Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231313/2/AL/Ha/Ba

Linz, 29.11.2012

B e s c h l u s s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Berufung des D K, E, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 2012, Sich96-345-2010/Wag, wegen einer Verletzung des § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz den Beschluss gefasst:

 

 

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 63 Abs. 5 und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 2012, Sich96-345-2010/Wag, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) am 29. Mai 2012 zugestellt, wurde über den Bw wegen einer näher konkretisierten Übertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) am 27. Mai 2010 eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 80,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) – unter einem Kostenbeitrag von 8,- Euro – verhängt.

 

In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wurde der Bw ausdrücklich auf sein Recht hingewiesen, dass er gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich oder mündlich bei der belangten Behörde eine Berufung einbringen kann.

 

1.2. Gegen diesen dem Bw nachweislich am 29. Mai 2012 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid, erhob der Bw am 1. Juni 2012 zunächst telefonisch "Einspruch". Dies wurde von der belangten Behörde in einem Aktenvermerk vom selben Tag folgendermaßen dokumentiert:

"Herr K hat am heutigen Tage telefonisch Einspruch gg. die Straferkenntnis vom 16.05.2012 erhoben. Er weigerte sich, nochmals einen schriftlichen Einspruch zu schicken, im Wesentlichen verwies er auf die im E-Mail angeführten Gründe vom 21.06.2010."

 

Dieser telefonische "Einspruch" wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 5. Juni 2012 dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorlegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat leitete diese "Berufungsvorlage" zuständigkeitshalber im Rahmen einer Weiterleitung gemäß § 6 AVG an die belangte Behörde zurück. Begründet wurde diese Weiterleitung ausführlich damit, dass es sich bei dem telefonischen Anbringen nicht um eine mündliche Berufung im Sinne des § 51 Abs. 3 VStG handelt.

 

In weiterer Folge übermittelte die belangte Behörde dem Bw mit Schreiben vom 28. Juni 2012, zugestellt am 2. Juli 2012, einen "Mängelbehebungsauftrag", in dem erklärt wird, dass die Berufung vom 1.6.2012 nicht anerkannt werde, da diese aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen telefonisch nicht möglich sei. Weiters werde der Bw "um Nachreichung einer schriftlichen Berufung" ersucht und wurde dem Bw eine 14-tägige Frist zur schriftlichen Berufungseinbringung eingeräumt.

 

Mit E-Mail vom 5. Juli 2012 brachte der Bw daraufhin eine als Berufung zu wertende Eingabe bei der belangten Behörde ein, die dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit E-Mail vom 10. Juli 2012 "in der Beilage der Vollständigkeitshalber weitergeleitet" wurde.

 

Am 20. November 2012 langte bei der belangten Behörde folgendes E-Mail des Bw ein:

"[W]ie eben mit Ihnen telefonisch besprochen schicke ich Ihnen den von mir gesendete Einspruch per mail Anfang Juli."

Diesem E-Mail war das als Berufung zu wertende E-Mail des Bw an die belangte Behörde vom 5. Juli 2012 im Anhang beigefügt.

 

Datiert mit 20. November 2012 übermittelte die belangte Behörde daraufhin dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt mit folgendem Vorlageschreiben:

 

"Mit Straferkenntnis vom 16.5.2012 wurde über Herrn K eine Strafe wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes verhängt.

 

Am 1.6.2012 wurde irrtümlicher Weise ein telefonischer Einspruch angenommen.

Auf Grund Ihres Schreibens vom 18.6.2012 (VwSen-231302/2/AB/Th) wurde Herr K aufgefordert, innerhalb 14 Tagen eine schriftliche Berufung einzubringen.

 

Das diesbezügliche E-Mail vom 5.7.2012 wurde Ihnen am 10.7.2012 gemailt, dabei wurde aber übersehen, dass der Verfahrensakt zwischenzeitlich wieder retourniert wurde.

 

Beiliegend werden Ihnen somit nochmals sämtliche Unterlagen zur do. Entscheidung übermittelt."

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat ist damit zur Entscheidung über die damit erfolgte Berufungsvorlage der Berufung des Bw vom 5. Juli 2012 (neuerlich eingebracht am 20. November 2012) gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 16. Mai 2012, Z Sich96-345-2010/Wag, berufen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Nachdem bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das gegen den in Rede stehenden Bescheid eingebrachte Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen war, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieser Entscheidung dargestellten entscheidungswesent­lichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde.

 

Nach § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG ist eine Berufung binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Diese – verfahrensrechtliche – Frist beginnt für jede Partei mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung, bei mündlicher Verkündung mit dem Tag der Verkündung.

Hiebei handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die gemäß § 33 Abs. 4 AVG nicht geändert werden kann.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden u.a. Fristen, die nach Wochen bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, mit dem die Frist begonnen hat.

 

Nach § 33 Abs. 1 und 2 AVG wird u.a. der Beginn wie auch der Lauf einer Frist durch Samstage, Sonn- und Feiertage nicht behindert; fällt das Ende der Frist jedoch auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so ist der nächste Werktag der letzte Tag der Frist.

 

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 (in der Folge: ZustellG), ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten grundsätzlich mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem aktenkundigen Zustellnach­weis, dass das gegenständliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 2012, Sich96-345-2010/Wag, für den Bw nach erfolglosem Zustellversuch ab 29. Mai 2012 (Beginn der Abholfrist) beim Gemeindeamt X zur Abholung hinterlegt war. Der Bescheid war damit rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die zweiwöchige Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung der Berufung war daher gemäß § 32 Abs. 2 AVG Dienstag, der 12. Juni 2012 (kein Feiertag). Mit dem Ablauf dieses Tages war die Einbringung eines Rechtsmittels als verfristet anzusehen.

