Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253144/3/Kü/Ba

Linz, 30.10.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau O A F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. R S, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 24. April 2012, SV96-7-2012,                            wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 24. April 2012, SV96-7-2012, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbe­schäftigungsgesetz fünf Geldstrafen zu jeweils 2.000 Euro, im Fall der Unein­bringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 33 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Die T G.S.T. UG mit dem Sitz in P hat als Arbeitgeberin die Ausländerinnen

1.      C I-S, geb. X, rumänische Staatsangehörige, vom 03.02.2012 bis 14.03.2012,

2.      C O-G, geb. X, rumänische Staatsangehörige, vom 15.11.2011 bis 18.12.2011 und vom 03.02.2012 bis 14.03.2012,

3.      V A, geb. X, rumänische Staatsangehörige, vom 10.03.2012 bis 14.03.2012,

4.      R C-P, geb. X, rumänische Staatsangehörige, vom 03.02.2012 bis 14.03.2012 und

5.      D S-A, geb. X, rumänische Staatsangehörige, vom 24.02.2012 bis 14.03.2012

im Nachtclub A in G, M, als Prostituierte und Animierdamen beschäftigt, ohne dass ihr eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder den Ausländerinnen eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus' oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

Dies wurde bei einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 14.03.2012 um 23.00 Uhr festgestellt.

 

Hierfür sind Sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T G.S.T. UG mit dem Sitz in P verantwortlich."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass ein Verschulden seitens der Bw keinesfalls gegeben sei. Die Bw habe in Bezug auf die bei der Kontrolle angetroffenen Frauen einen Antrag auf Ausstellung eines Gesundheitsbuches bei der BH Ried im Innkreis eingebracht. Diesen Anträgen sei Folge gegeben worden und seien die Gesundheitsbücher für die im Straferkenntnis angeführten Damen ausgestellt worden. Aus diesem Gesundheitsbuch komme eindeutig zum Ausdruck, dass die Damen im Lokal A gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden und solche Handlungen an anderen vornehmen würden. Der Behörde sei somit bekannt gewesen, dass rumänische Staatsangehörige am gegenständ­lichen Standort sexuelle Handlungen dulden würden. Dies obwohl der Erstbehörde bekannt sei und bekannt sein müsste, dass für derartige Tätigkeiten in Österreich keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere ausgestellt würden. Die Erstbehörde stelle daher zwar Gesundheitsbücher aus, obwohl ihr bekannt sei, dass den Damen keine arbeitsmarktbehördlichen Papiere ausgestellt würden. Die Erstbehörde stelle somit derartige Bücher aus, um in weiterer Folge mit verwaltungsstraf­recht­lichen Verfahren vorzugehen. Dies widerspreche jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen und habe die Bw aufgrund des Vorgehens der Erstbehörde zu Recht davon ausgehen dürfen, dass kein Verwaltungs­strafverfahren eingeleitet würde bzw. auch kein Straftatbestand gegeben sei.

 

Die BH hätte richtigerweise derartige Gesundheitsbücher überhaupt nicht ausstellen dürfen. Dies deshalb, weil ja bekannt sei, dass für die in den Gesund­heitsbüchern angeführten Tätigkeiten keine arbeitsmarktbehördlichen Genehmi­gungen ausgestellt würden, insbesondere nicht für rumänische Staats­bürgerinnen. Eine Abweisung des Antrags auf Ausstellung derartiger Papiere wäre die richtige Vorgehensweise gewesen.

 

In diesem Zusammenhang würde auch darauf hingewiesen, dass Abgaben­steuer an das Finanzamt abgeführt würde.

 

Zudem wurde die Höhe der verhängen Strafen bekämpft.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Schreiben vom 15. Mai 2012, eingelangt am 29. Mai 2012, die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass der ange­fochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)     in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)     überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Gemäß § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

5.2. Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T G.S.T. UG mit dem Sitz in P angelastet näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige als Prostituierte im Nachtklub A in G beschäftigt zu haben.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist als Tatort im Falle von Übertretungen nach § 28 AuslBG der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers anzusehen, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen (VwGH vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0377 und die dort angeführte Vorjudikatur). Auch wenn das Unternehmen in mehrere Zweignieder­lassungen bzw. Betriebsstätten gegliedert ist, ändert dies nichts daran, dass Tatort der Sitz des Gesamtunternehmens ist, von dem die Direktiven und Weisungen der Geschäftsleitung ausgehen (VwGH vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231).

 

Der Nachtclub A ist zwar in G situiert, in Sinne der Firmenbucheintragung handelt es sich dabei aber um eine Zweigniederlassung der ausländischen Firma T G.S.T. UG mit dem Sitz in H, Deutschland. Eine Zweigniederlassung verfügt aber nicht über eigene Rechtsper­sönlichkeit. Da im Spruch des Straferkenntnisses als Arbeitgeberin diese ausländische Firma bezeichnet ist, ergibt sich im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass als Tatort nach § 44a VStG nur der Firmensitz der T G.S.T. UG in P, Deutschland anzunehmen ist. Von diesem Firmensitz aus wären die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen einzuholen gewesen. Gegenständlich ist daher bezogen auf die gemäß § 28 Abs.1 Z 1 lit.a AuslBG angelastete Verwaltungsübertretung von keinem inländischen Tatort auszugehen, zumal im Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Spezialnorm im Sinne des § 2 Abs.1 VStG nicht festgelegt ist, und daher mangels inländischen Tatorts ein strafbares Verhalten im Sinne einer Übertretung des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes nicht vorliegt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Im Hinblick auf die dargestellten Gründe war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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