Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281435/15/Kl/BRe

Linz, 23.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. Juni 2012, GZ: 32494/2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24. Oktober 2012 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.              Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

zu II: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. Juni 2012, GZ: 32494/2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 1 Z. 16 und 35 Abs. 1 Z. 2 ASchG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X (Sitz: X), die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der X (Sitz: X) zu vertreten hat:

 

Die X hat am 8.4.2011 nicht dafür gesorgt, dass auf der Baustelle "X" bei der Benutzung des Arbeitsmittels Mastkletterbühne die geltenden Bedienungsanleitung des Herstellers bzw. Inverkehrbringers eingehalten wurde, da die Arbeitnehmer die Bühne in ca. 10 m Höhe zum Umbau dieser Bühne verlassen haben, obwohl nach der Bedienungsanleitung die Bühne nur bei Stillstand in der tiefsten Position verlassen werden darf.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mastkletterbühne von der beauftragten Baufirma zur Verfügung gestellt worden sei. Die Verbreiterung der Arbeitsbühne, die notwendig gewesen sei, um in den Fensterleibungen zu arbeiten, sei im Lieferumfang der bereitgestellten Bühne bereits enthalten gewesen. Die Firma X habe die Bühne lediglich nach den Vorschriften des Herstellers bzw. des Inverkehrbringers benutzt. Da die Bühne inklusive der Verbreiterung und die Benutzung der Verbreiterung von einer Fachfirma ausgeführt worden sei, könne der Berufungswerber davon ausgehen, dass alle einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und sicherheitstechnischen Aspekte berücksichtigt seien. Am 30.8.2010 sei der Firma X die Arbeitsbühne übergeben worden und auf die Benutzung dieser Bühne eingeschult worden. Ein wesentlicher Teil dieser Einschulung habe auch die Benützung der Verbreiterung betroffen. Ein Übergabe- und Einschulungsprotokoll werde übermittelt. Eine Änderung der Verbreiterung oder eine Änderung der Benutzung der Verbreiterung sei nicht vorgenommen worden.

 

3. Das Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektorin X und der Zeuge X geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit Sitz in X, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der X mit Sitz in X ist. Von der Firma X wurde die Außenfassade in Naturstein auf der Baustelle in X, X, montiert. Die Firma X war Sublieferant für die Lieferung und Montage der Natursteine auf der Außenfassade. An der Baustelle waren nicht ausschließlich Arbeitnehmer der Firma X tätig, sondern auch Arbeitnehmer eines Subunternehmers der Firma X. Sowohl der Arbeitnehmer X als auch der verunfallte Arbeitnehmer X waren aber Arbeitnehmer der Firma X. Der Techniker X der Firma X war als Bauleiter für die konkrete Baustelle verantwortlich. Einen vor Ort anwesenden verantwortlichen Arbeitnehmer wie zB. einen Vorarbeiter oder Polier oder der gleichen gab es für die Firma X nicht. Die Arbeitnehmer sind defacto gleichrangig. Zum Zweck der Montage der Natursteinaußenfassade wurde von der Baufirma X eine Mastkletterbühne zur Verfügung gestellt. Diese musste von der Firma X verwendet werden. Sonstige Mittel um die Fassade zu montieren waren nicht vorhanden. Für diese Mastkletterbühne eingeschult war der Arbeitnehmer X, wobei laut schriftlichem Nachweis vom 30.8.2010 diese Einschulung von einem Lehrmonteur der Firma X vorgenommen wurde. Allerdings war die Einschulung nur der Gestalt, dass die Bühne eingeschaltet wurde, einmal hinauf gefahren wurde und dann wieder herunter gefahren wurde. Dann wurde Herrn X der Schlüssel übergeben. Auch jede andere Firma hat einen Schlüssel bekommen und haben die Arbeitnehmer unterschrieben. Es haben alle Arbeitnehmer der anderen Subfirmen ebenfalls diese Bühne benützt. Dabei wurde aber nicht gezeigt, wie eine Verbreiterung vorgenommen wird bzw. aufgebaut wird. Der Arbeitnehmer X hat lediglich den vorliegenden Zettel unterschrieben. Sonstige Unterlagen oder eine Betriebsanleitung wurden ihm nicht übergeben. Der verunfallte Arbeitnehmer X war bei dieser Schulung nicht dabei. Er sah allerdings dann den roten und grünen Knopf, mit dem die Bühne zu betätigen ist. Grundsätzlich war immer jemand von der Firma X auf der Baustelle um die Verbreiterung der Mastbühne vorzunehmen. Immer wenn Arbeiten fertig gestellt sind, muss jemand von der Firma X kommen und die Verbreiterung abbauen. Allerdings war zum Unfallszeitpunkt niemand von der Firma X auf der Baustelle. Eine ausdrückliche Anweisung dahingehend, dass, wenn Arbeiten fertig sind und die Verbreiterung wieder wegzunehmen ist oder auf der Bühne etwas zu reparieren ist, immer jemand von der Firma X zu holen ist, gab es nicht. Bis zum Unfall wurde die Verbreiterung immer von Leuten der Firma X durchgeführt, nicht von Leuten der Firma X. Auf der Baustelle waren 3 gleiche Mastkletterbühnen vorhanden und auch jeweils auf der gleichen Ebene im Einsatz. Grundsätzlich wurden die meisten Arbeiten der Steinverlegung von der Bühne aus vorgenommen, nur Sondersteine bzw. Leistensteine werden von der Verlängerung aus gearbeitet. Für die Fensterleibungen wird die Bühne dorthin verlängert, indem Schüblinge ausgezogen und eine Platte darauf gelegt wird und diese mit Zwingen befestigt wird. Dann wird von dort aus auf die Fensterleibung bzw. auf die Gesimse gestiegen und können dann dort die Platten verlegt werden. Im verlängerten Zustand kann die Bühne nicht weiter über das Gesims hinaus hochgefahren werden, sondern muss zuerst die Verlängerung zurückgenommen werden.

Von dem Monteur der Firma X wurde dem Arbeitnehmer aber nicht gesagt, dass die Bühne sonst nicht verlassen werden darf. Auch die Betriebsanleitung war dem Arbeitnehmer nicht bekannt. Es war ihm daher auch nicht bekannt, dass die Bühne außer im Stillstand und im untersten Bereich nicht verlassen werden darf. Auch hat der Monteur der Firma X die Arbeitnehmer arbeiten gesehen und nicht ermahnt. Erst nach dem Unfall hat er darauf aufmerksam gemacht, was die Arbeitnehmer tun dürfen und was sie nicht tun dürfen.

Seitens der Firma X hat es auf der Baustelle keinen Vorgesetzten bzw. Vorarbeiter gegeben. Informationen wurden von Herrn X an den Techniker X weiter gegeben, allerdings hat Herr X keine Anweisungen an die Arbeitnehmer vorgenommen. Er war allerdings jeden Tag auf der Baustelle. Bei sonstigen Schwierigkeiten auf der Baustelle, zB. wenn ein Strom ausgefallen ist oder der gleichen, haben sich die Arbeitnehmer an den Polier der Firma X, also der Baufirma gewandt.

Am 8.4.2011 hat der verunfallte Arbeitnehmer X, da sonst kein Mann der Firma X auf der Baustelle war, eine Reparatur vornehmen wollen, weil zum Entfernen der Verbreiterung ein zurückzuschiebender Schübling hängen geblieben ist bzw. nicht ganz hinein geschoben werden konnte. Er wollte dann entsprechende Maßnahmen mit Gewalt setzen, und ist dabei abgestürzt. Es hat sich allerdings gezeigt, dass vor dem Unfall die Arbeitnehmer immer wieder die Bühne verlassen haben bzw. verlassen mussten. Dies ist auch erforderlich um die Leistensteine an den Gesimsen anzubringen. Dies geschah dabei immer bei hochgefahrener Bühne.

