Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281364/4/Wim/Rd/Bu

Linz, 14.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, gegen Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Oktober 2011, Ge96-17-7-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsruhegesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 1 bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungs­verfahren den Betrag von 15 Euro, das sind 20% der bezüglich Faktum 1 verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Oktober 2011, Ge96-17-7-2011, wurde über den Berufungswerber hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe von 75 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs.1 und 2 ARG idF BGBl. I Nr. 100/2010 iVm Art.8 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006, verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit das zur Vertretung nach außen berufene Organ der X Gesellschaft mbH mit Sitz in X, X, diese wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der X Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in X, X.

Als solcher haben Sie als gemäß § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 Verantwortlicher zu verantworten:

 

Das Arbeitsinspektorat Wels führte über eine Überprüfung der am 25. März 2011 vorgelegten digitalen Daten des als Lenker beschäftigten Arbeitnehmers der X Gesellschaft mbH & Co KG, Herrn X, durch.

Dabei wurde festgestellt, dass Herr X als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, zu nachfolgenden gesetz­widrigen Arbeitszeiten herangezogen wurde.

 

1. Übertretungsgruppe 1:

Die vorgeschriebene wöchentliche Ruhezeit wurde erst nach mehr als sechs 24-Stunden-Zeiträumen eingelegt:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

Beförderungsart

Fahrer: X

03.01.2011

03:50

09.01.2011

19:03

6

7

1

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

24.01.2011

03:13

30.01.2011

18:30

6

7

1

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde Artikel 8 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 übertreten, wonach eine wöchentliche Ruhepause spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit beginnt.

 

Sie haben als Arbeitgeberin die vorgeschriebene wöchentliche Ruhezeit nicht gewährt."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass in Anbetracht der besonderen Erfordernisse des Winterdiensteinsatzes, nämlich insbesondere die Koordination durch das Land – x stattfinde. Zu den besagten Zeitpunkten habe durch die nicht vorhersehbaren Wetterereignisse, die Tageslenk- und Einsatzzeiten nicht eingehalten werden können. Es werde darauf hingewiesen, dass unser Fahrer Ruhezeiten gehabt habe und er nicht vom 24. bis 26.01.2011 durchgehend im Einsatz gewesen sei (Tageslenkzeit und Einsatzzeit). Die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durch unseren Winterdiensteinsatz werde sehr ernst genommen. Die Vorkommnisse werden zur Kenntnis genommen und werde daraus eine neue Lösung für den Winterdienst angestrebt. Da es sich um ein erstmaliges Vergehen handle, werde ersucht, die Strafe auf eine Abmahnung zu verringern.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Das Arbeitsinspektorat Wels wurde am Verfahren beteiligt und verweist in seiner Stellungnahme einleitend auf das positive Bestreben des Berufungswerbers, künftighin eine neue Lösung für den Winterdienst zu finden. Zu den Angaben betreffend Einsatzzeit vom 24. bis 26.01.2011 wurde angemerkt, dass die Lenkzeiten jeweils dann summiert werden, wenn die Dauer der Ruhezeit das gesetzliche Mindestausmaß unterschreitet. Dies sei hier der Fall und sei im beiliegenden Zeitstrahl-Ausdruck dokumentiert. Weiters wurde ausgeführt, dass der Gesetzgeber bezüglich Lenk- und Einsatzzeit keine Ausnahme für den Winterdienst vorsehe und nicht vorhersehbare Wetterereignisse daher nicht als strafbefreiend geltend gemacht werden können. Das Arbeitsinspektorat Wels könne einer Strafbefreiung nicht zustimmen, akzeptiere jedoch eine weitere Strafmilderung.

 

3.2. Weil hinsichtlich der Übertretung nach dem Arbeitszeitgesetz nach der geltenden Geschäftsverteilung ein anderes Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zuständig ist, ergeht hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 eine gesonderte Entscheidung.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, im angefochtenen Bescheid hinsichtlich Faktum 1 keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 


5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht hat, sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß Art.8 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hat der Fahrer in zwei jeweils aufeinander folgenden Wochen mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten:

-        zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder

-        eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden. Dabei wird jedoch die Reduzierung durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor dem Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche genommen werden muss.

Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.

 

Gemäß § 27 Abs.2 ARG sind Arbeitgeber ebenso zu bestrafen, die die wöchentliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.6 bis 7 oder Art.12 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren.

 

Gemäß § 27 Abs2.c ARG sind Übertretungen gemäß Abs.2 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als

Z1:    leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt,    sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 72         Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro;

Z2:    schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und         Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2.180 Euro, im    Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3.600 Euro;

Z3:    sehr schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen         und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 2.180 Euro, im    Wiederholungsfall von 350 Euro bis 3.600 Euro,

zu bestrafen.

 

Gemäß Art.9 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 idF der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission vom 30. Jänner 2009, in Kraft getreten am 19. Februar 2009, enthält die nachstehende Tabelle Leitlinien für ein gemeinsames Spektrum von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, welche gemäß ihrer Schwere in Kategorien aufgeteilt sind.

 

Art.8 Abs.6:

Unzureichende wöchentliche Ruhezeit von weniger als 24 Stunden:

22h< … <24h ……………………………. geringfügiger Verstoß

20h< … <22h ……………………………. schwerwiegender Verstoß

… <20h ……………………………………… sehr schwerwiegender Verstoß

 

Unzureichende wöchentliche Ruhezeit von weniger als 45 Stunden, sofern keine reduzierte wöchentliche Ruhezeit gestattet ist:

42h< … <45h …………………………… geringfügiger Verstoß

36h< … <42h …………………………… schwerwiegender Verstoß

… <36h …………………………………….. sehr schwerwiegender Verstoß

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG und des ARG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintangehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotential in Bezug auf die Verkehrssicherheit dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

5.4. Die belangte Behörde hat über den Berufungswerber hinsichtlich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses eine Geldstrafe von 75 Euro, bei einem gesetzlichen Strafrahmen von 72 bis 1.815 Euro, verhängt, wobei die gesetzliche Mindeststrafe nur marginal überschritten wurde.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt jedoch nicht in Betracht, da ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen nicht vorgelegen ist; zudem lag insbesondere die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht vor.

 

Auch liegt iSd § 21 Abs.1 VStG – wie vom Berufungswerber beantragt - kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt.

 

Gegenständlich wurde der Lenker im Winterdienst eingesetzt. Wie die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, stellen Schneefall und eisige Straßen für die meisten Verkehrsteilnehmer eine große Herausforderung dar und erfordern winterliche Straßenverhältnisse größte Konzentration. Für Lenker von Schneeräumfahr­zeugen hat dies umso mehr zu gelten, tragen sie doch durch ihren Dienst einen wesentlichen Teil zur Entschärfung der Gefahrensituation bei. Gerade bei solchen verantwortungsvollen Aufgaben mit einem erhöhten Konzentrationsausmaß, ist es unbedingt erforderlich, für eine ausreichende Erholung zu sorgen, indem den Lenkern zumindest die gesetzliche Ruhezeit zu gewähren ist.

 

Die vom Berufungswerber angesprochene Diensteinteilung durch die x stellt keinen Entschuldigungsgrund dar, wird doch vom Berufungswerber über die Fahrer im "normalen" Fuhrbetrieb des Unternehmens disponiert und hat er im Rahmen eines Kontrollsystems dafür zu sorgen, dass nur jene Fahrer zum Einsatz kommen, welche noch genügend freie Ressourcen für den Winterdienst aufweisen. Welche konkreten Maßnahmen und Kontrolltätigkeiten im Hinblick auf den Winterdienst getroffen wurden, ist der Berufungswerber allerdings schuldig geblieben. Zudem sieht das Gesetz – wie im Übrigen das Arbeitsinspektorat in seiner Stellungnahme treffend vorgebracht hat – keine Sonderregelung betreffend den Einsatz von Lenkern im Winterdienst vor, sodass der Berufungswerber für eine dementsprechende Disponierung Sorge zu tragen hat.   

 

Es war daher auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen.       

 

6. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Leopold Wimmer

 

 

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