neueren Schriftstück vom 19. Dezember 2011:

Aufgestellt werden drei Aquarien mit den Maßen 80 x 35 x 40 (112 I pro Aquarium). Zwei der Aquarien werden mit Wasser und Fischen befüllt, eines steht leer. In jedem Becken werden 20 Fische gehalten. Der Bodengrund der Aquarien ist Sand.

Die Wasseraufbereitung der Aquarien ist unzureichend beschrieben. (Zulauf und Ablauf des Wassers - direkte Verbindung zum Abfluss? Rückströmen möglich? Frischwasserzusatz? Menge des umgewälzten Wassers/Stunde). Die Filterung ist lediglich als "Vor- und Magnetfilter" beschrieben, wobei Magnetfilter in der Aquaristik in der Regel nicht zum Einsatz kommen, da sie in erster Linie dazu dienen, ferromagnetische Partikel abzuscheiden.

Bei jedem Aquarium ist ein UV-C-Desinfektor beschrieben, auch hier ist nicht klar, wie diese Art der Desinfektion erfolgen soll (strömt das Wasser im Zulauf an der UV-C Lampe vorbei oder wird lediglich das Beckenwasser bestrahlt?). Durch die UV-Bestrahlung soll es zur Inaktivierung von Mikroorganismen kommen. Grundsätzlich kommt es durch die UV-Strahlung zur Veränderung des Genmaterials (Nukleinsäuren) der Mikroorganismen, sodass eine Vermehrung nicht mehr stattfinden kann. Die Wirksamkeit dieser UV-Entkeimung ist aber infrage zu stellen bei zusammengelagerten Mikroorganismen, Parasiten und Bakteriensporen und ist zudem wesentlich abhängig von der Durchlässigkeit des Wassers. Die Durchlässigkeit wird beeinflusst von der Trübung des Wassers, Härte, Schwebstoffgehalt, Eisen- und Mangangehalt etc. Das Wasser muss möglichst klar und in dünner Schicht an dem UV-Strahler vorbeifließen. Weiters werden Biofilme nicht beeinflusst und auch eine Depotwirkung ist nicht gegeben. Natürlich ist auch keine Wirkung auf die Mikroorganismen der Fische gegeben.

 

Die Pedikürebehandlung soll pro Kunde 25 Minuten dauern. Kunden mit Infektionen wie Hepatitis B oder C, HIV und Pilzerkrankungen werden nicht zugelassen, wobei sich die Frage stellt, wer dies wie diagnostiziert.

 

Vor der Behandlung muss der Kunde die Füße waschen. Die Fische sollen Hautschuppen und verhärtete Haut abtragen. Winzige Hautverletzungen durch das Abknabbern wären vor allem bei vorgeschädigter Haut denkbar.

Ob nach jeder Behandlung ein Gesamtwasserwechsel erfolgt, ist der Antragstellerin selbst noch nicht klar. Möglich wäre für sie auch ein nur teilweiser Wasserwechsel. Die Fische bleiben dieselben, werden nicht umgesetzt.

Für die Psoriasisbehandlung wird das zweite gefüllte Becken herangezogen. Ein Patient wird drei Wochen lang täglich eine Stunde behandelt, die Fische bleiben die selben. Das Wasser wird während der drei Wochen nicht gewechselt.

Der Aussage, dass dabei "ja keine Gefahr einer Krankheitsübertragung besteht", muss widersprochen werden, da sogar in Aquarien, in denen ein zusätzlicher Eintrag von organischen Substanzen durch Menschen nicht erfolgt, das Wasser in der Regel in wöchentlichen Abständen zumindest teilweise gewechselt werden muss. Grund dafür ist der ständige Eintrag von organischen Substanzen (Ausscheidungen der Fische, Futterreste, etc.). Bei Verwendung des Aquariums auch durch Menschen kommen dessen Absonderungen (Schweiß und Talg, chemische Belastungen durch Reste von Kosmetika etc.) noch dazu.

Menschen mit vorgeschädigter Haut (wie z.B. Psoriatiker) bzw. Menschen mit winzigsten Hautverletzungen sind bei diesen Behandlungen jedenfalls einer Infektionsgefahr ausgesetzt. Nach dem dreiwöchigen Behandlungszyklus werden die Fische in das dritte Becken umgesetzt, das zweite Becken mit Eichenrindenextrakt desinfiziert. Eichenrindenextrakt ist kein Desinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit, es müsste ein ÖGHMP bzw. VAH gelistetes Desinfektionsmittel zur Anwendung kommen.

Ein Quarantänebecken ist in der nachgereichten Beschreibung nicht mehr beschrieben. Ursprünglich waren zwei Quarantänebecken zu je 100 l beschrieben.

 

GUTACHTEN:

 

Die Beurteilung stützt sich vorwiegend auf die englische Richtlinie "Guidance on the management of the public health risks from fish pedicures" der Health Protection Agency 2011 und die Studie "Analysis of potential microbiological risks in Ichthyotherapy using Kangal fish" - K. Heistinger et al., 2011.

 

Zu betrachten ist vor allem das Risiko einer möglichen Infektionsübertragung. Eine Infektionsgefahr ergibt sich durch Infektionsübertragung vom Fisch zur behandelten Person, vom Wasser zur behandelten Person, und von Person zu Person über das Wasser. Infektionen von Person zu Person über Oberflächen können natürlich auch vorkommen, werden aber nicht behandelt, da sie kein spezifisches Problem der Kangalfischbehandlung darstellen.

 

Wasserbecken, in denen Fische gehalten werden und die auch von Menschen benützt werden, enthalten naturgemäß eine Vielfalt an Mikroorganismen, die sich bei den nötigen Temperaturen besonders leicht vermehren können. Das Infektionsrisiko steigt, wenn die natürlichen Abwehrmechanismen der Haut wie z.B. die physiologische Keimflora geschädigt sind. Dazu kommt, dass durch die längere Dauer des Eintauchens (z.B. der Beine) die Haut aufgeweicht und leichter durchdringbar für Keime wird.

 

Infektionsübertraqunq vom Fisch auf den Menschen:

o         Bei den bakteriellen Infektionen der Fische sind vor allem Erreger wie Aeromonas species, Streptococcus agalactiae, Salmonellen, Vibrio cholerae und vor allem aquatische Mykobakterien zu beachten. Besonders problematisch erscheint bei den aquatischen Mykobakterien, dass aufgrund ihres ubiquitären Vorkommens und aufgrund der oft latent verlaufenden Infektion der Fische eine effektive Kontrolle der Tiere auf das Freisein von Mykobakterien unter Praxisbedingungen kaum möglich ist. Aquatische Mykobakterien können auch bei gesunden Menschen Hautveränderungen verursachen (Schwimmbadgranulom) und bei immunsupprimierten Personen sogar eine systemische Granulombildung induzieren. Hautläsionen sind dabei die Eintrittspforte, woraus sich u.a. ergibt, dass Personen mit Hautläsionen besonders prädisponiert für verschiedenste bakterielle Hautinfektionen sind.

     

Bei Salmonellen und Vibrio cholerae kämen allenfalls Übertragungen von "Hand zu Mund" nach einer Fischmaniküre in Frage. Das Risiko der Übertragung bakterieller Infektionen ist gemäß der zitierten Studie von x et al. in jedem Fall gegeben, wobei das höchste Risiko die Übertragung der Fischtuberkulose darstellt.

 

Infektionsübertraqunq über das Wasser auf den Menschen:

o  Bei Infektionen, die über das Wasser übertragen werden können, sind Erreger wie Pseudomonas aeruginosa zu erwähnen, was zu einer Follikulitis führen kann. Legionellen können ebenfalls im Wasser vorhanden sein, stellen aber aufgrund der geringen Aerosolbildung in den Becken ein untergeordnetes Infektionsrisiko dar. Eine Ausnahme stellt die Verwendung von Sauerstoffpumpen dar, bei denen es sehr wohl zu Aerosolbildung kommen kann.

 

Eine Infektionsübertragung durch Wasser ist bei vollständigem Wasserwechsel und Reinigung und Desinfektion des Behandlungsbeckens nach jedem Kunden nicht gegeben. Bei nur teilweisem Wasserwechsel und Nutzung des Beckens durch mehrere Kunden gleichzeitig oder nacheinander ist eine Infektionsübertragung nicht auszuschließen.

Diese Wannen verfügen in der Regel über Wasserkreislaufsysteme mit externer Filterung. Hier ist neben der Belastung des Beckenwassers mit Mikroorganismen auch eine Biofilmbildung und Keimwachstum in Schläuchen und Filtermaterial möglich.

 

Infektionsübertragung von Person zu Person:

o        Bei der Übertragung von Bakterien kommt Staphylococcus aureus in Frage, z.B. bei    Kolonisationen bei aktiven Ekzemen oder Psoriasis. Allerdings ist die Übertragung aufgrund    der Verdünnung durch das Wasser unwahrscheinlich.

o        Die Übertragung von Viren (Hepatitis B und C, HIV) über Blut, das in das Wasser und/oder     in die Fische gelangt, muss ebenfalls beachtet werden.

 

Virenübertragung über Fische: In der Studie "Analysis of potential microbiological risks in Ichthyotherapy using Kangal fish" - x et al. werden auch diese möglichen Infektionsrisiken geprüft und bewertet.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine Übertragung humanpathogener Viren durch die Fische ausgeschlossen werden kann, wenn zwischen zwei Behandlungen mehr als 15 Minuten, besser 60 Minuten liegen.

      Virenübertragung über Wasser: Eine Übertragung durch Wasser, das mit Viren (z.B. HIV, HBC, HCV) belastet ist, ist nicht gänzlich auszuschließen, wenn auch das Infektionsrisiko als nicht sehr hoch eingeschätzt wird. HBV beispielsweise ist äußerst leicht übertragbar - es genügen kleinste Mengen Blut für eine Infektion - und sehr widerstandsfähig. Es kann in der Umwelt bis zu einer Woche überleben und infektionsfähig bleiben. Auch für HCV ist nachgewiesen, dass das Virus in feuchter Umgebung einige Tage lang überleben kann.

 

 

Zusammenfassung:

 

Eine Infektionsübertragung durch die Fische - insbesondere die Übertragung von bakteriellen Infektionen - und durch das Wasser (bei Nutzung eines Beckens durch mehrere Kunden gleichzeitig oder nacheinander) kann nicht ausgeschlossen werden. Eine Quarantäne der Fische für 60 Minuten wäre dabei insbesonders für die Übertragung von bakteriellen Infektionen wahrscheinlich nicht ausreichend, bzw. kann dies aufgrund der vorliegenden Daten nicht nachvollzogen werden.

 

      In diesem Zusammenhang müssen ärztlich angeordnete Therapie von Ichthyosen (Verhornungsstörungen der Haut) und Psoriasis (Schuppenflechte) und Fischpediküre gesondert betrachtet werden.

Therapie von Ichthyosen und Psoriasis: Bei einer Nutzen-Risikoabwägung durch den Arzt kann im Einzelfall der Nutzen der Behandlung - bei besonders stark ausgeprägten und tendenziell therapieresistenten Krankheitserscheinungen - gegenüber dem Infektionsrisiko überwiegen. In diesem Fall könnten diese Behandlungen unter Einhaltung entsprechender Sicherheitsvorkehrungen aus hygienischer Sicht (mikrobiologisches Monitoring sowohl des Wassers als auch der Fische, entsprechende Wasseraufbereitung, etc.) überlegt werden. Offen bleibt dabei nach wie vor das Problem der fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung dieser Behandlungsmethode.

 

Diese Therapie ist derzeit nicht als medizinisch wissenschaftlich begründete Therapieform anzusehen (siehe Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 26. Juni 2003, GZ.: 20030/38-1/A/3/03). Eine Pilotstudie aus dem Jahr 2006 (x, x) zeigte zwar, dass die Therapie mit Kangalfischen wirksam ist, allerdings wurde gleichzeitig eine UVA-Therapie durchgeführt. Die Aussagekraft der Studie ist daher begrenzt, auch da nur eine kleine Anzahl von Patienten behandelt wurde und keine Kontrollgruppe geführt wurde.

 

Die Fischpediküre dagegen kann aus fachlich hygienischer Sicht generell nicht befürwortet werden und erscheint daher nicht genehmigungsfähig. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass ein Infektionsrisiko für den Kunden nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann und dass für die Pediküre ausreichend anerkannte, schonende und wirksame Methoden der Hornhautentfernung und -behandlung zur Verfügung stehen.

Aus diesem Grund kann auch keine Formulierung von Auflagen bzw. Bedingungen bei Einsatz von Knabberfischen erfolgen.

 

Abschließend und der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass das vorliegende Projekt äußerst mangelhaft ist und keine detaillierten Angaben über räumliche Ausstattung, Wäscheaufbereitung und Lagerung, Reinigung und Desinfektion der Räumlichkeiten, genauen Ablauf der Behandlungen etc. enthält.

Der Antragstellerin eine Ergänzung des Projekts aufzutragen erscheint aber insgesamt nicht zielführend, da es zu keiner geänderten Beurteilung der Fischpediküre kommen kann."

 

 

 

Der Amtssachverständige für Veterinärmedizin Dr. X führte in seiner Stellungnahme vom 28.9.2012 dazu aus:

 

"Zur gestellten Frage, ob von den Fischen auf den Menschen Krankheiten übertragen werden können, und wenn ja welche, verweise ich auf die unter der Zwischenüberschrift im Gutachten: "Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen" ebenfalls von X gemachten Aussagen, die ich vollinhaltlich mittrage.

 

Ich beziehe mich in der Beantwortung der Frage: "Können von Fischen auf den Menschen Krankheiten übertragen werden, wenn ja welche?" auf K. H; H. H; H. L and N. N; (2011).

"Analysis of potential microbiological risks in Ichthyotherapy using Kangal fish (Garra rufa)" (Analyse des möglichen mikrobiologischen Risikos bei der Nutzung von Kangal Fischen (Garra rufa) in der Ichthyotherapie)

Von den Autoren werden folgende Mikroorganismen als relevant beschrieben:

Gram-negative Bakterien

Aeromonas sp. und Pseudomonas sp. sind als ubiquitäre, in Wasser weit verbreitete Keime bekannt und insbesonders wird Aeromonas hydrophila als opportunistischer Infektionserreger von Allgemeininfektionen und von lokalen Gangränen beschrieben.

 

Enterobakteriaceae wie E.coli, Salmonella spp. oder Klebsiella pneumoniae sind als Auslöser von Durchfall und/oder Blutvergiftung bekannt.

Das Vorkommen von Edwardsiella - besonders von Edwardsiella tarda - ist vor allem in Warmwasseraquarien dokumentiert. Dieser Keim kann zu Gastroenteritis und Gehirnhautentzündungen führen.

M. D. (2012) verweist in ihrem Gutachten noch zusätzlich auf Salmonella spp. und Vibrio cholerae.

 

Gram-positive Bakterien

Staphylokokkus sp. und Streptokokkus sp. werden aus Fischschleim und Aquarienwasser isoliert, Mycobacterium marinum, fortuitum und cheloniae auf Fischschleim.

            

Die Frage durch welche Maßnahmen eine Infektion verhindert werden kann, ist dem medizinischen Gutachten zuzuordnen und wurde daher von der medizinischen Sachverständigen Dr. M. X eingehend beantwortet. Eine Übertragung von Keimen kann insbesondere bei aquatisch lebenden    Mykobakterien nicht vollständig ausgeschlossen werden, da die verfügbaren Nachweismethoden wie PCR (Identification of mycobacteria infecting fish to the species level using polymerase chain reaction and restriction enzyme analysis, A.l M. T.tb, R. R.c, M. T., 1997) und Kulturversuch keine 100%ige negative Prädiktivität erreichen. Mit dem Untersuchungsprotokoll, wie von K. H. et al. (2011) vorgeschlagen, kann das Risiko des Vorkommens dieser Erreger allerdings auf ein Minimum reduziert werden.

 

Zur Frage, wenn der Einsatz ein und desselben Fisches bei mehreren Kunden aus veterinärfachlicher Sicht zulässig ist und ob bzw. wie lange die Fische bis zum Einsatz am nächsten Kunden abzusondern sind?

 

Nachdem ein vollständiger Ausschluss von Infektionen mit Bakterien wie schon ausgeführt grundsätzlich nicht möglich ist, kann auch keine Zeitspanne für eine Quarantäne angegeben werden.

 

Die von K. H. et al. (2011) angegebenen 60 Minuten können aus der zusammengefassten Veröffentlichung nicht nachvollzogen werden, hier wären die Ergebnisse des Originalpapiers im Einzelnen heranzuziehen. Dies ist jedoch aus den angeführten Gründen für die Fragestellung ohnehin irrelevant.

 

Auch die weiteren Fragen sind zumindest aus hygienischer Sicht nicht relevant, da ein Nullrisiko einer Infektion ohnehin nicht erreicht werden kann.

 

Aus Tierschutzsicht wird allerdings auf die Fachinformation Tierschutz Nr. 4.1_(2)_d | vom 14. Februar 2012 Nutzung von Kangalfischen (Garra rufa) des Schweizerischen Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) hingewiesen, wo unter 1.2 Nutzung zu kosmetischen, resp. Wellness-Zwecken festgehalten wird:

"Der Nutzen für den Menschen ist demnach geringer zu gewichten als die Belastung für die Fische. Ungerechtfertigtes Zufügen von Schmerzen, Leiden und Schäden und Versetzen in Angst sind weitere Argumente, da es im Zusammenhang mit der Nutzung der Fische zwangsläufig zu Stresssituationen, verbunden mit einem beträchtlichen Verletzungsrisiko kommt (Insbesondere beim Handling zum Umsetzen der Tiere)."

 

Zu den Effekten einer Stressbelastung auf die Fische durch die Verwendung im therapeutischen Einsatz liegen derzeit keine Daten vor, die über allgemeine Überlegungen und Empfehlungen unter Heranziehung der Lebensbedingungen im Herkunftsbiotop hinausgehen. Derartige Untersuchungen wären aber notwendig, um eine abschließende Beurteilung aus Tierschutzsicht auch für den medizinischen Einsatz treffen zu können.

 

Literatur:

Heistinger, K.; Heistinger, H.; Lussy, H. and Nowotny, N. (2011):

Analysis of potential microbiological risks in ichthyotherapy using Kangal fish (Garra rufa)

Egypt J. Aquat. Biol. & Fish., Vol. 15, No. 3: 525-537(2011) ISSN 1110-6131

Talaat, A.; Reimschuessel, R.; Trucksis, M. (1997):

Identification of mycobacteria infecting fish to the species level using polymerase chain reaction and restriction enzyme analysis

Veterinary Microbiology; Volume 58, Issues 2-4, November 1997, Pages 229-237"

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.10.2012 verwiesen die Amtssachverständigen für Humanmedizin, Frau Dr. X und der Amtssachverständige für Veterinärmedizin Dr. X in ihrem Befund auf die Ausführungen im Schreiben der Abt. Gesundheit vom 14.8.2012 und der Abt. Ernährungssicherheit und Veterinärwesen vom 28.9.2012. Daraufhin erstatteten Dr. X und Dr. X folgendes gemeinsames human- und veterinärmedizinisches Gutachten:

 

"Zur Frage des Verhandlungsleiters "Gehen Sie von folgender Voraussetzung aus, jeder Fisch wird nur für eine einzige Behandlung eingesetzt; welche Krankheiten können vom Fisch auf den Menschen übertragen werden?" ist festzuhalten, dass die entsprechenden dafür in Betracht kommenden Mikroorganismen im Schreiben vom 28.9.2012 angeführt sind. Es handelt sich dabei insbesondere um Gram-negative Bakterien und Gram-positive Bakterien. Dazu wird auch auf Seite 3 in der Stellungnahme vom 14.8.2012 "Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen" verwiesen. Die dortigen Ausführungen werden ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung wiedergegeben. Die in der Stellungnahme vom 28.9. 2012 getroffene Unterscheidung zwischen Gram-positiven und Gram-negativen Bakterien entspricht in der Summe den auf Seite 3 des Gutachtens vom 14.8.2012 angeführten Bakterien. Aus humanmedizinischer Sicht kann diese Infektionsübertragung jedenfalls zum Krankheitsbild beim Menschen führen. Die genauen Auswirkungen wurden in der Stellungnahme vom 14.8.2012 ausgeführt (Schwimmbadgranulom etc.).

 

Zur Frage des rechtsanwaltlichen Vertreters an den veterinärmedizinischen Sachverständigen "Festzuhalten ist, dass H. in seinen Ausführungen bei einer 60-minütigen Quarantäne von einer maßgeblichen Reduktion des Infektionsrisikos ausgeht. Meine Frage lautet daher: Kann bei einer noch länger andauernden Quarantäne dies gegen Null reduziert werden? Zu denken ist dabei insbesondere daran, dass bei Betriebsschluss bzw. nach Betriebsende die Fische ohnedies über 8 Stunden lang nicht zum Einsatz kommen und insoweit eine ausreichende Quarantäne denkbar wäre." ist festzuhalten, dass mit den Ausführungen H. die der Stellungnahme vom 14.8.2012 angeschlossene Analysis of potential microbiological risks gemeint ist. Die Ausführungen des H. beziehen sich auf virale Infekte, nicht aber auf bakterielle Infekte. Bakterielle Übertragungen sind davon nicht erfasst. Eine bakterielle Infektion kann durch eine Quarantäne nicht nachvollziehbar ausgeschlossen werden. Selbst mehrstündige Quarantäne bzw. Isolation des Fisches würde daran nichts ändern.

 

Zur Frage des rechtsanwaltlichen Vertreters "Gibt es andere technische Möglichkeiten, um eine Infektionsübertragung auszuschließen?" ist festzuhalten, dass die in den Stellungnahmen angeführten bakteriellen Erreger entweder im Fisch selber sind oder sich zumindest auf dessen Schleimhaut befinden. Diese bakteriellen Erreger sind untrennbar mit dem Fisch verbunden.

 

Zur Frage der Berufungswerberin "Kann durch die UV-Bestrahlung das Bakterium bzw. die Bakterien entsprechend abgetötet werden?" ist festzuhalten, dass dies nicht möglich ist. Der Fisch wird immer Erreger in bzw. auf sich tragen.

 

Zur Frage des rechtsanwaltlichen Vertreters "Gibt es andere technische Möglichkeiten, um eine Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen ausschließen zu können?" ist festzuhalten, dass unter diesen Rahmenbedingungen nach dem Stand der veterinärmedizinischen und humanmedizinischen Wissenschaft dazu keine Mittel bzw. Möglichkeiten bekannt sind. Eine Desinfektion des Wassers scheidet ja aus, da dies den Fisch töten bzw. nachhaltig schädigen würde.

 

Zur Frage der Berufungswerberin "Erkranken die Fische nicht selbst?" ist festzuhalten, dass die Fische nicht zwingend selbst erkranken. Sie sind einfach Träger der Bakterien.

 

Zur Frage der Berufungswerberin "Könnte man die erkrankten bzw. infizierten Fische vorweg ausselektieren und auf diese Weise eine Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen ausschließen?" ist festzuhalten, dass dies nicht möglich ist. Man würde nicht bemerken, ob der Fisch infiziert ist bzw. Bakterienträger ist. Wie schon erwähnt, ist es durchaus möglich, dass der Fisch selber nicht erkrankt, sondern lediglich Träger des Bakteriums ist."

 

Zusammengefasst steht daher fest: Selbst wenn jeder Fisch nur für eine einzige Behandlung eingesetzt wird, können vom Fisch auf den Menschen gram-negative Bakterien und gram-positive Bakterien übertragen werden. Bei den bakteriellen Infektionen der Fische sind vor allem Erreger wie Aeromonas species, Streptococcus agalactiae, Salmonellen, Vibrio cholerae und vor allem aquatische Mykobakterien zu beachten. Aquatische Mykobakterien können auch bei gesunden Menschen Hautveränderungen verursachen (Schwimmbadgranulom) und bei immunsupprimierten Personen sogar eine systemische Granulombildung induzieren. Hautläsionen sind dabei die Eintrittspforte, woraus sich u.a. ergibt, dass Personen mit Hautläsionen besonders prädisponiert für verschiedenste bakterielle Hautinfektionen sind. Bei Salmonellen und Vibrio cholerae kämen allenfalls Übertragungen von "Hand zu Mund" nach einer Fischmaniküre in Frage. Das Risiko der Übertragung bakterieller Infektionen ist in jedem Fall gegeben, wobei das höchste Risiko die Übertragung der Fischtuberkulose darstellt. Die Infektionsübertragung kann jedenfalls zum Krankheitsbild beim Menschen führen.

 

Die bakteriellen Erreger befinden sich entweder im Fisch selber oder zumindest auf dessen Schleimhaut. Diese bakteriellen Erreger sind untrennbar mit dem Fisch verbunden. Nach dem Stand der veterinärmedizinischen und humanmedizinischen Wissenschaft sind keine Mittel bzw. Möglichkeiten bekannt, um eine solche Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen ausschließen zu können.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die mündlichen Verhandlung am 12.10.2012. Die im Verfahren vor der belangten Behörde und dem UVS eingeholten Stellungnahmen der Amtssachverständigen sprechen von infektionshygienischen Risiken.  Entscheidendes Beweisthema war, ob dieses Infektionsrisiko durch Auflagen oder Vorkehrungen vermieden werden kann. Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung am 12.10.2012 erstatteten gemeinsamen Gutachtens der Amtssachverständigen für Human- und Veterinärmedizin steht für den Verwaltungssenat fest, dass selbst dann, wenn jeder Fisch nur für eine einzige Behandlung eingesetzt wird, eine bakterielle Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen möglich ist. Es sind nach dem derzeitigen Stand der veterinärmedizinischen und humanmedizinischen Wissenschaft keine Mittel bzw. Möglichkeiten bekannt, um eine solche Infektionsübertragung ausschließen zu können. Der Verwaltungssenat legt seinen Feststellungen die gutachtlichen Ausführungen der Amtssachverständigen für Humanmedizin Dr. X und des Amtssachverständigen für Veterinärmedizin Dr. X zu Grunde, zumal die Bw diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist (vgl. VwGH vom 31.1.2012, Gz. 2010/05/0212). Der Umstand, dass der Amtsarzt Dr. X in seiner Stellungnahme vom 7.2.2012 und vom 6.3.2012 Grundforderungen für genehmigte Anwendungen formulierte, ändert daran nichts, zumal er dabei auf bestehende gesundheitliche Risiken hinwies. Die im Berufungsverfahren vorgenommene gutachtliche Beurteilung durch die Amtssachverständigen für Humanmedizin und Veterinärmedizin basieren auf einer umfangreichen und schlüssigen Auseinandersetzung mit dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft. Im Übrigen ergeben sich die Feststellungen aus den angeführten behördlichen Dokumenten bzw. Schriftstücken.

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 2 Abs 1 und 2 des Ärztegesetzes lautet:

(1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;

2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;

3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1);

4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut;

5. die Vorbeugung von Erkrankungen;

6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe;

7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;

8. die Vornahme von Leichenöffnungen.

 

§ 3 Abs 1 Ärztegesetz lautet:

(1) Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten.

 

§ 1 Abs 1 und Abs 4 Arzneimittelgesetz lautet:

(1) “Arzneimittel” sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper

1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,

2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,

3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,

4. Krankheitserreger , Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder

5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.

 

(4) “Stoffe” sind

1. chemische Elemente, chemische Verbindungen sowie deren Gemische und Lösungen,

2. Pflanzen, Pflanzenteile und Pflanzenbestandteile in jeglicher Form,

3. Tierkörper sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch oder Tier in jeglicher Form und

4. Mikroorganismen und Viren sowie deren Bestandteile oder Produkte.

 

§ 1 Abs 1 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 (Oö. KAG 1997) lautet:

 (1) Unter Krankenanstalten (Heil- und Pflegeanstalten) sind Einrichtungen zu verstehen, die

1. zur Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung,

2. zur Vornahme operativer Eingriffe,

3. zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung,

4. zur Entbindung oder

5. für Maßnahmen medizinischer Fortpflanzungshilfe

bestimmt sind.

 

§ 2 Oö. KAG 1997 lautet:

Krankenanstalten im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 sind:

...

7. selbständige Ambulatorien, das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist. Die Durchführung von Hausbesuchen im jeweiligen Einzugsgebiet ist zulässig.

 

§ 1 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO) lautet:

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig

ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

 

§ 2 Abs 1 Z 11 GewO lautet:

 (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

...

11. die Ausübung der Heilkunde, der Psychotherapie und des psychologischen Berufes im Bereich des Gesundheitswesens, die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten der Dentisten, Hebammen, der Tierärzte sowie der Apotheker, die Krankenpflegefachdienste, die medizinisch-technischen Dienste sowie die Sanitätshilfsdienste, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten, die in Anstalten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu leistenden gewerblichen Arbeiten;

 

§ 74 Abs 1 und 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO) lauten:

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

§ 76 Abs 1 GewO lautet:

(1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann durch Verordnung Maschinen, Geräte und Ausstattungen bezeichnen, deren Verwendung für sich allein die Genehmigungspflicht einer Anlage nicht begründet, weil sie so beschaffen sind oder mit Schutzvorrichtungen so versehen oder für ihre Verwendung andere Schutzmaßnahmen, zu denen auch die Beigabe von Aufstellungs-, Montage-, Bedienungs-, Kontroll- und Wartungsanleitungen zählt, so getroffen sind, daß nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

 

§ 77 Abs 1 GewO lautet:

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

 

§ 1 Abs 1 und 2 der Bäderhygieneverordnung lautet:

(1) Diese Verordnung ist, soweit die Abs. 2 bis 4 nichts anderes bestimmen, auf Bäder, Warmsprudelwannen (Whirlwannen), Saunaanlagen, Warmluft- und Dampfbäder, Bäder an Oberflächengewässern und Kleinbadeteiche anzuwenden.

(2) Die §§ 44, 59 und 86 sind auf gewerbliche Betriebsanlagen, die der Genehmigungspflicht gemäß § 74 der Gewerbeordnung 1994 unterliegen, nicht anzuwenden. Mit Ausnahme des jeweils ersten Satzes sind die §§ 45, 60, 66, 68 und 87 auf gewerbliche Betriebsanlagen, die der Genehmigungspflicht gemäß § 74 der Gewerbeordnung 1994 unterliegen, im Rahmen der Überwachungsbestimmungen gemäß § 338 der Gewerbeordnung 1994 sinngemäß anzuwenden.

 

Die Bw brachte vor, das Knabbern der Fische könne keinesfalls unter den Begriff der Tätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 subsumiert werden. Die Ärztekammer geht in ihrer Stellungnahme vom 24.8.2012 dagegen davon aus, dass die Behandlung von Hauterkrankungen mit Knabberfischen den Ärzten vorbehalten sei. Die von der Ärztekammer vertretene Rechtsverfassung ist zutreffend. Die ergibt sich insbesondere bei Einbeziehung der Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes. So erfüllen auch lebende Tiere die Stoffdefinition des § 1 Abs. 4 Z. 3  Arzneimittelgesetz und sind bei Erfüllung der Zweckbestimmung des § 1 Abs. 1 Arzneimittelgesetz als Arzneimittel einzustufen. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle des Arzneimittelgesetzes BGBl. I Nr. 63/2009, werden als Beispiele dafür ausdrücklich "Knabberfische" (Behandlung von Psoriasis) genannt. Soweit die vorliegende Betriebsbeschreibung auf die Behandlung von Krankheitsbildern wie Psoriasis Bezug nimmt, beschreibt sie folglich die Ausübung der Heilkunde, welche gem. § 2 Abs. 1 Z. 11 Gewerbeordnung nicht Gegenstand eines Gewerbes sein kann (vgl. auch § 1 Abs. 1 Z. 3 . KAG 1997 und die Definition des selbständigen Ambulatoriums im § 2 Z 7 . KAG).

 

Im Rahmen des reglementierten Gewerbes "Kosmetik" (Schönheitspflege) im Sinn des § 94 Z. 42 GewO 1994 wäre – berufsrechtlich gesehen - der Einsatz von Knabberfischen zu Wellnesszwecken oder zur Pediküre bzw. Maniküre denkbar. Im Hinblick auf die Infektionsrisiken besteht jedenfalls eine betriebs­anlagenrechtliche Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs. 2 der Gewerbeordnung. Entscheidendes Bewilligungskriterium ist dabei der Schutz der Kunden im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 1 der Gewerbeordnung. Bislang wurde keine Verordnung im Sinn des § 76 Abs. 1 der Gewerbeordnung erlassen (vgl. als Beispiel dazu die Solarienverordnung BGBl.Nr. 147/1995). Der Antrag wäre nur dann – bzgl. der gewerblichen Tätigkeiten – genehmigungsfähig, wenn eine Gesundheitsgefährdung der Kunden, bei denen Knabberfische angewendet werden sollen, vermieden werden kann. Der von der Bw im Berufungsschriftsatz ins Treffen geführte Vergleich mit Schwimmbädern vermag ihr dabei nicht zum Erfolg zu verhelfen. Für Schwimmbäder sind die Bestimmungen der Bäderhygieneverordnung, BGBl II Nr. 321/2012, maßgeblich. Becken, in denen Knabberfische eingesetzt werden sollen, sind von der Bäderhygieneverordnung nicht erfasst. Eine Desinfektion des Wassers – wie sie in Schwimmbädern üblich ist – würde die Fische nachhaltig schädigen. Zudem befinden sich die bakteriellen Erreger im Fisch oder zumindest auf dessen Schleimhaut. Die bakteriellen Erreger sind untrennbar mit dem Fisch verbunden. Die Infektionsübertragung kann beim Menschen zu Krankheiten führen. Nach dem Stand der veterinär- und humanmedizinischen Wissenschaft sind keine Mittel bekannt, um eine solche Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen ausschließen zu können.  Eine Gesundheitsgefährdung der Kunden  kann nicht vermieden werden kann, weshalb die Genehmigungsvoraussetzungen iSd § 77 Abs. 1 GewO nicht vorliegen.

 

Im Ergebnis bedeutet dies: Soweit die beantragten Tätigkeiten dem Gewerbe der Kosmetik zugeordnet werden können, wurde der Antrag zu Recht als unbegründet abgewiesen, zumal die Genehmigungsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 GewO nicht vorliegen. Der Antrag auf Erteilung einer Betriebsanlagen­genehmigung wäre – soweit er sich auf Tätigkeiten bezieht, die dem Ärztevorbehalt unterliegen – als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Durch die Abweisung ihres Antrages wird die Bw aber nicht in ihren Rechten verletzt.

 

Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Weigl


VwSen-531275/20/Wg/GRU/TK vom 2. November 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Ärztegesetz §2 Abs2;

Arzneimittelgesetz §1 Abs1;

Arzneimittelgesetz §1 Abs4 Z3;

GewO §2 Abs1 Z11;

GewO §74 Abs2;

GewO §77 Abs1;

GewO §94 Z2

 

Die Bw brachte vor, das Knabbern der Fische könne keinesfalls unter den Begriff der Tätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 subsumiert werden. Die Ärztekammer geht in ihrer Stellungnahme vom 24.8.2012 dagegen davon aus, dass die Behandlung von Hauterkrankungen mit Knabberfischen den Ärzten vorbehalten sei. Die von der Ärztekammer vertretene Rechtsverfassung ist zutreffend. Die ergibt sich insbesondere bei Einbeziehung der Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes. So erfüllen auch lebende Tiere die Stoffdefinition des § 1 Abs. 4 Z. 3 Arzneimittelgesetz und sind bei Erfüllung der Zweckbestimmung des § 1 Abs. 1 Arzneimittelgesetz als Arzneimittel einzustufen. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle des Arzneimittelgesetzes BGBl. I Nr. 63/2009, werden als Beispiele dafür ausdrücklich "Knabberfische" (Behandlung von Psoriasis) genannt. Soweit die vorliegende Betriebsbeschreibung auf die Behandlung von Krankheitsbildern wie Psoriasis Bezug nimmt, beschreibt sie folglich die Ausübung der Heilkunde, welche gem. § 2 Abs. 1 Z. 11 Gewerbeordnung nicht Gegenstand eines Gewerbes sein kann (vgl. auch § 1 Abs. 1 Z. 3 . KAG 1997 und die Definition des selbständigen Ambulatoriums im § 2 Z 7 . KAG). Im Rahmen des reglementierten Gewerbes "Kosmetik" (Schönheitspflege) im Sinn des § 94 Z. 42 GewO 1994 wäre – berufsrechtlich gesehen - der Einsatz von Knabberfischen zu Wellnesszwecken oder zur Pediküre bzw. Maniküre denkbar. Im Hinblick auf die Infektionsrisiken besteht jedenfalls eine betriebsanlagenrechtliche Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs. 2 der Gewerbeordnung. Entscheidendes Bewilligungskriterium ist dabei der Schutz der Kunden im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 1 der Gewerbeordnung. Bislang wurde keine Verordnung im Sinn des § 76 Abs. 1 der Gewerbeordnung erlassen (vgl. als Beispiel dazu die Solarienverordnung BGBl.Nr. 147/1995). Der Antrag wäre nur dann – bzgl. der gewerblichen Tätigkeiten – genehmigungsfähig, wenn eine Gesundheitsgefährdung der Kunden, bei denen Knabberfische angewendet werden sollen, vermieden werden kann. Der von der Bw im Berufungsschriftsatz ins Treffen geführte Vergleich mit Schwimmbädern vermag ihr dabei nicht zum Erfolg zu verhelfen. Für Schwimmbäder sind die Bestimmungen der Bäderhygieneverordnung, BGBl II Nr. 321/2012, maßgeblich. Becken, in denen Knabberfische eingesetzt werden sollen, sind von der Bäderhygieneverordnung nicht erfasst. Eine Desinfektion des Wassers – wie sie in Schwimmbädern üblich ist – würde die Fische nachhaltig schädigen. Zudem befinden sich die bakteriellen Erreger im Fisch oder zumindest auf dessen Schleimhaut. Die bakteriellen Erreger sind untrennbar mit dem Fisch verbunden. Die Infektionsübertragung kann beim Menschen zu Krankheiten führen. Nach dem Stand der veterinär- und humanmedizinischen Wissenschaft sind keine Mittel bekannt, um eine solche Infektionsübertragung vom Fisch auf den Menschen ausschließen zu können. Eine Gesundheitsgefährdung der Kunden kann nicht vermieden werden kann, weshalb die Genehmigungsvoraussetzungen iSd § 77 Abs. 1 GewO nicht vorliegen.

 

 

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