Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523301/2/Sch/Eg

Linz, 05.12.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn Dr. K. L., vertreten durch x, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 9. Oktober 2012, Zl. FE-1199/2012, NSch-320/2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Landespolizeidirektor von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 9. Oktober 2012, Zl. FE-1190/2012 und NSch-320/2012, die Herrn Dr. K. L. von der Bundespolizeidirektion Linz am 21.11.2007 unter Zl. 07452127 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von acht Monaten, gerechnet ab 29.9.2012, das war der Tag der Führerscheinabnahme, entzogen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Darüber hinaus wurde dem Berufungswerber die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bis spätestens zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG und die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen.

Weiters wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

Im übrigen wurde der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 7, 24, 25, 26, 29, 30 und 32 FSG idgF  sowie § 64 Abs. 2 AVG genannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG). Auch wurde keine beantragt.

 

3. Dem angefochtenen Bescheid liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Berufungswerber am 29. September 2012 gegen 16.00 Uhr als Lenker eines Pkw die Tiefgaragenausfahrt des Linzer Neuen Rathauses vor der Ausfahrtsschranke auf die xgasse insofern blockierte, als er innerhalb der Tiefgarage vor dem Schranken stand und ein nachfolgender Fahrzeuglenker nicht ausfahren konnte. Es handelt sich hiebei um eine Tiefgarage, die von jedem Lenker eines Fahrzeuges benützt werden kann, der einen Parkschein löst.

 

Ein Magistratsmitarbeiter hatte die Polizei verständigt, da jegliche Versuche, die Situation zu bereinigen, gescheitert waren. Laut entsprechender Polizeianzeige sei vom Anrufer die Mitteilung gekommen, dass dieser Fahrzeuglenker "durchdrehe".

 

Nachdem zwei Polizeibeamte an der Vorfallsörtlichkeit eingetroffen waren, wollten sie den Berufungswerber zweckdienlich befragen. Dies gelang aber kaum, etwa nach dem Ausfahrtsticket befragt, konnte er nur lallend angeben, dass er dieses irgendwo eingesteckt haben müsse.

 

Aufgrund deutlicher Alkoholisierungssymptome, wie Geruch nach Alkohol, schwankender Gang, lallende Sprache, wurde beim Berufungswerber gegen 16 Uhr 45 eine Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt. Das Messergebnis betrug 1,25 mg/l.

 

4. Im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsverfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung wurde dem Berufungswerber Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben. In der rechtsfreundlich verfassten Eingabe vom 3. Oktober 2012 – wie später dann auch in der Berufungsschrift - verweist der Berufungswerber auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2012, 2012/02/0038. Nach diesem Judikat seien ein Parkhaus bzw. eine Tiefgarage nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen, weshalb er keine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen habe.

 

Zu dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist zu bemerken, dass es nach einer vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich wegen eines Halte- und Parkvergehens in einem Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Entscheidung erlassen wurde. Der Gerichtshof hat befunden, dass in einem Parkhaus nicht der Zweck der Raumüberwindung, sondern jener des Abstellens und Parkens von Fahrzeugen im Vordergrund stehe. Deshalb sei diese Fläche nicht als Straße im Sinne der Straßenverkehrsordnung zu qualifizieren.

 

5. Folgt man dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dann wird damit zum Ausdruck gebracht, dass verwaltungsstrafrechtlich betrachtet Verkehrsvergehen in einer Tiefgarage oder in einem Parkhaus nicht behördlich zu ahnden sind. Dies gilt demnach nicht nur für eher untergeordnete Übertretungen wie Halte- und Parkvergehen, sondern auch für Alkoholdelikte, Fahrerflucht, Lenken ohne Lenkberechtigung usw.  Was jedenfalls feststeht ist, dass, wie schon oben dargelegt, es um ein Verwaltungsstrafverfahren ging. Im vorliegenden Fall ist allerdings ein Berufungsverfahren im Zusammenhang mit der Entziehung der Lenkberechtigung abzuführen. Hierauf ist die Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichtshofes keinesfalls zwingend umlegbar. Diesbezüglich ist nämlich auf ein Judikat zu verweisen, wo der Gerichtshof Nachstehendes ausgesprochen hat (Erkenntnis vom 23. November 1993, 93/11/0134):

 

"Die vom Beschwerdeführer angeschnittene Frage, ob es sich bei dem in Rede stehenden Ort um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt oder nicht, kann im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen. Selbst wenn diese Straße die besagte Qualifikation nicht aufwiese, wäre das Verhalten des Beschwerdeführers als eine bestimmte Tatsache zu qualifizieren, aus der seine Verkehrsunzuverlässigkeit abzuleiten wäre. Die Aufzählung von bestimmten Tatsachen in § 66 Abs. 2 KFG 1967 (nunmehr: § 7 Abs. 3 FSG) ist nicht abschließend. Verhaltensweisen, die nach Art und Gewicht den aufgezählten in ihrer Bedeutung für die Beurteilung der kraftfahrrechtlich relevanten Sinnesart gleichwertig sind, können ebenfalls als bestimmte Tatsachen herangezogen werden. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa die Begehung von Alkoholdelikten im Ausland (die keine Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 sind) als solche Tatsachen anerkannt. Eine solche Tatsache liegt auch vor, wenn der Straße ungeachtet ihrer rechtlichen Qualität kein ausschließlich privater Charakter zukommt."

 

Im vorliegenden Fall lenkte der Berufungswerber in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Pkw in einer öffentlichen Parkgarage. Diese kann nach Lösen eines Einfahrttickets von jedem Fahrzeuglenker benützt werden. Darüber hinaus findet innerhalb der Parkgarage naturgemäß auch ein gewisser Fußgängerverkehr statt, schon begründet darin, dass sich die Lenker ja nach dem Abstellen des Fahrzeuges zu Fuß wiederum aus der Garage entfernen bzw. im umgekehrten Sinne diese aufsuchen. Ein Betreten oder Verlassen der Parkgarage im Neuen Rathaus in Linz zu Fuß ist ohne weiteres möglich. Angesichts des Umstandes, dass der Berufungswerber dort mit seinem Fahrzeug unterwegs war, ist von ihm jedenfalls für den Personenkreis, der in der Parkgarage vorhanden war, ein beträchtliches Gefährdungspotential ausgegangen.

 

6. § 7 Abs. 1 FSG spricht bekanntermaßen von bestimmten Tatsachen und ihrer Wertung, die die Verkehrszuverlässigkeit der betreffenden Person ausschließen. Der Berufungsbehörde erscheint es also zulässig, eine Person als verkehrsunzuverlässig einzustufen, die in einer Tiefgarage ein Kraftfahrzeug lenkt mit einem Atemluftalkoholgehalt von 1,25 mg/l. Ob die betreffende Person dann auch noch verwaltungsstrafrechtlich belangt werden kann – das eingangs zitierte Judikat des Verwaltungsgerichtshofes scheint verwaltungsstrafrechtlich betrachtet Alkofahrten in Tiefgaragen zuzulassen – ist für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nicht von entscheidender Bedeutung.

 

Festzuhalten ist auch, dass es letztlich wohl ein Zufall war, dass der Berufungswerber Verkehrsflächen außerhalb der Tiefgarage nicht befahren konnte. Aufgrund seiner starken Alkoholbeeinträchtigung war er nicht mehr in der Lage, den Ausfahrtsschranken durch Einführen des Parktickets zu betätigen. Dadurch war er gezwungen, mit seinem Fahrzeug innerhalb der Tiefgarage zu bleiben. Wäre etwa der Schranken offen gestanden, so kann ganz klar vermutet werden, dass er das Parkhaus verlassen hätte. Nur die starke Alkoholisierung verhinderte, dass er dieses Vorhaben auch durchführen hat können. Wenn er sich jetzt diese Tatsache im  Sinne einer weiterhin bestehenden Verkehrszuverlässigkeit anrechnen lässt, nämlich dass er im Ergebnis innerhalb der Parkgarage bleiben musste, so kann diese Auslegung des Faktischen seitens der Berufungsbehörde keinesfalls geteilt werden.

 

7. Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird oder

.....

Abs. 3 leg.cit:

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

1.       ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis Abs. 1b StVO 1960 begangen hat.

 

§ 26 Abs. 2 Z. 1 FSG regelt, dass, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen ist.

 

Die in § 26 FSG umschriebenen Sonderfälle der Entziehung der Lenkberechtigung bilden hinsichtlich der Wertung jener bestimmten Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem fixen Zeitraum normiert ist, eine Ausnahme, als die Wertung zu entfallen hat (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008). Diese Mindestentziehungsdauer gilt auch im vorliegenden Fall, unabhängig davon, ob der Berufungswerber für das Alkoholdelikt bestraft werden kann oder nicht (VwGH 20.4.2004, 2003/11/0272).

 

Im vorliegenden Fall hat die Erstbehörde eine Entziehungsdauer von acht Monaten angeordnet. Zu werten ist also im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG, ob das vom Berufungswerber gesetzte Alkoholdelikt eine Zukunftsprognose in der Weise erforderlich macht, dass er vor Ablauf einer mehr als sechsmonatigen, also einer achtmonatigen Frist die Verkehrszuverlässigkeit nicht wieder erlangen werde.

 

Die Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG sind die Verwerflichkeit der gesetzten Tatsachen, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit.

 

Dem Berufungswerber ist zweifelsfrei zugute zu halten, dass er bislang noch nie einschlägig in Erscheinung getreten ist. Der vorliegende Vorfall steht also im Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten im Straßenverkehr.

 

Auf der anderen Seite ist aber ein hoher Alkoholisierungsgrad, wie im vorliegenden Fall gegeben, als besonders verwerflich zu werten (VwGH 16.10.2012, 2009/11/0245).

 

Beim Berufungswerber musste fast eine Stunde nach dem gescheiterten Ausfahrversuch aus der Tiefgarage noch ein Atemluftalkoholgehalt von 1,25 mg/l festgestellt werden. Dies entspricht einem Blutalkoholgehalt von 2,5 Promille. Rechnet man den üblicherweise stattfindenen Alkoholabbau von etwa 0,1 Promille pro Stunde noch dazu, dann hatte der Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt einen Wert von etwa 2,6 Promille im Blut. Das ist ein Wert, der schon sehr weit über dem relevanten "Grenzwert" des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 von 1,6 Promille Blutalkoholgehalt liegt. Bei einer derartigen Alkoholbeeinträchtigung kann eine Teilnahme am Straßenverkehr ohne massive Gefährdung anderer Personen keinesfalls mehr erfolgen.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde kann daher der von der Erstbehörde erstellten Zukunftsprognose, der Berufungswerber werde erst nach Ablauf einer Entziehungsdauer von acht Monaten seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen, nicht begründbar entgegengetreten werden.

 

8. Die im Bescheid weiters verfügten Maßnahmen, wie Lenkverbot für führerscheinfreie Kfz, Verbot der Gebrauchmachung von einem allfälligen ausländischen Führerschein, Anordnung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, einer amtsärztlichen Untersuchung und einer Nachschulung, sind gesetzliche Folgen von massiven Alkoholdelikten und stehen daher nicht zur behördlichen Disposition.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 19.08.2014, Zl.: 2013/11/0038-5

 

 

 

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