Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167361/2/Fra/Ha/CG

Linz, 27.11.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Oktober 2012, VerkR96-11894-2012-Kub, betreffend Übertretungen des KFG 1967 sowie der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in allen Spruchpunkten stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 VStG und 45 Abs. 1 Z 2 und 3 VStG.

zu II.: §§ 65 und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (in weiterer Folge: Bw)

 

1.           wegen Übertretung des § 102 Abs. 1 iVm § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass durch die Beladung die größte Breite beim Sattelkraftfahrzeug von 2,55 Meter um 132 cm überschritten wurde,

 

2.           wegen Verletzung des § 24 Abs. 1 lit. n StVO 1960 eine Ermahnung gemäß § 21 VStG ausgesprochen, weil er das Sattelkraftfahrzeug auf einer Straßenstelle abgestellt hat, die nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbotes (Fahrverbot) erreicht werden kann, sowie

3.           wegen Verletzung des § 46 Abs. 4 lit. e StVO 1960 eine Ermahnung gemäß § 21 VStG ausgesprochen, weil er das o.a. Sattelkraftfahrzeug auf der Autobahn außerhalb einer durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stelle geparkt hat.

 

I.1.2. Die im Straferkenntnis angeführten Spruchpunkte stützen sich auf eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis vom 19. April 2012, GZ: A1/0000016619/01/2012. Der dienstlich wahrgenommene Sachverhalt stellte sich wie folgt dar: Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei das Sattelkraftfahrzeug auf einem gesperrten Autobahnparkplatz abgestellt gewesen, der im Einfahrtsbereich mit zwei flexiblen Absperrpfosten versehen, sowie auf der rechten Seite mit einem deutlich sichtbaren Vorschriftszeichen "allgemeines Fahrverbot" gekennzeichnet gewesen sei. Der Bw als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges sei zudem trotz Größenüberschreitung nicht im Besitz der gültigen Ausnahmegenehmigung gewesen. Der betreffende Bescheid SOT/1207218 sei dem Lenker jedoch noch im Rahmen der Kontrolle per Mail auf sein Notebook übersendet worden.

 

I.1.3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Der Bw führt darin sinngemäß aus, dass ihm bei Inbetriebnahme die Überbreite des gegenständlichen Fahrzeuges sehr wohl bewusst gewesen sei, seine Fahrt allerdings durch Bescheid des Landes vom 17. April 2012, Zl. SOT-1207218, genehmigt gewesen sei. Dass er diese Genehmigung nicht vorweisen hätte können, liege dem Umstand zugrunde, dass er die Fahrt völlig anders als geplant vornehmen hätte müssen. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass er seine gesetzliche Ruhezeit auf dem Vorstauraum des Grenzübergangs Suben, also noch auf deutschem Bundesgebiet, einhalten hätte sollen, wo er in weiterer Folge auch auf das österreichische Begleitfahrzeug, das die besagte Bewilligung mit sich führte, warten hätte sollen. Dafür seien durch die Autobahnmeisterei Passau eigens Parkflächen abgesperrt gewesen, die allerdings verbotenerweise von fremden LKWs genutzt worden seien. Da der Rastplatz restlos überfüllt gewesen sei, hätte er keine andere Möglichkeit gehabt, als ohne die Bewilligung nach Österreich einzureisen und in weiterer Folge, um die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten, auf den nächstgelegenen freien Parkplatz auszuweichen.

 

I.2. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat vor, der, weil jeweils 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

I.3.1. Zum Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Aus den § 101 Abs. 1 lit. a und § 101 Abs 5 iVm § 101 Abs. 1 lit. d KFG 1967 geht hervor, dass der Gesetzgeber die Beladung von Sattelkraftfahrzeugen grundsätzlich nur bis zur höchstzulässigen Breite erlaubt, allerdings besteht die Möglichkeit in Ausnahmefällen eine bescheidmäßige Genehmigung zu beantragen, mit der Transporte trotz Breitenüberschreitung möglich sind.

 

Liegt eine gültige Ausnahmegenehmigung nach § 101 Abs. 5 KFG 1967 vor, kann der Lenker, der den bescheidmäßig genehmigten Transport durchführt, nicht mehr wegen Übertretung des § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 durch Nichteinhaltung der höchstzulässigen Breite belangt werden, wenn diese Breitenüberschreitung durch die Ausnahmegenehmigung gedeckt ist.

 

Im vorliegenden Fall lag eine solche Ausnahmegenehmigung vor, die mit Bescheid des Landes , SOT-1207218, vom 17. April 2012 erteilt wurde.

Der Lenker war zum besagten Zeitpunkt also grundsätzlich im Rahmen der besagten Genehmigung rechtmäßig unterwegs, konnte dieses Dokument allerdings bei der Kontrolle nicht vorweisen.

 

Im Rahmen der bescheidmäßigen Erteilung solcher Ausnahmegenehmigungen, besteht die Möglichkeit, diese mit bestimmten Auflagen zu versehen.

Bei der Verpflichtung den Bescheid auf der jeweils genehmigten Fahrtstrecke mit sich zu führen, handelt es sich um eine eben solche Auflage im Sinne des § 101 Abs. 5 KFG 1967, gegen die der Lenker somit verstoßen hat. Demnach ist im konkreten Fall eine Bestrafung des Bw gemäß § 102 Abs. 1 iVm § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 nicht möglich. Im vorliegenden Fall wurde eine Auflage des Bescheides verletzt, weswegen der Bw nach § 101 Abs. 1 lit. d iVm Abs 5 KFG 1967 zur Verantwortung hätte gezogen werden müssen.

 

Um den Erfordernissen des § 44a VStG zu entsprechen, muss der Spruch des Strafbescheides die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist enthalten. Da dies beim gegenständlichen Straferkenntnis nicht der Fall ist und dieses somit als taugliche, sprich die Verfolgungsverjährung unterbrechende Handlung ausscheidet, ist hinsichtlich der gegenständlichen Tat, des Nichtmitführens der Ausnahmegenehmigung Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG eingetreten, zudem auch sonstige taugliche Verfolgungshandlungen nicht gesetzt wurden. Der Oö. Verwaltungssenat hatte den Eintritt der Verfolgungsverjährung von Amts wegen wahrzunehmen. Das Verfahren im Punkt 1.) des Straferkenntnisses war daher gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

 

I.3.2. Zu den Spruchpunkten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Hinsichtlich der 2. und 3. Übertretung ist dem Bw zu folgen, dass es nicht in seiner Sphäre lag, dass der eigens für sein Fahrzeug reservierte Parkplatz vor dem Grenzübergang Suben von fremden LKWs besetzt wurde. Er, beziehungsweise sein Arbeitgeber habe bei der Reservierung des Parkplatzes nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Es sei in diesem Zusammenhang keineswegs vorhersehbar gewesen, dass dieser Umstand eintreten würde und er in weiterer Folge dazu gezwungen sein würde, pflichtwidrig zu handeln.

 

Dass der objektive Tatbestand des § 24 Abs. 1 lit. n StVO 1960 und des § 46 Abs. 4 lit. e StVO 1960 somit erfüllt ist, wird vom Bw auch nicht bestritten.

 

Nachdem der vorgesehene Parkplatz nicht zur Verfügung stand und der Parkplatz beim Zollamt Suben ebenfalls restlos überfüllt war, stand der Bw vor der Wahl, entweder die oben genannten Verwaltungsübertretungen zu begehen oder aber gegen die gesetzliche Ruhezeit zu verstoßen und noch weiter ohne die bereits erwähnte Ausnahmegenehmigung zu fahren.

Im gegenständlichen Fall war somit mit der Erfüllung der einen Rechtspflicht in Form der Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeit, zwangsläufig die Verletzung der obengenannten Rechtspflichten verbunden.

Hätte der Bw den besagten Parkplatz allerdings nicht angesteuert, hätte er wiederum die gesetzliche Ruhezeit verletzt. In der konkreten Situation musste der Bw somit zwangsläufig pflichtwidrig handeln. Da jeder die Möglichkeit haben muss, sich rechtmäßig zu verhalten, ist eine Handlung, die eine zurücktretende Pflicht verletzt, in solchen Fällen gerechtfertigt, obwohl dadurch ein Verwaltungsstraftatbestand erfüllt wird. Da die Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeiten dazu dient, eine Überanstrengung der Fahrer und eine damit einhergehende erhöhte Unfallgefahr zu vermeiden, und diese Pflicht somit dem Schutz des körperlichen Unversehrtheit dient, ist sie im konkreten Fall als die stärkere Pflicht zu sehen, weshalb ihr somit der Vorrang einzuräumen war.

 

Im gegenständlichen Fall ist demnach von einer rechtfertigenden Pflichtenkollision und somit zugunsten des Bw von einem Strafausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG auszugehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und das Verfahren hinsichtlich der Punkte 2 und 3 des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen, da Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann FRAGNER

 

 

 

 

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