 

3.3. Wie bereits unter Punkt 1.2. dargelegt, war der grundsätzlich in offener Berufungsfrist erhobene telefonische "Einspruch" des Bw gegen das Straferkenntnis am 1. Juni 2012 nicht als Berufung zu werten:

Gemäß § 51 Abs. 3 VStG können Berufungen zwar auch mündlich eingebracht werden. Nach hL ist aber aus dem Umstand, dass § 13 Abs. 1 AVG zwischen mündlichen und telefonischen Anbringen unterscheidet, davon auszugehen, dass "telefonisch" eben nicht "mündlich" bedeutet. Die telefonische Einbringung einer Berufung ist daher auch im Verwaltungsstrafverfahren nach § 51 Abs. 3 VStG nicht möglich. (Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahren18 – Kommentar [2012], § 51 Abs. 3 VStG Anm 13; vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 51 VStG, Anm 8 uHa VwGH 27.6.2012, 2001/09/0128)

Das telefonische Anbringen des Bw konnte somit nicht als rechtmäßige Berufung im Sinne des § 51 Abs. 3 VStG gewertet werden, weshalb der Oö. Verwaltungssenat für dessen Behandlung sachlich nicht zuständig war.

 

In weiterer Folge räumte die belangte Behörde dem Bw im Rahmen eines "Mängelbehebungsauftrages" vom 28. Juni 2012, zugestellt am 2. Juli 2012, eine 14-tägige Frist zur Einbringung einer schriftlichen Berufung ein, woraufhin diese durch den Bw mit E-Mail vom 5. Juli 2012 – also innerhalb der durch die Behörde gesetzten "Nachfrist" – auch übermittelt wurde.

§ 13 Abs. 3 AVG normiert zwar die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages bei mangelhaften schriftlichen Eingaben; dabei gilt das Abringen bei rechtzeitiger Mängelbehebung als ursprünglich richtig eingebracht. Da im gegenständlichen Fall allerdings kein mangelhaftes schriftliches Anbringen – sondern ausschließlich eine telefonische Eingabe – vorlag, konnte die "Mängelbehebung" von vornherein nicht zu einer ursprünglich als richtig eingebracht zu wertenden Berufung führen; so war die telefonische Eingabe vom 1. Juni 2012 mangels Formerfordernis nicht als Rechtsmittel zu werten und war daher von vornherein die Behebbarkeit eines diesbezüglichen Mangels ausgeschlossen. Im Übrigen handelt es sich bei dem Aktenvermerk vom 1. Juni 2012 (schon allein mangels Unterschrift der Partei) nicht um eine niederschriftliche Aufnahme einer Berufung iSd § 14 AVG und wurde in dem erstatteten Aktenvermerk lediglich der Versuch des Bw, ein gewissen Formgeboten unterliegendes Anbringen telefonisch einzubringen, festgehalten, die schriftliche Aufnahme des Anbringens wurde dessen ungeachtet von der Behörde aber keineswegs vorgenommen (vgl. dazu VwGH 6.5.2004, 2001/20/0195). Daher war letztendlich der 5. Juli 2012 als Datum der Rechtsmitteleinbringung anzusehen und in weiterer Folge deren Rechtzeitigkeit zu prüfen.

 

Wie unter 3.1. ausgeführt, ist eine Berufung innerhalb der unerstreckbaren gesetzlichen Frist von zwei Wochen ab Zustellung einzubringen.

Einzige Ausnahme in diesem Zusammenhang stellt § 61 Abs. 3 AVG dar, wonach im Falle einer im Bescheid länger angegebenen Rechtsmittelfrist diese Frist für die Rechtzeitigkeit der Berufung ausschlaggebend ist.

Die Bestimmung des § 61 Abs. 3 AVG findet auf den Beschwerdefall jedoch keine Anwendung, weil Voraussetzung dafür wäre, dass das gegenständliche Straferkenntnis bereits eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthalten hätte. Dies war gegenständlich aber nicht der Fall.

 

Außerhalb des Straferkenntnisses vermag demgegenüber weder eine Fristersteckung seitens der Behörde noch eine im Nachhinein erteilte unrichtige Rechtsauskunft eine gesetzliche Frist zu verlängern oder zu hemmen.

Daher hat weder der erstbehördliche Aktenvermerk bzgl. des telefonischen Einspruchs – wobei der Bw in diesem Telefonat im Übrigen auch seitens der belangten Behörde auf die grundsätzlichen Formerfordernisse einer Berufung hingewiesen worden sein dürfte (vgl. dazu den Aktenvermerk vom 1.6.2012: arg. "Er weigerte sich, nochmals einen schriftlichen Einspruch zu schicken".) –, noch die Setzung einer "Nachfrist" – die im Übrigen auch erst am 28. Juni 2012 und somit nach Ablauf der gesetzlich normierten und im Straferkenntnis ordnungsgemäß festgehaltenen zweiwöchigen Berufungsfrist erfolgte – Auswirkungen auf den Ablauf der gesetzlichen Berufungsfrist. Diese ist daher im konkreten Fall mit 12. Juni 2012 abgelaufen und die Berufung vom 5. Juli 2012 war somit jedenfalls verspätet.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass im Falle einer Fristversäumnis allenfalls die Möglichkeit des außerordentlichen Rechtsmittels der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 71 AVG iVm § 24 VStG bestünde, wobei die Partei gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen hätte. Ein derartiger Antrag liegt im konkreten Fall allerdings nicht vor.

 

3.4. Die Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. L u k a s

 

 

 

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