Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281365/4/Re/Rd/Th

Linz, 14.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des R H, T, S, vertreten durch Rechtsanwälte H R, K, E, gegen die Fakten 2, 3 und 4 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Oktober 2011, Ge96-17-7-2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt werden:

 

         Faktum 2: (ÜG 4.)          72 Euro, EFS 11 Stunden

         Faktum 3: (ÜG 5.)       250 Euro, EFS 30 Stunden

         Faktum 4: (ÜG 6.)       500 Euro, EFS 60 Stunden

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 82,20 Euro, das sind 10% der hinsichtlich Fakten 2 bis 4 verhängten Geldstrafen. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.


Entscheidungsgründe:


1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Oktober 2011, Ge96-17-7-2011, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 75 Euro, EFS 11 Stunden (Faktum 1), 205 Euro,  EFS von 31 Stunden (Faktum 2), 500 Euro, EFS von 92 Stunden (Faktum 3), 800 Euro, EFS von 123 Stunden (Faktum 4), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 27 Abs.1 und 2 Arbeitsruhegesetz idF BGBl. I Nr.100/2010 iVm Art.8 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 (Faktum 1), § 28 Abs.5 Z3 iVm § 28 Abs.6 Z2 AZG idF BGBl. I Nr. 93/2010 iZm Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 (Faktum 2), § 28 Abs.3 Z8 iVm § 16 Abs.3 AZG (Faktum 3) und § 28 Abs.5 Z1 iVm § 28 Abs.6 Z3 AZG iZm Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006, verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit das zur Vertretung nach außen berufene Organ der H Gesellschaft mbH mit Sitz in S, T, diese wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der H Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in S, T.

Als solcher haben Sie als gemäß § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 Verantwortlicher zu verantworten:

 

Das Arbeitsinspektorat Wels führte über eine Überprüfung der am 25. März 2011 vorgelegten digitalen Daten des als Lenker beschäftigten Arbeitnehmers der H Gesellschaft mbH & Co KG, Herrn M F, durch.

Dabei wurde festgestellt, dass Herr M F als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, zu nachfolgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen wurde.

 

1. Übertretungsgruppe 1:

Die vorgeschriebene wöchentliche Ruhezeit wurde erst nach mehr als sechs 24-Stunden-Zeiträumen eingelegt:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

Beförderungsart

Fahrer: F M

03.01.2011

03:50

09.01.2011

19:03

6

7

1

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

24.01.2011

03:13

30.01.2011

18:30

6

7

1

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde Artikel 8 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 übertreten, wonach eine wöchentliche Ruhepause spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit beginnt.

 

Sie haben als Arbeitgeberin die vorgeschriebene wöchentliche Ruhezeit nicht gewährt.

 

2. Übertretungsgruppe 4:

Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug:

 

Einstufung

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen Beförderungsart

Fahrer: F M

leicht

03.01.2011

03:50

04.01.2011

03:50

09:00

08:36

00:24

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

schwer

24.01.2011

03:13

25.01.2011

03:13

09:00

07:53

01:07

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde Artikel 8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 übertreten, wonach der Lenker zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen darf.

 

Sie haben als Arbeitgeberin die erforderliche tägliche Ruhezeit von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden nicht gewährt.

 

3. Übertretungsgruppe 5:

Die Einsatzzeit (zwischen zwei Ruhezeiten) betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

Beförderungsart

Fahrer: F M

03.01.2011

03:50

03.01.2011

19:14

15:00

15;24

00:24

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

24.01.2011

03:13

26.01.2011

03:00

15:00

47:47

32:47

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde § 16 Abs.3 des Arbeitszeitgesetzes in Verbindung mit dem Kollektivvertrag/der Betriebsvereinbarung übertreten, wonach für Lenker von Kraftfahrzeugen, die

1.       zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich      Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, oder

2.       zur Personenbeförderung dienen und die nach ihrer Bauart und Ausstattung   geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen einschließlich des        Lenkers zu befördern,

der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung einer Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen kann, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Sie haben als Arbeitgeberin Ihren Lenker über die zulässige Einsatzzeit hinaus eingesetzt.

 

4. Übertretungsgruppe 6:

Die Tageslenkzeit (zwischen zwei Ruhezeiten) betrug:

 

Einstufung

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen Beförderungsart

Fahrer: F M

sehr schwer

24.01.2011

03:13

26.01.2011

03:00

10:00

20:01

10:01

X

Lkw zur Güterbeförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 übertreten, wonach die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Sie haben als Arbeitgeberin Ihren Lenker über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass in Anbetracht der besonderen Erfordernisse des Winterdiensteinsatzes, nämlich insbesondere die Koordination durch das Land – Straßenmeisterei Eferding stattfinde. Zu den besagten Zeitpunkten habe durch die nicht vorhersehbaren Wetterereignisse, die Tageslenk- und Einsatzzeiten nicht eingehalten werden können. Es werde darauf hingewiesen, dass unser Fahrer Ruhezeiten gehabt habe und er nicht vom 24. bis 26.01.2011 durchgehend im Einsatz gewesen sei (Tageslenkzeit und Einsatzzeit). Die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durch unseren Winterdiensteinsatz werde sehr ernst genommen. Die Vorkommnisse werden zur Kenntnis genommen und werde daraus eine neue Lösung für den Winterdienst angestrebt. Da es sich um ein erstmaliges Vergehen handle, werde ersucht, die Strafe auf eine Abmahnung zu verringern.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das Arbeitsinspektorat Wels wurde am Verfahren beteiligt und verweist in seiner Stellungnahme einleitend auf das positive Bestreben des Berufungswerbers, künftighin eine neue Lösung für den Winterdienst zu finden. Zu den Angaben betreffend Einsatzzeit vom 24. bis 26.01.2011 wurde angemerkt, dass die Lenkzeiten jeweils dann summiert werden, wenn die Dauer der Ruhezeit das gesetzliche Mindestausmaß unterschreitet. Dies sei hier der Fall und sei im beiliegenden Zeitstrahl-Ausdruck dokumentiert. Weiters wurde ausgeführt, dass der Gesetzgeber bezüglich Lenk- und Einsatzzeit keine Ausnahme für den Winterdienst vorsehe und nicht vorhersehbare Wetterereignisse daher nicht als strafbefreiend geltend gemacht werden können. Das Arbeitsinspektorat Wels könne einer Strafbefreiung nicht zustimmen, akzeptiere jedoch eine weitere Strafmilderung.

 

3.2. Weil hinsichtlich der Übertretung nach dem Arbeitsruhegesetz Faktum 1 (Übertretungsgruppe 1) des Straferkenntnisses nach der geltenden Geschäftsverteilung ein anderes Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zuständig ist, ergeht hinsichtlich Faktum 1 eine gesonderte Entscheidung.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht hat, sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 16 Abs.3 AZG kann für Lenker von Kraftfahrzeugen, die

1.      zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht,         einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt oder

2.      zur Personenbeförderung dienen und die nach ihrer Bauart und      Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen         einschließlich des Fahrers zu befördern,

der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung eine Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten, wobei jedoch die tägliche Lenkzeit höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden darf.

 

Gemäß Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.

 

Gemäß § 28 Abs.3 AZG sind Arbeitgeber, die

Z8: Lenker über die gemäß § 16 Abs.2 bis 4 zulässige Einsatzzeit hinaus einsetzen,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro, zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.5 AZG sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die

Z1: Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

Z3: die tägliche Ruhzeit gemäß Art.8 Abs.2, 4 oder 5 oder Art.9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs.6 zu bestrafen.

 

Sind Übertretungen gemäß Abs.5 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als

1.       leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

          a)      in Fällen der Z1 bis 7 mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815     Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro,

          b)      im Fall der Z8 mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 2.180 Euro, im          Wiederholungsfall von 200 Euro bis 3.600 Euro;

2.       schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3.600 Euro;

3.       sehr schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 350 Euro bis 3.600 Euro,

zu bestrafen (§ 28 Abs.6 AZG).

 

Gemäß Art.9 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 idF der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission vom 30. Jänner 2009, in Kraft getreten am 19. Februar 2009, enthält die nachstehende Tabelle Leitlinien für ein gemeinsames Spektrum von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, welche gemäß ihrer Schwere in Kategorien aufgeteilt sind.

 

Art.6 Abs.1:

Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, sofern die Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist:

  9h< … <10h ……………… geringfügiger Verstoß

10h < … <11h …………….. schwerwiegender Verstoß

11h < …          …………….. sehr schwerwiegender Verstoß

 

Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden, sofern die Verlängerung gestattet ist:

10h < … < 11h …………….. geringfügiger Verstoß

11h < … < 12h …………….. schwerwiegender Verstoß

12h < …           …………….. sehr schwerwiegender Verstoß

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintangehalten wird, stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotential in Bezug auf die Verkehrssicherheit dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

5.4.1. Zu Faktum 2 ist Nachstehendes auszuführen:

Die belangte Behörde stufte die vom Berufungswerber begangene Verwaltungs­übertretung des Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 als schwerwiegend ein. Der Strafrahmen für schwerwiegende Verwaltungsüber­tretungen gemäß § 28 Abs.6 Z2 AZG reicht von 200 Euro bis 2.180 Euro. Die belangte Behörde verkennt jedoch, dass Übertretungen des Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht im Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG erwähnt sind und daher gemäß § 28 Abs.6 Z1 lit.a AZG mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro, zu bestrafen sind. Die belangte Behörde ist daher von einem unrichtigen Strafrahmen, nämlich von einem Strafrahmen von 200 Euro bis 2.180 Euro, ausgegangen. Dieser Umstand war bei der Strafbemessung seitens des Oö. Verwaltungssenates zu berücksichtigen und hat seinen Niederschlag in der nunmehr festgesetzten Geldstrafe gefunden. Das AZG normiert die Mindestdauer der notwendigen Erholungsphasen während eines Arbeitstages. Diesem gesetzlichen Gebot hat der Berufungswerber zu wenig Beachtung geschenkt. Dennoch konnte mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Straf­milderung) sowie des § 21 Abs.1 VStG lagen hingegen nicht vor.

 

5.4.2. Hinsichtlich der Fakten 3 und 4 wurden von der belangten Behörde über den Berufungs­werber Geldstrafen von 500 Euro bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 1.815 Euro (Faktum 3) und 800 Euro bei einem Strafrahmen von 300 Euro bis 2.180 Euro (Faktum 4), verhängt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verkennt keinesfalls die Gefahr, die von übermüdeten Lenkern ausgeht und schließt sich grundsätzlich der Ansicht der belangten Behörde an, dass durchaus die Notwendigkeit der Verhängung von empfindlichen Geldstrafen – aus generalpräventiven Gründen – gegeben erscheint. Gegen­ständlich wurde der Lenker im Winterdienst eingesetzt. Wie die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, stellen Schneefall und eisige Straßen für die meisten Verkehrsteilnehmer eine große Herausforderung dar und erfordern winterliche Straßenverhältnisse größte Konzentration. Für Lenker von Schneeräumfahr­zeugen hat dies umso mehr zu gelten, tragen sie doch durch ihren Dienst einen wesentlichen Teil zur Entschärfung der Gefahrensituationen bei. Dennoch war die hinsichtlich Faktum 3 verhängte Geldstrafe (es wurde die 7fache Mindeststrafe verfügt) auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Einer weiter­gehenden Herabsetzung stand aber doch der Umstand entgegen, dass die Einsatzzeit von 15 Stunden vom 24. bis 26. Jänner 2011 um mehr als das Dreifache überschritten wurde.

 

Bezüglich Faktum 4 ist zu bemerken, dass die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von 800 Euro dem Oö. Verwaltungssenat überhöht erscheint, zumal die Schwere des Deliktes bereits durch die Mindeststrafe von 300 Euro zum Ausdruck gebracht wird. Aufgrund des Umstandes, dass der vom Berufungswerber eingesetzte Fahrer eine 20stündige Tageslenkzeit aufwies, somit die doppelte (!) als die gesetzlich normierte Tageslenkzeit von 10 Stunden, kann nicht mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Es bedarf aber trotz Berücksichtigung der Ausführungen betreffend den Schutzzweck der übertretenen Bestimmung nicht einer Geldstrafe von immerhin 800 Euro, um dem erwähnten Schutzzweck zu entsprechen. Auch general- und spezialpräventive Erwägungen machen diesen Strafbetrag nicht erforderlich, sodass nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates auch mit einer Geldstrafe von 500 Euro noch das Auslangen gefunden werden kann.

 

Der Vollständigkeit halber wird noch angemerkt, dass sich auch das Arbeitsinspektorat in der eingangs angeführten Stellungnahme nicht gegen eine Herabsetzung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen ausgesprochen hat.  

 

Hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses ist abschließend auszuführen, dass eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht in Betracht kommt, da ein beträchtliches Überwiegen der Milde­rungs­gründe gegenüber den Erschwerungsgründen nicht vorgelegen ist; zudem lag insbesondere die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungs­werbers nicht vor, wenngleich auch keine einschlägigen Verwaltungsstrafvor­merkungen aufscheinen.

 

Auch liegt iSd § 21 Abs.1 VStG – wie vom Berufungswerber beantragt – kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Die vom Berufungswerber angesprochene Diensteinteilung durch die Straßenmeisterei Eferding stellt keinen Entschuldigungsgrund dar, wird doch vom Berufungswerber über die Fahrer im "normalen" Fuhrbetrieb des Unternehmens disponiert und hat er im Rahmen eines Kontrollsystems dafür zu sorgen, dass nur jene Fahrer zum Einsatz kommen, welche noch genügend freie Ressourcen für den Winterdienst aufweisen.        

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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