Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167290/14/Bi/CG

Linz, 10.12.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Herrn RA x, x, x, vom 10. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 12.September 2012, VerkR96-47559-2010/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 6. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 2.Alt. und 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 9. Oktober 2010 um 13. 49 Uhr mit dem Pkw X in der Gemeinde A., B126 L. Straße, bei km 8.289 von L. in Richtung G. die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h überschritten habe – Standort: Strkm 8.535, die in betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. 

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. Dezember 2012 wurde bei km 8.535 der B126 eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters, des Zeugen GI K. E. (GI E), PI H., und des kfztechnischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing. R. H. (SV) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt, ebenso der Zeuge BI P.  Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das von ihm beantragte Sachverständigengutachten sei nicht eingeholt worden, obwohl die Erstinstanz dabei zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre. Die Erstinstanz habe es unterlassen, den konkreten Vorgang der Inbetriebnahme des Messgerätes näher zu überprüfen, sodass gar nicht feststehe, ob das Messgerät einwandfrei gearbeitet habe. Es sei nicht geprüft worden, ob die Bedienungsanleitung und die Verwendungsbestimmungen eingehalten worden seien. Die Bedienungsanleitung sei nicht einmal beigeschafft worden. Beantragt wird die Zeugeneinvernahme des Meldungslegers und die Beischaffung der Bedienungsanleitung und der Verwendungs­bestimmungen sowie die Einholung eines SV-Gutachtens zur konkreten Bedienung des Gerätes, zumal der Verkehrsgeschwindigkeitsmesser als fehlerhaft gegolten habe. Im Übrigen wird die Strafhöhe bekämpft, zumal bei einer vermeintlichen Übertretung auf einer dreispurigen Freilandstraße grund­sätzlich von der Einhaltung einer höheren Geschwindigkeit kein besonderes Gefährdungspotential ausgehe. Beantragt wird Verfahrenseinstellung nach einer mündlichen Berufungsverhandlung, in eventu Strafherabsetzung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verbunden mit einem Ortsaugenschein am Ort der Messung, bei dem der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straf­erkenntnisses berücksichtigt, der Messbeamte zeugenschaftlich unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 einvernommen und ein SV-Gutachten erstellt wurde.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw am 9.Oktober 2010 gegen 13.49 Uhr auf der B126 von Linz in Richtung Glasau fuhr, wobei seine Geschwindigkeit vom auf Höhe des km 8.535 stehenden Zeugen  GI E mittels Verkehrsgeschwin­dig­keits­messgerät LTI TruSpeed Nr.2718 auf eine Entfernung von 246 m, also bei km 8.289, auf 151 km/h gemessen wurde. Nach Abzug der vorgeschriebenen 3% Toleranz (aufgerundet) wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 146 km/h dem Tatvorwurf zugrundegelegt. Der Bw wurde vom Ml BI C. P. angehalten und ihm, nachdem ihm die Displayanzeige des Lasermessers gezeigt worden war, eine Anzeige angekündigt.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Messbeamte zeugenschaftlich einvernommen und hat die von ihm durchgeführten "Einstiegstests" zum einen mit dem genannten Lasermessgerät an Ort und Stelle demonstriert, zum anderen verbal dargelegt. Dabei hat er den Selbsttest beim Einschalten des Gerätes beschrieben und seine Zielerfassungskontrolle und die Null-km/h-Messung erläutert. Insbesondere hat er ausgeführt, er habe bei der Ziel­erfassungs­kontrolle mit dem Gerät "von unendlich nach unten einen dort etwa 200 m von seinem Standort entfernt befindlichen Leitpflock" anvisiert und die erwartete Tonänderung des Gerätes wahrgenommen. Die Null-km/h-Messung sei laut Displayanzeige auf 222.7 m erfolgt. Zur Verkehrssituation zum Zeitpunkt der Messung des von Bw gelenkten Pkw im Jahr 2010 konnte der Zeuge nichts mehr sagen, ebenso nichts hur Verantwortung des Bw, ein hinter ihm fahrende Sportwagen habe im Sicht­bereich des Messbeamten bereits zum Überholen angesetzt gehabt und sich etwa auf seiner Höhe befunden, dann aber seine Absicht aufgegeben und sich hinter ihm eingeordnet.   

 

Der SV hat zur Durchführung der Zielerfassungskontrolle ausgeführt, diese sei nach der Schilderung des Zeugen GI E nur vertikal aber nicht horizontal durchgeführt worden und damit unvollständig gewesen. Außerdem habe der Zeuge nach seinen Angaben die Null-km/h-Messung vor der Zielerfassungs­kontrolle gemacht.

 

Nach den Verwendungsbestimmungen ist nach den Ausführungen des SV zuerst die Zielerfassung durchzuführen, wobei dese in der x- und in der Y-Richtung durchzuführen ist. Der Messbeamte hat eine Zielerfassung nur in der y-Richtung demonstriert, ohne den selben von ihm beschriebenen Vorgang mit dem um 90 Grad geschwenkten Lasermessgerät zu wiederholen. Damit war die vom Mess­beamten durchgeführte Zielerfassung unvollständig. Wenn er die Null-km/h-Messung vor der Zielerfassung gemacht hat, wie er das in der Verhandlung auf eingehende Befragung mehrmals beschrieben hat, konnte er laut SV nicht davon ausgehen, dass er das von ihm anvisierte Ziel, einen Leitpflock, auch tatsächlich erfasst hat. Nach den Verwendungsbestimmungen ist ein solcher Vorgang auch nicht sinnvoll.

 

Nach den "Bestimmungen für die Verwendung bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen gemäß BEV-Zulassung GZ 2666/2006" für Laser-Verkehrsgeschwin­dig­keits­mess­­geräte (VKGM) der Bauart TruSpeed ist in der gemäß Punkt 2.5 angegebenen Reihenfolge zuerst der Selbsttest durch Einschalten des Gerätes durchzuführen (und stündlich zu wiederholen). Vor Beginn der Messungen an einem neuen Aufstellungsort ist die einwandfreie Zielerfassung in horizontaler und vertikaler Richtung unter Verwendung der vorgesehenen Testprozedur gegen ein allseits scharf gegen den Hintergrund abgegrenztes Ziel entsprechend der Bedienungsanleitung zu überprüfen. Daran anschließend ist eine Messung gegen ein ruhendes Ziel durchzuführen, wobei eine anschließende Messung mit der Geschwindigkeits­anzeige "0 km/h" erfolgen muss.

Wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden, gilt der Laser-VKGM als fehlerhaft und darf nicht weiter verwendet werden.

 

Im ggst Fall war damit die vom Messbeamten durchgeführte Zielerfassung mangelhaft und hätte auf dieser Grundlage die Weiterverwendung des Lasermessgerätes nicht erfolgen dürfen. Damit war die Geschwindigkeits­messung des vom Bw gelenkten Fahrzeuges fehlerhaft und der gemessene Wert nicht als Grundlage für den Tatvorwurf verwertbar. In rechtlicher Hinsicht war aus all diesen Überlegungen mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Zielerfassung unvollständig + nach 0 km/h-Messung - Einstellung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum