Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-523280/12/Kof/CG

Linz, 10.12.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, geb. X, X,  X gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17. September 2012, GZ. F 12/309179, betreffend Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird als unbegründet abgewiesen und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 3 Abs.1 Z3 iVm § 8 Abs.3 Z4  FSG, BGBl. I Nr. 120/1997

 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 und BGBl. I Nr. 50/2012.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) war seit dem Jahr 1946 im Besitz

einer Lenkberechtigung für die Klasse B, zuletzt befristet bis 19. August 2012.

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den Antrag des Bw auf Verlängerung der Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist eine – als "Einspruch" bezeichnete – begründete Berufung erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

 

 

Die belangte Behörde hat im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführt:

"Die Bundespolizeidirektion Linz weist Ihren Antrag auf Verlängerung der befristeten Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung ab."

 

Gemäß dem B-VG-Sicherheitsbehörden-Neustrukturierung 2012, BGBl. I Nr. 49/2012 und dem Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungsgesetz – SNG, BGBl. I Nr. 50/2012, wurden die Bundespolizeidirektionen mit Ablauf des 31. August 2012 aufgelöst und treten an deren Stelle die Landespolizeidirektionen.

 

Die zuständige Behörde "Landespolizeidirektion Oberösterreich" wurde sowohl

·         im Kopfpapier des erstinstanzlichen Bescheides, als auch

·         in der Unterschriftsklausel "Für den Landespolizeidirektor" genannt. 

 

Bei der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Wendung "Bundespolizeidirektion Linz" handelt es sich somit um ein unwesentliches –
weil ohne weiteres als solches erkennbares – Versehen iSd § 62 Abs.4 AVG;

vgl. VwGH vom 27.01.1995, 94/02/0524.

 

Das aufgrund eines rechtzeitigen Antrages des Bw auf Verlängerung der befristeten Lenkberechtigung eingeleitete Verfahren ist ein selbständiges (neues)  Verwaltungsverfahren.

In diesem Verfahren ist zu prüfen, ob jene Voraussetzungen vorliegen,

welche auch für die Erteilung einer Lenkberechtigung maßgeblich sind.

 

Sowohl die Behörde I. Instanz, als auch die Berufungsbehörde haben

bei der gegebenen Sach- und Rechtslage

    ungeachtet der bisher erfolgten befristeten Erteilung der Lenkberechtigung –

zu beurteilen, ob im Zeitpunkt ihrer Entscheidung sämtliche Voraussetzungen

– und damit auch diejenige der gesundheitlichen Eignung nach § 3 Abs.1 Z3 FSG – für die Erteilung der Lenkberechtigung für die beantragte Klasse vorliegen.

VwGH vom 16.11.2004, 2004/11/0203 mit Vorjudikatur.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist daher einzig und allein, ob der Bw
– im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung – zum Lenken von Kraftfahrzeugen
der Klasse B gesundheitlich geeignet ist oder nicht.

 

Die (amts-)ärztliche Beurteilung des Gesundheitszustandes des Bw hat sich – ausschließlich – auf den Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens zu beziehen; VwGH vom 29.04.2003, 2001/11/0251 mwN.

 

Anmerkung:  Im Folgenden wird der Name des Bw durch die Wendung „Bw“ –

                     in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

Der Bw hat sich am 09. August 2012 einer verkehrspsychologischen Untersuchung unterzogen. – Die verkehrspsychologische Untersuchungsstelle X Linz hat darüber die verkehrspsychologische Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV vom
17. August 2012 erstellt und zusammenfassend ausgeführt:

 

"Der Bw, geb.  ….. bot bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung am 09. 08. 2010 im Alter von
86 Jahren und 3 Monaten folgende Befunde:

Die Reaktionsschnelligkeit ist als auffällig langsam einzustufen.

Die reaktiv-konzentrative Belastbarkeit ist eingeschränkt, hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit besteht kein Einwand.

Die visuelle Zielorientierungsfähigkeit ist befriedigend vorhanden, die rasche und detailgetreue optische Überblicksgewinnung ist allerdings eingeschränkt.

Die sensomotorische Koordinationsfähigkeit ist hinsichtlich der Schnelligkeit etwas unbefrie­digend ausgeprägt.

Hinsichtlich der Kurzzeitmerkfähigkeit besteht kein eignungsrelevanter Einwand.

Im Bereich der kognitiven Auffassungsfähigkeit ist eine Schwäche festzustellen.

Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist aufgrund der in mehreren Teilbereichen bestehenden Leistungsdefiziten nicht mehr gegeben.

Im Vergleich zum Testbefund vom 08. 08. 2011 ist hinsichtlich kognitiver Auffassungs­fähigkeit/ Hirnleistungsfähigkeit eine Verschlechterung festzustellen und tendenziell deutet sich in allen Verfahren eine weitere Abnahme der Leistungsfähigkeit an, trotz bereits mehrerer Testuntersuchungen.

Durch seine Fahrerfahrung kann dem Untersuchten ein mehr der weniger gutes Handling des Fahrzeugs wohl nicht abgesprochen werden, bei unerwartet auftretenden kritischen Situationen kann eine ausreichend rasche Reaktion allerdings nicht mehr erwartet werden.

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist der Bw, geb. …., zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B derzeit nicht (mehr) geeignet."

 

Der Verkehrspsychologe, Herr Mag. D. hat mit ergänzender Stellungnahme

vom 12.11.2012 ausgeführt:

 

"Sehr geehrte Frau Dr. …..  (= Amtsärztin)

bezugnehmend auf ihren Anruf Anfang November dieses Jahres, ob eine Beobachtungs­fahrt beim Bw sinnvoll ist, darf höflich mitgeteilt werden, dass laut der erhobenen Testbefunde beim Untersuchten ein erhöhtes Risiko besteht, in nicht antizipierbaren Gefahrensituationen die Lage ungenügend schnell genug erfassen und darauf ausreichend schnell und folgerichtig reagieren zu können.

Diese Wertung bezieht sich auf die testpsychologischen Befunde zur Reaktionsschnelligkeit,

der reaktiv-konzentrativen Belastbarkeit als auch der Überblicksgewinnung.

Der Bw hat dabei diese Tests schon unzählige Male abgewickelt, dennoch ist im Vergleich zur letzten VPU inzwischen eine Verschlechterung der Leistungsfähigkeit abzuleiten, zu berücksichtigen ist, dass diese in den letzten Jahren schon nur als sehr knapp ausreichend beurteilt werden konnte.

Für sein hohes Alter von 86 Jahren ist der Untersuchte wohl in sehr guter körperlicher Verfassung, in einer Fahrprobe kann allerdings weder die Reaktions- als auch Auffassungsschnelligkeit noch sein Verhalten in unerwartet auftretenden Gefahrensituationen ermittelt werden. Wegen der Gefahr von weiteren Übungseffekten am Testgerät wird von einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungs­fähigkeit vor Ablauf eines halben Jahres abgeraten.

 

Da der Bw von einem „vollkommen harmlosen Vorfall" vor sechs Jahren spricht, kein eigenes Fehlverhalten sieht und eine Korruption vermutet (seinen letzten Angaben in der Exploration zufolge bzw. laut eines von ihm übermittelten Schreibens vom 1. Oktober 2012 an die Landespolizeidirektion ), wäre ferner auch eine Abklärung der Kritikfähigkeit des Untersuchten anzuregen.

 

Die amtsärztliche Sachverständige, Frau Dr. E.W., Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Gesundheit, hat daraufhin das amtsärztliche Gutachten vom

14. November 2012, Ges-311023/3-2012, erstellt und ausgeführt:

 

Es wurde nunmehr eine Ergänzung zur verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 17. August 2012 (VPU vom 09.08.2012) betreffend den Bw, geb. am ……  durch die X übermittelt.

Aus dieser Stellungnahme geht hervor, dass bei Obgenanntem laut der erhobenen Testbefunde ein erhöhtes Risiko besteht, in nicht antizipierbaren Gefahrensituationen die Lage ungenügend schnell genug zu erfassen und darauf ausreichend schnell und folgerichtig reagieren zu können.

Diese Wertung beziehe sich auf die testpsychologischen Befunde zur Reaktionsschnelligkeit,

der reaktivkonzentrativen Belastbarkeit als auch zur Überblicksgewinnung.