Neben den Arbeitnehmern war auch dem Berufungswerber die Betriebsanleitung der Firma X hinsichtlich der gegenständlichen Make Up 50 Mastkletterarbeitsbühne nicht bekannt. Laut der Bedienungsanleitung, Seite 9, Punkt 2, darf die Bühne nur bei Stillstand in der tiefsten Position betreten, beladen oder verlassen werden.

Einschulungen für die Mastkletterbühne durch die Firma X oder die Firma X gab es für die Arbeitnehmer nicht. Seitens der Firma X wurden die Arbeitsgänge für die Montage der Fassade festgehalten. Eine entsprechende schriftliche Darlegung vom 10.9.2010 liegt vor. Diese gibt lediglich an, dass Work Up-Bühnen zum Einsatz kommen, wobei die Natursteine zum Arbeitsplatz gebracht werden und von den Bühnen aus montiert werden. Im Bereich der Fensterleibung ist die Bühne verlängert, damit die Leibungen versetzt werden können. Die Verlängerung für die Leibungen ist in den Bühnen vorgesehen und wird nur an der Unterseite heraus gezogen und mit einer Drittplatte in den Verlängerungen eingehängt. Ein Verlassen der Mastkletterbühnen zum Zweck der Montage auf den Fenstersimsen ist hier nicht vorgesehen.

Die Firma arbeitet täglich in 5 Werken und an einem halben Dutzend bis einem Dutzend Baustellen. Das Unternehmen ist dezentral organisiert, weil die Werke jeweils an den Steinbrüchen sind. Der Berufungswerber war nach seinen Angaben 3 mal auf der Baustelle. Am 8.4.2011 oder einige Tage vorher war er nicht auf der Baustelle. Die Bedienungsanleitung für die Mastkletterbühne war ihm nicht vorgelegen und im Detail bekannt. Allerdings war ihm hinsichtlich der Organisation der Baustelle jener Teil der Bedienungsanleitung bekannt, was die Ladung, Gewicht usw. betrifft.

Hinsichtlich des Gewerks der Montage der Außenfassade wurde vom Berufungswerber mit den Arbeiten im Herbst 2010 begonnen, die Arbeiten wurden im Winter unterbrochen und wurde die Baustelle im Mai 2011 beendet.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Angaben der einvernommenen Zeugen sowie auch der Ausführungen des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung erwiesen. Auch werden die im Akt vorliegenden Bestätigungen über die Unterweisung sowie den Verlauf der Arbeitsgänge sowie der Auszug aus der Betriebsanleitung zugrunde gelegt. An der Wahrheitsgemäßheit und Richtigkeit der Aussage der einvernommenen Zeugen bestehen keine Zweifel. Es können daher die Aussagen der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

4.3. Das Verfahren der StA Wien zu 196BAZ658/11p wurde am 14.4.2011 gemäß § 190 Z.2 StPO eingestellt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 35 Abs. 1 Z. 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz-ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass bei der Benutzung von Arbeitsmittel folgende Grundsätze eingehalten werden:

Bei der Benutzung von Arbeitsmitteln sind die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.2. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist erwiesen, dass an der näher genannten Baustelle am 8.4.2011 nicht dafür gesorgt wurde, dass die bei der Benutzung des Arbeitsmittels Mastkletterbühne die geltende Bedienungsanleitung des Herstellers bzw. Inverkehrbringers eingehalten wurde. Die Arbeitnehmer haben die Bühne in zirka 10 m Höhe zum Umbau verlassen, obwohl nach der Bedienungsanleitung die Bühne nur bei Stillstand in der tiefsten Position verlassen werden darf. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat die Übertretung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten.

