Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-111034/6/Kl/Rd/BRe

Linz, 18.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der X, X, X, gegen das Strafer­kenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2. April 2012, VerkGe96-36-1-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungs­gesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsver­fahren den Betrag von 145,30 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2. April 2012, VerkGe9636-1-2012, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 726,50 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß, verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als verwaltungsstrafrechtliche Verantwortliche der X mit dem Sitz in X, X, am 8. Februar 2012 gegen 16.30 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, Amtsplatz der Zollstelle X, Gemeindegebiet X, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen X und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen X, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Frachtführer: X, X, X, Lenker: X welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (18.675 kg Sammelgut) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchge­führt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbe­scheinigung mitgeführt wurde.

 

2. Dagegen wurde – nach Verbesserungsauftrag vom 7. Mai 2012 - fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Fahrer­be­scheinigung am 8. Februar 2012 schon bereits beantragt und unterwegs gewesen sei und es sich um die erste Tour gehandelt habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding  als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der Sachverhalt wurde von der Bw. nicht bestritten. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Es wurde lediglich die rechtliche Beurteilung und die Strafe bekämpft. Es konnte eine Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG entfallen.

Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Anlässlich der Amtshandlung wurde den Kontrollbeamten durch den Lenker X eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. D-07-001-G-562148-0001, ausgestellt auf X, X, X (gültig vom 1.1.2012 bis zum 31.10.2016), Frachtdokumente, Mietvertrag sowie zwei Fahrzeugscheine vorgewiesen. Eine für den Lenker X ausgestellte Fahrerbescheinigung konnte nicht vorgewiesen werden. Überdies wurde vom Lenker im Zuge der Anhaltung ausgesagt, dass er bei der Firma X beschäftigt sei, für diese Firma normaler­weise nur innerhalb von Deutschland unterwegs sei und keine Fahrerbe­scheinigung besitze.

 

Weiters wurde von der Berufungswerberin im erstbehördlichen Verfahren eine Kopie des Antrages der X, datiert mit 6. Februar 2012, auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung vorgelegt. Über Anfrage der belangten Behörde vom 22. Februar 2012 wurde vom Landesbetrieb X als zuständige Ausstellungsbehörde mitgeteilt, dass die X im Besitz einer Gemeinschaftslizenz mit vier beglaubigten Kopien, gültig vom 1.1.2012 bis 31.10.2016, ist und dem Fahrer X am 10. Februar 2012 eine Fahrerbescheinigung, befristet bis 31. Oktober 2016, ausgestellt wurde.      

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (kurz EG-VO) unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittlandes ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.5 Abs.6 EG-VO ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrs­unternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Die Fahrerbescheinigung ist jedem Kontroll­berechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 153/2006, begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Ver­waltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Gemäß Art.18 der EG-VO wird ua die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 aufgehoben. Verweisungen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweisungen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang IV zu lesen.

Gemäß Art.19 der EG-VO gilt die Verordnung ab 4. Dezember 2011.

Es tritt daher anstelle der genannten Verordnung (EWG) Nr. 881/92 die nunmehr in Geltung stehende EG-VO.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG ist strafbar nach Abs.1 Z8 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

Gemäß § 23 Abs.4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z8 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

5.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhalts wurde der gewerbliche Gütertransport unter Verwendung einer gültigen Gemeinschaftslizenz – eine gültige beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz wurde mitgeführt und vorgewiesen -, durchgeführt, allerdings wurde die Fahrt durch einen türkischen Staatsangehörigen als Lenker vorgenommen und bestand für diesen Lenker zum Tatzeitpunkt keine Fahrerbescheinigung. Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt, weil nach den obzitierten Bestimmungen  bei Verwendung eines Fahrers, welcher Staats­ange­höriger eines Drittlandes ist, der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemein­schaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt und sohin die Berufungswerberin als Unternehmerin dafür zu sorgen gehabt hätte, dass vom eingesetzten Lenker eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

 

5.2.1. Diese Verwaltungsübertretung hat die Berufungswerberin aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten:

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsams­delikten und reicht daher fahrlässige Tatbegehung, die vermutet wird, für eine Strafbarkeit aus. Eine Entlastung ist der Berufungswerberin hingegen nicht gelungen; ein entsprechendes entlastendes Vorbringen hat die Berufungswer­berin nicht gemacht.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungswerberin initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweis­mitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaft­machung" nicht aus.

 

Die von der Berufungswerberin vorgelegte Kopie des Antrages auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung für den Lenker X vom 6. Februar 2012 belegt zwar die Beantragung der Fahrerbescheinigung vor der Anhaltung am 8. Februar 2012. Dennoch war für die Berufungswerberin dadurch nichts zu gewinnen, zumal dem Lenker erst am 10. Februar 2012 – sohin zwei Tage nach erfolgter Kontrolle - die Fahrerbescheinigung ausgestellt wurde. Die Disponierung des Lenkers erfolgte sohin in dem Wissen, dass für diesen Lenker noch keine Fahrerbescheinigung mangels zeitgerechter Ausstellung zur Verfügung stand. Zudem ist zu bemerken, dass auf dem Antrag zur Erteilung der Fahrerbe­scheinigung die Rubrik "bitte per Post zusenden" von der Berufungswerberin – trotz der Dringlichkeit - angekreuzt wurde. Aufgrund der postalischen Zustellung hätte somit gar nicht Möglichkeit bestanden, vor dem 8. Februar 2012 in den Besitz der Fahrerbescheinigung zu gelangen und in weiterer Folge dafür zu sorgen, dass diese im Original vom konkreten Fahrer während der gesamten Fahrt auch mitgeführt wird.

 

Die Berufungswerberin erfüllt sohin auch den subjektiven Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung.

 

6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 726,50 Euro bei einem Strafrahmen von 1.453 Euro bis 7.267 Euro, sohin die Hälfte der gesetzlichen Mindeststrafe, verhängt. Es wurde daher von der Anwendung des § 20 VStG in vollem Umfang Gebrauch gemacht, sodass nunmehr von einem Strafrahmen von 726,50 Euro bis 7.267 Euro auszugehen war. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde lagen aber die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gegenständlich nicht vor, zumal einerseits die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungs­werberin allein noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe bewirken kann (vgl. VwGH 20.9.2000, 2000/03/0074, 20.9.2000, 2000/03/0151) und auch der Umstand der "rechtzeitigen" Beantragung der Fahrerbescheinigung (vgl. hiezu die Ausführungen in Punkt 5.2.1. letzter Absatz des Erkenntnisses) keinen Milderungsgrund darstellen. Es kann sohin von keinem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gesprochen werden und dadurch die Anwendung des § 20 VStG rechtfertigen.

 

Im Übrigen liegt auch kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten der Berufungswerberin nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zur Ausdruck kommen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm ist nämlich darauf Bedacht zu nehmen, dass die Papiere rechtzeitig besorgt werden und auch aus Nachweisgründen bei und vor allem während der gesamten Fahrt mitzuführen sind. Dieser Sorg­faltspflicht ist die Berufungswerberin wissentlich nicht nachgekommen und kann daher von keinem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden.

 

Weiters ist die belangte Behörde bei der Strafbemessung von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin ausgegangen, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Dieser Schätzung wurde in der Berufung nicht entgegen­getreten, sodass sie auch der Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat zugrunde gelegt werden konnte.

 

Es war daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

7. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Fahrerbescheinigung

 

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