Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401228/5/AL/HK

Linz, 30.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des H J, geb. xxx, StA von Pakistan, derzeit angehalten im Polizeilichen Anhaltezentrum X, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Anhaltung in Schubhaft seit 15. Oktober 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 15.10.2012, Z Sich40-2637-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Grundlage des § 76 Abs. 2a Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs 1 AVG

         "zur Sicherung

-         des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG)

-         der Abschiebung (§ 46 FPG)"

die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum - PAZ X vollzogen.

 

Die Begründung des in Rede stehenden Schubhaftbescheides lautet wie folgt:

 

"Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Ihr illegaler Aufenthalt wurde durch die AGM Innsbruck am 30.07.2012 erhoben. Im Rahmen dessen brachten Sie einen Asylantrag ein. In der niederschriftlichen Befragung führten Sie gegenüber der AGM Innsbruck am 30.07.2012 im wesentlichen an, völlig mittellos zu sein. Sie seien ledig, hätten keine Kinder, Ihre Familie (Vater, Mutter, Geschwister) würden sich alle samt in Pakistan aufhalten. Sie seien in der europäischen Union völlig alleinstehend und hätten keine Bezugspunkte. Sie würden die Identität H J, geb. xxx in K, Sta. Pakistan, führen. Dokumente, welche die von Ihnen angeführte Identität bestätigen, oder zumindest glaubhaft belegen würden, könnten Sie nicht vorlegen, Ihr Reisepass sei Ihnen vom Schlepper abgenommen und nicht mehr zurück gegeben worden. Ihre anderen Dokumente hätten Sie im Herkunftsland. Ihre Identität könnten Sie daher in Österreich nicht zum Nachweis bringen. Zu Ihrer Reiseroute führten Sie an, am 20.07.2012 mit dem Flugzeug von Abu-Dhabi nach London und weiter in die Ukraine gereist zu sein. In London seien Sie nicht eingereist dort hätten Sie sich lediglich im Transitraum aufgehalten. Von der Ukraine seien Sie schlepperunterstützt in einer 8 tägigen Reise in einem PKW vermutlich über Polen eingereist. Die Grenzen hätten Sie immer gegen Mitternacht passiert, Sie seien so gesamt über 3 Grenzen gegangen bzw. gefahren. Dass Sie nunmehr in Österreich seien, hätten Sie von einem Taxifahrer erfahren. In anderen Ländern hätten Sie noch nie zuvor einen Asylantrag gestellt. Auch hätten Sie niemals von einem anderen Land ein Visum ausgestellt bekommen. Sie seien in anderen Ländern weder untergebracht noch kontrolliert worden. Für die schlepperunterstützte Reise hätten Sie 20.000 Euro bezahlt.

In Folge Ihrer Mittellosigkeit und aufgrund Ihres Begehrens der staatlichen Unterstützung wurden Sie darauffolgend in die Erstaufnahmestelle X überstellt und Ihnen eine bundesbetreute Unterkunft für die Dauer des Zulassungsverfahrens zugewiesen. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz verfügen Sie im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht.    .

Eine Anfrage des Bundesasylamtes an Polen und England brachte hervor, dass Sie in Polen nicht bekannt sind. Zum Informationsersuchen teilte England am 07.09.2012 mit, dass Sie unter der angeführten Identität in England bekannt sind. Entgegen Ihrer Angaben sei Ihnen von Großbritannien ein [Studenten]visum für die Gültigkeit vom 28.03.2011 bis 21.07.2012 erteilt [worden].

Dem daraufhin geführten Rückübernahmeersuchen stimmte England am 03.10.2012 gemäß dem Dublinabkommen zu.

Seitens der Koordinationsstelle wurde Ihnen im Asylverfahren als Rechtsberatung die Organisation der A zugewiesen. Weswegen diese Organisation auch im Fremdenpolizeilichen Verfahren für Ihre Rechtsberatung zuständig ist.

In den niederschriftlichen Einvernahmen führten Sie vor dem Bundessasylamt Erstaufnahmestelle X am 09.10.2012 und am 12.10.2012 im Wesentlichen wörtlich an:

 

09.10.2012:

'F: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja.

F: Leiden Sie an irgendwelchen, schwerwiegenden Krankheiten?

A: Nein, ich habe aber Kreuzschmerzen.

F: Sind Sie deswegen in ärztlicher Behandlung?

A: In Pakistan schon, dort habe ich auch Medikamente bekommen.

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihren persönlichen Daten befragt.

F: Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?

A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig. Ich heiße H, bin am xxx in Gulshan-e-Iqbal geboren, bin Staatsangehöriger von Pakistan, gehöre zur Volksgruppe der Mahajir, spreche Urdu und ein wenig Englisch, bin nicht verheiratet und habe keine Kinder.

 

F: Haben Sie Verwandte in Österreich, im Bereich der EU bzw. Norwegen oder Island, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihrem Reiseweg befragt. Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?

A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig.

 

F: Warum sind Sie von Großbritannien in die Ukraine weitergeflogen, bevor Sie wieder über Polen in die Europäische Union eingereist sind?

A: Ich bin seit 2000 unterwegs.

F: Sie haben angegeben, am 20.07.2012 von Abu-Dhabi kommend in London gelandet zu sein und weiter in die Ukraine geflogen zu sein. Warum sind Sie nicht in Großbritannien geblieben?

A: Ich war in London nur im Transit. Wir sind dann in die Ukraine weitergeflogen.

V: Eine Anfrage an Großbritannien hat ergeben, dass Sie ein von 28.03.2011 bis 21.01.2012 gültiges Visum für Großbritannien hatten.

F:  Was sagen Sie dazu?

A: Ja, das stimmt. Das war ein Studentenvisum.

F: Wann haben Sie sich in Großbritannien aufgehalten?

A: Ich war von 9. April 2011 bis 14. Juli 2012 in Großbritannien.

An diesem Tag kehrte ich nach Pakistan zurück.

F: Über welchen Staat und Ort reisten Sie im Jahr 2012 wieder in das EU-Gebiet ein?

A: Ich reiste versteckt auf einem LKW von der Ukraine kommend in Polen ein.

F: Wann reisten Sie in Polen ein?

A: Das war am 23. Juli 2012.

F: Warum sind Sie nicht zwei Tage zuvor legal in die Europäische Union eingereist?

Ä: Ich wusste nicht, wie lange das Visum gültig war. Der Schlepper hat alles organisiert.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Der Schlepper hat ihn behalten.

V: Großbritannien hat dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen. Daher wird beabsichtigt, Ihren in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und Ihre Ausweisung nach Großbritannien zu veranlassen.

F: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich möchte nicht nach Großbritannien.

F: Gibt es bestimmte Grunde, die einer Rückkehr nach Großbritannien entgegenstehen würden?

A: Die Probleme, die ich in Pakistan hatte - das waren Probleme mit Mitgliedern der Partei 'MQM' - hatte ich auch in Großbritannien, in Manchester. Auch dort gibt es viele Mitglieder dieser Partei, Sie können mich überall finden in Großbritannien. Sie sind dort sehr mächtig. Deshalb habe ich Großbritannien auch verlassen und kehrte nach Pakistan zurück. Nachdem ich auch dort Probleme hatte, verließ ich Pakistan wieder.

F: Welche Probleme hatten Sie konkret in Manchester?

A: Ich wurde zwei Mal mit dem Umbringen bedroht. Ich war auch nicht bei der Polizei, da diese Mitglieder gesagt haben, dass ich weitere Probleme bekommen werde, wenn ich zur Polizei gehe. Deshalb unterließ ich dies.

Anmerkung: Dem Antragsteller wird die aktuelle Feststellung zum Asylverfahren in Großbritannien zur Kenntnis gebracht:

F: Möchten Sie dazu etwas angeben?

A: Das stimmt zwar, aber ich möchte nicht nach Großbritannien zurückkehren. Die Gründe dafür- - die Mitglieder der 'MQM' suchen nach mir - habe ich bereits angeführt.

F: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?

A: Bis jetzt hat mich noch niemand gefragt, warum ich Pakistan verlassen habe.

Anmerkung: Der Antragsteller wird nochmals darauf hingewiesen, dass Großbritannien für seinen in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist.

Der Rechtsberater hat folgende Fragen an den Antragsteller:

Welche Vorfälle gab es konkret in Großbritannien?

A: Zwei Leute haben mich bedroht, sie haben gesagt, dass sie mich umbringen.

F: Wo war das?

A: Das war bei mir zu Hause.

F: Können Sie Beweismittel für Ihr Vorbringen vorlegen?

A: Ich habe diesbezüglich sehr viele Dokumente in Pakistan, hier habe ich nichts.

Frage des Einvernehmenden an den Antragsteller: Haben Sie den Dolmetsch während der gesamten Einvernahme verstanden?

A: Ja.'

 

12.10.2012:

'F: Sind Ihnen die allgemeinen Informationen aus der vorherigen Niederschrift bekannt?

A: Ja.

F: Wie verstehen sie den Dolmetsch?

A: Sehr gut.

V: Sie haben am 10.10.2012 bei der ho. Behörde ein Konvolut an fremdsprachigen Schriftstücken und auch ein handschriftlich verfasstes Schreiben abgegeben.

F: Was ist der Inhalt dieser Schriftstücke?

A: In diesen Schriftstücken steht, welche Probleme ich in Pakistan habe und warum ich seit 2000 auf der Flucht bin (Beilage 'A'). Seit dem Jahr 2000 war ich nicht mehr zu Hause, ich habe mich bei verschiedenen Freunden aufgehalten. In meinem handschriftlich verfassten Schreiben habe ich erwähnt, dass die Mitglieder der 'MQM'-Partei in Pakistan gegen mich strafrechtliche Verfolgungen eingeleitet haben (Beilage 'B').

V: Das Bundesasylamt beabsichtigt weiterhin, Ihren Asylantrag zurückzuweisen, da Großbritannien dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich zugestimmt hat. Ihre Ausweisung in diesen Staat wird veranlasst.

F: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich möchte nicht nach Großbritannien zurück.

 

Der Rechtsberater hat folgende Fragen an den Antragsteller: Welchen Bezug haben diese Beweismittel zu Großbritannien?

A: Die 'MQM' arbeitet auch in Großbritannien. Ihr Hauptbüro ist im Zentrum von London. Seit Juni 1992 lebt der 'Chairman' von 'MQM' ... im Zentrum von London. Dr. ... wurde von den Mitgliedern der 'MQM' in London umgebracht, die Ermittlungen von Scotland Yard laufen noch. Er wurde von den eigenen Parteimitgliedern umgebracht, er hätte zum Stellvertreter gewählt werden sollen.

Frage des Einvernehmenden an den Antragsteller: Haben Sie den Dolmetsch während der gesamten Einvernahme verstanden?

A: Ja.'

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2012 wurde Ihr Asylantrag durchsetzbar nach England mangels Zuständigkeit Österreichs gem. §5 AsylG 2005 zurückgewiesen. Gleichgehend wurden Sie gem. §10 AsylG 2005 durchsetzbar nach England ausgewiesen. Der zitierte Bescheid wurde Ihnen am 15.10.2012 unmittelbar vor erfolgter Festnahme nachweislich zugestellt.

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

Eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und eine damit verbundenen Ausweisung ist gemäß § 22 Abs. 12 AsylG. 2005 innerhalb einer verkürzten Rechtsmittelfrist - und zwar binnen einer Woche - einzubringen.

Am 15.10.2012, im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-X der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist - wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A. in der Erstaufnahmestelle X,, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem In Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach England ausgewiesen wurden - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

Das Zulassungsverfahren gilt hiermit im Asylverfahren als beendet.

Darüber hinaus wird festgehalten, dass Ihre Beendigung des illegalen Aufenthaltes mit Ihrer Außerlandesbringung in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat - insbesondere hinsichtlich der verkürzten Rechtsmittelfrist - unmittelbar bevorsteht.

Eine Rückkehr in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat haben Sie zu jedem Zeitpunkt klar negiert und sich entschieden gegen eine Rückbringung in den Mitgliedstaat ausgesprochen.

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Behörde - im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG. — kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, seit der im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich (u. a. durch die verkürzte Rechtsmittelfrist gegen zurückweisende Entscheidungen der Asylbehörden) Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

Durch Ihre Handlungsweise ist es offensichtlich, dass Sie der Ausreiseverpflichtung nach England niemals nachkommen würden, haben Sie eine diesbezügliche nahegelegte Beratung auch jederzeit abgelehnt. Ihre Falschartgaben zu Ihrer Einreise, Reiseroute, Aufenthaltsrecht und Aufenthaltszweck in England zeigt unmissverständlich, dass Sie keinesfalls dem europäischen Abkommen Folge leisten werden und eine Prüfung Ihrer Verfolgungsgründe im Herkunftsland keinesfalls von England durchführen lassen werden. In England liegt zudem Ihr Identitätsnachweis vor und liegt auch in England Ihre tatsächlichen Ausreisegründe auf. In Bezug Ihrer widersprüchlichen Angaben zur späteren schlepperunterstützten Einreise nach Europa, bzw. auch zu ihrer späteren Angabe nach Ablauf des Visa nach Pakistan zurückgekehrt und erneut von dort schlepperunterstützt ausgereist zu sein, gleichgehend aber seit 2000 auf der Flucht aus Pakistan zu sein, legt nahe, dass Ihre Angaben keinesfalls den Tatsachen entsprechen können und Sie damit lediglich versuchen und bezwecken dem Dublinabkommen zu entgehen und eine Zuständigkeit Österreichs unter Falschangeben aufzuzwängen bzw. zu erschleichen. Zudem ist Ihr letztgültiges Reiseziel nicht bekannt. Ein Reiseziel nennen Sie in den Befragungen auch nicht. Hierbei heben Sie lediglich hervor, jedenfalls nicht nach Pakistan oder England rückzukehren, Familie hätten Sie in der europäischen Union nicht, ebenso wenig wie Bezugspersonen. Demnach kommt für Sie jeder Mitgliedstaat ausgenommen England für eine Einreise und weiteren- wenn auch illegalen -Aufenthalt in Betracht, Ihre Dokumente und Unterlagen ließen Sie bewusst in Pakistan und England zurück, wessen Handlungsweise zeigt, dass Sie einerseits nicht vorgehabt haben dürfen einen Asylantrag zu stellen, oder bei einer Antragstellung die Erhebungen und Feststellungen der Englischen Behörden und Schulen (Universitäten) und damit Ihren tatsächlichen Reisezweck zu verbergen.

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; ... Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind, ... Sie keine familiären und/oder sozialen Pflichten zu erfüllen haben und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht wurden bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgehen.

Dem nicht entsprechend, sind Sie alleinstehend, begleiten keine minderjährigen Kinder für die Sie die Obsorge hätten, gehen keiner Beschäftigung nach, halten sich erst seit Kurzem in Österreich auf und sind daher sowie auch entsprechend Ihrer dargelegten Verhaltensweise offensichtlich an absolut keine Örtlichkeiten gebunden.

 

Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet zu befürchten ist, dass Sie sich - auf freiem Fuß belassen - dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werden, ist zur Sicherung Ihrer Abschiebung in den für Sie zuständigen und in den von Ihnen zur Rückkehr negierten Mitgliedstaat Ihre Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

 

Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass Sie - nach einem Abtauchen in die Anonymität - dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werden. Nachdem Sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt haben, dass Sie keinen Wert an der Einhaltung der Rechts- und Werteordnung in Ihren Gastländern legen, ist auch davon auszugehen, dass Sie Ihren erforderlichen Unterhalt auch im Bundesgebiet oder in der europäischen Union notfalls bzw. abermals durch illegaler Beschäftigung oder anderwärtiger strafrechtlicher Begehen erwirtschaften werden.

Denn für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen Sie nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung können Sie nicht ausüben, da Sie weder im Besitz einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sind. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. ist der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen Ihren Unterhalt zu fristen.

Darüber ist im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß dem Dublinabkommen zuständig werden könne, sofern den Erfordernissen des Abkommens - einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachgekommen werde! Wessen Erzwingen durch einen Aufenthalt in der Anonymität nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Diesbezüglich wird auf Artikel 13 der Dublinverordnung explizit hingewiesen.

 

Es konnten mit vorliegenden Sachverhalt keine Anhaltspunkte gesehen werden, aus denen erkennbar oder naheliegend ableitbar wäre, dass in Ihrem Fall mit der Anwendung gelinderer Mittel eine in Kürze bevorstehende Überstellung in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat - dessen Rückkehr Sie überdies zu jedem Zeitpunkt Ihres Verfahrens vehement negiert haben - nicht gesichert werden kann und damit die gelindere Form der Schubhaft auszuschließen war.

Medizinische Gründe konnten überdies nicht in solcher Form aufgefunden werden, welche eine Schubhaft von Vornherein nicht zulassen würde. Medizinische Unterlagen und Befunde liegen nicht in solcherweise vor, die zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft eine Zulässigkeit der Anhaltung ausschließen würde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt letztlich nach umfassender Einzelfallprüfung des Sachverhaltes zum Schluss, dass eine Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft im konkreten Fall vorliegt. Denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich.

 

Die Behörde ist daher im Zuge einer umfassenden Einzelfallprüfung in allen Belangen zum Ergebnis gelangt, dass die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohles dringend erforderlich und geboten ist."

 

 

1.2. Gegen diesen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Eingabe vom 16.10.2012 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat per Fax am 25.10.2012) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte unter Kostenersatz die Aufhebung des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigerklärung der Anhaltung in Schubhaft sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

 

Der Bf bringt im Wesentlichen vor, dass er sowohl aus Pakistan als auch aus Großbritannien geflüchtet sei, da er dort von Mitgliedern einer terroristischen Gruppierung verfolgt worden sei.

 

Am 30.7.2012 sei sein illegaler Aufenthalt in Österreich festgestellt worden, habe er daraufhin einen Asylantrag gestellt und sei er in die EAST-X überstellt worden, wo ihm eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen worden sei.

 

Der Bf sei im Besitz eines Studentenvisums von Großbritannien, gültig von 28.3.2011 bis 21.7.2012, gewesen. Auch hinsichtlich des weiteren relevanten Sachverhaltes werden vom Bf in seiner Beschwerde im Wesentlichen die gleichen Angaben, die auch im Bescheid ausgeführt wurden, gemacht. Ergänzend wird vom Bf festgehalten, dass er am 22.10.2012 eine Beschwerde gegen den asylrechtlichen Bescheid erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt habe.

 

Begründend führt der Bf in seiner Beschwerde aus, dass die grundsätzliche Voraussetzung für eine Schubhaftverhängung nach § 76 Abs. 2a Z 1 FPG – konkret das Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung – jedenfalls vorliege; Bei "der Erlassung des Schubhaftbescheides vom 15.10.2012 waren somit die Formalvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG unbestritten erfüllt". Bestritten werde jedoch das Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfes in Form einer Anhaltung in Schubhaft. Insbesondere begründeten Ausreiseunwilligkeit und Mittellosigkeit alleine schon nach höchstgerichtlicher Judikatur keinen entsprechenden Sicherungsbedarf.

 

Unter ausführlicher Darlegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung führt der Bf weiters aus, dass in Ansehung seines bisherigen Verhaltens, insbesondere seiner unmittelbaren Asylantragsstellung und wahrheitsgemäßer Angaben über Identität und Ablauf der bisherigen Flucht, kein Sicherungsbedarf bestehe.

 

In seinem Reisepass (der Bf gibt diesbezüglich an, dass er über eine Scan-Kopie in seinem Computer verfüge) befände sich ein Stempel der "Pakistanischen Immigration" vom 15.7.2012, der belege, dass er am 15.7.2012 in Pakistan angekommen sei; seine Reise aus London habe er am 14.7.2012 mit der pakistanischen Fluggesellschaft PIA angetreten. Die Erstbehörde habe rechtswidriger Weise keine diesbezüglichen Ermittlungen getätigt. Insbesondere wäre eine mündliche Verhandlung geboten gewesen.

 

Im Übrigen sei die Schubhaftverhängung auch insofern unverhältnismäßig, als die Verhängung eines gelinderen Mittels jedenfalls den Sicherungszweck erfüllt hätte. So würde sich der Bf im Falle der Verhängung eines gelinderen Mittels mit Sicherheit der Behörde zur Verfügung stellen und nicht untertauchen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass der Bf ein pflichtbewusster und höflicher Mensch sei, der die österreichische Rechtsordnung respektiere und sich keine Handlungen zu Schulden kommen lassen wolle, die gegen diese Rechtsordnung verstoßen würden. Während seines Aufenthalts in der EAST X habe er sich vornehm und vorbildlich verhalten und habe seine Mitwirkungs- und Anwesenheitspflicht ordentlich erfüllt. Aufgrund seines sehr guten Benehmens habe er im Speisesaal in der EAST X aushelfen dürfen. Es bestünden keine Gründe, dass der Bf sich einem gelinderen Mittel entziehen würde, weshalb ein Vertrauen der Behörde gegenüber seiner Person angebracht wäre.

 

Schließlich führt der Bf noch aus, dass er in der Schubhaft einer schwierigen psychischen Belastung ausgesetzt sei und er psychische Probleme habe. Er leide an Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Auch vor diesem Hintergrund sei die Anhaltung in Schubhaft äußerst bedenklich und rechtswidrig.

 

Gesamtheitlich betrachtet sei die Schubhaftverhängung und –aufrechterhaltung somit mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb beantragt werde, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung unter Kostenersatz für rechtswidrig zu erklären, in eventu die Anordnung eines gelinderen Mittels zu verfügen.

 

2.1. Mit E-Mail vom 25.10.2012 übermittelte die belangte Behörde eine Kopie des Verwaltungsaktes.

 

In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde unter Verweis auf den angefochtenen Schubhaftbescheid im Wesentlichen aus, dass die Existenz des vom Bf angesprochenen Beweismittels (Kopie des Reisepasses) vom Bf während seines gesamten bisherigen Asylverfahrens gegenüber den österreichischen Behörden verschleiert worden sei. Auch im Rahmen der Beschwerde an den Oö. Verwaltungssenat sei dies nicht in Vorlage gebracht worden.

 

Trotz ausdrücklicher Aufforderung habe der Bf bereits im Rahmen seiner Erstbefragung am 30.7.2012 die Frage, ob er in einem anderen Land um Asyl angesucht habe oder ob er in einem anderen Land ein Visum erhalten habe, jeweils verneint.

 

Erst im Rahmen seiner weiteren niederschriftlichen Anhörung vor dem BAA am 9.10.2012 und der dort erfolgten Konfrontation mit den internationalen Erhebungen bzgl. England (Studentenvisum gültig von 28.3.2011 bis 21.7.2012) habe der Bf eingeräumt, dass er sich tatsächlich im Zeitraum zwischen 9.4.2011 bis 14.7.2012 mit einem Studentenvisum in Großbritannien aufgehalten habe, ehe er in seinen Herkunftsstaat Pakistan zurückgekehrt sei. Der Bf sei daher in keiner Weise gewillt gewesen, an der tatsächlichen Feststellung des relevanten Sachverhaltes mitzuwirken, sondern habe lediglich der Behörde bereits bekannte Fakten auf deren Vorhaltung hin bestätigt.

 

Selbst wenn es zuträfe, dass der Bf am 15.7.2012 nach Pakistan zurückgekehrt sei, ehe er am 20.7.2012 wiederum – zumindest via Transit am Flughafen in London/UK – nach Europa zurückgekehrt sei, sei festzuhalten, dass der Bf offenbar sogar einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Pakistan, in dem er eine asylrelevante Verfolgung reklamiere, den Vorzug gebe vor einer Asylantragstellung und einem weiteren Verbleib in Großbritannien.

Dieser Umstand runde das Gesamtbild der Nachhaltigkeit des Bestrebens des Bf, einen Aufenthalt bzw. eine Rückkehr nach Großbritannien mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bestmöglich zu vereiteln, schlüssig ab.

 

Hinsichtlich der gesundheitlichen Vorbringen des Bf wird von der Erstbehörde weiters ausgeführt, dass der Bf im Rahmen seiner Anhörungen im Asylverfahren (30.7. und 9.10.2012) jeweils angeführt habe, an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Krankheiten zu leiden. Ferner werde jeder Fremde in Österreich im Stande der Schubhaft permanenten medizinischen Haftprüfungsuntersuchungen im jeweiligen PAZ unterzogen. Auch könne jeder Schubhäftling im Rahmen seiner Anhaltung eine fortlaufende medizinische Betreuung und Versorgung in Anspruch nehmen.

 

Nach Ansicht der Erstbehörde gehe demzufolge die Vorhaltung, dass eine Anhaltung des Bf in Schubhaft aus medizinischen Gründen rechtswidrig sei, vollkommen ins Leere.

 

Abschließend wird – unter Hinweis auf die Wichtigkeit der Einhaltung des Regelungsregimes des Dubliner Übereinkommens – die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt, um so eine Sicherung der behördlich geplanten Außerlandesbringung des Bf von Österreich nach Großbritannien sicherzustellen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Punkte auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Bf ein Studentenvisum in Großbritannien, gültig von 28.3.2011 bis 21.7.2012, hatte. Der – ledige und kinderlose – Bf reiste Ende Juli 2012 in Österreich ein, wo er am 30.7.2012 von den österreichischen Behörden aufgegriffen wurde. Bei seiner niederschriftlichen polizeilichen Ersteinvernahme am 30.7.2012 führte der Bf auf ausdrückliche Nachfrage hin unter anderem aus, kein Visum in einem anderen Land erhalten zu haben; weiters verfüge er über kein Reisedokument, da der Schlepper seinen Reisepass bereits seit Mai 2012 habe und der Bf diesen seit diesem Zeitpunkt nicht mehr zurückbekommen habe. Gleichgehend mit seinem Aufgriff stellte der Bf am 30.7.2012 einen Asylantrag.

 

Aufgrund der Angaben des Bf zu seiner Reiseroute wurden seitens der österreichischen Behörde Dublin-Konsultationen mit Polen und England geführt. Am 13.8.2012 teilten die polnischen Behörden mit, dass der Bf in Polen nicht datenmäßig erfasst ist.

Am 7.9.2012 informierten die britischen Behörden darüber, dass auf den Bf ein Visum, gültig von 28.3.2011 bis 21.7.2012, ausgestellt sei. Nach entsprechendem Aufnahmeersuchen erklärte sich Großbritannien mit Schreiben vom 3.10.2012 gemäß der Dublin II-Verordnung für zuständig.

 

Konfrontiert mit den Ausführungen hinsichtlich des englischen Studentenvisums räumte der Bf in weiteren asylrechtlichen Befragungen (am 9.10. und 12.10.2012) ein, dass er sich aufgrund eines englischen Studentenvisums von 9.4.2011 bis 14.7.2012 in Großbritannien aufgehalten habe. Nachdem der Bf darüber informiert wurde, dass Großbritannien dem Aufnahmeersuchen Österreichs zugestimmt habe, merkte der Bf an, dass er nicht nach Großbritannien möchte. Begründend führte er dazu aus, dass er in Großbritannien ebenfalls von den Mitgliedern der Partei "MQM" verfolgt und bedroht worden sei, wobei er diesbezüglich nicht zur Polizei gegangen sei; deshalb sei er auch nach Pakistan zurückgekehrt. Nachdem er auch dort Probleme gehabt hätte, habe er Pakistan wieder verlassen. Seinen Reisepass habe der Schlepper behalten.

 

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2012, Z 1209.798 – EAST-WEST, dem Bf zugestellt am 15.10.2012 unter gleichzeitiger fremdenpolizeilicher Inschubhaftnahme, wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Großbritannien ausgewiesen. Dieser Bescheid ist so wie die Ausweisung auch nach Angaben des BAA-EAST X somit durchsetzbar (vgl. dazu auch die fremdenpolizeiliche Information vom 17.10.2012).

Gegen diesen asylrechtlichen Bescheid wurde seitens des Bf Beschwerde beim Asylgerichtshof erhoben. Aufschiebende Wirkung wurde dieser Beschwerde bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht zuerkannt.

 

Hinsichtlich des Vorbringens in der Beschwerde, dass der Bf in der Schubhaft schwierigen psychischen Belastungen ausgesetzt sei und er psychische Probleme habe, er unter Schlafstörungen und Appetitlosigkeit leide, weshalb die Anhaltung in Schubhaft "äußerst bedenklich und rechtswidrig" sei, ist festzuhalten, dass der Bf – der regelmäßig untersucht wird – nach aktuellen Angaben des zuständigen Arztes, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht, jedenfalls haftfähig ist (vgl. die näheren Ausführungen im Aktenvermerk vom 26.10.2012).

 

Weiters kann im gegenständlichen Schubhaftverfahren dahinstehen, ob die vom Bf in der Beschwerde vorgebrachten Angaben zu seiner Reiseroute – konkret, dass er am 15.7.2012 in Pakistan eingereist sei – tatsächlich zutreffen. Dies ist allein für das asylrechtliche Dublin-Verfahren von Relevanz.

Im verfahrensgegenständlichen Fall liegt eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisungsentscheidung des Bf nach Großbritannien vor. Da der Oö. Verwaltungssenat ebenso wie die Schubhaftbehörde nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung "an eine rechtskräftige bzw. durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme [im Asylverfahren] gebunden" ist (VwGH 20.12.2007, 2004/21/0319; vgl. auch VwGH 6.9.2012, AW 2010/21/0203), die asylrechtliche Entscheidung darüber hinaus durchaus denkmöglich und keineswegs offenkundig verfehlt ist und der Asylgerichtshof bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung der asylrechtlichen Beschwerde des Bf keine aufschiebende Wirkung zugesprochen hat, war der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Schubhaftverfahren an die durchsetzbare Ausweisungsentscheidung der Asylbehörde gebunden und war ihm eine zusätzliche diesbezügliche Prüfung verwehrt.

So konstatierte auch der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 31.8.2006, 2004/21/0138 ausdrücklich, dass die Schubhaftbehörde nur gehalten ist zu prüfen, ob die für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare asylrechtliche Entscheidung aufrecht ist; "trifft dies zu, so ist sie an dessen Bestehen gebunden und hat davon auszugehen. Das gilt [auch] für den unabhängigen Verwaltungssenat bei der Beurteilung einer Schubhaftbeschwerde".

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 126 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) BGBl I 38/2011 (ausgegeben am 23. Mai 2011), treten ua. die Bestimmungen des § 76, § 77 Abs. 1, 3, 6 und 7 sowie § 80 in der Fassung des genannten Bundesgesetzes (BGBl. I 38/2011) mit 1. Juli 2011 in Kraft. Auf den vorliegenden Sachverhalt ist demnach die aktuelle Rechtslage anzuwenden. Die Änderungen durch BGBl. I 112/2011 dienten lediglich der Bereinigung von Redaktionsversehen und sind für den gegenständlichen Fall – so wie auch die Änderungen durch BGBl. I 49/2012 und BGBl. I 50/2012 (Neustrukturierung der Sicherheitsbehörden) – ohne Entscheidungsrelevanz.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 15.10.2012, Z Sich40-2637-2012, seit 15.10.2012 bis dato im Polizeianhaltezentrum X in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gem. § 83 Abs. 1 FPG zur Entscheidung berufen ist. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 4a FPG.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 leg.cit. genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Ein gelinderes Mittel ist gem. Abs. 3 leg.cit. insbesondere die Anordnung

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

 

3.4.1. Gem. § 76 Abs. 2a Z 1 FPG hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde ua. über einen Asylwerber zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft anzuordnen, wenn gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates die am 15.10.2012 verhängte Schubhaft auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG stützen.

 

3.4.2. Vorweg ist somit festzuhalten, dass der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG erfüllt ist: Der Asylantrag des Bf wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2012, Z 1209.798-EAST-WEST, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu; einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundene Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird, was im gegenständlichen Fall im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht der Fall war.

Gemäß Abs. 4 leg.cit. ist die Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt.

Da gegen den Bf als Asylwerber somit eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG somit grundsätzlich erfüllt.

 

Dies wird im Übrigen auch in der Beschwerde vom Bf selbst ausdrücklich festgehalten (vgl. in der Beschwerdeschrift unter Punkt II.1. am Ende: "... waren somit die Formalvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG unbestritten erfüllt").

 

3.4.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg.cit. grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten fünf Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Auch muss schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach zwar dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen; die Möglichkeit der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG bleibt aber auch diesbezüglich zu prüfen.

 

Entgegen der Behauptung des Bf in der Beschwerde, hat die belangte Behörde im Schubhaftbescheid sehr wohl eine einzelfallbezogene Prüfung des konkreten Sicherungsbedarfes und des Ausschlusses gelinderer Mittel vorgenommen.

 

3.4.4. Vorweg ist somit anzumerken, dass aus dem bekämpften Bescheid der belangten Behörde ein einzelfallbezogener Sicherungsbedarf des Bf eindeutig hervorgeht.

 

Der Bf (zumindest seit Ende Juli 2012 illegal in Österreich aufhältig) ist mittellos und – wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt – in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert. Auch in familiärer Hinsicht finden sich keine Bezugspunkte in Form besonders bemerkenswerter Bindungen des Bf zu Österreich. Diesbezüglich ergeben sich im Übrigen auch keinerlei gegenteiligen Anhaltspunkte aus der Beschwerdeschrift. In seinen Einvernahmen gibt der Bf selbst an, ledig und kinderlos zu sein; seine gesamte Familie befinde sich in Pakistan.

 

Besonders ist in diesem Zusammenhang – wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Schubhaftbescheid – zu würdigen, dass der Bf offensichtlich keinesfalls dazu bereit ist, nach Großbritannien zurückzukehren. Wie aus dem Akt – insbesondere auch aus seinen wiederholten eigenen Angaben in seinen Einvernahmen – ersichtlich ist und auch von der belangten Behörde zutreffend festgestellt wird, will der Bf unter keinen Umständen nach Großbritannien zurück: Der Bf hat unmittelbar mit Ablauf seines englischen Studentenvisums (konkret: 21.7.2012) Großbritannien umgehend verlassen, um seinen Aufenthalt in der Europäischen Union zu sichern. Ob er dies durch Rückkehr nach Pakistan und die von ihm angeführte Reiseroute versuchte, kann dabei – wie bereits unter Punkt 2.3. ausführlich dargelegt – dahinstehen, liegt doch eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisungsentscheidung über den Bf nach Großbritannien vor, an die der Oö. Verwaltungssenat jedenfalls gebunden ist.

Auch aus der bisherigen Verfahrensdokumentation geht eindeutig die Unwilligkeit des Bf, nach Großbritannien zurückzukehren, hervor, will der Bf eigenen Angaben zufolge doch jedenfalls nicht zurück nach England. Dabei ist durchaus bemerkenswert, dass der Bf trotz seiner – wie von ihm in der Einvernahme dargelegten – besonders gefährlichen Bedrohungssituation in Großbritannien, wegen der er dorthin unter keinen Umständen zurückwolle, doch fast ein Jahr lang in Großbritannien aufhältig war; erst unmittelbar mit Ablauf seines Studentenvisums (am 21.7.2012) verließ er Großbritannien – und hätte eigenen Angaben zufolge sogar den Weg zurück in seinen Heimatstaat einer etwaigen Asylantragstellung in Großbritannien vorgezogen, wo er doch ebenfalls einer von ihm als gravierend dargelegten Bedrohungssituation ausgesetzt sei.

Im Lichte dieser konkreten Fallkonstellation scheint es daher umso bemerkenswerter, dass der Bf sein englisches Studentenvisum – trotzt ausdrücklicher Nachfrage bei der Einvernahme – gezielt verschwiegen hat und erst nach diesbezüglichem Vorhalt der Behörde dieses zugestand. Interessant dabei sind freilich auch die wiederholten Angaben des Bf, dass er über kein Reisedokument verfüge, da der Schlepper seinen Pass einbehalten habe; erst nun im Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gibt er – freilich für das gegenständliche Verfahren inhaltlich vollkommen ohne Relevanz – an, über einen entsprechenden Scan-Beleg in seinem Laptop zu verfügen.

Nicht unberücksichtigt darf schließlich die Tatsache bleiben, dass der Bf sich nicht freiwillig bei den österreichischen Behörden zur Asylantragstellung gemeldet hat, sondern erst im Zuge seines unfreiwilligen behördlichen Aufgriffs aufgrund seines illegalen Aufenthaltes in Österreich umgehend einen Asylantrag gestellt hat.

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher dieser Falldetails steht für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zweifellos fest, dass der Bf alles versuchte, um nicht in seinen Heimatstaat bzw. nach Großbritannien zurück zu müssen. So zeigt sein gesamtes bisheriges Verhalten – wie auch von der belangten Behörde zutreffend argumentiert – eindrücklich, dass der Bf keine Mittel scheut, dieses Ziel zu erreichen:

Unmittelbar mit Ablauf der Gültigkeit seines englischen Studentenvisums – von dem er in seinem vollen Umfang Gebrauch gemacht hatte – verließ der Bf Großbritannien umgehend. In weiterer Folge versuchte der Bf – nachdem er aufgrund seines illegalen Aufenthaltes in Österreich von den Behörden aufgegriffen wurde – durch umgehende Asylantragstellung und falsche Angaben bzgl. seines bisherigen Aufenthalts in Großbritannien seinen Aufenthalt in der Europäischen Union zu sichern. Auch in Österreich war aber spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der Bf von der negativen Erledigung seines Asylantrages unter gleichzeitiger durchsetzbarer Ausweisungsentscheidung nach Großbritannien durch das Bundesasylamt am 15.10.2012 Kenntnis erlangte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Untertauchen des Bf in die Anonymität zu rechnen, hätte dieser doch alles daran gesetzt, jedenfalls nicht nach Großbritannien zurückkehren zu müssen. Denn das Motiv des Bf ist klar: Der Bf will mit allen Mitteln – insbesondere auch mit der Weiterreise in andere europäische Staaten – einer unmittelbar drohenden Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Großbritannien und in weiterer Folge in sein Heimatland entgehen. Dass eine Rückkehr nach Großbritannien für den Bf keinesfalls in Frage kommt, erhärtet dabei die Annahme seiner Fluchtgefahr. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der Bf in verfahrensrechtlicher Hinsicht für ihn und sein Vorhaben günstige strategisch-durchdachte Reiserouten wählte bzw. zumindest diesbezüglich wohlüberlegte Angaben machte.

 

Die belangte Behörde konnte auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf (insbes. unwahre Angaben bzgl. britischem Studentenvisum, unmittelbare Ausreise aus Großbritannien mit Ablauf des Studentenvisums und illegale Weiterreise nach Österreich, illegaler Aufenthalt in Österreich, kein freiwilliges Vorstelligwerden bei den österreichische Behörden, Asylantragstellung erst im Rahmen des behördlichen Aufgriffs, Ausreiseunwilligkeit) zu Recht davon ausgehen, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen ab dem Zeitpunkt, in dem er von der negativen Entscheidung des Bundesasylamtes – EAST-X und der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Großbritannien erfahren hat (15.10.2012), mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der österreichischen Behörden entzogen hätte, um erneut in die Illegalität – gegebenenfalls auch durch einen neuerlichen illegalen Grenzübertritt in einen weiteren EU-Mitgliedstaat – abzutauchen. Diese Gefahr des Abtauchens des Bf, der als junger und grundsätzlich gesunder, arbeitsfähiger Mann besonders flexibel in seiner Lebensgestaltung ist und im Übrigen auch unverheiratet und kinderlos – somit keiner familiären Verantwortung ausgesetzt und auch an keinerlei Örtlichkeit gebunden - ist, besteht auch im Entscheidungszeitpunkt des Oö. Verwaltungssenates nicht zuletzt aufgrund der tatsächlichen Kenntnis des Bf von einer zeitnah drohenden Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Großbritannien nach wie vor in besonderem Maße.

 

Wenn auch eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen kann, so ergibt sich damit im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles doch eindeutig, dass – der belangten Behörde folgend – im vorliegenden Fall von einem erheblichen Sicherungsbedarf auszugehen war und weiterhin ist.

 

Ein erheblicher Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 2a FPG war und ist daher seit Verhängung der Schubhaft am 15.10.2012 bis dato jedenfalls zu bejahen.

Im Beschwerdevorbringen des Bf, dass er in Schubhaft psychische Probleme habe, an Schlafstörungen und Appetitlosigkeit leide und vor diesem Hintergrund die Anhaltung in Schubhaft äußerst bedenklich und rechtswidrig sei, könnten grundsätzlich besondere Umstände iSd § 76 Abs. 2a FPG 2005 liegen, die der Schubhaft entgegenstünden. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der Bf vor seiner Inschubhaftnahme in sämtlichen behördlichen Einvernahmen angab, abgesehen von Rückenschmerzen gesund zu sein. Bei den regelmäßig erfolgenden gesundheitlichen Untersuchungen im Rahmen der erst kurze Zeit andauernden (seit 15.10.2012) Schubhaft hat der Bf dabei – nach Auskunft des zuständigen Arztes (vgl. den bereits unter Punkt 2.3. bezogenen Aktenvermerk vom 26.10.2012) – ebenfalls zu keinem Zeitpunkt über derlei Beschwerden geklagt. Nach Auskunft des ärztlichen Betreuers besteht keinerlei Indikation auf eine besonders bemerkenswerte psychisch belastete Verfassung des Bf; auch Schlafstörungen und Appetitlosigkeit sind nach seiner Auskunft nicht indiziert und ist der Bf diesbezüglich völlig unauffällig.

Da somit eine Haftfähigkeit des Bf – unter Zugrundelegung der glaubwürdigen ärztlichen Ausführungen – seit Inschubhaftnahme am 15.10.2012 jedenfalls gegeben war und auch weiterhin ist, sind für den Oö. Verwaltungssenat auch im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine besonderen Umstände in der Person des Bf ersichtlich, die einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2a FPG 2005 entgegenstünden.

 

3.5. Damit scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise im konkreten Fall grundsätzlich aus. Eine tägliche Meldepflicht etwa würde den Zweck der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen untertaucht um mit hoher Wahrscheinlichkeit in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen, nicht gewährleisten können.

Die Annahme, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen dem Zugriff der Behörden keineswegs zur Verfügung halten würde, ist durch das bisherige Verhalten des Bf – wie bereits dargelegt – ausreichend dokumentiert. Daran vermag auch die Behauptung in der Beschwerde, der Bf würde sich den Behörden stets zur Verfügung halten und nicht untertauchen, als bloße Schutzbehauptung nichts zu ändern. Denn wie die belangte Behörde richtig ausführte, verleugnete der Bf ursprünglich sein Studentenvisum in Großbritannien und tätigte – wie aus dem Verfahrensakt hervorgeht – ebenso unrichtige Angaben hinsichtlich konkreter Belege über seinen Identitätsnachweis (Scan-Kopie seines Reisepasses).

Immer erst wenn ein weiteres Leugnen für den Bf aussichtslos erschien, weil seine Behauptungen von den Behörden widerlegt wurden, bzw. wenn er ein Umschwenken in seinem Vorbringen als für das Verfahren zweckmäßig hielt, gab er den Behörden weiterführende Angaben bzw. bestätigte von der Behörde ermittelte Feststellungen. Seiner Mitwirkungspflicht im bisherigen fremdenrechtlichen Verfahren ist der Bf auf diese Weise somit keineswegs zur Genüge nachgekommen.

 

Sowohl die belangte Behörde als auch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hatte bzw. hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung daher keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung ist demnach zweifellos auch weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war und ist der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit – entgegen den Ausführungen des Bf in seiner Beschwerde – notwendig.

 

Auch ergibt sich aus der durchsetzbaren asylrechtlichen Ausweisungsentscheidung unter Bezugnahme auf die aktenmäßig ersichtliche positive Zustimmungserklärung der britischen Behörden, dass mit einer baldigen Abschiebung des Bf nach Großbritannien zu rechnen ist.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls weiterhin nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich – wie bereits dargelegt – keine besonders ins Treffen zu führenden familiären oder sozialen Bezugspunkte hat.

Eine besondere soziale Integration des Bf in Österreich ist schon allein aufgrund seines äußerst kurzen Aufenthaltes in Österreich von vornherein ausgeschlossen.

 

3.7. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg.cit. darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Da, wie bereits erwähnt, insbesondere aufgrund der vorliegenden durchsetzbaren asylrechtlichen Ausweisungsentscheidung unter Bezugnahme auf die Zustimmungserklärung der britischen Behörden nach wie vor mit einer raschen Abschiebung nach Großbritannien zu rechnen ist, und sich der Bf erst seit 15.10.2012 in Schubhaft befindet, ergeben sich auch im Entscheidungszeitpunkt hinsichtlich § 80 FPG keine Probleme.

Das Ziel der Schubhaft, die Sicherung der Abschiebung des Bf nach Großbritannien, ist daher zum Entscheidungszeitpunkt allein der Aktenlage zufolge durchaus zeitnah erreichbar.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Umstand, dass die belangte Behörde als Zweck der Schubhaft im angefochtenen Bescheid zusätzlich zur zutreffenden Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) irrtümlicher Weise auch die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) nennt, der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Schubhaftbescheides nicht schadet.

 

3.8. Derzeit sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden. Daher war die Beschwerde vom 16.10.2012 (eingelangt beim Oö. UVS am 25.10.2012) als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

Dr.  L u k a s

 

 

 

 

 

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