Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-740217/3/MB/BZ VwSen-740238/2/MB/BZ

Linz, 17.12.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Markus Brandstetter über die Berufung 1) der X, vertreten durch X, und 2) des X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 21. August 2012, Zl. Pol96-52-2012, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom
21. August 2012, Zl.: Pol96-52-2012, der sowohl der Erst-Berufungswerberin (im Folgenden: Erst-Bw) als auch der Zweit-Berufungswerberin (im Folgenden: Zweit-Bw) am 31. Oktober 2012 zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHEID ÜBER EINE BESCHLAGNAHME

 

Spruch:

 

Durch die Organe der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs 2 GSpG wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 22.06.2012 im Lokal 'X' in X, mittels Testspielen an den Eingriffsgegenständen dienstlich wahrgenommen festgestellt, dass Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden.

Unter Berücksichtigung der festgestellten Betriebsdauer wurde in der Folge durch die Organe der öffentlichen Aufsicht die vorläufig Beschlagnahme der Eingriffsgegenstände ausgesprochen. Aufgrund der der Beschlagnahmebescheinigung in Form eines Aktenvermerks beigeschlossenen ausführlichen Begründung der verfügten vorläufigen Beschlagnahme, der Versiegelung der Eingriffsgegenstände und des ausgesprochenen Verfügungsverbotes besteht nach wie vor gerechtfertigt der Verdacht, dass mit den Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde.

 

Die Beschlagnahme der folgenden anlässlich dieser Kontrolle festgestellten Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes, nämlich den in den unten angeführten beschlagnahmten Automaten befindlichen Banknotenlesegeräte, mit welchen im Lokal 'X' in X, seit 15.06.2012 bis zum 22.06.2012 (Tag der vorläufigen Beschlagnahme) Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung angeordnet:

 

Alle in den angeführten Automaten befindlichen Banknotenleseqeräte:

                   Nr.: FA 01, Gehäusebezeichnung: X-MG, Seriennummer: SN 9081109003841, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 02, Gehäusebezeichnung: X Seriennummer: SN 9081109003842, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 03, Gehäusebezeichnung: X-MG, Seriennummer: SN 9080506000490, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 04, Gehäusebezeichnung: X, Seriennummer: SN 9080506000503, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 05, Gehäusebezeichnung: X-MG, Seriennummer: SN 9080506000497, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 06, Gehäusebezeichnung: X, Seriennummer: SN 9080506000495, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 07, Gehäusebezeichnung: X, Seriennummer: SN 9080566000494, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 08, Gehäusebezeichnung: Racing Dogs, Seriennummer: SN 1096, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 09, Gehäusebezeichnung: Racing Dogs Terminal, Seriennummer: SN 1094, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

                   Nr.: FA 13, Gehäusebezeichnung: Racing Dogs POS Serial, Seriennummer: 20276, Aufstellungsdatum: 15.06.2012;

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

 

 

Begründung:

 

Sie haben sich lt. E-Mail Ihres Rechtsvertreters vom 14.08.2012 als Eigentümer der ggst. Eingriffsgegenstände, nämlich der angeführten Banknotenlesegeräte, bezeichnet.

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle am 22.06.2012 im angeführten Standort wurden die Eingriffsgegenstände mit den im Spruch angeführten Bezeichnungen betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit FA-Kennnummern versehen.

 

Aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels diesem Glücksspielgerät in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gem. § 2 Abs. 2 GSpG erfolgte.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit seit der Inbetriebnahme der Eingriffsgegenstände im angegebenen Lokal in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

 

Die gegenständlichen, vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenstände stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit. a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffsgegenstände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, Zl. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen einen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde, bzw., wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt.

 

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung der Erst-Bw vom 31. Oktober 2012, mit der sinngemäß beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben bzw. abzuändern und die Beschlagnahme der Geräte (Terminals) aufzuheben.

 

In der Berufung wird zunächst die Beiziehung eines Sachverständigen (Amtssachverständige seien dafür aber ungeeignet) zur Beurteilung der beschlagnahmten Glücksspielgeräte beantragt, da es sich in Wahrheit nur um Eingabeterminals handle, mit denen ein genehmigter Spielapparat in der Steiermark betrieben werde und die selbst mangels Software keine Spiele ermöglichen würden und deshalb keine Eingriffsgegenstände wären.

