Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401221/4/AL/HK

Linz, 12.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des J alias V C alias O, geb. xxx alias xxx, StA von Nigeria, derzeit angehalten im PAZ S, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 1. Oktober 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 1. Oktober 2012, Z  Sich40-3199-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 Z 2 iVm § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das PAZ X vollzogen.

 

Begründend wird im Bescheid Folgendes ausgeführt:

 

"Begründung

[...]

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie reisten laut Ihren eigenen Angaben im September 2012 mit dem Flugzeug von Lagos, NIGERIA direkt in ein Ihnen unbekanntes Land gereist seien. Dies sei schlepperunterstützt erfolgt. Sie hätten keine Dokumente bei sich gehabt und hätten sich auch nicht ausweisen müssen. Ein Ihnen unbekannter Mann habe Ihnen eine Busticket gekauft und dem Fahrer gesagt wo Sie aussteigen müssten. Sie seien dann in der Nähe einer Schule ausgestiegen und direkt nach T gekommen, wo Sie unter obgenannter Identität einen Asylantrag in Österreich stellten. Im Zuge der Asylantragstellung waren Sie nicht in der Lage den Beamten ein gültiges Reisedokument oder ein anderes Identitätsdokument in Vorlage zu bringen.

 

Am 28.09.2012 um 15:00 Uhr wurden Sie durch Beamte der Polizeiinspektion St. Georgen EAST-X unter Beizug eines Dolmetschers der Sprache Englisch niederschriftlich erstbefragt. Nach erfolgter Belehrung führten Sie an, dass es Ihnen bewusst sei, dass dies die Erstbefragung im Asylverfahren sei und die Grundlage Ihres Verfahrens hinsichtlich der Gewährung internationalen Schutzes sei. Sie wurden daher mittels Dolmetscher in Ihrer Heimatsprache aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken. Darüber hinaus wurde Ihnen bekannt gegeben, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für Sie haben können.

Sie gaben an, dass Sie keine Krankheiten oder Beschwerden hätten die Sie an der Einvernahmen hindern würden oder Ihr Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden.

Laut Ihren Angaben reisten Sie mit dem Flugzeug von Lagos (NIGERIA), schlepperunterstützt direkt in ein Ihnen unbekanntes Land aus. Der Schlepper habe Sie auf dem Flug begleitet und alles weitere veranlasst. Sie hätten keinen Reisepass in der Hand gehabt und seien auch nicht kontrolliert worden. Sie hätten sich dann durchgefragt, ein Mann habe Ihnen ein Busticket gekauft. Sie seien dann in der nähe einer Schule aus dem Bus ausgestiegen und nach T gelaufen wo Sie Ihren Asylantrag stellten.

Für die Schleppung hätten Sie nichts bezahlt. Die Frage nach einer Asylantragstellung in einem anderen Land verneinten Sie ausdrücklich.

Sie würden über keine Barmittel oder andere Unterstützung verfügen und seien völlig Mittellos. Bezugspersonen in Österreich oder einem anderen EU-Staat hätten nicht. Als Grund für Ihre Flucht gaben Sie an, dass Ihre Familie bei einem Anschlag auf eine Kirche ums Leben gekommen sei. Sie seien auch von der 'Bukoharam' entführt und festgehalten worden, hätten jedoch fliehen können.

Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen wurde mittels Abgleich Ihrer Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht, dass – ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt:

 

1.       25.10.2008 Asylantragstellung       Caltanissetta (ITALIEN)

2.       15.02.2012 Asylantragsstellung     Basel (SCHWEIZ) [richtig: Napoli (ITALIEN)]

 

Konfrontiert mit dem Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung gaben Sie wörtlich zitiert an: ‘Das sind nicht meine Fingerabdrücke. Ich war noch nie in Europa!' Weiters führten Sie noch an noch nie in der EU gewesen zu sein und wiederholten, noch keinen Asylantrag gestellt zu haben.

 

Entsprechend Ihrem Begehren wurde Ihnen zunächst – wenn auch nur vorübergehend – eine betreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle X zugewiesen. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen Sie nicht.

 

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle X, vom 01.10.2012, Zl.: 12 13.488, wurde Ihnen in weiterer Folge gemäß § 29 Abs. 3 Ziffer 4 AsylG. 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag vom 27.09.2012 gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen. Gleich gehend wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit der ITALIEN seit dem 01.10.2012 geführt werden und gleichzeitig das Ausweisungsverfahren aus dem österr. Bundesgebiet über Sie eröffnet worden ist.

 

Die BH Vöcklabruck, als örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde, wurde gleich gehend gemäß § 27 Abs. 7 AsylG. 2005 vom Bundesasylamt, EAST-X, in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG. eingeleitet worden ist.

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – aufgrund der Tatsache, dass Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten. Zudem können Sie auch nicht den Besitz eines Nationalreisedokumentes nachweisen. = = = > Ihre Identität gilt als nicht gesichert!

 

Eine aktuell zu Ihrer Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister hat ergeben, dass Sie – abseits der Ihnen anlässlich der Einbringung Ihres Asylantrages zur Verfügung gestellten bundesbetreuten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle X - über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen.

 

Unmittelbar nach der Zustellung der Verfahrensanordnung gem. § 29 AsylG wurden Sie durch die  Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 01.10.2012 um 13:00 Uhr gemäß § 74 Abs. 2 Z 2 FPG zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen. Eine dabei durchgeführte Durchsuchung brachte zum Ergebnis, dass Sie abgesehen eines Bargeldbetrages in der Höhe von € 5,-- völlig mittellos sind.

 

Sie haben bereits in der Vergangenheit infolge Ihres illegalen Grenzübertrittes ins Bundesgebiet der Republik Österreich, dem Verschweigen Ihres Aufenthaltes in ITALIEN, des Bewussten Verschweigens Ihrer beiden in ITALIEN gestellten Asylbegehren und dem Abstreiten derselben auch nach direkter Konfrontation mit dem Ergebnis der EURODAC-Behandlung, in einer unmissverständlichen Art und Weise zu erkennen gegeben, dass Sie in gar keiner Weise gewillt sind die Rechtsordnung Ihres Gastlandes Österreich bzw. die jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich des Fremdenrechtes zu respektieren.

 

Sie bringen als passpflichtiger Fremder nicht einen Ausweis zur Vorlage, der zumindest Ihre Identität belegen oder glaubhaft darlegen würde. Die Handlungsweise der illegalen Reise ohne jeglicher Papiere und Ihren illegalen Aufenthalt rechtfertigen Sie in Österreich mit einer internationalen Schutzsuche. Die Schutzsuche vor Verfolgung im Herkunftsstaat NIGERIA deklarierten Sie mitten in der europäischen Union, in Österreich, nachdem Sie bereits zahlreiche sichere Länder und Staaten illegal durchreist haben. Statt Ihre Identität zu belegen und Ihrer Ausweispflicht nachzukommen, verschweigen Sie im Ersuchen um Hilfe, Schutzgewährung und Unterstützung bewusst Ihren Aufenthalt sowie die zweifache Asylantragstellung im EU-Staat ITALIEN. Um sich fortlaufend im zentralen Wirtschaftraum der europäischen Union aufhalten zu können, schrecken Sie auch nicht davor zurück, Ihre eigenen Dokumente zu unterdrücken und zu verschleiern, falsche Angaben zu tätigen, sich illegal in der Anonymität aufzuhalten und weitere Grenzübertritte innerhalb der europäischen Union illegal zu tätigen.

 

Sie verneinten im Rahmen der Erstbefragung bewusst bereits in einem anderen Land Asyl beantragt zu haben. Sie geben damit unmissverständlich zu erkennen, dass Sie sich bewusst illegal und unstet in Mitgliedstaaten der europäischen Union aufhalten, weitere illegale Grenzübertritte jederzeit tätigen um sich letztlich einen Mitgliedstaat Ihrer Wahl für das Begehren eines internationalen Schutzes aussuchen zu können. Ob Österreich dahingehend Ihr Zielland ist, in welchem Sie tatsächlich ein Durchlaufen eines Asylbegehrens anstreben würden, muss stark in Frage gestellt werden. Zumal Österreich ein Mitgliedsstaat ist in dem Sie sich noch nicht zuvor aufgehalten haben, bzw. zumindest nicht behördlich bekannt sind. Und indem Sie als mittelloser Fremder ohne Unterkunft und Barmittel offensichtlich Ihre weitere Antragstellung dazu benutzen um sich zumindest für wenige Tage ausrasten, neu formieren und Ihre Weiterreise neu organisieren zu können.

Aus diesen Gründen ist im Besonderen davon auszugehen, dass Sie an einem dauerhaften Aufenthalt in Österreich ebenso wenig bestrebt sind als an Ihren Aufenthalten in den bisherigen durchreisten Mitgliedstaaten. Demzufolge ist es nicht nur naheliegend, sondern davon auszugehen, dass Sie sich ebenso in Österreich innerhalb weniger Tage dem Verfahren entziehen, in die Anonymität abtauchen und weiterhin weitere illegale Grenzübertritte begehen werden.

 

Die von Ihnen praktizierte Verhaltensweise ist nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde als klassischer "Asylantragstourismus (Wortformulierung Asylantragstourismus siehe Erkenntnis VwGH 2007/19/0730 vom 16.04.2009)" zu betrachten, welcher völlig abseits den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention steht und welchem mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten ist um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Nachdem aufgrund der Gesamtheit des geschilderten Sachverhaltes sowie infolge dessen, dass Ihnen auch das Bundesasylamt Ihre Hoffnung auf eine Legalisierung Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht erfüllen konnte, und gegen Sie bereits eine Ausweisungsverfahren gemäß § 10 AsylG. eingeleitet wurde, ist zu befürchten, dass Sie sich – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde unverzüglich – und ohne eine drohende Überstellung nach ITALIEN zuzuwarten - entziehen werden. Demzufolge ist zur Sicherung der Ausweisung nach den Bestimmungen des AsylG. sowie zur Sicherung Ihrer Abschiebung Ihre Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

 

Ihre Verhaltensweise entgegen sämtlicher Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zeigt auf, dass Sie nicht das geringste Interesse an der Gewährung des Asylstatus in Österreich an den Tag legen.

Von der bescheiderlassenden Behörde ist – in Anbetracht der Tatsache dass Ihnen mit Verfahrensanordnung gem. § 29 AsylG durch das Bundesasylamt zur Kenntnis gebracht worden ist, dass Ihre Außerlandesbringung nach ITALIEN in Kürze angestrebt wird – unter Zugrundelegung der Gesamtheit des Sachverhaltes daher zu Recht von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand zu nehmen und ein konkreter und vor allem sehr akuter Sicherungsbedarf zu Ihrer Person zu bejahen.

 

Sie sind im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden. Sie sind – wie Sie während Ihrem Aufenthalt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eindrucksvoll unter Beweis stellten – äußert flexibel in Ihrer Lebensgestaltung, und haben auch keine familiäre oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur fest, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften für den österreichischen Staat, vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes, von eminentem Interesse ist.

 

Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass Sie – nach einem Abtauchen in der Anonymität – dem österreichischen Staat finanziell weiter zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies - zumindest zum Teil - auf illegale Art und Weise bewerkstelligen und straffällig werden.

 

Darüber ist im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß Artikel 13 der Dublinverordnung zuständig werde, sofern den Erfordernissen des Abkommens – einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachgekommen werde! Wessen Erzwingen durch einen Aufenthalt in der Anonymität jedenfalls nicht im öffentlichen Interesse stehen kann.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist - nach genauester Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung - verhältnismäßig, denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer durchführbaren Ausweisung sowie zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels in Anbetracht der geschilderten Tatsachen, nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme das der Sicherung zugrunde liegende Endziel – nämlich Ihre behördliche Abschiebung von Österreich in den für Sie zuständigen Dublinstaat ITALIEN – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels zwingend Abstand zu nehmen und ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf - welchem im gegenständlich vorliegenden Fall ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen."

 

1.2. Wie in diesem Bescheid ausgeführt, wurde die Fremdenpolizeibehörde von der Asylbehörde darüber informiert, dass das Ausweisungsverfahren gem. § 27 Abs. 1 AsylG mit 1.10.2012 ex lege als eingeleitet gilt.

 

1.3. Gegen diesen unter Punkt 1.2. dargestellten Bescheid erhob der Bf mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 (eingelangt per Fax am 8. Oktober 2012) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft per 1.10.2012 sowie der seither andauernden Schubhaft unter Kostenersatz.

 

Begründend wird in der Beschwerde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung insofern rechtswidrig sei, als im vorliegenden Fall kein Titel für eine allfällige Abschiebung vorhanden sei; insbesondere gäbe es noch keine durchsetzbare Ausweisung, da das Asylverfahren des Bf in erster Instanz noch nicht abgeschlossen sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, eine individuelle Prüfung der Verhältnismäßigkeit und eine individuelle Interessenabwägung vorzunehmen.

 

Die Schubhaft sei unzulässig, da keine Gründe vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, der Bf würde sich dem Verfahren entziehen.

 

Der Bf führt aus, dass er zunächst aus Angst nicht seine wahren Daten angeführt hätte, was er nunmehr bei der Fremdenbehörde berichtigt hätte. Sein richtiger Name sei O V, geb. xxx. Es sei auch richtig, dass der Bf bereits in Italien Asylanträge gestellt hätte.

 

Der Bf hätte kein Verhalten gesetzt, das die Annahme rechtfertigte, der Bf würde sich dem weiteren Verfahren entziehen. Sollte er nach Italien zurückgehen müssen, so würde er dies freiwillig tun. Insbesondere sei er auch selbstständig bei der Erstaufnahmestelle vorstellig geworden und sei er nicht von der Polizei aufgegriffen worden. Der Bf hätte sich nicht unrechtmäßig von der betreuten Unterkunft in der EAST X entfernt sonder sei dort bis zu seiner Inschubhaftnahme aufhältig gewesen.

 

Die Begründung der Behörde, der Bf würde sich dem Verfahren entziehen, beruhe lediglich auf unbelegten Spekulationen der Behörde. Da sich der Bf dem Zugriff der Behörde keinesfalls entziehen würde, erweise sich die Verhängung der Schubhaft als rechtswidrig.

 

Weiters werden die näheren festgelegten Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von UNHCR ausgeführt.

 

Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass sich der Bf einem allfälligen fremdenrechtlichen Verfahren entziehen würde. Im Übrigen hätte die Verhängung eines gelinderen Mittels jedenfalls ausgereicht; dafür spreche auch, das der Bf im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft in die Grundversorgung aufgenommen werden und damit einen ordentlichen Wohnsitz begründen könne.

 

Abschließend wird beantragt, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären, sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen; in eventu die Anordnung eines gelinderen Mittels gem. § 77 FPG zu verfügen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 (eingelangt beim Oö. UVS am selben Tag) übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt per E-Mail. In einer kurzen Gegenschrift legt die belangte Behörde erneut ihren Rechtsstandpunkt dar und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde:

 

"Der BF [führte], wie auch im ggst. Schubhaftbescheid angeführt in der Erstbefragung durch Beamte der PI St. Georgen EAST-X vom 28.09.2012 wörtlich an, er wäre noch nie in Europa gewesen, hätte in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt und sei von NIGERIA aus direkt mit dem Flugzeug in ein ihm unbekanntes Land gereist, wo er nicht kontrolliert wurde und sich auch nie ausweisen habe müssen. Er sei zudem nie von Behörden angehalten oder kontrolliert worden.

Konfrontiert mit seinen beiden Eurodac Treffern aus ITALIEN aus dem Jahr 2008 (Asylantrag in Caltanissetta) und 2012 (Asylantrag in Napoli), aus denen zweifelsfrei hervorgeht, dass er erstmalig bereits im Jahr 2008 sowie abermals im Jahr 2012 in ITALIEN – somit in Europa – aufhältig war, dort auch entgegen seiner Behauptungen jeweils Asylanträge stellte, entgegnete er lapidar: 'Das sind nicht meine Fingerabdrücke. Ich war noch nie in Europa!' Weiters blieb er wie auch im ggst. Schubhaftbescheid geschildert beharrlich bei seiner Version noch nie in der EU gewesen zu sein und auch noch keinen Asylantrag gestellt zu haben.

Obgenannter erschien zwar zu seiner Asylantragstellung eigenständig bei der EAST-X, machte jedoch wie vorangehend geschildert bei der Erstbefragung beharrlich falsche Angaben zu seinem bisherigen Aufenthalt in Europa, Behördenkontakten und Asylantragstellungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten.

Nach der am 02.10.2012 im PAZ durch die Volkshilfe ... durchgeführten Rechtsberatung gab der Bf nunmehr zusätzlich zu diesen bewussten Falschangaben auch zu seiner Identität vollkommen von jener im Zuge der Antragsstellung abweichende Angaben. Die Angaben bezüglich dieser Identität kann der Bf zudem ebenso wie seine Angaben anlässlich der Erstbefragung im Asylverfahren durch keinerlei Dokument belegen.

Die Glaubwürdigkeit des Bf hinsichtlich sämtlicher von Ihm getätigter Angaben ist somit massiv in Frage zustellen. In der von Ihm eingebrachten Schubhaftbeschwerde gesteht er sogar ein, bei der Erstbefragung aus Angst bewusst nicht seine wahren Daten preisgegeben zu haben. Wenn der Bf nun angibt er würde freiwillig nach ITALIEN zurückkehren, sowie er würde sich dem Zugriff der Behörde keinesfalls entziehen kann dem ebenso kein Glauben geschenkt werden. Es ist somit sehr wohl davon auszugehen, dass weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden 'Dublin-Fall' in einem besonderen Licht erscheinen lassen und es ist daher in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des Fremden im Falle einer Aufhebung der Schubhaft zu befürchten. Diese Behauptungen sind somit als reine Schutzbehauptungen – mit dem Ziel sich aus der Anhaltung im Stande der Schubhaft und somit dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen – anzusehen.

Zu den in der Beschwerde eingangs angeführten Ausführungen, die Verhängung der Schubhaft erweise sich als nicht rechtmäßig, da im konkreten Fall des Bf noch kein Titel für eine allfällige Abschiebung vorhanden sei, da noch keine durchsetzbare Ausweisung im Asylverfahren vorliege und das Verfahren noch nicht in erster Instanz abgeschlossen sei, wird ausgeführt, das im konkreten Fall die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG angeordnet wurde. Dem Bf wurde mit Verfahrensanordnung vom 01.10.2012 mitgeteilt, dass ein Ausweisungsverfahren gem. § 10 AsylG nach ITALIEN über Ihn eingeleitet wurde. Aufgrund der von ihm im Zuge der Erstbefragung getätigten Aussagen, war – wie bereits weiter oben angeführt – in einem mehr als erheblichen Ausmaß davon auszugehen, dass sich der Bf, auf freiem Fuß belassen, dem weitern Zugriff der Behörde entzogen hätte. Die Sicherungsmaßnahme gem. § 76 Abs. 2 Z. 2 wurde daher in erster Linie zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) angeordnet.

Da bei sogenannten Dublin-Fällen innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes mit einer Entscheidung des Bundesasylamtes verbunden mit einer Ausweisungsentscheidung in den zuständigen Dublinstaat ausgegangen werden kann, kann mit einer Abschiebung des Bf innerhalb weniger Wochen gerechnet werden (Die Frist zur Zustimmung ITALIENS im Dublin-Konsultationsverfahren läuft bis 17.10.2012, wobei nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist von einer Zustimmung durch Verfristung ausgegangen werden kann). Nach erfolgter Zustimmung ist zudem in kürzester Zeit von einer Entscheidung des Asylamtes, verbunden mit einer Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG, auszugehen. Insbesondere deshalb erscheint die Verhängung der Schubhaft auch zur Sicherung der Abschiebung (gem. § 46 FPG) als legitim.

