Linz, 29.10.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30.9.2012, GZ: SH-256/11 betreffend bedarfsorientierte Mindestsicherung zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im angefochtenen Bescheid im Spruch unter 2. die fett geschriebene Formulierung: "weiters der Pkw der Marke Audi x, KFZ-Kennzeichen X. Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes wird gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG befristet auf drei Monate ab Bescheiddatum unter der Voraussetzung zuerkannt, dass sie innerhalb dieser Frist ihr Kraftfahrzeug verkaufen." entfällt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 10 Abs. 1 Z3 Oö. BMSG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerbers ab 1.10.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden Geldleistungen zuerkannt. Diese Leistung wurde bis 31.12.2012 befristet. Nach Spruchpunkt 2 sind als eigenen Mittel einzusetzen, dass Krankengeld sowie der im Spruch angeführte Pkw. Weiters wurde festgelegt, dass die Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes befristet auf drei Monate ab Bescheiddatum unter der Voraussetzung zuerkannt wurde, dass der Berufungswerber innerhalb dieser Frist sein Kraftfahrzeug verkauft.
Als Begründung wurde dazu angeführt, dass kein Ausnahmetatbestand von der Verwertungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Z3 Oö. BMSG (Fahrzeug berufsbedingt oder aufgrund einer Beeinträchtigung notwendig) vorliege.
2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin ausgeführt:
"
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt.
Daraus ergibt sich, dass der Berufungswerber bereits seit 6.10.2011 Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung in Form von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen erhält. Diese Leistungen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 25.11.2011, GZ: SH-256/11 bis 30.9.2012 befristet. In der Folge hat der Berufungswerber rechtzeitig um Neugewährung der Mindestsicherung angesucht und dabei auch angegeben, dass er das gegenständliche Kraftfahrzeug besitzt und hat als Begründung für die Notwendigkeit des Kraftfahrzeuges angegeben: körperliche Einschränkung, Betreuung des Vaters und Arbeitssuche. Aus dem Akt ist auch zu entnehmen, dass dem Berufungswerber aufgrund eines Ergebnisberichtes des berufsdiagnostischen Zentrums laut arbeitsmedizinischer Begutachtung Tätigkeiten mit halbseitig mittelschwerer körperlicher Beanspruchung oft im Sitzen, Gehen und Stehen (Haltungswechsel notwendig) zumutbar sind.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z1 Oö BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person zu erfolgen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z3 Oö BMSG darf die Verwertung von Vermögen nicht verlangt werden, wenn dadurch eine Notlage erst ausgelöst, verlängert oder deren Überwindung gefährdet wird. Dies ist insbesondere anzunehmen bei Kraftfahrzeugen, die berufsbedingt oder aufgrund besonderer Umstände (insbesondere einer Beeinträchtigung oder unzureichender Infrastruktur am Wohnort) erforderlich sind.
4.2. Grundsätzlich ist aus dem erstinstanzlichen Akt zu entnehmen, dass der Berufungswerber zumindest eingeschränkt arbeitsfähig ist. Durch die Veräußerung seines 20 Jahre alten Pkws, der keinesfalls als relevanter Vermögenswert anzusehen ist, wird dem Berufungswerber die für die moderne Arbeitswelt unbedingt erforderliche Mobilität genommen und damit seine Notlage verlängert oder zumindest deren Überwindung gefährdet in der Hinsicht als seine Chancen auf Erlangung eines Arbeitsplatzes wesentlich herabgesetzt werden. Die Erstinstanz hat überdies mit Ausnahme eines Stehsatzes nicht nachvollziehbar begründet warum ein Kraftfahrzeug in der Situation des Berufungswerbers nicht erforderlich sein sollte.
Es war der Berufung daher schon aus den obigen Gründen entsprechend Folge zu geben, wobei auch aufgrund der mangelnder Anfechtung die grundlegende Befristung auf drei Monate der Gewährung der Mindestsicherung nicht abgeändert wurde, sondern lediglich die Verpflichtung zur Veräußerung des eigenen Kraftfahrzeuges.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Leopold Wimmer
VwSen-560203/2/Wim/Bu vom 29. Oktober 2012
Erkenntnis
Rechtssatz
Oö. BMSG §10 Abs1 Z3
Durch die Veräußerung seines 20 Jahre alten PKW´s, der keinesfalls als relevanter Vermögenswert anzusehen ist, wird dem zumindest eingeschränkt arbeitsfähigen Berufungswerber die für die moderne Arbeitswelt unbedingt erforderliche Mobilität genommen und damit seine Notlage verlängert oder zumindest deren Überwindung in der Hinsicht gefährdet, als seine Chancen auf Erlangung eines Arbeitsplatzes wesentlich herabgesetzt werden.