 

In weiterer Folge wird eine Vielzahl von Begründungsmängeln behauptet und im Wesentlichen gerügt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt sowohl unvollständig geblieben als auch die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend ausgeführt worden sei. Das Glücksspielgesetz enthalte außerdem eine Reihe von unbestimmten Gesetzesbegriffen, die dem Bestimmtheitsgebot widersprächen und im Ergebnis für verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände ungeeignet wären und zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens führen müssten. Der Bescheidbegründung sei auch keine Feststellung zu entnehmen, dass ein fortgesetzter oder wiederholter Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GSpG gegeben ist, weshalb es dem angefochtenen Bescheid an der rechtlichen Voraussetzung für die Beschlagnahme ermangle.

Sodann wird ausgeführt, dass sich die Behörde mit der Frage der Geringfügigkeit des Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG nicht (ausreichend) auseinandergesetzt und wird die Schätzung der Umsätze kritisiert.

 

Schließlich kämen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes wegen ihrer Subsidiarität gegenüber dem Tatbild des § 168 StGB nicht zur Anwendung.

 

Des Weiteren wird auf die Entscheidung VwSen-360038/2/Gf/Et sowie auf einen Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH zu der Zahl VwSen-140121/2/Gf/Rt des UVS OÖ verwiesen und in diesem Zusammenhang vermeint, dass aus den dort angeführten Gründen die gegenständlichen Verfahren einzustellen seien bzw. sollten die Verfahren nicht eingestellt werden, wird die Aussetzung der Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EuGH über den Vorabentscheidungsantrag beantragt.

 

1.3. Mit der vorliegenden, rechtzeitigen Berufung der Zweit-Bw vom
12. November 2012 gegen diesen Bescheid wird beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Begründend wird ausgeführt, dass die eingebauten Banknotenlesegeräte Teil des jeweiligen Automaten seien und sie daher das rechtliche Schicksal des Automaten teilen würden. Das würde heißen, dass die Banknotenlesegeräte nicht abgesondert von den Automaten in Beschlag genommen werden können, weil sie Zubehör im Sinne des § 294 ABGB darstellen würden, welches mit den Automaten in fortdauernder körperlicher und wirtschaftlicher Verbindung stehen würde. Der Beschlagnahmebescheid sei daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Zudem sei die Eigentümerschaft bloß behauptet und nicht nachgewiesen worden, wodurch Mangelhaftigkeit des Verfahrens gegeben sei.

Die behauptete Eigentümerschaft sei der Abgabenbehörde auch nicht mitgeteilt worden, wodurch ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 6. November 2012 bzw. vom 26. November 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufungen den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk) der einschreitenden Organe des Finanzamtes sowie die zu VwSen-740215 und VwSen-740216 vorgelegten Verwaltungsakte.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung nicht nur gem. § 51e Abs. 4 VStG (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) sondern auch gem. § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Mit den Erkenntnissen des Oö. Verwaltungssenates zu VwSen-740215 und VwSen-740216, wurden die Berufungen über einen Beschlagnahmebescheid bzgl. der Geräte, in denen sich die gegenständlich beschlagnahmten Banknotenlesegeräte befinden, durch den Oö. Verwaltungssenat aufgrund eines hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG als unbegründet abgewiesen und der Beschlagnahmebescheid bestätigt.

 

Hinsichtlich der in den Geräten befindlichen Banknotenlesegeräte wurde in der zitierten Entscheidung unter Punkt 3.2.7. Folgendes ausgeführt:

"Vor dem Hintergrund der aus dem Akt ersichtlichen Eigentumsverhältnisse hinsichtlich der Banknotenlesegeräte ist anzumerken, dass – nicht zuletzt aufgrund des dem § 53 Abs. 1 GSpG zu Grunde zu legenden extensiven Begriffsverständnisses – diese jedenfalls von der zitierten Beschlagnahmebestimmung mit umfasst sind: Die Banknotenlesegeräte sind nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates als integrative Bestandteile der in Rede stehenden Gegenstände zu qualifizieren und damit unter die Begriffe "Glücksspielautomaten" bzw. "sonstige Eingriffsgegenstände" iSd § 53 Abs. 1 GSpG zu subsumieren (vgl. VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315)."

 

Die Banknotenlesegeräte sind daher nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates von der Beschlagnahme der den Gegenstand der zitierten Entscheidung VwSen-740215/3, VwSen-740216/3 bildenden Geräte mitumfasst.

 

Die Geräte Nr. 1 bis 7, in denen sich die gegenständlichen Banknotenlesegeräte befinden, stehen im Eigentum des X. Die Geräte Nr. 8, 9 und 13, in denen sich ebenfalls die gegenständlichen Banknotenlesegeräte befinden, stehen im Eigentum der X. Die mit gegenständlichem Bescheid beschlagnahmten Banknotenlesegeräte dieser Geräte stehen hingegen – wie die Erst-Bw in der Berufung selbst ausführt – im Eigentum der Erst-Bw.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

 

3.1.1. Der bekämpfte Bescheid wurde der Erst-Bw gegenüber – als Eigentümerin der Banknotenlesegeräte der in den Verfahren zu VwSen-740215, VwSen-740216 beschlagnahmten Gegenstände durch Zustellung am 31. Oktober 2012 erlassen. Der Erst-Bw kommt daher als (Mit-)Eigentümerin Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG). Die Berufung der Erst-Bw gegen den Beschlagnahmebescheid ist daher zulässig.

 

3.1.2. Der Zweit-Bw gegenüber wurde der bekämpfte Bescheid am 31. Oktober 2012 erlassen. Gemäß § 50 Abs. 5 GSpG kommt der Zweit-Bw Parteistellung in Verwaltungsverfahren nach §§ 52, 53 und 54 dann zu, wenn zu der Verwaltungsübertretung eine von ihr stammende Anzeige vorliegt. Das X hat im gegenständlichen Verfahren Anzeige erstattet und ist demnach die Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid zulässig.

 

3.1.3. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.2. In der Sache:

3.2.1. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 GSpG können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 GSpG hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

3.2.3. Mit dem im gegenständlichen Verfahren bekämpften Bescheid wurde nunmehr die Beschlagnahme ausschließlich der in den oa. Glücksspielgeräten (VwSen-740215, VwSen-740216) befindlichen Banknotenlesegeräte ausgesprochen. Dazu ist unter Bezugnahme auf die Rsp. des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315) festzuhalten, dass gem. § 53 Abs. 1 GSpG die Behörde die Beschlagnahme der Glückspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen kann, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist und weitere Voraussetzungen vorliegen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zu einer ähnlich gelagerten Fallkonstellation ausdrücklich betont, geht diese gesetzliche Bestimmung somit von der Beschlagnahme des Glücksspielautomaten aus; "[d]avon erfasst ist der Automat samt seinem Inhalt, somit auch das darin befindliche Geld."

 

Im Lichte dieser Judikatur und des dem § 53 Abs. 1 GSpG zu Grunde zu legenden extensiven Begriffsverständnisses sind daher nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates auch Banknotenlesegeräte von der zitierten Beschlagnahmebestimmung jedenfalls mitumfasst. Da Banknotenlesegeräte angesichts ihrer technisch notwendigen Verbindung zu einem mit Geldscheinen bedienbaren Gerät – über die bloße Qualifikation als Geräteinhalt sogar hinausgehend – als Bestandteile des Glücksspielgeräts zu qualifizieren sind, müssen im Sinne eines Größenschlusses die vom Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zum Kasseninhalt eines Automaten getroffenen Aussagen für Banknotenlesegeräte umso mehr gelten. Die Banknotenlesegeräte sind nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates somit als Bestandteile der in Rede stehenden Gegenstände unter die Begriffe "Glücksspielautomaten" bzw. "sonstige Eingriffsgegenstände" iSd § 53 Abs. 1 GSpG zu subsumieren (vgl. VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315).

 

Vor diesem Hintergrund findet jedoch eine eigenständige Beschlagnahme von derartigen Geräten im Glücksspielgesetz keine gesetzliche Deckung. Gem. § 53 Abs. 1 GSpG ist darin lediglich die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und der technischen Hilfsmittel vorgesehen. Wenn aber ein Banknotenlesegerät – wie oben ausgeführt – Bestandteil eines Glücksspielautomaten bzw. sonstigen Eingriffsgegenstandes ist und somit von der Beschlagnahme desselben erfasst ist, besteht keine rechtliche Grundlage für eine – wie im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde verfügte – eigenständige Beschlagnahme dieser Banknotenlesegeräte.

 

 

4. Im Ergebnis war den Berufungen somit stattzugeben und der angefochtene Bescheid mangels bestehender Rechtsgrundlage für die gegenständliche Beschlagnahme aufzuheben.

 

5. Ergänzend darf – wie bereits unter Punkt 2.3. erwähnt – darauf hingewiesen werden, dass die in Rede stehenden Banknotenlesegeräte allerdings sehr wohl von der Beschlagnahme der Geräte, deren Bestandteil sie darstellen, protokolliert zu VwSen-740215 und VwSen-740216, mit erfasst sind.

Die vorliegende Entscheidung ändert somit nichts an der Tatsache, dass sämtliche in Rede stehenden Gegenstände als bescheidförmig beschlagnahmt gelten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum