Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252994/22/Py/Hu

Linz, 04.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 27. September 2011, GZ: SV96-48/12-2010, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. November 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass im Spruch die Wortfolge "und von 15.03.2010 bis 06.04.2010" entfällt, bestätigt.

 

II.        Der Verfahrenskostenbeitrag der Berufungswerberin zum Verfahren vor der Erstbehörde verringert sich auf 100 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 27. September 2011, GZ: SV96-48/12-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 150 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Beschäftigung des nachstehend angeführten rumänischen Staatsbürgers am 10.02.2010 und 15.03.2010 bis 06.04.2010, obwohl für diesen ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG), eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) oder eine Entsendebewilligung (§ 18 AuslBG) erteilt oder eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) ausgestellt wurde oder wenn eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder einen Befreiungsschein (§§ 15 und 4c AuslBG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 AuslBG) nicht vorliegt.

 

Name des unerlaubt Beschäftigten:

x, geb. x, StA Rumänien

 

Die unerlaubte Beschäftigung erfolgte nachweislich im Zuge der Kontrolle nach AuslBG von Organen des Finanzamtes Kirchdorf/Perg/Steyr (KIAB) in der Lagerhalle der Firma x am 10.02.2010 um 11:00 Uhr.

 

Bei der Kontrolle wurde unter anderem oben angeführter Fremder in der Lagerhalle arbeitend angetroffen. Ein Auszug aus der Versicherungsdatenbank besagt, dass Herr x zum Kontrollzeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet war und keine AMS-Bezüge erhielt. Eine Beschäftigungsbewilligung lag ebenfalls nicht vor.

 

Da der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kontrolle keine arbeitsmarktrechtlichen Genehmigungen vorweisen konnte, wurde das Vergehen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anzeige gebracht.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer) der Firma x angelastet."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zu den Rechtfertigungen der Bw zusammengefasst aus, dass für Herrn x eine Woche vor der Kontrolle um eine Beschäftigungsbewilligung als Kraftfahrer angesucht wurde. Tatsächlich habe dieser dann eine Bewilligung als Maurer für den Zeitraum ab 11. März 2010 erhalten, weshalb zum Kontrollzeitpunkt bereits ein intensiver Kontakt mit dem Ausländer bestanden haben muss. Es würde der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen, dass Herr x eine Woche nach Stellung des Antrages um Beschäftigungsbewilligung in den Betriebsräumlichkeiten der Bw für sich oder eine andere Firma – bei der er im Übrigen inzwischen nicht mehr zur Sozialversicherung angemeldet war – tätig wurde.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass von einer fahrlässigen Tatbegehung ausgegangen wird. Unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens von 2.000 Euro und der Sorgepflicht für zwei unterhaltspflichtige Kinder erscheint die verhängte Strafe sowohl aus spezial-, als auch aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt und angemessen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung, in der sie zunächst ausführt, dass ihr nunmehr zwei Tatzeiträume, und zwar der 10.2.2010 sowie der 5.3. bis 6.4.2010 angelastet werden, die Bw davor zu diesen Taten allerdings nie gehört wurde.

 

In der Sache bringt die Bw vor, dass Herr x am 10. Februar 2010 nicht von ihrer Firma beschäftigt wurde oder dort tätig war. Die Erstbehörde negiere die Aussage des Herrn x, die er während der Betretung am 10. Februar 2010 gemacht hat, nämlich dass er für die Firma x als Kraftfahrer tätig ist und zum Unternehmen der Bw wechseln wollte. Der Bw war Herr x als Arbeitnehmer der Firma x bekannt, der nach x wechseln wollte, um für ihr Unternehmen zu arbeiten. Noch vor Beendigung seines Dienstverhältnisses bei der Firma x, von dem angenommen wurde, dass es noch besteht, wurde ein Antrag auf Arbeitsbewilligung nach dem AuslBG gestellt, wobei eine Anmeldung bei der GKK erst erfolgen hätte können, als die Ausländerbeschäftigungsbewilligung vorlag. Dass die Erstbehörde über diese Tatsache einfach hinweggegangen ist und über einen Kamm geschert hat, sei unzulässig und wird die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. November 2012. An dieser haben der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden der gegenständliche rumänische Staatsangehörige, Herr x, Herr x von der Finanzpolizei sowie der Ehegatte der Bw, Herr x, einvernommen. Für die Befragung des Zeugen x wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x mit Sitz in x. Ihr Ehegatte, Herr x, ist Prokurist der Firma x und führt die Geschäfte des Unternehmens.

 

Am 2. Februar 2010 beantragte die Firma x die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den rumänischen Staatsangehörigen Herrn x, geb. am x, die ihr mit Bescheid des AMS Steyr vom 11. März 2010, Gz. 08114/ABB-Nr. 3274570 für die Zeit vom 11. März 2010 bis 10. März 2011 für den örtlichen Geltungsbereich Oberösterreich, Kärnten, Wien, Salzburg und Tirol erteilt wurde.

 

Am 10. Februar 2010 wurde Herr x von der Firma x in ihrer Lagerhalle in x mit Ladearbeiten beschäftigt. Eine arbeitsmarktbehördliche Genehmigung für diese Beschäftigung lag nicht vor.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 7. November 2012. In dieser bestätigte der unter ausdrücklichem Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommene Zeuge x, dass er am Kontrolltag 10. Februar 2010 über Anweisung des Herrn x am Firmengelände arbeitete. Der Zeuge gab zudem an, dass über eine Entlohnung nicht gesprochen wurde und er damit gerechnet hat, dass er nicht eingestellt wird, wenn er die angeordneten Arbeiten nicht ausgeführt. Nach der Kontrolle sei er vom Bw erst wieder eingesetzt worden, nachdem die Papiere vorlagen. Insgesamt schilderte der Zeuge x die Geschehnisse nachvollziehbar und widerspruchsfrei, wohingegen der Zeuge x bei seiner Einvernahme widersprüchliche Angaben im Zusammenhang mit seiner Aussage machte, dass Herr x am Kontrolltag für Eigenzwecke die Ladetätigkeiten durchführte. So schilderte der Zeuge x, dass er mit Herrn x zur Lagerhalle gefahren sei, da sich dort niemand aufhalte und er ihm diese aufsperren musste, wohingegen das einvernommene Organ der Finanzpolizei glaubwürdig aussagte, dass sich am Gelände zwei Mitarbeiter der Firma x aufhielten, was im Übrigen auch durch die von diesen ausgefüllten Personenblätter untermauert wurde. Insgesamt konnte der Zeuge x daher mit seiner Aussage das Vorbringen, Herr x habe am Kontrolltag aus Eigeninteresse Kühlanlagen in sein eigenes Fahrzeug verladen, nicht glaubhaft darlegen, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat vom Vorliegen des nunmehr festgestellten Sachverhaltes bei seiner Entscheidung ausgeht.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Seitens der Bw wurde nicht bestritten, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)      überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 28 Abs.7 AuslBG ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Der rumänische Staatsangehörige Herr x wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz am 10. Februar 2010 am Firmengelände der Firma x bei Verladearbeiten angetroffen.

 

§ 28 Abs.7 AuslBG stellt für bestimmte Fälle der Betretung von Ausländern in Betriebsräumen, Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen die widerlegliche Vermutung auf, dass unerlaubte Beschäftigung von Ausländern vorliegt. Eine solche ist u.a. ohne weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind. Der Bw ist es im Beweisverfahren nicht gelungen, diese in § 28 Abs.7 AuslBG aufgestellte gesetzliche Vermutung zu widerlegen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

 

Für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG ist es hinreichend, dass der Ausländer in einer der in § 2 Abs.2 lit.a bis lit.e AuslBG näher bezeichneten Tatbestände faktisch beschäftigt wird. Es ist daher unerheblich, ob bzw. allenfalls von wem ein formeller Arbeitsvertrag mit dem Ausländer geschlossen wird bzw. welchen Inhalt eine allenfalls darüber ausgefertigte Vertragsurkunde hat (vgl. VwGH vom 11. November 2002, Zl. 2000/09/0174). Für die Bewilligungspflicht eines Beschäftigungsverhältnisses ist die zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Dienstvertrag zustande gekommen ist, unmaßgeblich. Der Begriff der Beschäftigung ist durch § 2 Abs.2 AuslBG ua. in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Dienstverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für die Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Ein solcher Tatbestand lag im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der Tätigkeit des rumänischen Staatsangehörigen x am Kontrolltag zweifellos vor.

 

Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG ist ua. auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit (§ 2 Abs.4 erster Satz AuslBG) zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Dienstverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfene Beschäftigung auszugehen. Wenn keine Vereinbarung über die Höhe des Entgeltes getroffen wurde, gilt – sofern nicht ausdrücklich Unentgeltlichkeit vereinbart wurde – ein angemessenes Entgelt als geschuldet. Eine Beschäftigung im Sinn des AuslBG liegt auch dann vor, wenn die Arbeit nicht zur Zufriedenheit des Arbeitgebers erfolgte und er den Ausländer dafür nichts zahlt (vgl. VwGH vom 18.11.1993, 93/09/0175). Im vorliegenden Fall wurde der Ausländer zudem nicht ausdrücklich unentgeltlich zur Probe verwendet, sondern gab er selbst an, dass er durch seine Arbeitsleistung seine künftige ordnungsgemäße Beschäftigung zu einem in Geld zu zahlenden Lohn erreichen wollte (vgl. dazu auch VwGH vom 3.11.2005, 2004/09/0166).

 

Es wurden somit am Kontrolltag 10. Februar 2010 vom rumänischen Staatsangehörigen Arbeitsleistungen im Rahmen einer Verwendung erbracht, die den zum österreichischen Arbeitsmarkt zugelassenen Arbeitskräften vorbehalten sind. Nach dem AuslBG erforderliche Papiere lagen dafür zu diesem Zeitpunkt nicht vor, weshalb der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten ist.

 

5.3. Wie die Bw jedoch zutreffend ausführt, wurde ihr erstmals im angefochtenen Straferkenntnis vom 27. September 2011 als Tatzeitpunkt neben dem Kontrolltag die Beschäftigung des ausländischen Staatsangehörigen auch in der Zeit vom 15.3.2010 bis 6.4.2010 und somit außerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr (vgl. § 31 Abs.2 VStG iVm § 28 Abs.2 AuslBG) entgegen den Bestimmungen des AuslBG angelastet. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses war daher hinsichtlich dieses, außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfenen Zeitraumes entsprechend zu berichtigen.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung ist bekannt, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf (vgl. VwGH vom 20. Mai 1998, Zl. 97/09/0241). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 15. Oktober 2009, Zl. 2008/09/0102, neuerlich ausgesprochen, dass Übertretungen des § 28 Abs.1 AuslBG Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs.1 VStG darstellen, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Das verantwortliche Organ ist strafbar, wenn es nicht genügend Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den  unmittelbaren Täter zu verhindern. Eine Widerlegung der im § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG aufgestellten Vermutung ist der Bw nicht gelungen.

 

Die vorliegende Übertretung ist der Bw daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass zwar eine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw nicht vorliegt, jedoch als Milderungsgründe die nunmehr eingeschränkte Tatzeit auf den Kontrolltag sowie die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zu werten ist. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates  drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Seitens des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint daher mit der Verhängung der Mindeststrafe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um der Bw die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und sie künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Eine weitere Herabsetzung der verhängten Strafe unter Anwendung des § 20 VStG scheidet jedoch aus, da ein Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht festgestellt werden kann, zumal es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts ankommt (vgl. VwGH vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0095). Ebenso scheidet ein Vorgehen nach § 21 VStG aus, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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