Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167183/4/Sch/Bb/Eg

Linz, 20.12.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der X, geb. X, wohnhaft in X, Xstraße X, vom 10. August 2012, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 25. Juli 2012,  GZ VerkR96-7669-2012, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.   

 

II.              Für die Berufungswerberin entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm

§§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 25. Juli 2012, GZ VerkR96-7669-2012, wurde über X (die nunmehrige Berufungswerberin) wegen einer Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO gemäß    § 99 Abs.2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden, verhängt. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

"Tatort: Gemeinde X X, A 8 bei km 24,790 in Fahrtrichtung Linz.

Tatzeit: 12. Juni 2012, 10.36 Uhr.

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW.

 

Sie haben im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 53 km/h überschritten.

Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 1. August 2012, richtet sich die rechtzeitig durch die Berufungswerberin – mit Schriftsatz vom 10. August 2012 – eingebrachte Berufung.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Beschilderung der 60 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A 8 im Bereich der Kontrollstelle X nicht eindeutig anzeige, dass davon nicht nur Autobusse, sondern auch Pkw umfasst sind. Unter dem Pkw-Symbol befinde sich nämlich ein grüner Richtungspfeil anstatt einer Geschwindigkeitsbegrenzung.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 29. August 2012, GZ VerkR96-7669-2012, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben  (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4.1. Es ergibt sich – nach der sich darstellenden Aktenlage - folgender rechtlich relevanter Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte am 12. Juni 2012 um 10.36 Uhr den – auf Ing. X, X, Xstraße X, zugelassenen – Pkw mit dem nationalen Kennzeichen X, in X, auf der Autobahn A 8 (Innkreisautobahn), in Fahrtrichtung Linz. Bei Strkm 24,790 wurde die Fahrgeschwindigkeit des von ihr gelenkten Pkw mittels Stand-Radarmessgerät, Type MUVR 6FM 697, Messgerät Nr. 03 – abzüglich der in Betracht kommenden Messtoleranz – mit 113 km/h festgestellt (gemessene Geschwindigkeit 119 km/h). In diesem Straßenabschnitt der A 8 befindet sich der Verkehrskontrollplatz X. An der Tatortörtlichkeit ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit daher mit 60 km/h begrenzt. Die 60 km/h-Beschränkung beginnt bei Strkm 25,173 und endet bei km 24,550.

 

Der Beginn der 60 km/h-Beschränkung (bei km 25,173, Fahrtrichtung Linz) war zur gegenständlichen Tatzeit im Einzelnen wie folgt beschildert:

 

Auf dem entsprechendem Überkopfwegweiser über dem linken Fahrstreifen der  A 8 war zunächst in bildlicher Darstellung ein Autobus-Symbol und darunter eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h in Form des Vorschriftszeichens gemäß § 52 lit.a Z10a StVO angebracht. Rechts neben dem Bus-Symbol befand sich ein Pkw-Symbol und darunter ein nach unten (auf den Fahrstreifen) zeigender Pfeil.

Auf der Anzeigetafel über dem rechten Fahrstreifen war die Gewichtsangabe von 2,5 t und sogleich rechts daneben ein Lkw-Symbol angebracht. Darunter fand sich das Vorschriftszeichen "60 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung" und rechts davon ein gelber, halb rechts zeigender und zur Kontrollstelle weisender Pfeil sowie darunter zusätzlich ein Lichtzeichen gemäß § 38 Abs.10 StVO in Form eines halb rechts nach unten zeigenden und Gelblicht ausstrahlenden Pfeils.

 

4.2. Diese Festsstellungen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Akteninhalt und werden von der Berufungswerberin dem Grunde nach nicht angezweifelt. Sie wendet jedoch ein, dass die 60 km/h-Beschränkung für sie als Lenkerin eines Pkw nicht deutlich erkennbar gewesen sei.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 52 lit.a Z10a StVO zeigt das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Die Berufungswerberin bestreitet grundsätzlich nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift des § 52 lit.a Z10a StVO, wohl aber ihr Verschulden an dieser Übertretung.

 

5.2. Fraglich ist auf Grund des Berufungsvorbringens, ob die Beschilderung der 60 km/h-Beschränkung für die Berufungswerberin bei Annäherung mit ihrem Pkw leicht und rechtzeitig erkannt werden konnte oder – wie sie behauptet - für herannahende Pkw-Lenker tatsächlich nicht eindeutig erkennbar bzw. irreführend war.

 

Gemäß § 48 Abs.1 erster Satz StVO sind Straßenverkehrszeichen (§§ 50, 52 und 53) als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Sowohl nach der Bestimmung des § 48 Abs.1 StVO als auch nach der entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 13. September 1985, 85/18/0278 ua.) muss ein Verkehrszeichen in seiner Gesamtheit (einschließlich Zusatztafeln) von einem herannahenden Fahrzeuglenker leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Dies bedeutet, dass solche Lenker auf eine ihnen zumutbare Weise ohne Mühe und damit auch ohne Beeinträchtigung des Verkehrs imstande sein müssen, den Inhalt der betreffenden Anordnung vollständig zu erfassen und sich danach zu richten (VwGH 26. Februar 2004, 2003/07/0174 uvm.).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof verlangt von Normen ein unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderliches Mindestmaß an Verständlichkeit.

Demnach muss der Gesetzgeber der breiten Öffentlichkeit den Inhalt seines Gesetzesbeschlusses in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis bringen, da anderenfalls der Normunterworfene nicht die Möglichkeit hat, sich der Norm gemäß zu verhalten. Diesem Erfordernis entspricht jedoch weder eine Vorschrift, zu deren Sinnermittlung "subtile" Sachkenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung sowie geradezu archivarischer Fleiß vonnöten sind, noch eine solche, zu deren Verständnis außerordentliche methodische Fähigkeiten und eine gewisse Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben erforderlich sind (VfSlg. 12420/1990).

Es ist zunächst völlig unstrittig, dass die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h für Lkw ab 2,5 t und für Busse galt und von den Lenkern herannahender Fahrzeuge dieser Art bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit leicht und rechtzeitig im Sinne des § 48 Abs.1 StVO erkannt werden konnte. Dies ist auf Grund der tatörtlichen Beschilderung eindeutig festgestellt und unumstritten.

 

Für herannahende Pkw-Lenker hingegen war - bei erlaubter Annäherungsgeschwindigkeit von 80 km/h - jedoch nicht sogleich mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar, dass die 60 km/h-Beschränkung auch für sie gilt. Erst bei genauerer Betrachtung wird klar, dass von der Beschränkung auch Pkw umfasst sind.

 

Was damit die Frage des Verschuldens anlangt, so kann der Berufungswerberin ein Verschulden an der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zur Last gelegt werden, da der beabsichtigte Inhalt der Beschilderung für die Berufungswerberin als Lenkerin eines herannahenden Pkw zunächst nicht so eindeutig und klar wahrnehmbar war, um sich allenfalls rechtzeitig der Anordnung entsprechend zu verhalten (vgl. dazu auch UVS Oö. 16. Oktober 2012, VwSen-167248/2; 13. November 2012, VwSen-167109/2).    

 

Es ist daher aus den angeführten Gründen der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.  

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum