Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253269/2/Kü/Ba

Linz, 19.10.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. X S, D, A, Deutschland, vom 22. August 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. August 2012, SV96-14-2012, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. August 2012, SV96-14-2012, wurde über Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs.2 iVm § 7d Abs.1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) eine Geldstrafe von 500 Euro, im Fall der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma I und B P- und V mbH in G, T, zu verantwor­ten, dass Organe des FA Kirchdorf Perg Steyr bei den erforderlichen Erhebungen im Betrieb der obgenannten Firma in D (M), S am 22.03.2012 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung der Arbeitnehmer

E P, geb. X, A, R,

S I, geb. X, A, H

nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber jene Unterlagen, die zur Überprüfung der Arbeitnehmer nach dem österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erfor­derlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Ar­beitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben.

 

Tatort: Gemeinde S, S, D (M)

Tatzeit: 22.03.2012, 09:30 Uhr"

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher begründend festgehalten wird, dass nicht einzusehen sei, weshalb wegen eines einmaligen Vergehens beide Geschäftsführer mit den jeweiligen Strafen belegt werden sollen. Bei Bekanntwerden des nicht rechtskonformen Zustands sei unverzüglich reagiert worden und sei die entsprechende Bereinigung herbei­geführt worden. Die Strafbelegung der beiden Geschäftsführer würde als nicht gerechtfertigt ansehen. Die direkte Zuständigkeit innerhalb der Gesellschaft obliege für diesen Vorgang Herrn Dipl.-Ing. X S. Es würde um Revidierung der Straferkenntnisse gebeten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 7. September 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Da sich bereits aus dem Akteninhalt der Sachverhalt eindeutig fest­stellen lässt, zudem der Sachverhalt vom Bw nicht bestritten wurde sondern nur die rechtliche Beurteilung hinsichtlich der beiden Geschäftsführer beeinsprucht wurde, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma  I und B P- und V mbH mit dem Sitz in G, T, Deutschland und innerhalb der Firma für den technischen Bereich verantwortlich. Als zweiter vertretungsberechtigter Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist Herr V W tätig, der intern für den kaufmännischen Bereich zuständig ist.

 

Am 22. März 2012 wurde von Organen der Finanzverwaltung eine Kontrolle der Baustelle M - Hochwasserschutz in D, S, durch­geführt. Bei der Baustelle wurden die deutschen Staatsangehörigen P E und I S arbeitend angetroffen. Herr E gab an, bei der Firma  beschäftigt zu sein. Herr S gab gegenüber den Kontrollorganen an, bei der Firma P-T GmbH & Co KG mit dem Sitz in M, A, Deutsch­land, beschäftigt zu sein, auf der gegenständlichen Baustelle aber als überlassene Arbeitskraft für die Firma  tätig zu sein.

 

Bei der Kontrolle wurden die beiden Arbeiter aufgefordert, eine Abschrift der Meldung über die Entsendung nach Österreich, welche an die Zentrale Koordina­tionsstelle des Bundesministeriums für Finanzen zu senden ist, vorzulegen. Weiters wurden die Arbeiter aufgefordert, die Unterlagen über ihre Anmeldung zur Sozialversicherung in Deutschland sowie die Unterlagen, welche das ihnen gebührende Entgelt dokumentieren (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache vorzulegen. Die beiden Arbeiter konnten die von den Kontrollorganen verlangten Unterlagen nicht vorlegen. Der Bw hat aufgrund der Verständigung seines Mitarbeiters in der Folge noch während der Kontrolle mit einem Kontrollorgan telefoniert und sich dabei erkundigt, welche Unterlagen vorzulegen sind. Nach Abschluss der Kontrolle wurden vom Bw die erforderlichen Meldungen erstattet sowie Unterlagen erstellt und diese sodann dem Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr zur Kenntnis vorgelegt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr sowie den Äußerungen des Bw im erstinstanzlichen Verfahren. Der Bw führte aus, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass die erwähnten Unterlagen auf der Baustelle bereitzuhalten sind und hat sich umgehend nach der Kontrolle um Vorlage der entsprechenden Unterlagen bemüht. Im Schreiben vom 22. Mai 2012 hat der Bw festgehalten, dass er es unstrittig verabsäumt hat, dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitnehmer die Unterlagen mitführen. Im weiteren Schreiben vom 24. Juli 2012 erklärte sich der Bw mit der Verhängung der Mindeststrafe einverstanden. Insofern steht der Sachverhalt unbestritten fest.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7d Abs.1 AVRAG haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln.