Der Bw hätte diese Tests schon unzählige Male abgewickelt, dennoch sei im Vergleich zur letzten VPU inzwischen eine Verschlechterung der Leistungsfähigkeit abzuleiten, zu berücksichtigen sei, dass diese in den letzten Jahren schon nur als sehr knapp ausreichend beurteilt werden konnte.

Für sein hohes Alter von 86 Jahren sei der Untersuchte wohl in sehr guter körperlicher Verfassung
 in einer Fahrprobe könne allerdings weder die Reaktions- als auch Auffassungsschnelligkeit noch sein Verhalten in unerwartet auftretenden Gefahrensituationen ermittelt werden.

Wegen der Gefahr von weiteren Übungseffekten am Testgerät werde von einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit vor Ablauf eines halben Jahres abgeraten....

 

Aus ho. Sicht ist festzustellen, dass auf Grund der letzten verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 09.08.2012 verglichen zur vorletzten vom 08.08.2011 wie im ergänzenden Schreiben vom 12.11.2012 festgestellt wurde, es zu einer weiteren Verschlechterung der Leistungsfähigkeit gekommen sei und beim Untersuchten ein erhöhtes Risiko bestehe, in nicht antizipierbaren Gefahrensituationen die Lage genügend schnell genug erfassen und darauf ausreichend schnell und folgerichtig reagieren zu können.

Diese Wertung bezieht sich auf die testpsychologischen Befunde zur Reaktionsschnelligkeit,

der reaktiv konzentrativen Belastbarkeit als auch zur Überblicksgewinnung.

In einer Fahrprobe könne allerdings weder die Reaktion als auch die Auffassungsschnelligkeit noch das Verhalten in unerwartet auftretenden Gefahrensituationen ermittelt werden, weshalb laut ergänzender Stellungnahme der X eine Beobachtungsfahrt im vorliegenden Fall als nicht sinnvoll erachtet werde, da diese nicht geeignet sei, die festgestellten gravierenden Mängel zu entkräften.

 

Da die letzte verkehrspsychologische Untersuchung vom 9.08.2012 als eine Nachuntersuchung zur verkehrspsychologischen Untersuchung vom 08.08.2011 zu sehen ist, ist es verglichen zur Untersuchung aus 2011 zu einer weiteren Verschlechterung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen gekommen.

Der Umgang mit dem PC dürfte dem Bw nach mehrmals durchgeführten verkehrspsychologischen Untersuchungen ausreichend bekannt sein.

Es erscheint auf Grund der vorliegenden Ergebnisse aus ho. Sicht nicht sinnvoll, eine Beobachtungsfahrt durchzuführen, da das bereits ausreichend vorliegende Ergebnis, das bei unerwartend auftretenden kritischen Situationen keine ausreichend rasche Reaktion erwartet werden könne, dadurch nicht widerlegt werden kann.

Auf Grund der vorliegenden Befundlage ist dem polizeiärztlichem Gutachten von Dr. H. (= Amtsarzt der belangten Behörde) vom 21.08.2012 nichts hinzuzufügen.

 

Der Bw verweist in seiner Stellungnahme (Parteiengehör) zu diesem Gutachten auf das Gutachten der Frau Dr. S.S., Linz vom 30. Mai 2012 welches jedoch lediglich Laborwerte (Blutbild, Cholesterin usw.) enthält. –

Diese vermögen das amtsärztliche Gutachten betreffend die gesundheitliche
Nichteignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B in keiner Weise zu erschüttern, geschweige denn zu widerlegen.

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme einschl. deren Ergänzung sowie

das amtsärztliche Gutachten sind vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei.

 

Ein mit den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten eines Amtssachverständigen kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten – somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachtens eines privaten Sachverständigen) – bekämpft werden;  ständige Rechtssprechung des VwGH, zuletzt Erkenntnis vom 22.12.2011, 2010/07/0211 mit Vorjudikatur.

vgl. auch VwGH vom 16.11.2012, 2009/02/0310.

 

Da beim Bw die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1/Klasse B nicht (mehr) vorliegt, war

       die Berufung als unbegründet abzuweisen,

       der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen und

       spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum