Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253039/12/Lg/Ba

Linz, 20.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 7. November 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M D A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B K, C, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Ried im Innkreis vom 4. Jänner 2012, Zl. SV96-52-2011, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 112 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als Inhaber des Nachtclubs 'B R' in R, K, für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt, so­dass Sie folgende Verwaltungs­über­tretung zu verantworten haben:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG Frau S A, geb. X, vom 02.11.2011 bis 09.11.2011 von Montag bis Freitag von 20.00 Uhr bis 04.00 Uhr als Bardame in der 'B R' in R, K, gegen ein Entgelt von 70,00 Euro pro Tag als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit be­schäftigt. Die in Rede stehende Beschäftigte war Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeits­verpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl diese Dienstnehmerin nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausge­nommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensions­versicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebiets­krankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG ver­stoßen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Z.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2011"

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis im Wesentlichen auf den Strafantrag des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 15.11.2011.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"In diesem Fall ist auffällig, dass offensichtlich überhaupt kein Dolmetscher beigezogen wurde, sondern die Angaben eines Polizisten über angebliche Aussagen von Frau S A zum Anlass genommen wurden, eine illegale Beschäftigung festzustellen.

 

Dies ist gänzlich unrichtig.

 

Der Berufungswerber ist täglich im Lokal und gibt es keinen Kellner. Ab und zu kommt der Berufungswerber aufgrund diverser Erledigungen erst ein bis zwei Stunden nach der Öffnung des Betriebes um 21.00 Uhr in das Lokal. Im angegebenen Zeitraum von 02.11.2011 bis 09.11.2011 war dies tatsächlich nur am 09.11.2011 der Fall. Im Falle dass der Berufungswerber eine Erledigung noch vorzunehmen hat, die in dazu zwingt, dass er nicht um 21.00 Uhr dort sein kann, wird von einer der Prostituierten das Lokal zu diesem Zeitpunkt geöffnet.

 

Normalerweise verhält es sich so, dass vor 23.00 Uhr ohnehin kein Gast den Barbetrieb besucht. Frau S A arbeitet als Prostituierte, bezahlt ihre Zimmermiete und geht ihrer Beschäftigung nach. Es gibt auch keine Entlohnung für das Öffnen des Lokales oder ähnliches, sie hat auch keine kellnerische Tätigketten vorzunehmen.

 

Aufgrund der Sprachbarriere der Frau S A wäre es nicht möglich sie als Bar­dame arbeiten zu lassen, unabhängig davon, dass dies aufgrund der Größe des Lokals auch nicht notwendig wäre.

 

Die Bekleidung, die bei der Kontrolle festgestellt wurde, war normale Kleidung der Frau S A, da sie noch aufgrund fehlender Kundschaft nicht umgezogen war. Es gibt auch keinen Kellner oder Kellnerin im Nachtgeschäft, welche mit Pullover in einem Nachtclub arbeiten würde.

 

Beweis:           PV,

                        zeugenschaftliche Einvernahme der Frau S A,

                        geb. x, per Anschrift B R, K, R

 

Es wird daher

beantragt

 

der Berufung Folge zu geben, den Bescheid ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Verfahren einzustellen, in eventu eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Berufungswerber einzuvernehmen."

 

 

3. Der Strafantrag des Finanzamtes Braunau Ried Schärding enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 09.11.2011 um 22:00 Uhr wurde beim CLUB R in R, K, eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz und nach § 89 Abs. 3 EStG durchgeführt. Bei der Kontrolle anwesende Behörden waren das Bezirkspolizeikommando Ried im Innkreis (mehrere Beamte), Cheflnsp W Z (Einsatzleiter), die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Herr S, und das Finanzamt Braunau/Ried/ Schärding, Finanzpolizei, VB Mag. L.

 

Bei Beginn der Kontrolle um 22:00 Uhr wurden folgende Personen im Lokal angetroffen:

 

1.      B A, ungarische StA, geb. X, Prostituierte

2.      B R Y, bulgarische StA, geb. X, Prostituierte

3.      D A, bulgarische StA, geb. X, Prostituierte

4.      A R, bulgarische StA, geb. X, Prostituierte

5.      A S, bulgarische StA, geb. X, Bardame

 

Bezüglich der Damen B, D und A erging der Strafantrag nach dem AuslBG unter der GZ: 041/72140/2011. Ebenfalls in diesem Strafantrag inkludiert ist der Verstoß nach dem AuslBG bezüglich Frau A S.

 

Frau A gab jedoch in dem ihr vorgelegten mehrsprachigen Personenblatt an, dass sie zur Zeit hinter der Bar aushelfe und deshalb nicht als Prostituierte tätig sei. Sie legte aus diesem Grunde auch kein Gesundheitsbuch vor und wurde in normaler Kleidung (schwarze Hose und blauer Kurzarmpullover) angetroffen. Es gab keine Anzeichen, dass Frau A S zum Zeitpunkt der Kontrolle im Club R die Prostitution ausübte. Ihre Angaben, dass sie für die Bar zuständig sei, waren glaubhaft, da sie den Beamten die Tür zum Club öffnete und auch die Gesundheitsbücher der anderen Damen vorlegte.

 

Frau A gab an, dass sie die Bar im Lokal übernommen habe, da ihr Chef, Herr A, krank sei. Frau A gab weiters bekannt, dass sie seit ca. 1 Woche im Lokal hinter der Bar aushelfe und derzeit daher nicht als Prostituierte tätig sei. Für diese Tätigkeiten an der Bar erhalte sie € 70,-- pro Tag von Herrn A bar ausbezahlt. Ihre Arbeitszeiten seien jeweils von Montag bis Freitag von 20:00 Uhr bis 04:00 Uhr. Weitere Details sind dem beiliegenden Personenblatt, aufgenommen mit Frau A, zu entnehmen.

 

Die Prostituierte Frau B R, die von Herrn S, BH Ried im Innkreis, niederschriftlich unter Beiziehung einer Dolmetscherin einver­nommen wurde, gab ebenfalls an, dass Frau A S am Tag der Kontrolle Herrn A im Lokal vertreten habe (siehe beiliegende Niederschrift).

 

 

Aufgrund der Tätigkeit als Bardame hätte Frau A S von Herrn A M gem. § 33 Abs. 1 ASVG zur Sozialversicherung angemeldet werden müssen. Im Gegensatz zu den Prostituierten, die nach dem Sozialversicherungs­recht als selbstständig Tätige anzusehen sind, kann dies bei einer Bardame bzw. bei Tätigkeiten hinter der Bar bzw. Ausschank nicht angenommen werden. Deshalb hätte eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgen müssen. Laut Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat Frau A in Österreich keine Sozialversicherungsnummer und es ist bis dato keine Anmeldung erfolgt."

 

Im (in bulgarischer Sprache verfassten) Personenblatt hat A S eingetragen: "HELFEN BAR" sowie "TAG" und "70 €".

 

Unter "Sonstige Vermerke" ist – offensichtlich vom Kontrollorgan – im Personen­blatt eingetragen: "Seit 2 Wochen wieder in Österreich und seit dem Bardame im Lokal. Vorher hat sie im Pub R auch schon als Prostituierte gearbeitet. Zur Zeit jedoch nicht. Bekommt vom Chef M € 70/Tag für Bartätigkeiten. (Antworten auf Befragen der Polizisten)"

 

Ferner liegt dem Strafantrag eine mit der Prostituierten B durch die Behörde aufgenommene formelle Niederschrift bei.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung verwies der Bw auf sein bisheriges Vorbringen. A wurde vergeblich zur Berufungsverhandlung geladen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Für den Tatvorwurf sprechen (abgesehen von der Kleidung) die Eintragungen "Tag" und "70 €" im Personenblatt. Die amtliche Mitteilung einer angeblich gegenüber einem Polizisten gegebenen Auskunft ohne Dolmetscher im Personen­blatt ist wenig verlässlich. Die Ausländerin selbst hat ihre Tätigkeit bloß als Hilfe bezeichnet. Ihre Prostitutionstätigkeit im Lokal scheint auch im amtlichen Vermerk auf. In der mit B aufgenommenen Niederschrift sagt diese, dass der Bw "heute" durch A vertreten werde, was (trotz des Hinweises auf "Erkrankung") im Sinne einer sehr kurzfristigen Tätigkeit verstanden werden kann. Da unter diesen Voraussetzungen, zumal eine formelle Einvernahme von A unterblieben ist, nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit von der Unrichtigkeit der Darstellung des Sachverhalts in der Berufung ausgegangen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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