Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240927/2/Gf/Rt

Linz, 30.10.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des Ing. R, vertreten durch RA Dr. J,  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 25. September 2012, Zl. SanRB96-117-2011, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 25. September 2012, Zl. SanRB96-117-2011, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 20 Euro; Untersuchungskosten: 144 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 364 Euro) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer KG zu vertreten habe, dass von dieser am 19. Juli 2011 Lebensmittel "hergestellt und somit in Verkehr gebracht" worden seien, die mit mesophilen aeroben Keimen und Milchsäurebakterien kontaminiert gewesen seien. Dadurch habe er eine Übertretung des § 4 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. Art. 3, Art. 4 und Anh. II Kap. IX Z. 3 der Verordnung (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene (im Folgenden: LMHygieneVO 852/2004 [EU]) begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Einkommen: 2.000 Euro; keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihm am 3. Oktober 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. Oktober 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass der angefochtene Bescheid keine eigenständige, sondern lediglich eine Scheinbegründung enthalte, die in einer bloßen Übernahme der Feststellungen des Gutachtens der AGES bestehe. Weiters lasse sich dem Straferkenntnis weder eine ordnungsgemäße Tathandlung noch die Feststellung einer konkreten Rechtswidrigkeit bzw. eines spezifischen Verschuldens entnehmen. Außerdem habe sich die belangte Behörde nicht mit dem Einwand, dass die Probe in der Untersuchungsanstalt möglicherweise bei einer erheblich überhöhten Temperatur gelagert worden sei, auseinandergesetzt. Zuletzt sei auch darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der zulässigen Keimanzahl keine gesetzlichen Grenzwerte, sondern nur unverbindliche Richtwerte existieren würden.

Daher wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. SanRB96-117-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LMSVG und i.V.m. Art. 3, Art. 4 Abs. 2 und Anh. II Kap. IX Z. 3 LMHygieneVO 852/2004 [EU] begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der als Lebensmittelunternehmer nicht auf allen seiner Kontrolle unterstehenden Stufen einer – der Primärproduktion nachgeordneten – Erzeugung, Verarbeitung oder eines Vertriebes seiner Lebensmittel sicherstellt, dass diese vor solchen Beeinträchtigungen geschützt sind, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.

 

Nach Art. 3 Z. 3 der Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts (im Folgenden: LMVO 178/2002 [EU]) ist unter einem "Lebensmittelunternehmer" u.a. jene natürliche Person zu verstehen, die dafür verantwortlich ist, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem seiner Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden.

 

Gemäß Art. 3 Z. 8 LMVO 178/2002 (EU) gilt als "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

3.2. Von diesen Begriffsbestimmungen der – mangels Vorliegens einer Verordnung gemäß § 4 Abs. 3 LMSVG – unmittelbar heranzuziehenden, in die Systematik des österreichischen Verwaltungsstrafrechts nur mit einem erheblichen Aufwand integrierbaren unionsrechtlichen Normen ausgehend entspricht der Tatvorwurf des hier angefochtenen Straferkenntnisses insofern nicht den Anforderungen des Art. 44a Z. 1 VStG, als mit diesem dem Rechtsmittelwerber dezidiert angelastet wird, näher bezeichnete Lebensmittel "hergestellt und somit in Verkehr gebracht" zu haben.

 

Gerade die bloße Herstellung verkörpert jedoch nach der Legaldefinition des Art. 3 Z. 8 LMVO 178/2002 (EU) – noch – kein Inverkehrbringen; vielmehr kommt es danach entscheidend darauf an, dass das Lebensmittel für Verkaufszwecke bereitgehalten wurde. Da es jedoch an einer diesbezüglichen Tatanlastung fehlt, erweist sich der Spruch des Straferkenntnisses schon aus diesem Grund als rechtswidrig – ganz abgesehen davon, dass auch keine Konkretisierung dahin vorliegt, inwiefern das beanstandete Lebensmittel im Zuge der Durchführung der Inspektion durch die Lebensmittelaufsichtsorgane überhaupt (noch) der Kontrolle des Rechtsmittelwerbers unterstand und ihm folglich zum Vorfallszeitpunkt (immer noch) die Eigenschaft eines "Lebensmittelunternehmers" i.S.d. Art. 3 Z. 3 LMVO 178/2002 (EU) zukam.

      

3.3. Weil eine dementsprechende Spruchkorrektur durch den Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die zwischenzeitlich bereits abgelaufene Verfolgungsverjährungsfrist schon von vornherein nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin schon aus diesem formalen Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum