Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301245/9/Bi/CG

Linz, 03.12.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J. M., xstraße x, x, vom 2. Mai 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 12. April 2012, PolR96-4-4012, wegen Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 27. November 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs.2 Z1 iVm 15 Abs.1 Z2 Oö. Hundehaltegesetz eine Geldstrafe von 40 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er es als Hundehalter seines Hundes, Rufname: x, Hundemarke Nr. x, gemeldet bei der Gemeinde Leonding, unterlassen habe, das Tier so zu beauf­sichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, indem er sein Tier am 8. Dezember 2011 um ca.16.39 Uhr in 4060 Leonding auf dem Wanderweg im K. W. oberhalb des "x" eine Person aggressiv angebellt und in weiterer Folge in den Schuh gezwickt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 4 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 27. November 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und des Privatanzeigers, des Zeugen W.P.C., durch­ge­führt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungs­ent­schei­dung wurde mündlich verkündet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe die Falsch­aussage des Zeugen, der Hund habe ihn in den Schuh gezwickt, ebenso wenig berücksichtigt wie seinen Antrag auf Vorlage des Schuhs. Er rügt die Beweis­würdigung und macht geltend, der Hund habe den Anzeiger nicht berührt und nicht in den Schuh gezwickt. Der Zeuge habe mit seinen Nordic Walking Stöcken vor dem Kopf des Hundes herumgefuchtelt, aber nicht als Abwehrmaßnahme. Daraufhin habe dieser gebellt, was eine normale Reaktion auf ein sonderbares Verhalten einer Person sei. Die Aussage des Anzeigers möge auf Plausibilität geprüft werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt und der Privat­anzeiger unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass dem Zeugen, der aus gesundheitlichen Gründen häufig im K. W. mit Nordic Walking Stöcken unterwegs ist, der Hund des Bw bereits von zwei Vorfällen vor dem 18. Oktober 2011 bekannt war, weil er am Haus des – ihm bis zum Vorfall vom 18. Oktober 2011 völlig unbekannten – Bw vorbeikam und der am Grundstück befindliche Hund ihn an sofort angebellt habe und innen am Zaun entlang lief. Bei einem weiteren Vorfall beim Haus des Bw sei ein Pkw in die Hauseinfahrt gefahren und der daraufhin aussteigende Hund sei ihm wieder laut bellend über eine längere Strecke nachgelaufen.

Am 18. Oktober 2011 machte der Zeuge nach eigenen Angaben seinen Waldspaziergang und kam ihm zufällig der ihm bekannte Hund entgegen, der laut Zeuge aus größerer Entfernung "auf ihn zuschoß und ihn aggressiv anbellte". Die Bezeichnung "aggressiv" erklärte der Zeuge in der Verhandlung damit, dass der Hund die Zähne gefletscht habe und eben auf ihn "hergefahren" sei. Er habe daraufhin seine Nordic Walking Stöcke, die er nicht mit den Spitzen verwende sondern mit den Gummistöpseln, vor seinen Füßen in "Abwehrstellung" gebracht. Der Zeuge betonte, er habe den Hund sicher nicht gereizt, ihn auch nicht angegriffen und auch nicht getroffen. Der Bw kam hinten nach und rief den Hund zu sich. Er nahm den Hund beim Halsband und hielt ihn auf der einen Seite des ca 2 bis 3 m breiten Waldweges so, dass der Zeuge auf der anderen Seite weitergehen konnte.

So weit deckt sich die Schilderung des Zeugen mit der des Bw, der allerdings weiter ausführte, der Zeuge habe mit den Nordic Walking Stöcken vor der Nase des Hundes herumgefuchtelt, wodurch dieser natürlich weitergebellt habe. Sie seien aber anstandslos aneinander vorbeigegangen. Was der Zeuge zu ihm gesagt habe, habe er nicht verstanden – der Zeuge gab an, er habe dem Bw eine Anzeige angekündigt, weil das schon der 3. Vorfall mit dem Hund gewesen sei. Von vorangegangenen "Vorfällen" wusste der Bw nach eigenen Angaben nichts.  Der Zeuge ergänzte, er habe den Bw inzwischen schon ein weiteres Mal  angezeigt. Der Bw bestätigte, der Zeuge habe seinen Sohn inzwischen angezeigt und dieser habe leider die Rechtsmittelfrist versäumt.

 

Der Bw führte aus, er habe den Hund nicht an der Leine geführt, weil dort keine Leinenpflicht sei und der Hund ihm folge, wenn er ihn rufe. Der Hund sei im übrigen ein Rehpinschermischling, knapp kniehoch – er hat Handy-Fotos vom Hund gezeigt – der auch die Hundeschule besucht habe. Der Polizist, der ihn zu Hause aufgesucht und dem er auch den Hund gezeigt habe, habe gefragt, ob er noch einen größeren habe. Nach seinem Dafürhalten sei eine Gefährdung anderer durch diesen Hund nicht möglich.   

 

Der Zeuge gab an, er sei gleich am Ende seiner Runde zur Polizei gefahren und habe dort seinen Schuh hergezeigt. Laut Anzeige hat der Meldungsleger A. O., PI L., am linken Turnschuh des Zeugen eine "leichte Beschädigung unbekannter Ursache" bestätigt. Den Schuh hatte der Zeuge in der Verhandlung nicht mit.  

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z2 Oö. Hundehaltegesetz begeht eine Verwaltungsüber­tretung, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs.1 und 2 hält.

Gemäß § 3 Abs.2 leg. cit. ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass 1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, 2. Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden oder 3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

Seitens der Erstinstanz wurde dem Bw als Hundehalter in der – fristgerecht beeinspruchten – Strafverfügung vom 18. Jänner 2012 zur Last gelegt, er habe es unterlassen, das Tier so zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass 1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, 2. Menschen und Tiere durch den Hund nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden, indem sein Tier am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit eine Person aggressiv angebellt und in weiterer Folge in den Schuh gezwickt habe.

Im Straferkenntnis hat sich die Erstinstanz für die Gefährdung entschieden.

 

Ob der Hund den Zeugen tatsächlich in den Schuh gezwickt hat, ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht als erwiesen anzunehmen, weil die Aussagen sich diesbezüglich widersprechen und der Zeuge den Schuh nicht gezeigt hat bzw der Meldungsleger, dem er ihn gezeigt hat, den Turnschuh zwar als leicht beschädigt bezeichnet hat, ohne sich zur Ursache äußern zu können. Dass ein auf Waldwegen oft benutzter Turnschuh schon davon Spuren aufweisen kann, liegt auf der Hand. Offenbar waren am Schuh keine eindeutig als Biss­spuren zu deutenden Schäden zu sehen.

 

Damit bleibt das "aggressive Bellen" und – erstmals in der Berufungsverhandlung – Zähne­fletschen des Hundes. Übereinstimmend ist aus den Aussagen beider zu schließen, dass der Hund aus größerer Entfernung den Zeugen erkannt hat und zu bellen begann, worauf der Bw sofort nachkam, den Hund zurückrief und ihn am Halsband festhielt, um dem Zeugen ein unbehelligtes Vorbeigehen zu ermöglichen. Am Begegnungsort kam es übereinstimmend zu keinem Wort­wechsel zwischen dem Bw und dem Zeugen und war keine Rede von einem beschädigten Schuh. Der Zeuge bestätigte, seine Nordic Walking Stöcke in "Abwehrstellung" gebracht zu haben. Der Bw bestätigte, der Hund kenne solche Stöcke, fürchte sie auch nicht und sei nur vom damit herumfuchtelnden Zeugen gereizt worden, sodass er als natürliche Reaktion gebellt habe.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aus der Schilderung des Zeugen, der Hund habe ihn bei sich zu Hause von Garten aus mehrmals angebellt, sodass er dort schon auf der anderen Straßenseite gehe, nicht auszu­schließen, dass der Hund dem Zeugen (und umgekehrt) nicht sympathisch ist. Dafür kann weder der Zeuge etwas noch der Bw oder sein Hund.

 

Gemäß § 3 Abs.2 Z2 Oö. Hundehaltegesetz hat der Hundehalter eine "über das zumutbare Maß hinausgehende" Belästigung von Personen durch seinen Hund zu unterbinden, woraus zweifellos zu schließen ist, dass zum einen nicht jede Kontaktaufnahme des Hundes mit einer Person sofort als Belästigung und nicht jede Belästigung sofort als unzumutbar einzustufen ist. Allerdings muss ein In-den-Schuh-Zwicken bereits als eine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung gesehen werden, falls ein solches tatsächlich stattgefunden haben sollte. Da aber sowohl der Bw als auch der Zeuge in der Verhandlung ausgesagt haben, bei der Begegnung sei es nicht zu einem Streit über ein In-den-Schuh-Zwicken gekommen, ist dem Einwand des Bw, das habe der Zeuge wohl nach­träglich erfunden, nichts entgegenzuhalten.

 

Laut Mitteilung der Gemeinde L. besteht auf dem dortigen Waldweg kein Leinen- und kein Beißkorb­zwang, weshalb dem Bw auch kein Vorwurf zu machen ist, wenn er den Hund nicht an der Leine geführt hat. Der Bw war in unmittelbarer Nähe und hat das Verhalten des Hundes sofort unterbunden und dem Zeugen ein gefahrloses Weitergehen ermöglicht.

Der Hund ist, wie aus den Fotos zu sehen ist, maximal kniehoch und weist von der Statur her Ähnlichkeit mit einem Rehpinscher auf. Eine Gefährdung des Zeugen durch den Hund ist schon aus diesen Überlegungen nicht anzunehmen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskostenbeiträge entfallen dabei naturgemäß.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Hund hat Zeugen angebellt + in den Schuh gezwickt (unglaubwürdig) – keine Gefährdung - Einstellung

 

 

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