Seitens der BH Vöcklabruck ist daher beabsichtigt, den Bf unmittelbar nach Eintreten der Durchführbarkeit/Rechtskraft einer im Asylverfahren in Kürze zu treffenden Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG gem. den Bestimmungen des Dubliner Abkommens nach ITALIEN abzuschieben.

Abschließend wird seitens der belangten Behörde, wie bereits im bekämpften Schubhaftbescheid geltend gemacht, auf die für die Republik Österreich nachhaltige Wichtigkeit einer Einhaltung des bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens (Dublin II-Verordnung) – darunter insbesondere Artikel 19 Abs. 4 i.V.m. den ausführenden Erläuterungen K 34 – hingewiesen.

Seitens der BH Vöcklabruck wird gebeten die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen."

 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen auch vom Bf nicht bestritten wird. Der Bf weist in seiner Beschwerde insbesondere selbst auf seine andere Identität, mit der er bereits in Italien Asylanträge gestellt hat, hin.

 

Hinsichtlich der im Ausland bereits erfolgten Asylantragstellungen 2008 und 2012 ist festzuhalten, dass diese beide in Italien gestellt wurden. Bei den diesbezüglichen Angaben im Schubhaftbescheid ("Basel") handelt es sich – auch nach Auskunft der belangten Behörde – um einen Schreibfehler. Im Übrigen werden diesbezüglich auch seitens des Bf keinerlei gegenteiligen Angaben vorgebracht sondern geht auch die Beschwerde selbst von Asylanträgen ausschließlich in Italien aus (vgl. S. 4 der Beschwerde).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.  Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 1.10.2012, Z Sich40-3199-2012, seit 1. Oktober 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG oder Abs. 2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf, der Ende September 2012 eigenständig zur Erstaufnahmestelle X gekommen ist und dort unter falscher Identität einen Asylantrag stellte – trotz ausdrücklichen behördlichen Hinweises auf zu seinen Fingerabdrücken aufscheinenden Asylantragstellungen (EURODAC) in Italien (konkret: 2008 in Caltanissetta; 2012 in Napoli) – nicht nur mit falscher Identität auftrat, sondern auch beharrlich behauptete, zu keinem Zeitpunkt im Gebiet der Europäischen Union aufhältig gewesen zu sein bzw. dort einen Asylantrag gestellt zu haben; insbes. führte der Bf auf Vorhalt der EURODAC-Treffer von der Fremdenpolizeibehörde aus, dass die Fingerabdrücke nicht seine wären und er noch nie in Europa gewesen sei. Erst in aufrechter Schubhaft gab er seine andere Identität, mit der er in Italien bereits Asylanträge gestellt hat, Preis. Am 1. Oktober 2012 wurde über den Bf die Schubhaft aufgrund § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt.

Mit Schreiben des BAA EAST X vom 2.10.2012 erfolgte die fremdenpolizeiliche Information, dass gem. § 27 Abs. 1 AsylG das Ausweisungsverfahren mit 1.10.2012 ex lege als eingeleitet gilt. Die Frist zur Zustimmung Italiens im Dublin-Konsultationsverfahren läuft bis 17.10.2012 (vgl. die Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 8.10.2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht). 

 

3.4.1. Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. UVS dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 1. Oktober 2012 zu Recht § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zugrunde. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft anordnen, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

3.4.2. Wie sich aus dem vorliegenden Akt unstreitig ergibt, wurde dem Bf mit Schreiben vom 2.10.2012 die fremdenpolizeiliche Information erteilt, dass gem. § 27 Abs. 1 AsylG das Ausweisungsverfahren mit 1.10.2012 ex lege als eingeleitet gelte, da eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG erfolgte.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung konstatiert, ist dabei die Frage, ob die Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach § 27 Abs. 1 AsylG zu Recht erfolgte, zur Beurteilung des Vorliegens des Tatbestandes gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG nicht von Belang (vgl. VwGH 24.11.2009, 2007/21/0122; vgl. zur vom VwGH vertretenen Auffassung, dass die Tatbestände der § 27 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG jeweils für sich allein ausreichen und nicht kumulativ nebeneinander vorliegen müssen, VwGH 30.8.2007, 2006/21/0101).

 

Hinsichtlich der Ausführungen in der Beschwerde, dass die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung insofern rechtswidrig sei, als im vorliegenden Fall noch kein Titel für eine allfällige Abschiebung vorhanden sei, ist festzuhalten, dass – wie auch die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme darlegt – die Schubhaft jedenfalls primär zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) angeordnet wurde. Da somit der Schubhaftgrund des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung vorlag, kann dahinstehen, ob die Schubhaft darüber hinaus auch der Sicherung einer Abschiebung (§ 46 FPG) dient.

 

Der Tatbestand des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG war somit im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft sowie auch weiterhin im Entscheidungszeitpunkt grundsätzlich erfüllt.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs. 1 als auch des Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist.

