Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523315/10/Bi/CG

Linz, 10.12.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des x, xstraße , x, vertreten durch x, x, x, vom 8. November 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 30. Oktober 2012, VerkR21-342/4-2012-Mau/Gro, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des Ergebnisses der am 5. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid insofern bestätigt, als die einmonatige Frist ab Rechtskraft (= Zustellung) dieses Erkenntnisses zu berechnen ist.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb von einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides vom Amtsarzt der BH Steyr-Land gemäß § 8 FSG untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 2. November 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 5. Dezember 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Bw, RA x, und des Zeugen Meldungsleger GI x (x), PI x, durchgeführt. Der Bw und der Vertreter der Erstinstanz waren entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, eine Untersuchung wäre nur dann angebracht, wenn sich tatsächlich Bedenken zur gesundheitlichen Eignung ergäben. Sogar die Erstinstanz gehe von einem "vermutlichen Suizidversuch" aus. Diese Vermutung werde in keiner Weise bestätigt, er habe einen Suizidversuch verneint und auch sonst habe niemand eine derartige Behauptung aufgestellt. Seine Verletzungen seien durch eine unabsichtliche Schussauslösung als Unfall herbeigeführt worden, wobei er den Vorfall bei seiner Einvernahme nachvollziehbar dargelegt habe. Allein aufgrund einer nur von der PI x aufgestellten Vermutung sei eine ärztliche Untersuchung mangels eines konkreten Nachweises von Bedenken betreffend seine geistige und körperliche Konstitution nicht gerechtfertigt. Beantragt wird die ersatzlose Behebung des Bescheides.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter des Bw gehört und die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt wurden. Erörtert wurden die vom Bw erlittenen Gesichtsver­letzungen laut Verletzungsanzeige des AKH Linz vom 17.9.2012 - und die im Akt befindlichen Fotos. Weiters wurde zum Aktenvermerk des Ml vom 27. Oktober 2012 der Ml zeugenschaftlich einvernommen.

 

Der Ml bestätigte, am 27. Oktober 2012 habe eine Dame bei der PI x geläutet und um Hilfe gebeten, weil sie nach einem Unfall am Hauptplatz X Schwierigkeiten mit dem Unfallgegner bei Ausfüllen eines Unfallberichtes habe. Der Ml sah sich den Schaden an, wobei sich der Bw als Unfallgegner herausstellte. Letztendlich stand fest, dass am Pkw der Dame zwei Berührungs­stellen, eine hinten und eine seitlich, zu sehen waren, wobei der Ml zu deren Herkunft nichts sagen konnte. Der Bw kam beim Erscheinen des Ml gerade aus der Apotheke und rief dem Ml zu, es passe eh schon. Zu einem Gespräch des Ml mit dem Bw kam es nicht. Der Ml führte in der Verhandlung aus, er kenne den Bw lange, weil sie aus dem selben Ort kämen. Der Bw sei ihm "anders" vorgekommen, als er ihn vor dem Vorfall vom 17. September 2012 gekannt habe. Auf genauere Nachfrage bestätigte der Ml, seine Bewegungen seien langsamer gewesen; näheres konnte er aber nicht sagen. Ihm sei eigenartig vorgekommen, dass der Bw zweimal am selben Pkw angefahren sei – auf genaue Nachfrage konnte der Ml aber nichts zum Zustandekommen der Schäden am Pkw der Dame sagen und ob bzw inwiefern diese überhaupt vom Bw verursacht wurden. Beide hätten eine Unfallaufnahme abgelehnt und er schließe daraus, dass sich die Dame nicht mehr bei der PI gemeldet habe, dass beide den Europäischen Unfallbericht ausgefüllt hätten.

 

Am 17. September 2012 wurde der Bw nach einer Anzeige des Roten Kreuzes um 7.56 Uhr in einem Geräteschuppen seines Anwesens mit einer Schuss­verletzung im Gesicht im Bereich des linken Hals- und Wangenbereichs vor­gefunden. Laut an die Staatsanwaltschaft Steyr gerichtetem Kurzbrief der PI x, BI x, vom 15. Oktober 2012 wurden im hinteren Teil des Geräteschuppens eine an einem Schubkarren gelehnte Schrotflinte sowie eine leere Patronenhülse und ein abgebrochener Teil eines Holzstabes vorgefunden. Der Bw besitzt eine Jagdkarte und mehrere Waffen, nämlich außer dem Schrot­gewehr mehrere Jagdgewehre, einen Revolver und größere Mengen Munition. Seitens der Erstinstanz wurde zu Sich50-129/3-2012 ein Waffenverbot ausge­sprochen und die Waffen wurden eingezogen.

 

Nach den Aussagen des Schwagers des Bw, x, und der Haukrankenpflegerin des Roten Kreuzes, x, leidet die Gattin des Bw unter Demenz und hat eine slowakische Pflegerin. Der Schwager des Bw deutete an, dass der Bw drei Wochen vor dem Vorfall einen "schweren körper­lichen Zusammenbruch" gehabt habe. Gegenüber der Hauskranken­pflegerin habe der Bw angedeutet, er könne nicht mehr.

Im Kurzbrief der PI X wurde angedeutet, dass aus der Blutanhaftung im Mündungsbereich der Schrotflinte der Schluss naheliege, dass sich die Mündung bei Abgabe des Schusses im Gesichtsbereich befunden habe, wobei "erfahrungs­gemäß" ein Holzstab benutzt werde, um den Schuss auszulösen.

 

Nach dem Vorfall, bei dem der Bw ua einen Bruch des Unterkiefers erlitten hat, war er nach der Bestätigung des Rechtsvertreters einige Zeit in Behandlung im Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz und nimmt Medikamente. Die Schussver­letzung hat der Rechts­vertreter damit erklärt, sein Mandant habe am Morgen des 17. September 2012 einen Fuchs beim Haus gesehen und diesen erlegen wollen.

Der Rechtsvertreter hat dem am 27. Oktober 2012 von Ml gewonnenen Eindruck vom Bw insofern nicht widersprochen, als er diesen mit der Reaktion des Bw auf eine (allerdings nicht als erwiesen anzusehende) Forderung der Unfallgegnerin, zur sofortigen Begleichung des Schadens möge bei der Bank eine größere Summe Geld behoben werden, zu erklären versucht hat.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

In ständiger Rechtsprechung (vgl E 30.9.2011, 2010/11/0248) vertritt der Verwaltungs­gerichtshof die Auffassung, Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG seien begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei gehe es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssten aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl E 30.9.2002, 2002/11/0120). Weiters vertritt der VwGH ausdrücklich die Auffassung, dass ein Aufforderungs­bescheid nur dann zulässig sei, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt deren Erlassung) vonseiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (vgl E 21.9.2010, 2010/11/0105).

 

Der Bw ist x geboren und in Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, E und F. Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aufgrund der erlittenen Gesichts­verletzungen und der vom Rechtsvertreter bestätigten Medikamente, die er nach seinem Aufenthalt im Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz nimmt, in Verbindung mit seiner familiären Situation und seinen Äußerungen gegenüber ihm nahestehenden Personen eine Prüfung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu rechtfertigen. Auch wenn sich aus den Aussagen des Ml in der Berufungsverhandlung kein konkreter Anhaltspunkt für ein Verschulden des Bw am in Rede stehenden Verkehrs­unfall (mit ev. Parkschaden) ergab, ist aus der vom Ml bestätigten Verlang­samung in den Bewegungen der Schluss zulässig, dass die vom Rechts­vertreter (wenn auch nicht namentlich) bestätigten Medikamente in Verbindung mit seinem psychischen Zustand stehen. Da der Bw – mit der Entschuldigung, er habe sich bei einem Sturz in den Pool verkühlt – nicht zur Berufungsverhandlung erschienen ist und kein persönlicher Eindruck gewonnen und er nicht persönlich befragt werden konnte, bestehen erhebliche Bedenken im Hinblick auf eine Beeinträchtigung seiner Fahrtauglichkeit durch Medikamente im Sinne des § 14 Abs.4 FSG-GV.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

vermutlicher Selbstmordversuch, fam. Situation, Äußerungen, Medikamente (WJKH) - § 24/4 – Bescheid bestätigt

 

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