Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301259/2/Zo/Ai

Linz, 04.12.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, X vom 7.8.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13.6.2012, Zl. Pol96-409-2011, wegen einer Übertretung nach des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 16 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 16.9.2011 um 17:55 Uhr in Linz, X, X im Stadion beim Gästesektor, den öffentlichen Anstand verletzt habe, in dem er Beamte der Polizeiinspektion X als "X" beschimpfte. Dies habe von mehreren am Tatort anwesenden Personen wahrgenommen werden können. Sein Verhalten in der Öffentlichkeit habe damit gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten verstoßen.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.1 und 2 iVm § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz 1979 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er den Wortlaut seiner Aussage nicht mehr rekonstruieren könne. Er schließe jedoch nicht aus, gesagt zu haben, dass die "Polizei heute deppert sei". Dies deshalb, weil er bereits auf dem Weg zum Stadion einen Vorfall beobachtet hatte, bei welchem sich mehrere Polizisten den Fans gegenüber vollkommen unangebracht verhalten hätten. Von seiner langjährigen Tätigkeit als Ordner wisse er, dass in der emotional aufgeheizten Stimmung bei einem Fußballspiel die Ordnungskräfte deeskalieren müssen. Bei dem von ihm wahrgenommenen Vorfall hätten mehrere Polizisten Fans attackiert und er habe die Situation bereinigt.

 

Seine Aussage sei vor dem Hintergrund dieser Vorkommnisse nachvollziehbar, da er noch unmittelbar unter dem Eindruck dieser Ereignisse gestanden sei. Er habe sich über die betreffenden Polizisten geärgert und mit seiner Aussage auch diese gemeint. Jene Polizeibeamten, welche seine Äußerung gehört hatten, habe er nicht gemeint. Er wollte im Übrigen die Polizisten wieder beleidigen sondern lediglich seinen Ärger über das von ihm wahrgenommene Fehlverhalten gegenüber seinen Begleitern ausdrücken.

 

In der aufgeregten Situation eines X könne eine solche Aussage den öffentlichen Anstand nicht verletzen. Er habe bereits viele Fußballspiele miterlebt und in der Regel würden sich Polizisten von solchen bzw. vergleichbaren Aussagen nicht stören lassen. Auch wesentlich schlimmere Aussagen seien durchaus an der Tagesordnung.

 

Grundsätzlich nehme er die Arbeit der Polizei in solchen Situationen positiv war, weshalb ihn der gegenständliche Vorfall umso mehr gestört habe.

 

Die Behörde habe sich vor Erlassen des Straferkenntnisses nicht mit diesen Angaben auseinander gesetzt, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei. Er könne nicht ausschließen, dass er eine derartige Äußerung getätigt habe, er habe jedoch nicht die Polizisten gemeint, welche sich offenbar angesprochen gefühlt hatten. Er könne nicht nachvollziehen, dass bei einem Fußballspiel und zum Beispiel einer Opernaufführung oder jeder anderen vergleichbaren Lebenssituation der gleiche Maßstab gelten sollte. Die Behörde habe sich mit dem Maßstab der guten Sitten jedoch überhaupt nicht auseinander gesetzt, was einen schweren Begründungsmangel darstelle.

 

Die gegenständliche Entscheidung sei ohne Befassung und Verständnis für den Einzelfall erfolgt, es würden lediglich Textbausteine aneinander gereiht. Die Behörde habe sich nicht ausreichend mit der Angelegenheit befasst und den Fall nicht sorgfältig geprüft.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber hat zur angeführten Zeit im X Stadion im Bereich des Gästesektors lautstark in Richtung mehrerer Polizisten die Wörter "die Polizei ist so X" gesprochen. Dies ergibt sich aus den Aussagen der von der BPD Linz einvernommenen Polizisten, welche dem Berufungswerber bereits im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht worden, wobei er dem auch nicht widersprochen hat.

 

Glaubwürdig ist das Vorbringen der Berufungswerber, dass er vor dem Stadion eine Situation wahrgenommen hat, bei welcher es zu einer Auseinandersetzung zwischen Fußballfans und Polizeibeamten gekommen ist. Es ist auch glaubwürdig, dass der Berufungswerber bei diesem Vorfall beschwichtigend eingeschritten ist und die Situation entspannen konnte.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

 

 

5.1.

Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt.

 

Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Polizeistrafgesetz ist als Anstandsverletzung im Sinne des Abs.1 jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten bildet.

 

5.2. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes durch ein Verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen diejenigen Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Bei der Beurteilung der Verletzung jener Formen des äußeren Verhaltens, die nach Auffassung gesitteter Menschen der Würde des Menschen bei jedem Heraustreten aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit entsprechen, ist ein objektiver Maßstab anzulegen (VwGH vom 15.10.2009, 2008/09/0272).

 

Die "lautstarke Meinungsäußerung" des Berufungswerbers, wonach "die Polizei heute deppert sei" erfolgte im Gästesektor des X Stadion kurz vor Beginn eines Fußballspieles und damit jedenfalls in der Öffentlichkeit. Ob dieses Verhalten einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten bilde, ist nach der angeführten Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Richtig ist das Vorbringen des Berufungswerbers insoweit, als die Frage, welches Verhalten noch eine bloße Unmutsäußerung darstellt und ab welcher Grenze ein grober Verstoß gegen die Schicklichkeit vorliegt, in unterschiedlichen Situationen verschieden zu beurteilen ist. Richtig ist auch, dass in einem Fußballstadion nicht mit gepflegten Umgangsformen gerechnet werden muss. Das ändert aber nicht daran, dass das lautstarke Beschimpfen einer bestimmten Berufgruppe als "deppert" nicht mit den Grundsätzen der Schicklichkeit in Einklang zu bringen ist. Derartige pauschale Beschimpfungen verletzen den öffentlichen Anstand und zwar unabhängig davon, ob der Beschimpfende die Personen konkret beleidigen wollte oder nicht.

 

Es trifft zwar zu, dass sich Polizeibeamte in Fußballstadien ähnliche (und auch noch schlimmere) Beleidigungen gefallen lassen (müssen), um eine Eskalation zu vermeiden. Das ändert aber nichts daran, dass solche Beschimpfungen den öffentlichen Anstand verletzen, auch wenn diese Anstandverletzungen in vielen Fällen nicht geahndet werden. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Umstand, dass sich der Berufungswerber kurz vor diesem Vorfall über andere Polizeibeamte geärgert hatte, kann ihn auch nicht entschuldigen. Es kann von Jedermann verlangt werden, dass er sich nicht wegen der Verärgerung über einzelne Personen zu Beschimpfungen einer gesamten Berufsgruppe hinreißen lässt. Der Berufungswerber hat die Übertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3.

Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 und 3 mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen.

 

Die Erstinstanz hat den gesetzlichen Strafrahmen zu etwas mehr als 20% ausgeschöpft. Diese Strafe erscheint den Unrechtsgehalt der Übertretung durchaus angemessen und erforderlich um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Die Geldstrafe ist auch für den Fall der vom Berufungswerber angegebenen (aber nicht näher ausgeführten) Einschränkung seiner Einkommensmöglichkeiten durchaus angemessen. Auch ungünstige finanzielle Verhältnisse können nicht dazu führen, dass für solche Übertretungen keine spürbaren Geldstrafen verhängt werden dürften. Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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