Der Bf, der am 25.9.2012 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und am 27.9.2012 einen Asylantrag stellte, ist mittellos, verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz (letzter Aufenthalt: Bundesbetreuungsstelle X) und ist in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert; dies geht nicht zuletzt auch aus seiner Erstbefragung bei der Landpespolizeidirektion Oberösterreich vom 28.9.2012 hervor (vgl. Z E1/26538/2012 im Verwaltungsakt), wo der Bf auf Frage angibt, keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich (oder einem anderen EU-Staat) zu haben; diesbezüglich ist im bisherigen Verfahren auch nichts anderes hervorgekommen und wird vom Bf selbst nichts Gegenteiliges vorgebracht.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung (VwGH 20.12.2007, 2007/21/0261) ausführt, kann sich eine Schubhaftnahme auch bei Vorliegen potentieller "Dublin-Fälle" nur dann als gerechtfertigt erweisen, "wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden 'Dublin-Fall' in einem besonderen Licht erscheinen und von daher in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen".

Zwar rechtfertigt der Umstand, dass der Bf bereits in Italien die Gewährung von Asyl – mehrmals – beantragt hat, für sich nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde. Allerdings hat der Bf, der unmittelbar nach seiner illegalen Einreise in Österreich Asyl beantragt hat, trotz ausdrücklichen Hinweises auf seine im EURODAC erfassten Daten (konkret: Asylantragstellung in Italien 2008 und 2012) beharrlich behauptet, dass er niemals zuvor im Gebiet der Europäischen Union aufhältig gewesen sei oder bereits in einem anderen Land Asylanträge gestellt hätte. Er führte vielmehr mit den im EURODAC erfassten Asylanträgen in Italien in keiner Weise in Einklang zu bringende Fluchtumstände (insbes. bzgl. Reisebedingungen und Reiseroute) aus. Aufgrund seiner letztmaligen Asylbeantragung in Italien (Neapel) am 15.2.2012 ist davon auszugehen, dass der Bf von Italien kommend in Österreich eingereist ist – und keineswegs, wie von ihm beharrlich behauptet – von seinem Heimatstaat aus. Auf Nachfrage führte der Bf sogar trotz entsprechenden Vorhaltes der genannten EURODAC-Treffer aus: "Das sind nicht meine Fingerabdrücke. Ich war noch nie in Europa. [...] Ich habe keinen Asylantrag gestellt." Darüber hinaus trat der Bf – ohne jegliche Reisedokumente – der Behörde gegenüber mit einer vollkommen anderen Identität (sogar mit völlig anderem Geburtsdatum) auf.

 

Diese – trotz ausdrücklich mit den Unstimmigkeiten seiner Aussagen erfolgter behördlicher Konfrontation – vom Bf beharrlich vertretenen unwahren Angaben über seinen Fluchtweg bzw. die näheren Fluchtumstände, die Asylantragstellung(en) in einem anderen Land und über seine Identität schlechthin lassen den vorliegenden – potentiellen – "Dublin-Fall" daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung in einem besonderen Licht erscheinen und von daher in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des Bf befürchten. Diesen – im vorliegenden Fall in bemerkenswerter Weise gehäuften – besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls stehen dabei keinerlei Anhaltspunkte gegenüber, die den Schluss rechtfertigten, es sei anzunehmen, dass der Bf sich auf freiem Fuß belassen den österreichischen Fremdenbehörde zur Verfügung halten und der asylrechtlichen Erledigung seines Asylverfahrens – mit aus derzeitiger Sicht voraussichtlich für ihn negativem Ausgang – harren würde.

 

Wenn der Bf auch selbständig bei der Fremdenbehörde zwecks Asylantragstellung vorstellig geworden ist, so tat er dies doch ebenfalls ausschließlich in der Absicht, die Fremdenbehörde zu seinen Gunsten in die Irre zu führen: Durch falsche Identitätsangaben erhoffte er sich, dass seine bereits erfolgte erkennungsdienstliche Erfassung in Italien bzw. seine dort erfolgten Asylantragstellungen unerkannt bleiben und ihm dadurch die Möglichkeit eines neuerlichen "Asylantrag-Versuchs" – wohl mit entsprechend seinen bisherigen Erfahrungen adaptierten – Vorbringen geboten würde. Dass der Bf schließlich doch nach erfolgter Rechtsberatung seine – angeblich – wahre Identität preisgab, ist nicht als besonders bemerkenswerte Rechtstreue zu werten, sondern lediglich darauf zurückzuführen, dass ein weiteres Leugnen aufgrund der vorliegenden Fingerabdrücke und den darauf basierenden EURODAC-Treffern jedenfalls erfolglos gewesen wäre.

Insbesondere erfolgte diese "Richtigstellung" der Daten durch die Rechtsbetreuung des Bf bereits während aufrechter Schubhaft; es ist daher davon auszugehen, dass der Bf – da ihm mit diesem Zeitpunkt bzw. schon mit dem behördlichen Vorhalt seiner bereits erfolgten erkennungsdienstlichen Erfassung in Italien bei seiner asylrechtlichen Erstbefragung am 28.9.2012 jedenfalls bewusst wurde, dass sein angestrebter Plan, mit neuer Identität ein neues Asylverfahren in Österreich führen zu können, nicht mehr realisierbar war – auf freiem Fuß belassen binnen kürzester Zeit jedenfalls in die Anonymität untergetaucht wäre um in weiterer Folge erneut einen illegalen Grenzübertritt in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu tätigen um dort wiederum seinen ursprünglichen Plan einer neuerlichen Asylantragstellung zu versuchen.

Das Vorbringen in der Beschwerde, dass er ohnehin freiwillig nach Italien zurückkehren würde, vermag an dem besonderen Sicherungsbedarf nichts zu ändern. So ist davon auszugehen, dass er – aufgrund seines in Österreich gescheiterten Plans einer neuerlichen Asylantragstellung unter fremder Identität – nunmehr tatsächlich (mangels anderer Möglichkeiten) in letzter Konsequenz auch nach Italien zurückkehren würde, um von dort aus erneut in einen anderen Mitgliedstaat der EU weiterzureisen und dort seine ursprüngliche Idee weiterzuverfolgen; wenn er aber im Rahmen einer freiwilligen Rückreisemöglichkeit nach Italien auf freiem Fuß belassen würde, zöge er wohl ein Untertauchen und selbständiges illegales Weiterreisen in einen anderen EU-Mitgliedstaat – ohne den "Umweg" über Italien – vor. Im vorliegenden Fall handelt es sich daher nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates um einen klassischen Fall von Asyltourismus: Dabei ist es für den – weder sozial noch familiär gebundenen – jungen und gesunden Bf grundsätzlich nicht von Belang, in welchem EU-Mitgliedstaat ihm schließlich Asyl gewährt wird.

 

Aufgrund seines geschilderten bisherigen Verhaltens hat der Bf eindrücklich unter Beweis gestellt, dass er die Rechtsordnungen der EU sowie Österreichs nicht entsprechend respektiert und behördlichen Anordnungen grundsätzlich keine Folge leistet; auch vor illegalen Grenzübertritten scheut der Bf dabei nicht zurück. Allein sein Auftreten unter falscher Identät verdeutlicht seine negative Einstellung gegenüber staatlicher Autorität. Sein gesamtes bisheriges Verhalten ist auch als Beleg für die grundsätzliche Haltung des Bf zu werten, keine Mittel ungenützt zu lassen, um nicht in seinen Heimatstaat zurück zu müssen.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf auf freiem Fuß belassen ab dem Zeitpunkt, in dem ihm das Scheitern seines Planes, mit falscher Identität ein neuerliches Asylverfahren in Österreich zu führen, in seiner gesamten Dimension bewusst wurde, binnen Kürze in die Anonymität untergetaucht wäre, um in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen und in einem weiteren EU-Mitgliedstaat erneut sein (asylrechtliches) Glück zu versuchen. Aus dem Verhalten des Bf ist unzweifelhaft abzuleiten, dass er keinesfalls gewillt ist, sich den Rechtsvorschriften des jeweiligen Gastlandes unterzuordnen.

Es ist daher keineswegs davon auszugehen, dass der Bf trotz des Wissens um seine allenfalls in naher Zukunft drohende Überstellung nach Italien die – im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung absehbar negative – Erledigung seines eingeleiteten Asylverfahrens abwarten und sich zur ständigen Verfügung der Behörden halten würde.

 

Es war daher zu jedem Zeitpunkt des Schubhaftverfahrens von der unmittelbar drohenden Gefahr des Untertauchens des Bf auszugehen.

Im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles ergibt sich daher eindeutig, dass – der belangten Behörde folgend – im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen ist. Der Bf hätte sich – auf freiem Fuß belassen – ab dem Zeitpunkt, in dem ihm das Scheitern seines Plans, in Österreich unter anderer Identität ein neues Asylverfahren führen zu können, bewusst wurde, fraglos binnen kürzester Zeit dem Zugriff der Behörde entzogen um – nicht zuletzt aufgrund seiner flexiblen Lebensgestaltung und dem nicht fixierten Reiseziel – in einen weiteren, für den Bf (wirtschaftlich) attraktiven Mitgliedstaat der EU abzutauchen.

Dieser im Zeitpunkt der ggst. Entscheidung vorliegende ausgeprägte Sicherungsbedarf bestand – nicht zuletzt aufgrund der durch die eindeutig belegten EURODAC-Treffer erwiesenen Unstimmigkeiten bzgl. der damaligen Angaben des Bf in der asylrechtlichen Erstbefragung – zweifellos auch schon zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme.

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher dargelegter Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war und ist daher auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates ein erheblicher Sicherungsbedarf seit Verhängung der Schubhaft am 1. Oktober 2012 bis dato jedenfalls zu bejahen.

 

3.6. Damit scheidet auch im hier zu beurteilenden Zeitraum die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – konsequenter Weise grundsätzlich aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen untertaucht um in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen und in einen weiteren Mitgliedstaat der EU illegal weiterzureisen um dort allenfalls erneut mit falscher Identität einen Asylantrag zu stellen, nicht gewährleisten können.

Daran vermag auch die Behauptung in der Beschwerde, der Bf hätte sich selbständig bei der Erstaufnahmestelle zur Asylantragstellung gemeldet, nichts zu ändern; wie bereits dargelegt tat er dies einzig und allein in der Absicht, durch falsche Identitätsangaben seine bereits erfolgten Asylverfahren in Italien zu verschleiern, um in Österreich erneut ein Asylverfahren anzustrengen und dieses gegebenenfalls durch entsprechende Angaben positiv abzuschließen. Erst im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit dieses Vorhabens aufgrund der Kenntnis der Behörden von seinen bereits erfolgten Asylantragstellungen in Italien gab er schließlich seine ursprünglich verwendete Identität Preis. Dieses – durchaus von strategischen Überlegungen geleitete – Verhalten kann demnach in keiner Weise als Indiz dafür gewertet werden, dass er sich im Rahmen eines gelinderen Mittels nicht den Behörden durch Untertauchen entziehen würde. Vielmehr belegt es die Grundhaltung des Bf, mit allen Mitteln im Gebiet der EU bleiben zu wollen.

 

3.7. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Insbesondere ist in einem Fall wie dem vorliegenden der durch das Verhalten des Bf eindrücklich erwiesene systematische "Asyltourismus" in die Interessenabwägung einzubinden und entsprechend negativ zu berücksichtigen.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall weiterhin nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf nicht zuletzt auch eigenen Angaben zufolge in Österreich keinerlei familiäre oder soziale Bezugspunkte hat.

 

3.8. § 80 Abs. 1 und Abs. 2 FPG normieren, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier nun seit 1. Juli 2011 (vgl. FrÄG 2011) eine viermonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig seit 1.10.2012 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte viermonatige Frist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist.

 

Auch ist das Ziel der Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt durchaus zeitnah erreichbar, da die Frist für die Zustimmung Italiens nach dem Dublin-Konsultationsverfahren nach Angaben der belangten Behörde bereits mit 17.10.2012 abläuft und selbst bei fruchtlosem Ablauf dieser Frist von einer Zustimmung Italiens durch Verfristung ausgegangen werden kann. Es ist daher mit einer zeitnah erfolgenden asylrechtlichen Ausweisungs-Entscheidung zu rechnen.

 

Ferner führt belangte Behörde in ihrer Gegenschrift weiters – glaubwürdig – aus, dass eine allfällige Überstellung des Bf nach Italien unmittelbar nach Eintreten der Durchführbarkeit/Rechtskraft einer im Asylverfahren gegebenenfalls ergehenden Ausweisungsentscheidung des Bf geplant wäre.

Im Übrigen bestehen aus derzeitiger Sicht auch keine Bedenken bzgl. einer allfälligen Überstellung nach Italien in Hinsicht auf Art. 3 EMRK und werden solche vom Bf auch selbst nicht vorgebracht. Im Gegenteil: Dieser betont in der Beschwerdeschrift vielmehr, dass er im jetzigen Verfahrensstand sogar (freiwillig) nach Italien zurückkehren würde.

 

3.9. Derzeit sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden. Daher war die Beschwerde vom 2.10.2012 (eingelangt beim Oö. UVS am 8.10.2012) als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

3.10. Abschließend soll – uHa die Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenates vom 15.5.2012, VwSen-401180/Wei und vom 25.6.2012, VwSen-401188/11/AB – noch auf die in der Beschwerde ganz allgemein behaupteten Verletzungen von Unionsrecht eingegangen werden:

 

3.10.1. Der erkennende Verwaltungssenat sieht keinen Widerspruch zu Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 betreffend die Modalitäten der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, da eine "freiwillige" Ausreise des Bf nach Italien – wie in der Beschwerde behauptet – schon allein aufgrund der unter Punkt 3. dargelegten, ausführlichen Schubhaftprüfung (konkreter Sicherungsbedarf, Notwendigkeit der Schubhaft, Möglichkeit der Verhängung gelinderer Mittel, etc.) ausgeschlossen war bzw. ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bf auf freiem Fuß belassen binnen kürzester Zeit untertauchen würde, um in einen weiteren EU-Mitgliedstaat weiterzureisen um dort neuerlich einen Asylantrag unter falscher Identität zu stellen.

Im Übrigen kann dem (in der Beschwerde wiedergegebenen) Art. 7 Abs. 1 der Verordnung auch dem Wortlaut nach keine Rangordnung entnommen werden (arg.: "Die Überstellung kann auf eine der folgenden Weisen erfolgen:").

Ein Widerspruch zur genannten Verordnung Nr. 1560/2003 liegt daher keineswegs vor.

 

3.10.2. Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie betrifft, ist auf die bereits ausführlich dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter oben (insbesondere unter Punkt 3.6.) zu verweisen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. L u k a s

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum