Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253210/5/Kü/Ba

Linz, 25.10.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn A H L, vertreten durch Prof. Dr. F & Coll. Rechtsanwälte, R, D-X, vom 25. Juni 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. Mai 2012, BZ-Pol-76016-2012, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. Mai 2012, BZ-Pol-76016-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z 1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Arbeitgeber und Betreiber des Zirkus B zu verantworten, dass seit 16.07.2011 jedoch zumindest am 10.11.2011 (Zeitpunkt der Kontrolle), auf dem S-Parkplatz in W (Standplatz des Zirkus B) der rumänische Staatsangehörige S M, geb. X, als Arbeiter (Pflege der Pferde) beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus' oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder ein Niederlassungsnachweis 1997 ausgestellt wurde."

 

Begründend wurde festgehalten, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund des angeführten Sachverhalts (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels) als erwiesen anzusehen sei. Der Beschuldigte habe die Pflicht, sich mit den auf dem Gebiete seines Berufes erlassenen Vorschriften – bei der Beschäftigung von Ausländern über die Bestimmungen des AuslBG – laufend vertraut zu machen.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der die Einstellung des Verfahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Bw den rumänischen Staatsange­hörigen nicht als Arbeiter beschäftigt habe. Es handle sich um einen Familien­zirkus. Die Familienangehörigen würden alle Arbeiten selbst leisten. Herr S M habe lediglich zwei Tage ein Schlafquartier nutzen dürfen, ohne sonstige Versorgung. Seine Angaben, täglich 8 bis 10 Stunden zu arbeiten und 800 Euro im Monat zu bekommen, seien völlig unglaubwürdig. Irgendeine Arbeit habe er aber nicht geleistet. Er habe weder die Pflege der Pferde übernommen noch sonstige Arbeiten geleistet. Der Zirkus B könne wöchentlich an Herrn S 200 Euro nicht auszahlen, da man gar nicht so viel Geld verdiene. Man lebe von der Hand in den Mund.

 

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung mit Schreiben vom 28.6.2012, eingelangt am 5.7.2012, samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass der ange­fochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)     in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)     überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Gemäß § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

5.2. Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird dem Bw als Arbeitgeber und Betreiber des Zirkus B angelastet, einen näher bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen als Arbeiter am Standplatz des Zirkus am S-Parkplatz in W beschäftigt zu haben. Im Gegenstand des gegenständ­lichen Straferkenntnisses ist als Sitz des Zirkus B D, D in Deutschland genannt.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist als Tatort im Falle von Übertretungen nach § 28 AuslBG der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers anzusehen, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen (VwGH vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0377 und die dort angeführte Vorjudikatur). Auch wenn das Unternehmen in mehrere Zweignieder­lassungen bzw. Betriebsstätten gegliedert ist, ändert dies nichts daran, dass Tatort der Sitz des Gesamtunternehmens ist, von dem die Direktiven und Weisungen der Geschäftsleitung ausgehen (VwGH vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231).

 

Auch wenn im eigentlichen Spruch des Straferkenntnisses der Sitz des Zirkus B in Deutschland nicht erwähnt ist sondern nur der Standplatz in W, ergibt sich im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass als Tatort nach § 44a VStG der Firmensitz des Zirkus B anzusehen ist, da dieser als Arbeitgeber festgelegt ist. Von diesem Firmensitz aus werden die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen einzuholen gewesen. Gegenständlich ist daher von keinem inländischen Tatort auszugehen, zumal im Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Spezialnorm im Sinne des § 2 Abs.1 VStG nicht festgelegt ist, weshalb mangels inländischen Tatorts ein strafbares Verhalten im Sinne einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht vorliegt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Im Hinblick auf die dargestellten Gründe war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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