Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253272/2/Py/Hu

Linz, 28.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 16. August 2012, GZ: SV96-102/14-2010, SV96-103/14-2010, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 16. August 2012, GZ: SV96-102/14-2010, SV96-103/14-2010, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zu Spruchpunkt I. wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idgF vier Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 800 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Beschäftigung der nachstehend angeführten bosnischen Staatsbürger zumindest am 08.07.2010, obwohl für diese ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG), eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c AuslBG) oder eine Entsendebewilligung (§ 18 AuslBG) erteilt oder eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) ausgestellt wurde oder wenn eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder einen Befreiungsschein (§§ 15 und 4c AuslBG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 AuslBG) nicht vorliegt.

Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen von nachstehenden Ausländern entgegen § 18 AuslBG, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, ohne dass für diese eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde.

 

Name der unerlaubt Beschäftigten:

x, geb. x

x, geb. x

x, geb. x

x, geb. x

 

Die unerlaubte Beschäftigung erfolgte nachweislich im Zuge der Kontrolle nach dem AuslBG und ASVG am 08.07.2010, um 10:03 Uhr durch Ermittlungs- und Erhebungsorgane des Finanzamtes Grieskirchen Wels in x, Baustelle Einfamilienhaus x. Dabei wurden oben angeführte bosnische Staatsbürger beim Verlegen von Polocalrohren angetroffen.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer Ihrer Firma mit Sitz in x) angelastet."

 

Unter Spruchpunkt II. führt die belangte Behörde aus, dass das mit SV96-103-2010 geführte Verfahren hinsichtlich der oben angeführten Personen gemäß § 45 VStG eingestellt wird.

 

In der Begründung ihrer Entscheidung verweist die belangte Behörde auf den Verfahrensgang und die Rechtsgrundlagen und führt zusammengefasst aus, dass nach ihrer Ansicht im vorliegenden Fall keine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorliegt. Bei Vorliegen eines gültigen Werkvertrages ist jedoch § 18 AuslBG anwendbar, der vorschreibt, dass Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, eine Entsendebewilligung benötigen, wenn diese Arbeiten nicht länger als 6 Monate dauern. Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 32 Abs.6 AuslBG führt die belangte Behörde weiters aus, dass im vorliegenden Fall die ausländischen Arbeitnehmer im geschützten Bereich des Baugewerbes eingesetzt wurden, in welchem gemäß § 18 Abs.11 keine Entsendebewilligung erteilt werden kann. Betreffend die Beschäftigung von Herrn x geht zwar aus der Aussage von Herrn x hervor, dass dieser vom Bauherrn bestellt worden ist, jedoch gibt Herr x im ausgefüllten Personenblatt an, dass er für die Firma x arbeiten würde, weshalb auch bei dieser Person von einer Entsendung ausgegangen wird. Der Bw konnte nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kein Verschulden trifft.

 

Des weiteren legt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 4. September 2012. Darin bringt der Bw vor, dass er sich zweimal beim Arbeitsamt erkundigt hat, ob vor Beginn der Arbeitsleistungen bzw. vor Abschluss des Werkvertrages etwaige Genehmigungen hiefür erforderlich sind. Ihm wurde von der dort anwesenden Mitarbeiterin versichert, dass das Mitführen des Formulars E101 ausreichend sei. Aus diesem Grund habe er von der Einholung einer Beschäftigungs- bzw. Entsendebewilligung abgesehen. Wenn nicht einmal den zuständigen Stellen und den bei den ersten beiden Kontrollen anwesenden Organen die richtige Auslegung bzw. Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften bekannt ist, könne dies von einem juristischen Laien umso weniger verlangt werden.

 

Weiters wird ausgeführt, dass die im Straferkenntnis unter Punkt I. behauptete Rechtsverletzung denkunmöglich ist.

 

3. Mit Schreiben vom 7. September 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 18 Abs.1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

5.2. Der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt muss im Sinn des § 44a VStG und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit umschrieben werden. Der Bestimmung des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene (unverwechselbare) Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit, aber auch für die Umschreibung von anderen – nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen – Umständen genügt. Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs.2 VStG vorliegt oder nicht (vgl. VwGH vom 26.6.2003, Zl. 2002/09/0005).

 

Das vom Bw in Beschwerde gezogene Straferkenntnis wird den Anforderungen des § 44 VStG jedoch nicht gerecht. So wird dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Beschäftigung der genannten ausländischen Staatsangehörigen ohne Vorliegen einer der ebenfalls angeführten arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen (im Sinn des § 3 Abs.1 AuslBG) zur Last gelegt. Gleichzeitig wird dem Bw jedoch auch die unberechtigte Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen der Ausländer (im Sinn des § 18 AuslBG) vorgeworfen, somit ein anderes, ebenfalls unter Sanktion gesetztes unrechtmäßiges Verhalten nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Eine Bezeichnung des ausländischen Arbeitgebers der im Spruch angeführten Ausländer, deren Arbeitsleistung der Bw ohne entsprechende arbeitsmarktbehördliche Genehmigung (im Rahmen der Erbringung einer Werkleistung) in Anspruch genommen hat, scheint im Spruch jedoch nicht auf. Ebenso geht aus dem Spruch der für die Anwendung dieser Bestimmung wesentliche Tatbestand, nämlich der im Ausland gelegener Betriebssitz des entsendenden Unternehmens, nicht hervor.

 

Das von der belangten Behörde dem Bw zur Last gelegte Tatverhalten ist daher mangelhaft. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reichen im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens nicht aus (vgl. VwGH vom 13.1.1982, Zl. 81/03/0203). Das angefochtene Straferkenntnis war daher hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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