 

Gemäß § 7d Abs.2 AVRAG Hat der/die Arbeitgeber/in im Sinne des § 7b Abs. 1 eine/n Beauftragte/n nach § 7b Abs. 1 Z 4 bestellt, so trifft die Verpflichtung nach Abs. 1 diese/n. Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die Beschäftiger/in, wobei der/die Überlasser/in dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen bereitzustellen hat.

 

§ 7i Abs.2 AVRAG lautet:

Wer als Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 oder als Beauftragte/r im Sinne des § 7b Abs. 1 Z 4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht bereitstellt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Fest steht, dass von den beiden von der Firma  I und B P- und V mbH die beim Arbeits­einsatz in Österreich auf der Baustelle des M in G erforder­lichen Unterlagen (Abschrift der Meldung an die Zentrale Koordinationsstelle beim Bundesministerium für Finanzen, Nachweis der Sozialversicherung sowie Lohnunterlagen) von den anwesenden Arbeitern nicht vorgewiesen werden konnten. Der Bw hat nach der Kontrolle und Einholung der entsprechenden Informationen dafür Sorge getragen, dass die erforderlichen Meldungen erstattet wurden sowie die entsprechenden Unterlagen hinsichtlich des Nachweises der Sozialversicherung bzw. die Lohnunterlagen erstellt wurden. Vom Bw wurde nicht bestritten, dass die Unterlagen, die zur Überprüfung des den Arbeitern gebührenden Entgelts (Lohnunterlagen) zum Kontrollzeitpunkt nicht vorgelegen sind. Somit ist dem Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht anzulasten.

 

5.3. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Der Bw ist vertretungsberechtigter Geschäftsführer der I und B P- und V mbH und damit das zur Vertretung nach außen berufene Organ im Sinne des § 9 Abs.1 VStG und als solcher daher für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich.

 

Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person jeder aus diesem Personenkreis, soweit nicht verantwortlich Beauftragte bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrecht­lich verantwortlich (VwGH 14.12.1994, Zl. 94/03/0138).

 

Eine bloß interne Aufgabenverteilung zwischen zwei Geschäftsführern bewirkt keine Entlastung des nicht direkt zuständigen Geschäftsführers. Die Bestellung eines Verantwortlichen im Sinne des § 7b Abs.1 Z 4 bzw. eines verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG wurde vom Bw nicht behauptet, sodass die strafrechtliche Verantwortung beider Geschäftsführer als gegeben zu werten ist.

 

Der Geschäftsführer einer GmbH, die als Arbeitgeber in Erscheinung tritt, ist verpflichtet, sich mit den für die Beschäftigung von Arbeitnehmern einschlägigen Vorschriften, zu denen u.a. auch solche der grenzüberschreitenden Überlassung bzw. Entsendung von Personal nach der Entsen­derichtlinie zu zählen sind, vertraut zu machen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Vorschrif­ten handelt, die Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten mit sich bringen. Bei allenfalls vorhandenen Zweifeln über die Rechtmäßigkeit beim Einsatz von ausländischen Arbeitskräften, trifft den Geschäftsführer als verantwortlichen Organ die Verpflichtung und wäre es zumutbar, um sich auf unverschuldete Unkenntnis der Norm im Sinne der zitierten Gesetzesstelle berufen zu können, sich beim Arbeitsmarktservice als zuständiger Auskunftsbehör­de über die einschlägigen Vorschriften zu erkundigen.

Dem Bw waren eigenen Angaben zu Folge die gegenständlichen Vorschriften nicht bekannt und hat er erst nach der Kontrolle die Erkundigungen eingeholt und die fehlenden Unterlagen nachgereicht. Dem Bw ist daher zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Vorliegend ist die Strafe nach dem von § 7i Abs. 2 AVRAG vorgegebenen Strafrahmen in Höhe von 500 bis 5.000 Euro festzusetzen. Da im gegenständlichen Fall somit hinsichtlich der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bereits von der Erstinstanz die nicht unterschreitbare gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob den Bestimmungen des § 19 VStG bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde entsprochen wurde oder nicht und erweisen sich begründende Ausführungen über das Strafausmaß als entbehrlich.

 

Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG war nicht in Betracht zu  ziehen, da im gegenständlichen Fall Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind und daher kein beträchtliches Überwiegen der Strafmilderungsgründe gegenüber den Erschwernisgründen, als gesetzliche Voraussetzung für die Unterschreitung der Mindeststrafe, gegeben ist. Auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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