 

5.3. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass die Mastkletterbühne von der Baufirma zur Verfügung gestellt wurde, die Bühne und die Verbreiterung von der Fachfirma ausgeführt wurde, die entsprechende Betriebsanleitung dem Berufungswerber nicht bekannt war und auch eine Einschulung auf die Benützung der Mastkletterbühne stattgefunden habe, kann weder den objektiven Tatbestand ausschließen noch den Berufungswerber entschuldigen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn der aufgezeigten Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere hat das Beweisverfahren gezeigt, dass eine Einschulung durch den Berufungswerber oder eine durch ihn beauftragte Person des Unternehmens an die Arbeitnehmer nicht stattgefunden hat, auch keine Vorgesetzten bzw. kontrollierenden Personen der Firma X auf der Baustelle vorhanden waren, die Betriebsanleitung weder den Arbeitnehmern noch vorgesetzten Personen noch dem Berufungswerber bekannt war und daher auch deren Einhaltung nicht kontrolliert wurde. Vielmehr gibt der Berufungswerber selbst an, trotz der langen Dauer der Baustelle nur 3 mal an der Baustelle gewesen zu sein. Die Mastkletterbühne selbst hat er nicht kontrolliert bzw. Arbeiten an der Bühne nicht kontrolliert. Es gab auch keine beauftragte Person des Unternehmens. Vielmehr hat sich gezeigt, dass eine vor Ort verantwortliche Person der Firma X nicht vorhanden war. Bei Schwierigkeiten gingen die Arbeitnehmer der Firma X zum Polier der Baufirma. Auch gab es weder seitens der Baufirma noch seitens des Berufungswerbers Anweisungen, wie vorzugehen ist, wenn eine Benutzung der Mastkletterbühne nicht möglich ist bzw. Reparaturen erforderlich sind bzw. eine von der Firma X zuständige Person auf der Baustelle nicht anwesend ist. Da den Arbeitnehmern die Betriebsanleitung und die spezielle Anweisung, dass die Bühne nur im Stillstand und nur in der tiefsten Position verlassen werden darf, nicht bekannt war und diese Anweisung auch nicht von Personen der zuständigen Firma X befolgt bzw. kontrolliert wurde, kam es auch immer wieder dazu, dass Arbeitnehmer in verschiedenen Arbeitspositionen die Arbeitsbühne verlassen mussten, insbesondere um von der Verlängerung aus zu arbeiten bzw. ihre Arbeiten an den Fenstergesimsen vorzunehmen. Zu diesem Zweck mussten sie auch die Arbeitsbühne verlassen und die Fenstergesimse besteigen um die Sondersteine bzw. Leistensteine zu verlegen. Es wurde daher seitens des Berufungswerbers keine Vorsorge getroffen, dass die Anweisungen des Herstellers bzw. in Verkehrbringers eingehalten werden. Er hat sich weder um die Anweisungen gekümmert noch für die Anwendung der Anweisungen Sorge getroffen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, war ein zur Entlastung erforderliches lückenloses Kontrollsystem nicht gegeben. Ein solches hat insbesondere auch für den Fall Platz zu greifen, dass Arbeitnehmer auf eigenen Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Das Kontrollsystem soll nämlich genau dazu dienen, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und es soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen treffen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Auch kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Berufungswerber aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war um durchzusetzen, dass jeder in diesem Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierachieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

Da vom Berufungswerber weder durch ihn oder eine von ihm beauftragte Person erfolgte Schulungen hinsichtlich Verwendung der Arbeitsbühne vorgenommen wurden, die Einhaltung der Anweisungen auch nicht kontrolliert wurde, war daher von einer Sorgfaltsverletzung des Berufungswerbers auszugehen und daher fahrlässiges Verhalten des Berufungswerbers gegeben. Das Straferkenntnis war daher hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die geschätzten persönlichen Verhältnisse dem Berufungswerber vorgeworfen, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Strafmildernd hat sie die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet und straferschwerend keinen Umstand zu Grunde gelegt.

Der Berufungswerber hat diesen Gründen nichts entgegen gesetzt. Auch kamen in der Berufung keine geänderten Umstände hervor. Es konnten daher die Erwägungen zur Strafbemessung wie im angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt werden. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen ist kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre.

Außer der Unbescholtenheit lagen keine Milderungsgründe vor, sodass nicht von einem erheblichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen war. Es war daher nicht mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG vorzugehen. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, sodass auch nicht § 21 VStG anzuwenden war. Geringfügigkeit des Verschuldens liegt nämlich nur dann vor, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Da diese Voraussetzung nicht gegeben war und auch nachteilige Folgen eingetreten sind, war nicht von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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